[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.
Mein junger "Sollte ich mir auf Jch mußte dieser seltsamen Begebenheit hertz- mit F 5
Mein junger „Sollte ich mir auf Jch mußte dieſer ſeltſamen Begebenheit hertz- mit F 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <cit> <quote><pb facs="#f0089" n="89"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hr. Joh. Chriſt. Schwartzen.</hi></fw><lb/> „daß er die Virgilianiſchen Schoͤnheiten einge-<lb/> „ſehen. - - Geſchickte Schulmaͤnner werden die-<lb/> „ſes Buch ſehr nuͤtzlich bey ihrer ſtudierenden Ju-<lb/> „gend zu gebrauchen wiſſen, da zumahl der la-<lb/> „teiniſche Text dabey ſteht.„</quote> </cit> <p>Mein junger<lb/> Versmacher wußte dieſes wohl zu ſeinem Vor-<lb/> theil zu kehren, und ſagte:</p> <cit> <quote>„Sollte ich mir auf<lb/> „eine ſolche Ueberſetzung, die von dem groſſen<lb/> „<hi rendition="#fr">Gottſched</hi> ſo ſehr geruͤhmet wird, nicht etwas<lb/> „eingebildet haben? und waͤre es nicht eine ſtoltze<lb/> „Vermeſſenheit an mir geweſen, wenn ich mir<lb/> „vorgenommen haͤtte, ſelbige zu uͤbertreffen?<lb/> „Jetzo aber erkenne ich wohl daß mich das<lb/> „Gottſchediſche Anſehen geblendet und verfuͤhret<lb/> „hat; und ich werde mirs geſagt ſeyn laſſen,<lb/> „daß ich kuͤnftighin nichts mehr auf ſeine Ehre<lb/> „und ſeinen beruͤhmten Nahmen ohne vorher-<lb/> „gehende Pruͤffung glaube. Jndeſſen da dieſe<lb/> „elende Ueberſetzung nicht mein iſt, ſondern Herrn<lb/> „Schwartzen und Herrn Gottſched zugehoͤret,<lb/> „ſo hoffe ich, daß ſie mir mit dem Schul-<lb/> „eſel guͤtig verſchonen werden.</quote> </cit><lb/> <p>Jch mußte dieſer ſeltſamen Begebenheit hertz-<lb/> lich lachen; es duͤnckete mich auch, daß er ziem-<lb/> lich gute Gruͤnde vorgebracht haͤtte, die Strafe<lb/> mit dem Schuleſel von ſich abzuwenden. Auf<lb/> der andern Seite fand ich mich beleidiget, daß<lb/><hi rendition="#fr">Jhre Hochmagnificenz</hi> uns ehrlichen Schulmaͤn-<lb/> nern ſo wenig geſunder Einſichten in die Virgi-<lb/> lianiſchen Schoͤnheiten, oder, was noch ſchlim-<lb/> mer waͤre, ſo wenige Treue und Sorgfalt fuͤr<lb/> die ſtudierende Jugend zugetrauet hatten, als <hi rendition="#fr">ſie</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0089]
Hr. Joh. Chriſt. Schwartzen.
„daß er die Virgilianiſchen Schoͤnheiten einge-
„ſehen. - - Geſchickte Schulmaͤnner werden die-
„ſes Buch ſehr nuͤtzlich bey ihrer ſtudierenden Ju-
„gend zu gebrauchen wiſſen, da zumahl der la-
„teiniſche Text dabey ſteht.„ Mein junger
Versmacher wußte dieſes wohl zu ſeinem Vor-
theil zu kehren, und ſagte:
„Sollte ich mir auf
„eine ſolche Ueberſetzung, die von dem groſſen
„Gottſched ſo ſehr geruͤhmet wird, nicht etwas
„eingebildet haben? und waͤre es nicht eine ſtoltze
„Vermeſſenheit an mir geweſen, wenn ich mir
„vorgenommen haͤtte, ſelbige zu uͤbertreffen?
„Jetzo aber erkenne ich wohl daß mich das
„Gottſchediſche Anſehen geblendet und verfuͤhret
„hat; und ich werde mirs geſagt ſeyn laſſen,
„daß ich kuͤnftighin nichts mehr auf ſeine Ehre
„und ſeinen beruͤhmten Nahmen ohne vorher-
„gehende Pruͤffung glaube. Jndeſſen da dieſe
„elende Ueberſetzung nicht mein iſt, ſondern Herrn
„Schwartzen und Herrn Gottſched zugehoͤret,
„ſo hoffe ich, daß ſie mir mit dem Schul-
„eſel guͤtig verſchonen werden.
Jch mußte dieſer ſeltſamen Begebenheit hertz-
lich lachen; es duͤnckete mich auch, daß er ziem-
lich gute Gruͤnde vorgebracht haͤtte, die Strafe
mit dem Schuleſel von ſich abzuwenden. Auf
der andern Seite fand ich mich beleidiget, daß
Jhre Hochmagnificenz uns ehrlichen Schulmaͤn-
nern ſo wenig geſunder Einſichten in die Virgi-
lianiſchen Schoͤnheiten, oder, was noch ſchlim-
mer waͤre, ſo wenige Treue und Sorgfalt fuͤr
die ſtudierende Jugend zugetrauet hatten, als ſie
mit
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