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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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der Critik bey den Deutschen.
unterbrochen. Niemand wird leicht vermuthen,
daß hierzu nicht ein geringes beygetragen, weil
die Schweitzer eine gewisse Redensart des Hr.
Brockes geschützet haben, welche Hr. König ver-
worffen hat.

Was in der That die Freunde der Zürchischen
Kunstrichter am meisten verwirrete, war, daß
sie ohne Bedencken diejenigen selbst lobeten und
vertheidigten, von welchen man sie berichtete, daß
sie ihre Feinde wären, und die Bolzen schnitzen
hälffen, welche ihre Handlanger auf sie verschies-
sen mußten; daß sie die Anstister wären, wenn
diese sich in ihren Vorreden unnütze macheten.

"Jch kan nicht absehen, schrieb ihnen hierüber
"einer von ihren Correspondenten, was sie be-
"wegen kan, B... so hoch zu erheben, da er,
"wie sie aus beyligendem Briefe sehen werden,
"ihr abgesagter Feind ist, und es sehr zu ihrem
"eigenen Nachtheil mißbrauchen würde, wenn
"er sich von ihnen auf die Art gelobet fände.
"- - Wollen sie diese Leute noch in ihrem un-
"erträglichen Hochmuth stärcken, und ihnen die
"Waffen selbst in die Hände geben, womit sie
"wider den guten Geschmack fechten sollen?"

Es kam ihnen unbegreifflich vor, daß einer das
Schöne und Gute an seinem Feinde mit Eifer und
Begierde anpreisen sollte. Aber es schien ihnen
unerträglich, daß man den Freunden ihre Fehler
nicht übersehen konnte; und dadurch verderbten
die Schweitzer es mit ihren Sächsischen Correspone
denten noch viel mehr, als durch das Lob, das
sie ihren Wiedersachern ertheilten. Sie schrieben

ihnen
[Crit. Samml. II. St.] L

der Critik bey den Deutſchen.
unterbrochen. Niemand wird leicht vermuthen,
daß hierzu nicht ein geringes beygetragen, weil
die Schweitzer eine gewiſſe Redensart des Hr.
Brockes geſchuͤtzet haben, welche Hr. Koͤnig ver-
worffen hat.

Was in der That die Freunde der Zuͤrchiſchen
Kunſtrichter am meiſten verwirrete, war, daß
ſie ohne Bedencken diejenigen ſelbſt lobeten und
vertheidigten, von welchen man ſie berichtete, daß
ſie ihre Feinde waͤren, und die Bolzen ſchnitzen
haͤlffen, welche ihre Handlanger auf ſie verſchieſ-
ſen mußten; daß ſie die Anſtiſter waͤren, wenn
dieſe ſich in ihren Vorreden unnuͤtze macheten.

„Jch kan nicht abſehen, ſchrieb ihnen hieruͤber
„einer von ihren Correſpondenten, was ſie be-
„wegen kan, B... ſo hoch zu erheben, da er,
„wie ſie aus beyligendem Briefe ſehen werden,
„ihr abgeſagter Feind iſt, und es ſehr zu ihrem
„eigenen Nachtheil mißbrauchen wuͤrde, wenn
„er ſich von ihnen auf die Art gelobet faͤnde.
„‒ ‒ Wollen ſie dieſe Leute noch in ihrem un-
„ertraͤglichen Hochmuth ſtaͤrcken, und ihnen die
„Waffen ſelbſt in die Haͤnde geben, womit ſie
„wider den guten Geſchmack fechten ſollen?„

Es kam ihnen unbegreifflich vor, daß einer das
Schoͤne und Gute an ſeinem Feinde mit Eifer und
Begierde anpreiſen ſollte. Aber es ſchien ihnen
unertraͤglich, daß man den Freunden ihre Fehler
nicht uͤberſehen konnte; und dadurch verderbten
die Schweitzer es mit ihren Saͤchſiſchen Correſpone
denten noch viel mehr, als durch das Lob, das
ſie ihren Wiederſachern ertheilten. Sie ſchrieben

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[161/0163] der Critik bey den Deutſchen. unterbrochen. Niemand wird leicht vermuthen, daß hierzu nicht ein geringes beygetragen, weil die Schweitzer eine gewiſſe Redensart des Hr. Brockes geſchuͤtzet haben, welche Hr. Koͤnig ver- worffen hat. Was in der That die Freunde der Zuͤrchiſchen Kunſtrichter am meiſten verwirrete, war, daß ſie ohne Bedencken diejenigen ſelbſt lobeten und vertheidigten, von welchen man ſie berichtete, daß ſie ihre Feinde waͤren, und die Bolzen ſchnitzen haͤlffen, welche ihre Handlanger auf ſie verſchieſ- ſen mußten; daß ſie die Anſtiſter waͤren, wenn dieſe ſich in ihren Vorreden unnuͤtze macheten. „Jch kan nicht abſehen, ſchrieb ihnen hieruͤber „einer von ihren Correſpondenten, was ſie be- „wegen kan, B... ſo hoch zu erheben, da er, „wie ſie aus beyligendem Briefe ſehen werden, „ihr abgeſagter Feind iſt, und es ſehr zu ihrem „eigenen Nachtheil mißbrauchen wuͤrde, wenn „er ſich von ihnen auf die Art gelobet faͤnde. „‒ ‒ Wollen ſie dieſe Leute noch in ihrem un- „ertraͤglichen Hochmuth ſtaͤrcken, und ihnen die „Waffen ſelbſt in die Haͤnde geben, womit ſie „wider den guten Geſchmack fechten ſollen?„ Es kam ihnen unbegreifflich vor, daß einer das Schoͤne und Gute an ſeinem Feinde mit Eifer und Begierde anpreiſen ſollte. Aber es ſchien ihnen unertraͤglich, daß man den Freunden ihre Fehler nicht uͤberſehen konnte; und dadurch verderbten die Schweitzer es mit ihren Saͤchſiſchen Correſpone denten noch viel mehr, als durch das Lob, das ſie ihren Wiederſachern ertheilten. Sie ſchrieben ihnen [Crit. Sam̃l. II. St.] L

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/163>, abgerufen am 24.11.2024.