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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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der Critik bey den Deutschen.
"daraus zu ersehen, indem er meinet, Gold und
"Stahl bedeute hier Reichthum und Tapferkeit.
"Allein Eginhard will sich gantz nicht gegen die
"Prinzessin rühmen, daß er mehr Dinte als Blut
"vor sie vergossen; sondern erniedriget sich nur
"auf eine anständige Art gegen eine so hochge-
"schätzte Person, indem er sie dem Golde sich
"aber geringen Stahl vergleichet. etc.

Wernike hatte folgende drey Verse aus Lo-
hensteins Jbrahim angezogen:

Und meiner Adern Brunn, für dem Cristall nicht rein,
Und Schwanen flekigt sind, soll ein Gefässe seyn,
Darinn der geile Hengst den Schaum der Unzucht sprüze?

Und darüber folgendergestalt geurtheilet:

"Wer
"findet diese Verse nicht schön? Aber was kan
"wohl ungereimter als eben dieselben seyn, wenn
"man betrachtet, daß er solche Worte, welche
"allein von einer wohlberittenen und abgenutzten
"Thais mit Fuge gesprochen werden können, der
"Ambre, des Mufti Tochter, einem unerfahr-
"nen Kinde von zwölf Jahren in den Mund ge-
"leget? Viel ehe könnte man die angenehmen
"Sitten eines zu Hofe aufgebrachten Jünglings
"in einem wilden Tartar; und einen schlauen
"und durchtriebenen Machiavelli in einem Dre-
"scher in der Scheune vorstellen."

Auf diese
Beschuldigung antwortet Menantes:

"Die gan-
"ze Censur bestehet darinnen, daß die Worte
"zwar schön, aber viel zu frey und ungereimt wä-
"ren, indem Lohenstein sie der Ambre, als ei-
"nem jungen Frauenzimmer in den Mund geleget
"hätte:
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der Critik bey den Deutſchen.
„daraus zu erſehen, indem er meinet, Gold und
„Stahl bedeute hier Reichthum und Tapferkeit.
„Allein Eginhard will ſich gantz nicht gegen die
„Prinzeſſin ruͤhmen, daß er mehr Dinte als Blut
„vor ſie vergoſſen; ſondern erniedriget ſich nur
„auf eine anſtaͤndige Art gegen eine ſo hochge-
„ſchaͤtzte Perſon, indem er ſie dem Golde ſich
„aber geringen Stahl vergleichet. ꝛc.

Wernike hatte folgende drey Verſe aus Lo-
henſteins Jbrahim angezogen:

Und meiner Adern Brunn, fuͤr dem Criſtall nicht rein,
Und Schwanen flekigt ſind, ſoll ein Gefaͤſſe ſeyn,
Darinn der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpruͤze?

Und daruͤber folgendergeſtalt geurtheilet:

„Wer
„findet dieſe Verſe nicht ſchoͤn? Aber was kan
„wohl ungereimter als eben dieſelben ſeyn, wenn
„man betrachtet, daß er ſolche Worte, welche
„allein von einer wohlberittenen und abgenutzten
„Thais mit Fuge geſprochen werden koͤnnen, der
„Ambre, des Mufti Tochter, einem unerfahr-
„nen Kinde von zwoͤlf Jahren in den Mund ge-
„leget? Viel ehe koͤnnte man die angenehmen
„Sitten eines zu Hofe aufgebrachten Juͤnglings
„in einem wilden Tartar; und einen ſchlauen
„und durchtriebenen Machiavelli in einem Dre-
„ſcher in der Scheune vorſtellen.„

Auf dieſe
Beſchuldigung antwortet Menantes:

„Die gan-
„ze Cenſur beſtehet darinnen, daß die Worte
„zwar ſchoͤn, aber viel zu frey und ungereimt waͤ-
„ren, indem Lohenſtein ſie der Ambre, als ei-
„nem jungen Frauenzimmer in den Mund geleget
„haͤtte:
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[119/0121] der Critik bey den Deutſchen. „daraus zu erſehen, indem er meinet, Gold und „Stahl bedeute hier Reichthum und Tapferkeit. „Allein Eginhard will ſich gantz nicht gegen die „Prinzeſſin ruͤhmen, daß er mehr Dinte als Blut „vor ſie vergoſſen; ſondern erniedriget ſich nur „auf eine anſtaͤndige Art gegen eine ſo hochge- „ſchaͤtzte Perſon, indem er ſie dem Golde ſich „aber geringen Stahl vergleichet. ꝛc. Wernike hatte folgende drey Verſe aus Lo- henſteins Jbrahim angezogen: Und meiner Adern Brunn, fuͤr dem Criſtall nicht rein, Und Schwanen flekigt ſind, ſoll ein Gefaͤſſe ſeyn, Darinn der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpruͤze? Und daruͤber folgendergeſtalt geurtheilet: „Wer „findet dieſe Verſe nicht ſchoͤn? Aber was kan „wohl ungereimter als eben dieſelben ſeyn, wenn „man betrachtet, daß er ſolche Worte, welche „allein von einer wohlberittenen und abgenutzten „Thais mit Fuge geſprochen werden koͤnnen, der „Ambre, des Mufti Tochter, einem unerfahr- „nen Kinde von zwoͤlf Jahren in den Mund ge- „leget? Viel ehe koͤnnte man die angenehmen „Sitten eines zu Hofe aufgebrachten Juͤnglings „in einem wilden Tartar; und einen ſchlauen „und durchtriebenen Machiavelli in einem Dre- „ſcher in der Scheune vorſtellen.„ Auf dieſe Beſchuldigung antwortet Menantes: „Die gan- „ze Cenſur beſtehet darinnen, daß die Worte „zwar ſchoͤn, aber viel zu frey und ungereimt waͤ- „ren, indem Lohenſtein ſie der Ambre, als ei- „nem jungen Frauenzimmer in den Mund geleget „haͤtte: H 4

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/121>, abgerufen am 25.11.2024.