Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Johann Miltons
ausgestiegen wären, kraft ihrer eigenen wie-
dererhaltenen Stärcke, nicht aus Vergünsti-
gung der obersten Macht.

Jst dieses die Landschaft, sagte hernach der
verlohrne Ertzengel, ist dieses das Revier, die
Gegend, ist dieses die Wohnung, welche wir
mit dem Himmel vertauschen müssen; diese
leidige Pechschwärtze mit dem himmlischen Lich-
te? Jch bin es zufrieden, nachdem derjenige,
der jezo der Höchste ist, heissen und gebiethen
kan, was recht seyn soll. Es ist am besten,
wir seyn am weitesten von dem entfernt, den
Vernunft und Billigkeit uns gleiche gemachet,
Gewalt über diejenigen, die seines gleichen
waren, erhoben hat. Gehabet euch wohl
glückselige Felder, wo die Freude auf ewig
wohnet! Sey gegrüßt abscheulicher Ort,
sey gegrüßt unterste Welt, und du, tiefeste Höl-
le, empfange deinen neuen Einwohner: Einen,
der ein Gemüthe mit sich bringt, das weder
Ort noch Zeit zu ändern vermag. Das Ge-
müthe wohnet in ihm selbst, und kan in ihm
selbst einen Himmel aus der Hölle, und eine
Hölle aus dem Himmel machen. Was fra-
ge ich darnach, wo ich sey, wenn ich bestän-

dig
Es ist am besten, wir seyn am weitesten) Dieses ist
aus dem griechischen Sprüchwort genommen, poRRo Dios
te kai keraunoun. Bentley.
Sey gegrüßt, abscheulicher Ort) Die Gedancken
und Entschlüsse Satans sind so beschaffen, wie es sich vor
ein erschaffenes Wesen von der erhabensten und dabey ver-
kehrtesten Natur gehört. Addison.

Johann Miltons
ausgeſtiegen waͤren, kraft ihrer eigenen wie-
dererhaltenen Staͤrcke, nicht aus Verguͤnſti-
gung der oberſten Macht.

Jſt dieſes die Landſchaft, ſagte hernach der
verlohrne Ertzengel, iſt dieſes das Revier, die
Gegend, iſt dieſes die Wohnung, welche wir
mit dem Himmel vertauſchen muͤſſen; dieſe
leidige Pechſchwaͤrtze mit dem himmliſchen Lich-
te? Jch bin es zufrieden, nachdem derjenige,
der jezo der Hoͤchſte iſt, heiſſen und gebiethen
kan, was recht ſeyn ſoll. Es iſt am beſten,
wir ſeyn am weiteſten von dem entfernt, den
Vernunft und Billigkeit uns gleiche gemachet,
Gewalt uͤber diejenigen, die ſeines gleichen
waren, erhoben hat. Gehabet euch wohl
gluͤckſelige Felder, wo die Freude auf ewig
wohnet! Sey gegruͤßt abſcheulicher Ort,
ſey gegruͤßt unterſte Welt, und du, tiefeſte Hoͤl-
le, empfange deinen neuen Einwohner: Einen,
der ein Gemuͤthe mit ſich bringt, das weder
Ort noch Zeit zu aͤndern vermag. Das Ge-
muͤthe wohnet in ihm ſelbſt, und kan in ihm
ſelbſt einen Himmel aus der Hoͤlle, und eine
Hoͤlle aus dem Himmel machen. Was fra-
ge ich darnach, wo ich ſey, wenn ich beſtaͤn-

dig
Es iſt am beſten, wir ſeyn am weiteſten) Dieſes iſt
aus dem griechiſchen Spruͤchwort genommen, πόῤῥω Διός
τε καὶ κεραυνου̃. Bentley.
Sey gegruͤßt, abſcheulicher Ort) Die Gedancken
und Entſchluͤſſe Satans ſind ſo beſchaffen, wie es ſich vor
ein erſchaffenes Weſen von der erhabenſten und dabey ver-
kehrteſten Natur gehoͤrt. Addiſon.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Johann Miltons</hi></fw><lb/>
ausge&#x017F;tiegen wa&#x0364;ren, kraft ihrer eigenen wie-<lb/>
dererhaltenen Sta&#x0364;rcke, nicht aus Vergu&#x0364;n&#x017F;ti-<lb/>
gung der ober&#x017F;ten Macht.</p><lb/>
          <p>J&#x017F;t die&#x017F;es die Land&#x017F;chaft, &#x017F;agte hernach der<lb/>
verlohrne Ertzengel, i&#x017F;t die&#x017F;es das Revier, die<lb/>
Gegend, i&#x017F;t die&#x017F;es die Wohnung, welche wir<lb/>
mit dem Himmel vertau&#x017F;chen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; die&#x017F;e<lb/>
leidige Pech&#x017F;chwa&#x0364;rtze mit dem himmli&#x017F;chen Lich-<lb/>
te? Jch bin es zufrieden, nachdem derjenige,<lb/>
der jezo der Ho&#x0364;ch&#x017F;te i&#x017F;t, hei&#x017F;&#x017F;en und gebiethen<lb/>
kan, was recht &#x017F;eyn &#x017F;oll. Es i&#x017F;t am be&#x017F;ten,<lb/>
wir &#x017F;eyn am weite&#x017F;ten von dem entfernt, den<lb/>
Vernunft und Billigkeit uns gleiche gemachet,<lb/>
Gewalt u&#x0364;ber diejenigen, die &#x017F;eines gleichen<lb/>
waren, erhoben hat. Gehabet euch wohl<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elige Felder, wo die Freude auf ewig<lb/>
wohnet! Sey gegru&#x0364;ßt ab&#x017F;cheulicher Ort,<lb/>
&#x017F;ey gegru&#x0364;ßt unter&#x017F;te Welt, und du, tiefe&#x017F;te Ho&#x0364;l-<lb/>
le, empfange deinen neuen Einwohner: Einen,<lb/>
der ein Gemu&#x0364;the mit &#x017F;ich bringt, das weder<lb/>
Ort noch Zeit zu a&#x0364;ndern vermag. Das Ge-<lb/>
mu&#x0364;the wohnet in ihm &#x017F;elb&#x017F;t, und kan in ihm<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t einen Himmel aus der Ho&#x0364;lle, und eine<lb/>
Ho&#x0364;lle aus dem Himmel machen. Was fra-<lb/>
ge ich darnach, wo ich &#x017F;ey, wenn ich be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dig</fw><lb/><note place="foot">Es i&#x017F;t am be&#x017F;ten, wir &#x017F;eyn am weite&#x017F;ten) Die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
aus dem griechi&#x017F;chen Spru&#x0364;chwort genommen, &#x03C0;&#x03CC;&#x1FE4;&#x1FE5;&#x03C9; &#x0394;&#x03B9;&#x03CC;&#x03C2;<lb/>
&#x03C4;&#x03B5; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03BA;&#x03B5;&#x03C1;&#x03B1;&#x03C5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C5;&#x0303;. <hi rendition="#fr">Bentley.</hi><lb/>
Sey gegru&#x0364;ßt, ab&#x017F;cheulicher Ort) Die Gedancken<lb/>
und Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Satans &#x017F;ind &#x017F;o be&#x017F;chaffen, wie es &#x017F;ich vor<lb/>
ein er&#x017F;chaffenes We&#x017F;en von der erhaben&#x017F;ten und dabey ver-<lb/>
kehrte&#x017F;ten Natur geho&#x0364;rt. <hi rendition="#fr">Addi&#x017F;on.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0032] Johann Miltons ausgeſtiegen waͤren, kraft ihrer eigenen wie- dererhaltenen Staͤrcke, nicht aus Verguͤnſti- gung der oberſten Macht. Jſt dieſes die Landſchaft, ſagte hernach der verlohrne Ertzengel, iſt dieſes das Revier, die Gegend, iſt dieſes die Wohnung, welche wir mit dem Himmel vertauſchen muͤſſen; dieſe leidige Pechſchwaͤrtze mit dem himmliſchen Lich- te? Jch bin es zufrieden, nachdem derjenige, der jezo der Hoͤchſte iſt, heiſſen und gebiethen kan, was recht ſeyn ſoll. Es iſt am beſten, wir ſeyn am weiteſten von dem entfernt, den Vernunft und Billigkeit uns gleiche gemachet, Gewalt uͤber diejenigen, die ſeines gleichen waren, erhoben hat. Gehabet euch wohl gluͤckſelige Felder, wo die Freude auf ewig wohnet! Sey gegruͤßt abſcheulicher Ort, ſey gegruͤßt unterſte Welt, und du, tiefeſte Hoͤl- le, empfange deinen neuen Einwohner: Einen, der ein Gemuͤthe mit ſich bringt, das weder Ort noch Zeit zu aͤndern vermag. Das Ge- muͤthe wohnet in ihm ſelbſt, und kan in ihm ſelbſt einen Himmel aus der Hoͤlle, und eine Hoͤlle aus dem Himmel machen. Was fra- ge ich darnach, wo ich ſey, wenn ich beſtaͤn- dig Es iſt am beſten, wir ſeyn am weiteſten) Dieſes iſt aus dem griechiſchen Spruͤchwort genommen, πόῤῥω Διός τε καὶ κεραυνου̃. Bentley. Sey gegruͤßt, abſcheulicher Ort) Die Gedancken und Entſchluͤſſe Satans ſind ſo beſchaffen, wie es ſich vor ein erſchaffenes Weſen von der erhabenſten und dabey ver- kehrteſten Natur gehoͤrt. Addiſon.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/32
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/32>, abgerufen am 28.03.2024.