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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Sechstes Buch. Die Statsformen.
Verfassung vom 23. Mai 1845 der französischen Charte
von 1830 an. 16

Aber auch dadurch sind die Verfassungskämpfe nicht
zum Abschlusz gelangt. Das Land schwankte lange wieder
zwischen klerikaler Reaction und radicalem Aufstande, zwi-
schen Hofintriguen und Militärdictatur hin und her, ohne sein
Gleichgewicht zu finden. Die Miszregierung der bigotten Kö-
nigin Isabelle führte 1868 zu einer neuen Revolution, welche
die Bourbonische Dynastie und die Jesuiten zugleich vertrieb.
Lange bemühten sich die monarchisch gesinnten Spanier ver-
geblich, einen neuen König zu berufen. Zuletzt nahm der
Herzog von Aostas, Sohn des Königs von Italien, die dar-
gebotene spanische Krone an (4. Dec. 1870) und nun schien
die Aussicht günstiger für die constitutionelle Monarchie. Aber
die fortwährenden Verschwörungen entleideten dem Könige
seinen Beruf und er dankte am 11. Februar 1873 freiwillig
ab. Aus Noth wurde nun die Republik ausgerufen. Bald
aber bemächtigte sich die Militärpartei der Herrschaft und
bereitete die Rückkehr zu der constitutionellen Monarchie des
jungen Königs Alfons vor, der zu Neujahr 1875 als König
ausgerufen ward. Im Norden Spaniens, hauptsächlich in dem
baskischen Gebirgsland, hatte zuvor, von Pfaffen und Legi-
timisten unterstützt, der Bourbon Don Karlos für sein an-
gestammtes Herrscherrecht zu streiten versucht, und das
Unglück des Landes vermehrt, ohne seine Herrschaft zu be-
gründen.

3. Eine Nachahmung der spanischen Verfassung von 1812
war die Verfassung für Portugal von 1822, die indessen
wieder nicht zu unbestrittener Geltung gelangte. Im Jahr
1826 gab der König Don Pedro zu Gunsten seiner Tochter
Marie do Gloria dem Lande eine neue Verfassung, in wel-
cher das monarchische Princip besser gewahrt wurde als in

16 Schubert, Verf. II, S. 105 ff. und S. 116 ff.

Sechstes Buch. Die Statsformen.
Verfassung vom 23. Mai 1845 der französischen Charte
von 1830 an. 16

Aber auch dadurch sind die Verfassungskämpfe nicht
zum Abschlusz gelangt. Das Land schwankte lange wieder
zwischen klerikaler Reaction und radicalem Aufstande, zwi-
schen Hofintriguen und Militärdictatur hin und her, ohne sein
Gleichgewicht zu finden. Die Miszregierung der bigotten Kö-
nigin Isabelle führte 1868 zu einer neuen Revolution, welche
die Bourbonische Dynastie und die Jesuiten zugleich vertrieb.
Lange bemühten sich die monarchisch gesinnten Spanier ver-
geblich, einen neuen König zu berufen. Zuletzt nahm der
Herzog von Aostas, Sohn des Königs von Italien, die dar-
gebotene spanische Krone an (4. Dec. 1870) und nun schien
die Aussicht günstiger für die constitutionelle Monarchie. Aber
die fortwährenden Verschwörungen entleideten dem Könige
seinen Beruf und er dankte am 11. Februar 1873 freiwillig
ab. Aus Noth wurde nun die Republik ausgerufen. Bald
aber bemächtigte sich die Militärpartei der Herrschaft und
bereitete die Rückkehr zu der constitutionellen Monarchie des
jungen Königs Alfons vor, der zu Neujahr 1875 als König
ausgerufen ward. Im Norden Spaniens, hauptsächlich in dem
baskischen Gebirgsland, hatte zuvor, von Pfaffen und Legi-
timisten unterstützt, der Bourbon Don Karlos für sein an-
gestammtes Herrscherrecht zu streiten versucht, und das
Unglück des Landes vermehrt, ohne seine Herrschaft zu be-
gründen.

3. Eine Nachahmung der spanischen Verfassung von 1812
war die Verfassung für Portugal von 1822, die indessen
wieder nicht zu unbestrittener Geltung gelangte. Im Jahr
1826 gab der König Don Pedro zu Gunsten seiner Tochter
Mariè do Gloria dem Lande eine neue Verfassung, in wel-
cher das monarchische Princip besser gewahrt wurde als in

16 Schubert, Verf. II, S. 105 ff. und S. 116 ff.
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[464/0482] Sechstes Buch. Die Statsformen. Verfassung vom 23. Mai 1845 der französischen Charte von 1830 an. 16 Aber auch dadurch sind die Verfassungskämpfe nicht zum Abschlusz gelangt. Das Land schwankte lange wieder zwischen klerikaler Reaction und radicalem Aufstande, zwi- schen Hofintriguen und Militärdictatur hin und her, ohne sein Gleichgewicht zu finden. Die Miszregierung der bigotten Kö- nigin Isabelle führte 1868 zu einer neuen Revolution, welche die Bourbonische Dynastie und die Jesuiten zugleich vertrieb. Lange bemühten sich die monarchisch gesinnten Spanier ver- geblich, einen neuen König zu berufen. Zuletzt nahm der Herzog von Aostas, Sohn des Königs von Italien, die dar- gebotene spanische Krone an (4. Dec. 1870) und nun schien die Aussicht günstiger für die constitutionelle Monarchie. Aber die fortwährenden Verschwörungen entleideten dem Könige seinen Beruf und er dankte am 11. Februar 1873 freiwillig ab. Aus Noth wurde nun die Republik ausgerufen. Bald aber bemächtigte sich die Militärpartei der Herrschaft und bereitete die Rückkehr zu der constitutionellen Monarchie des jungen Königs Alfons vor, der zu Neujahr 1875 als König ausgerufen ward. Im Norden Spaniens, hauptsächlich in dem baskischen Gebirgsland, hatte zuvor, von Pfaffen und Legi- timisten unterstützt, der Bourbon Don Karlos für sein an- gestammtes Herrscherrecht zu streiten versucht, und das Unglück des Landes vermehrt, ohne seine Herrschaft zu be- gründen. 3. Eine Nachahmung der spanischen Verfassung von 1812 war die Verfassung für Portugal von 1822, die indessen wieder nicht zu unbestrittener Geltung gelangte. Im Jahr 1826 gab der König Don Pedro zu Gunsten seiner Tochter Mariè do Gloria dem Lande eine neue Verfassung, in wel- cher das monarchische Princip besser gewahrt wurde als in 16 Schubert, Verf. II, S. 105 ff. und S. 116 ff.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/482>, abgerufen am 24.11.2024.