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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre.

b) Dadurch, dasz in letztern die Länderstaten zwar un-
gleich an Grösze und Macht, aber doch sämmtlich schwach
sind gegenüber dem Gesammtstat und insofern einander nahe
stehen, während im deutschen Reich das Königreich Preuszen
viel mächtiger ist als alle andern verbündeten Staten zusam-
mengenommen, und deszhalb als Haupt- und Vormacht
betrachtet werden musz, auf welche die Macht des Reichs
hauptsächlich gestützt ist, ohne welche sie nichts ist, an welche
die übrigen deutschen Staten sich anschlieszen und anlehnen.

c) Durch ihre monarchische Verfassung sowohl im
Reich als in den meisten Länderstaten.

Diese Abweichungen sind so grosz, dasz man besser thut,
die neue deutsche Entstehungsform nicht einfach unter den
bisherigen Begriff des Bundesstates unterzuschieben, sondern
als eine neue Form, unter dem Namen Bundesreich, diesem
an die Seite zu stellen.

B. Verwandt mit der Verbündung ist die Einigung
zweier oder mehrerer Staten unter Einem gemeinsamen
Herrscher
, oder zu einem einzigen neuen State, vor-
zugsweise Union genannt. Auch hier lassen sich verschie-
dene Stufen und Arten der Einigung unterscheiden. In jeder
Weise unvollkommen ist dieselbe:

4. In Gestalt einer bloszen Personalunion. Diese
kann sogar blosz vorübergehend eintreten, wenn die
Thronfolgeordnungen zweier verschiedener Staten zufällig die-
selbe Person zu beiden Kronen berufen, somit wieder auf-
hören, wenn später die Succession wieder zwei verschiedene
Personen trifft. Von der Art war die Verbindung des deut-
schen Reiches und von Spanien unter Karl V., von Polen
und Sachsen unter August, von England und Hannover unter
dem Könige Georg IV., von Schleswig-Holstein und Dänemark
nach dem Vertrage von 1620. Diese Form der Union, die
loseste von allen, erzeugt auch nicht einen neuen Vereins-
stat, sondern beschränkt sich darauf, zwei selbständige Staten

Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre.

b) Dadurch, dasz in letztern die Länderstaten zwar un-
gleich an Grösze und Macht, aber doch sämmtlich schwach
sind gegenüber dem Gesammtstat und insofern einander nahe
stehen, während im deutschen Reich das Königreich Preuszen
viel mächtiger ist als alle andern verbündeten Staten zusam-
mengenommen, und deszhalb als Haupt- und Vormacht
betrachtet werden musz, auf welche die Macht des Reichs
hauptsächlich gestützt ist, ohne welche sie nichts ist, an welche
die übrigen deutschen Staten sich anschlieszen und anlehnen.

c) Durch ihre monarchische Verfassung sowohl im
Reich als in den meisten Länderstaten.

Diese Abweichungen sind so grosz, dasz man besser thut,
die neue deutsche Entstehungsform nicht einfach unter den
bisherigen Begriff des Bundesstates unterzuschieben, sondern
als eine neue Form, unter dem Namen Bundesreich, diesem
an die Seite zu stellen.

B. Verwandt mit der Verbündung ist die Einigung
zweier oder mehrerer Staten unter Einem gemeinsamen
Herrscher
, oder zu einem einzigen neuen State, vor-
zugsweise Union genannt. Auch hier lassen sich verschie-
dene Stufen und Arten der Einigung unterscheiden. In jeder
Weise unvollkommen ist dieselbe:

4. In Gestalt einer bloszen Personalunion. Diese
kann sogar blosz vorübergehend eintreten, wenn die
Thronfolgeordnungen zweier verschiedener Staten zufällig die-
selbe Person zu beiden Kronen berufen, somit wieder auf-
hören, wenn später die Succession wieder zwei verschiedene
Personen trifft. Von der Art war die Verbindung des deut-
schen Reiches und von Spanien unter Karl V., von Polen
und Sachsen unter August, von England und Hannover unter
dem Könige Georg IV., von Schleswig-Holstein und Dänemark
nach dem Vertrage von 1620. Diese Form der Union, die
loseste von allen, erzeugt auch nicht einen neuen Vereins-
stat, sondern beschränkt sich darauf, zwei selbständige Staten

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[311/0329] Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre. b) Dadurch, dasz in letztern die Länderstaten zwar un- gleich an Grösze und Macht, aber doch sämmtlich schwach sind gegenüber dem Gesammtstat und insofern einander nahe stehen, während im deutschen Reich das Königreich Preuszen viel mächtiger ist als alle andern verbündeten Staten zusam- mengenommen, und deszhalb als Haupt- und Vormacht betrachtet werden musz, auf welche die Macht des Reichs hauptsächlich gestützt ist, ohne welche sie nichts ist, an welche die übrigen deutschen Staten sich anschlieszen und anlehnen. c) Durch ihre monarchische Verfassung sowohl im Reich als in den meisten Länderstaten. Diese Abweichungen sind so grosz, dasz man besser thut, die neue deutsche Entstehungsform nicht einfach unter den bisherigen Begriff des Bundesstates unterzuschieben, sondern als eine neue Form, unter dem Namen Bundesreich, diesem an die Seite zu stellen. B. Verwandt mit der Verbündung ist die Einigung zweier oder mehrerer Staten unter Einem gemeinsamen Herrscher, oder zu einem einzigen neuen State, vor- zugsweise Union genannt. Auch hier lassen sich verschie- dene Stufen und Arten der Einigung unterscheiden. In jeder Weise unvollkommen ist dieselbe: 4. In Gestalt einer bloszen Personalunion. Diese kann sogar blosz vorübergehend eintreten, wenn die Thronfolgeordnungen zweier verschiedener Staten zufällig die- selbe Person zu beiden Kronen berufen, somit wieder auf- hören, wenn später die Succession wieder zwei verschiedene Personen trifft. Von der Art war die Verbindung des deut- schen Reiches und von Spanien unter Karl V., von Polen und Sachsen unter August, von England und Hannover unter dem Könige Georg IV., von Schleswig-Holstein und Dänemark nach dem Vertrage von 1620. Diese Form der Union, die loseste von allen, erzeugt auch nicht einen neuen Vereins- stat, sondern beschränkt sich darauf, zwei selbständige Staten

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/329>, abgerufen am 22.11.2024.