Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land.
die alten Berichte der Juden der Nachwelt überliefert. Der Rath Josephs war nützlich für die Schatzkammer des Pharao, aber verderblich für das arme Volk.
In Mexiko und Peru war es nicht anders. Auch da treffen wir auf die Ausbeutung der vermögenslosen Massen durch die wenigen Reichen und Mächtigen, und wiederum wird dieser Zustand begünstigt durch die Fruchtbarkeit des Bodens und durch die scheinbare Gunst der Natur, welche Mais, Bananen, Kartoffeln im Uebermasz liefert. Nacktheit und Knechtschaft unten, Luxus, Künste und Herrschaft oben; Schwäche nach auszen, riesige Bauten und ärmliche Hütten, das ist auch das Bild dieser gesegneten Länder.
Kann hier die Politik entgegen wirken? Allerdings, wenn sie ihrer hohen Aufgabe, ein gesundes Volksleben zu fördern, bewuszt wird und ernstlich an der Erfüllung derselben ar- beitet. Es ist trotz der Fruchtbarkeit des Bodens möglich, die unteren Classen gegen die maszlose Ausbeutung der Reichen zu schützen, und zu gebildeten und freien Menschen zu er- ziehen, und möglich, eine bessere Vertheilung auch des Ver- mögens zu begünstigen und die nothwendigen Mittelclassen zu heben.
Die günstigste Vorbedingung für das Gemeinleben der Menschen ist offenbar ein Boden von mäsziger Frucht- barkeit, d. h. der nur dann seine Bewohner ernährt, wenn ernste und nachhaltige Arbeit hinzutritt. Weder Bodenfruchtbarkeit allein, noch Arbeit allein wirkt günstig, wohl aber die Verbindung beider. Dann erhalten die Ar- beit und die Arbeiter einen Werth, aber es werden diese auch nicht übermäszig angestrengt. Es ist kein Nothstand vorhanden. Die menschlichen Kräfte entwickeln sich, die Zustände werden vervollkommnet; die Familien genieszen ein gesichertes Dasein und gelangen zu mäsziger Wohlhaben- heit, das Vermögen ist so vertheilt, dasz die Mittelclassen zahlreich und begütert werden. Es zeigen sich viele Uebergänge
Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land.
die alten Berichte der Juden der Nachwelt überliefert. Der Rath Josephs war nützlich für die Schatzkammer des Pharao, aber verderblich für das arme Volk.
In Mexiko und Peru war es nicht anders. Auch da treffen wir auf die Ausbeutung der vermögenslosen Massen durch die wenigen Reichen und Mächtigen, und wiederum wird dieser Zustand begünstigt durch die Fruchtbarkeit des Bodens und durch die scheinbare Gunst der Natur, welche Mais, Bananen, Kartoffeln im Uebermasz liefert. Nacktheit und Knechtschaft unten, Luxus, Künste und Herrschaft oben; Schwäche nach auszen, riesige Bauten und ärmliche Hütten, das ist auch das Bild dieser gesegneten Länder.
Kann hier die Politik entgegen wirken? Allerdings, wenn sie ihrer hohen Aufgabe, ein gesundes Volksleben zu fördern, bewuszt wird und ernstlich an der Erfüllung derselben ar- beitet. Es ist trotz der Fruchtbarkeit des Bodens möglich, die unteren Classen gegen die maszlose Ausbeutung der Reichen zu schützen, und zu gebildeten und freien Menschen zu er- ziehen, und möglich, eine bessere Vertheilung auch des Ver- mögens zu begünstigen und die nothwendigen Mittelclassen zu heben.
Die günstigste Vorbedingung für das Gemeinleben der Menschen ist offenbar ein Boden von mäsziger Frucht- barkeit, d. h. der nur dann seine Bewohner ernährt, wenn ernste und nachhaltige Arbeit hinzutritt. Weder Bodenfruchtbarkeit allein, noch Arbeit allein wirkt günstig, wohl aber die Verbindung beider. Dann erhalten die Ar- beit und die Arbeiter einen Werth, aber es werden diese auch nicht übermäszig angestrengt. Es ist kein Nothstand vorhanden. Die menschlichen Kräfte entwickeln sich, die Zustände werden vervollkommnet; die Familien genieszen ein gesichertes Dasein und gelangen zu mäsziger Wohlhaben- heit, das Vermögen ist so vertheilt, dasz die Mittelclassen zahlreich und begütert werden. Es zeigen sich viele Uebergänge
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Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land.
die alten Berichte der Juden der Nachwelt überliefert. Der
Rath Josephs war nützlich für die Schatzkammer des Pharao,
aber verderblich für das arme Volk.
In Mexiko und Peru war es nicht anders. Auch da
treffen wir auf die Ausbeutung der vermögenslosen Massen
durch die wenigen Reichen und Mächtigen, und wiederum
wird dieser Zustand begünstigt durch die Fruchtbarkeit des
Bodens und durch die scheinbare Gunst der Natur, welche
Mais, Bananen, Kartoffeln im Uebermasz liefert. Nacktheit
und Knechtschaft unten, Luxus, Künste und Herrschaft oben;
Schwäche nach auszen, riesige Bauten und ärmliche Hütten,
das ist auch das Bild dieser gesegneten Länder.
Kann hier die Politik entgegen wirken? Allerdings, wenn
sie ihrer hohen Aufgabe, ein gesundes Volksleben zu fördern,
bewuszt wird und ernstlich an der Erfüllung derselben ar-
beitet. Es ist trotz der Fruchtbarkeit des Bodens möglich,
die unteren Classen gegen die maszlose Ausbeutung der Reichen
zu schützen, und zu gebildeten und freien Menschen zu er-
ziehen, und möglich, eine bessere Vertheilung auch des Ver-
mögens zu begünstigen und die nothwendigen Mittelclassen
zu heben.
Die günstigste Vorbedingung für das Gemeinleben der
Menschen ist offenbar ein Boden von mäsziger Frucht-
barkeit, d. h. der nur dann seine Bewohner ernährt, wenn
ernste und nachhaltige Arbeit hinzutritt. Weder
Bodenfruchtbarkeit allein, noch Arbeit allein wirkt günstig,
wohl aber die Verbindung beider. Dann erhalten die Ar-
beit und die Arbeiter einen Werth, aber es werden diese
auch nicht übermäszig angestrengt. Es ist kein Nothstand
vorhanden. Die menschlichen Kräfte entwickeln sich, die
Zustände werden vervollkommnet; die Familien genieszen
ein gesichertes Dasein und gelangen zu mäsziger Wohlhaben-
heit, das Vermögen ist so vertheilt, dasz die Mittelclassen
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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