Zwölftes Capitel. 2. Der Adel. C. Der deutsche Adel. I. Herrenadel.
worfen, die anfangs noch erhalten worden waren, wie die Fürsten von Salm, Isenburg and der Herzog von Aremberg u. s. f.; einige werden sogar erst in den Tagen der Restaura- tion als Anhänger Napoleons geopfert.
Nach der Auflösung des deutschen Reichs (6.August 1806) gab es auch keine Reichsstandschaft mehr dieser Herren.
c) Die deutsche Bundesacte vom 8. Juni 1815 stellte die Institution nicht her, sondern wahrte nur die Erinnerung an die vormals reichsständischen Geschlechter, indem sie ihre Ebenbürtigkeit mit den souverän gewordenen deutschen Fürsten- häusern anerkannte und ihnen gewisse Ehrenrechte und Privi- legien, unter diesen auch die Landstandschaft in den Ersten Kammern der Länderstaten garantirte. Die Bundesmatrikel zählte anfangs 49 fürstliche und 49 gräfliche Häuser und ein freiherrliches auf, von denen seither einige ausgestorben sind, andere ihre Besitzungen verloren haben.
Die moderne Fortbildung des Verfassungsrechts in den Länderstaten war aber den vorbehaltenen patrimonialen Rech- ten der Standesherren ungünstig. Sie vermochten auch ihre besondere Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt auf die Dauer vor der Macht der Landesgesetze, welche die Rechtsgleichheit und eine durchgreifende central geleitete Beamtenordnung durch- setzten, nicht zu bewahren. Besonders seit der Revolution von 1848 war kein Halt mehr möglich. Die Standesherren selber verzichteten auf ihre Sonderherrschaft.
d) Die Zahl der 34 souveränen deutschen Fürsten- häuser, welche die Bundesacte von 1815 anerkannte, hat sich seither wieder vermindert, theils durch Aussterben, theils durch Verzicht, theils durch Verlust der Herrschaft. Die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sig- maringen gaben freiwillig ihre souveräne Stellung auf, zu Gunsten der Krone Preuszen (7. Dec. 1849). Das Königshaus von Hannover, das Kurhaus Hessen und das herzogliche Haus Nassau verloren durch den Krieg von 1866 und die
Zwölftes Capitel. 2. Der Adel. C. Der deutsche Adel. I. Herrenadel.
worfen, die anfangs noch erhalten worden waren, wie die Fürsten von Salm, Isenburg and der Herzog von Aremberg u. s. f.; einige werden sogar erst in den Tagen der Restaura- tion als Anhänger Napoleons geopfert.
Nach der Auflösung des deutschen Reichs (6.August 1806) gab es auch keine Reichsstandschaft mehr dieser Herren.
c) Die deutsche Bundesacte vom 8. Juni 1815 stellte die Institution nicht her, sondern wahrte nur die Erinnerung an die vormals reichsständischen Geschlechter, indem sie ihre Ebenbürtigkeit mit den souverän gewordenen deutschen Fürsten- häusern anerkannte und ihnen gewisse Ehrenrechte und Privi- legien, unter diesen auch die Landstandschaft in den Ersten Kammern der Länderstaten garantirte. Die Bundesmatrikel zählte anfangs 49 fürstliche und 49 gräfliche Häuser und ein freiherrliches auf, von denen seither einige ausgestorben sind, andere ihre Besitzungen verloren haben.
Die moderne Fortbildung des Verfassungsrechts in den Länderstaten war aber den vorbehaltenen patrimonialen Rech- ten der Standesherren ungünstig. Sie vermochten auch ihre besondere Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt auf die Dauer vor der Macht der Landesgesetze, welche die Rechtsgleichheit und eine durchgreifende central geleitete Beamtenordnung durch- setzten, nicht zu bewahren. Besonders seit der Revolution von 1848 war kein Halt mehr möglich. Die Standesherren selber verzichteten auf ihre Sonderherrschaft.
d) Die Zahl der 34 souveränen deutschen Fürsten- häuser, welche die Bundesacte von 1815 anerkannte, hat sich seither wieder vermindert, theils durch Aussterben, theils durch Verzicht, theils durch Verlust der Herrschaft. Die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sig- maringen gaben freiwillig ihre souveräne Stellung auf, zu Gunsten der Krone Preuszen (7. Dec. 1849). Das Königshaus von Hannover, das Kurhaus Hessen und das herzogliche Haus Nassau verloren durch den Krieg von 1866 und die
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Zwölftes Capitel. 2. Der Adel. C. Der deutsche Adel. I. Herrenadel.
worfen, die anfangs noch erhalten worden waren, wie die
Fürsten von Salm, Isenburg and der Herzog von Aremberg
u. s. f.; einige werden sogar erst in den Tagen der Restaura-
tion als Anhänger Napoleons geopfert.
Nach der Auflösung des deutschen Reichs (6.August 1806)
gab es auch keine Reichsstandschaft mehr dieser Herren.
c) Die deutsche Bundesacte vom 8. Juni 1815 stellte
die Institution nicht her, sondern wahrte nur die Erinnerung
an die vormals reichsständischen Geschlechter, indem sie ihre
Ebenbürtigkeit mit den souverän gewordenen deutschen Fürsten-
häusern anerkannte und ihnen gewisse Ehrenrechte und Privi-
legien, unter diesen auch die Landstandschaft in den Ersten
Kammern der Länderstaten garantirte. Die Bundesmatrikel
zählte anfangs 49 fürstliche und 49 gräfliche Häuser und ein
freiherrliches auf, von denen seither einige ausgestorben sind,
andere ihre Besitzungen verloren haben.
Die moderne Fortbildung des Verfassungsrechts in den
Länderstaten war aber den vorbehaltenen patrimonialen Rech-
ten der Standesherren ungünstig. Sie vermochten auch ihre
besondere Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt auf die Dauer vor
der Macht der Landesgesetze, welche die Rechtsgleichheit und
eine durchgreifende central geleitete Beamtenordnung durch-
setzten, nicht zu bewahren. Besonders seit der Revolution
von 1848 war kein Halt mehr möglich. Die Standesherren
selber verzichteten auf ihre Sonderherrschaft.
d) Die Zahl der 34 souveränen deutschen Fürsten-
häuser, welche die Bundesacte von 1815 anerkannte, hat sich
seither wieder vermindert, theils durch Aussterben, theils durch
Verzicht, theils durch Verlust der Herrschaft. Die Fürsten
von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sig-
maringen gaben freiwillig ihre souveräne Stellung auf, zu
Gunsten der Krone Preuszen (7. Dec. 1849). Das Königshaus
von Hannover, das Kurhaus Hessen und das herzogliche
Haus Nassau verloren durch den Krieg von 1866 und die
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/187>, abgerufen am 23.11.2024.
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