bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei- den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu vervollkommnen (§. 37.).
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe- dürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr späth erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u.s.w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey die- sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft- lichen Verbindung. - Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge- bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der Zeit und der Fortpflanzungsfähigkeit bey beiden Geschlechtern so gleich sey, daß der Mensch überall so wie in Eu- ropa zur Monogamie bestimmt werde*).
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde, und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter.
Es giebt nur eine Gattung (species) im Menschenge- schlecht; und alle und bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse abstammen**). Alle National-Verschieden- heiten in Bildung und Farbe des menschlichen Körpers
*) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8.
**) Ich habe dieß in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene- ris humani varietate nativa weiter ausgeführt.
bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei- den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu vervollkommnen (§. 37.).
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe- dürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr späth erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u.s.w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey die- sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft- lichen Verbindung. – Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge- bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der Zeit und der Fortpflanzungsfähigkeit bey beiden Geschlechtern so gleich sey, daß der Mensch überall so wie in Eu- ropa zur Monogamie bestimmt werde*).
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde, und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter.
Es giebt nur eine Gattung (species) im Menschenge- schlecht; und alle und bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse abstammen**). Alle National-Verschieden- heiten in Bildung und Farbe des menschlichen Körpers
*) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8.
**) Ich habe dieß in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene- ris humani varietate nativa weiter ausgeführt.
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[55/0077]
bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei-
den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche
Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die
ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das
Vermögen sich selbst zu vervollkommnen
(§. 37.).
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe-
dürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm
bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr späth erst sein
Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen,
keins wird so sehr spät mannbar u.s.w. Selbst
seine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur
Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch
fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können;
daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey die-
sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft-
lichen Verbindung. – Nicht ganz so allgemein läßt
sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in
allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge-
bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der
Zeit und der Fortpflanzungsfähigkeit bey beiden Geschlechtern
so gleich sey, daß der Mensch überall so wie in Eu-
ropa zur Monogamie bestimmt werde *).
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide
unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde,
und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem
weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in
Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und
in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein
ausnehmend hohes Alter.
Es giebt nur eine Gattung (species) im Menschenge-
schlecht; und alle und bekannte Völker aller Zeiten und
aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen
Stammrasse abstammen **). Alle National-Verschieden-
heiten in Bildung und Farbe des menschlichen Körpers
*) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die
Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8.
**) Ich habe dieß in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene-
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/77>, abgerufen am 27.11.2024.
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