Dem ist nicht so. Denn was man bey andern Vögeln eigentlich ihre Zunge nennt, ist bey jenen winzig klein; gleichsam nur ein hornartiges Pfeilspitz- chen mit Wiederhaken an den Seiten- rändern. Dahinter aber folgt ein über- aus sonderbares schlankes, aber sehr lang- schenkeliges Zungenbein, das aus fünf fast grätenförmigen, theils knorpeligen Stücken besteht, einem einfachen und vier gepaarten. In der Ruhe liegt jenes in einer fleischigen sehr dehnbaren Scheide im Schnabel. Das erste Paar der damit articulirenden Seitenschenkel liegt zu bei- den Seiten des Halses, das andre hier- anstossende aber läuft Unter der Haut über den Schedel, wo die convergirenden Extreme neben einander wie in einer Rinne liegen, und vorn, gewöhnlich zur rechten im Oberschnabel, enden. An diesem hintern Paar hängt das ganze sonderbare Ingestionsorgan gleichsam wie in Stahlfedern*)
*) Ein schönes Beyspiel zum Erweis des grossen Antheils, den schon die blosse
Dem ist nicht so. Denn was man bey andern Vögeln eigentlich ihre Zunge nennt, ist bey jenen winzig klein; gleichsam nur ein hornartiges Pfeilspitz- chen mit Wiederhaken an den Seiten- rändern. Dahinter aber folgt ein über- aus sonderbares schlankes, aber sehr lang- schenkeliges Zungenbein, das aus fünf fast grätenförmigen, theils knorpeligen Stücken besteht, einem einfachen und vier gepaarten. In der Ruhe liegt jenes in einer fleischigen sehr dehnbaren Scheide im Schnabel. Das erste Paar der damit articulirenden Seitenschenkel liegt zu bei- den Seiten des Halses, das andre hier- anstossende aber läuft Unter der Haut über den Schedel, wo die convergirenden Extreme neben einander wie in einer Rinne liegen, und vorn, gewöhnlich zur rechten im Oberschnabel, enden. An diesem hintern Paar hängt das ganze sonderbare Ingestionsorgan gleichsam wie in Stahlfedern*)
*) Ein schönes Beyspiel zum Erweis des grossen Antheils, den schon die blosse
<TEI><textxml:id="blume_000103"><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0374"xml:id="pb352_0001"n="352"/>
Dem ist nicht so. Denn was man bey<lb/>
andern Vögeln eigentlich ihre Zunge<lb/>
nennt, ist bey jenen winzig klein;<lb/>
gleichsam nur ein hornartiges Pfeilspitz-<lb/>
chen mit Wiederhaken an den Seiten-<lb/>
rändern. Dahinter aber folgt ein über-<lb/>
aus sonderbares schlankes, aber sehr lang-<lb/>
schenkeliges Zungenbein, das aus fünf<lb/>
fast grätenförmigen, theils knorpeligen<lb/>
Stücken besteht, einem einfachen und<lb/>
vier gepaarten. In der Ruhe liegt jenes<lb/>
in einer fleischigen sehr dehnbaren Scheide<lb/>
im Schnabel. Das erste Paar der damit<lb/>
articulirenden Seitenschenkel liegt zu bei-<lb/>
den Seiten des Halses, das andre hier-<lb/>
anstossende aber läuft Unter der Haut<lb/>
über den Schedel, wo die convergirenden<lb/>
Extreme neben einander wie in einer<lb/>
Rinne liegen, und vorn, gewöhnlich zur<lb/>
rechten im Oberschnabel, enden. An<lb/>
diesem hintern Paar hängt das ganze<lb/>
sonderbare Ingestionsorgan gleichsam wie<lb/>
in Stahlfedern<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Ein schönes Beyspiel zum Erweis des<lb/>
grossen Antheils, den schon die blosse<lb/></p></note></p></div></div></div></body></text></TEI>
[352/0374]
Dem ist nicht so. Denn was man bey
andern Vögeln eigentlich ihre Zunge
nennt, ist bey jenen winzig klein;
gleichsam nur ein hornartiges Pfeilspitz-
chen mit Wiederhaken an den Seiten-
rändern. Dahinter aber folgt ein über-
aus sonderbares schlankes, aber sehr lang-
schenkeliges Zungenbein, das aus fünf
fast grätenförmigen, theils knorpeligen
Stücken besteht, einem einfachen und
vier gepaarten. In der Ruhe liegt jenes
in einer fleischigen sehr dehnbaren Scheide
im Schnabel. Das erste Paar der damit
articulirenden Seitenschenkel liegt zu bei-
den Seiten des Halses, das andre hier-
anstossende aber läuft Unter der Haut
über den Schedel, wo die convergirenden
Extreme neben einander wie in einer
Rinne liegen, und vorn, gewöhnlich zur
rechten im Oberschnabel, enden. An
diesem hintern Paar hängt das ganze
sonderbare Ingestionsorgan gleichsam wie
in Stahlfedern *)
*) Ein schönes Beyspiel zum Erweis des
grossen Antheils, den schon die blosse
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der vergleichenden Anatomie. 3. Aufl. Göttingen, 1824, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_anatomie_1824/374>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.