Zweyter Abschnitt.
Vom
Gerippe der Säugethiere.
§. 6.
So vielartig auch die Formen der Säu-
gethiere, zumal der vierfüssigenVergl. mit diesem ganzen Abschnitt,
Göthe's fruchtbaren osteologischen Ty-
pus des vierfüssigen Thiers, im I. B. zur
Morphologie S. 165 u. f. und die lehrrei-
chen Abbildungen von Skeletten der Qua-
drupeden, wovon ich in der Gesch.
der Knochen des menschl. Körp. eine
Uebersicht gegeben habe, welchen unter
den neusten vorzüglich beyzufügen sind
die in Cuvier's Ossemens fossiles und
in den hierher gehörigen Monogra-
phien von Dr. Pander und Prof.
d'alton.
, und
folglich auch die Gerippe derselben sind,
so kommen dennoch diese entweder
sämmtlich, oder doch die mehresten der-
selben in folgenden Eigenheiten mitein-
ander überein, und unterscheiden sich
zugleich durch dieselben vom Gerippe
der andern Classe warmblütiger Thiere,
der Vögel.
A) SÄUGETHIERE. | B) VÖGEL. |
1) Schedel mit äch-
ten Nähten.
(Bis auf wenige Aus-
nahmen: etwa des Ele-
phanten, u. des Schna-
belthiersSo ist es wenigstens bey meinem Exem-
plar, dessen nahtloser Schedel auch von
dieser Seite einem skeletirten Vogel-
kopfe auffallend ähnelt. (– Tab. I. vergl.
mit tab. IV. –)
). | Schedel ohne ächte
NähteVersteht sich bey erwachsenen Vögeln;
denn ganz junge haben wenigstens ab-
gesonderte Schedelknochen, wenn gleich
ohne wirklich gezähnelte ächte Nähte.
. |
2) Gebiss.
Ausnahmen: die Ameisen-
bären. Manis. Schna-
belthier. Balaena. | Schnabel ohne
Zähne. |
3) Unbewegliche
Oberkiefer. | Bewegliche Ober-
kiefer.
Ausnahmen: z. B. der
Nashornvogel. |
4) Os intermaxillare.
(Von den etwaigen
Ausnahmen s. S. 26.) | Kein solches os in-
termaxillare. |
5) Zwey condyli oc-
cipitales | Nur Ein condylus
occipitalis. |
6) 7 Halswirbel.
(Ausnahmen: Das drey-
zehige Faulthier und
einige Cataceen) | Mehr als 7 Hals-
wirbel. |
7) Bewegliche Rük-
kenwirbel. | Wenig und grossen-
theils gar nicht be-
wegliche Rücken-
wirbel. |
8) Geschlossnes
Becken.
(Ausnahmen: Die Amei-
senbaren mit vorn off-
nem Becken: und die
Cetaceen ohne alle Hilft-
knochen. | Vorn offnes Becken.
(Ausnahme: der Straus
– tab. II. –) |
9) Nur bey weni-
gen Geschlechtern
wahre Schlüssel-
beine. | Durchgehends
Schlüsselbeine;
und fast eben
so allgemein die
Furcula.
(Denn selbst beym
Straus und Casuar zei-
gen sich doch Rudi-
mente dazu.) |
§. 7.
Zuförderst nun vom Schedel der Säu-
gethiereVergl. viele treffliche Abbildungen der
Schedel von mancherley Thieren, zu-
mal aus den beyden warmblütigen Clas-
sen, ausser den schon genannten Wer-
ken, im Atlas zu Gall und Spurz-
Heim Anat. du Syst. nerveux, und
in Spix cephalogenesis; und nütz-
liche Bemerkungen über den Schedel
und andre Theile des Skelets bey man-
cherley Quadrupeden, in Dr. Neer-
gaard's Beyträgen zur vergleichenden
Anatomie u. s. w. Göttingen 1807. 8.
S. 91 u. f.
, als dessen Bildung überhaupt
den bedeutendsten grössten Bezug auf
die ganze thierische Oekonomie hat; na-
mentlich als Behälter des Gehirns, der
mehrsten Sinnorgane, und der Fress-
werkzeugeUeber die Aehnlichkeit des Schedels
mit den Wirbeln hat sich vielleicht J. P.
Frank zuerst ausgesprochen, de ver-
tebralis columnae in morbis dignitate
im XIten B. seines Delectus opusculor.
medicor. 1792. pag. 8. „In ea semper
opinione versatus sum quamcunque spi-
nalis columnae vertebram pro parvo,
eodemque transverso, cranio esse con-
siderandam.“
und „– extrema et ex
omnibus maxime conspicua mobilis-
simaque vertebra, quam calvariam ap-
pellamus.“
Ausführlicher und bestimm-
ter davon s. Oken über die Bedeu-
tung der Schädelknochen Jena 1807. 4.
Und Dr. Aug. Leop. Ulrich de
sensu ac significatione ossium capitis
speciatim de capite testudinis. Berol.
1816. 4. und die von Letzterm ange-
führten Schriftsteller.
.
§. 8.
Bey der bekannten Eintheilung der
Schedelknochen in die eigentliche Hirn-
schale (ossa caluariae) und in die Ge-
sichtsknochen (ossa faciei mit Einschluss
des Unterkiefers) ist das theils auffallende
Verhältniss der respectiven Grösse dieser
Leiden Haupttheile merkwürdigDazu dient sowohl die Ansicht im
Profil als von oben her. Vom Nutzen
der letztern (der norma verticalis) na-
mentlich zu Vergleichung der National-
formen der Menschenschedel, habe ich
in der dritten Ausg. der Schrift: de ge-
neris hum. varietate natiua pag. 203.
und in der IVten Decas cranior. diuer-
sar. gentium pag. 12. not. q) gehandelt.
vergl. Wolt. H. Crull de cranio,
eiusque ad faciem ratione Gröning.
1810. 8. Spix a. a. O. und W. Lawren-
ce's Lectures on Physiology ꝛc. Lond.
1819. 8.
. Man
vergleiche z. B. um nur einige Paar Gat-
tungen aus gleichen Ordnungen zu nen-
nen, den Schedel des Kängaruh (Didel-
phys gigantea) mit dem vom Opossum
(Did. marsupialis); oder den vom Tümm-
ler (Delphinus delphis) mit des Casche-
lot (Physeter macrocephalus) seinem.
§. 9a.
Die Anzahl der eigentlichen Hirn-
schalenknochen ist im Ganzen wie beym
Menschen. Doch das Stirnbein bey den
mehrsten gehörnten Thieren aus zwey
Hälften zusammen gesetzt; hingegen
die Scheitelbeine bey manchen derselben
zu einem zusammenhängenden Stück
und bey andern meist mit dem Hinter-
hauptsbeine verwachsen. Und manche
Digitata haben noch einen eignen in
die Breite laufenden flachen Knochen
zwischen den Scheitelbeinen und dem
Hinterhauptsbeins. Merrem's Zergliederung der Haus-
Maus in seinen vermischten Abhand-
lungen aus der Thiergeschichte. S. 59,
tab. 2. fig. 11. a., und D. Nic. Meyer
prodromus anatom. murium Jen. 1800.
pag. 15. fig. 6. 8. besonders aber die vor-
zügliche Monographie, Gotthelf-Fi-
scher de osse epactali s. Göthiano
palmigradorum. Mosquae. 1811. gr. Fol.
m. Kupf.
Treffliche Bemerkungen über die
Osteogenie dieses Knochen sowohl als
des Hinterhauptsbeins bey vielartigen
Säugethieren s. in Meckel's Hand-
buch der pathologischen Anatomie I. B.
S. 326 u f.
.
§. 9b.
So wie an Schönheit der gewölbten
Form kein thierisches Stirnbein dem
menschlichen gleich kommt, so zeichnet
sich hingegen dasselbe schon bey man-
chen andern Quadrumanen, zumal bey den
grossen Pavianen (Papio mormon u. s. w.)
durch die grosse platte triangulare Fläche
aus, mit welcher die Stirne gleichsam
zurückgepresst ist, und deren Seitenrän-
der unten vom processus malaris am
Aussenrande der Augenhölen schräg rück-
wärts bis gegen die crista occipitalis
convergirenAn dem in meiner Sammlung befind-
lichen schaudererregenden Schedel eines
dreyssigjährigen, von Mutterleibe an
blödsinnig gewesenen, Thiermenschen,
den ich in der Commentatio de ano-
malis et vitiosis quibusdam nisus for-
matiui aberrationibus, Gott. 1813. 4. be-
schrieben und tab. II. abgebildet habe,
spricht sich der rohthierische Charak-
ter namentlich dadurch aus, dass die
fast trianguläre eingedrückte Stirne
oben in einen so schmalen Scheitel zu-
lauft, dass die obern Ränder der grossen
Bogen von der Anlage der Schläfemus-
keln (die plana semicircularia) kaum
Daumen breit von einander abstehen.
.
§. 10.
Uebrigens hängt vom Mangel oder
aber vom Daseyn und dann wiederum
von der Grösse und Richtung dieser crista
occipitalis eine Hauptverschiedenheit der
Scheitelform ab, und steht meist in be-
stimmten Bezug zur mehrern oder min-
dern Stärke des Gebisses. Sie mangelt
z. B. den mehrsten Affen und Meerkatzen,
und ist hingegen bey dem fruchtbaren
Pongo von Borneos. Gotth. Fischer's naturhistorische
Fragmente I. B. Tab. III. IV.
von mächtiger
Grösse. – Die longitudinale crista ist
zumahl beym Dachs auffallend stark aus-
gewirkt: so wie die transversale z. B. am
Biber, und beide am Opossum. – Bey
den Elephanten liegt zwischen den hoch-
gewölbten Seitentheilen des Obersche-
dels eine tiefe weite Grube, auf deren
Boden eine kleine longitudinale crista
sitztP. Camper Descript. anatomique d'un
Eléphant mâle tab. XIII. fig. 6.
. – Unter den Hunderassen findet
sich hierin viele Verschiedenheit; wenn
man z. B. den Mops mit dem Neufund-
länder vergleicht.
§. 11.
Auch die Lage und Richtung des
grossen foramen occipitale zeigt bey
manchen Gattungen merkwürdige Diffe-
renz. Statt dass es nämlich beym
Menschen am weitsten nach vornAn dem eben gedachten Schedel des
dreyssigjährigen Thiermenschen liegt
diese Oeffnung fürs Rückenmark weit
mehr zurück, als an irgend einem der
zahlreichen Affen und Paviane, die ich
damit verglichen habe.
und
meist horizontal liegt (zuweilen gar mit
dem vordem Rande hoher als mit dem
hintern); so liegt es hingegen bey den
mehrsten Quadrupeden am Ende der
Grundfläche des Schedels, und zwar
schräg, mit dem hintern Rande mehr
oder weniger auswärts gekehrt: bey ei-
nigen gar am Hinterkopfe geradeaus in
verticaler Richtung; und zuweilen, wie
z. E. beym Murmelthier (Marmota al-
pina) sogar mit dem obern Rande mehr
vorwärts gerichtet, als mit dem unterns. Daubenton sur les différences de
la situation du grand trou occipital
dans l'homme et dans les animaux in
den Mém. de l'Acad. des sc. de Paris
1764. pag. 568. Dieser treffliche Zoo-
tome gründete auch auf diese Verschie-
denheit seine sogenannte Occipital-
Linie, eine der Normalregeln die man
zur Vergleichung der Schedelformen
unter einander, angegeben hat. – Er
zieht nemlich zwey gerade einander
durchschneidende Linien im Profil der
Schedel: die eine vom hintern Rande
des foramen magnum (der auch zu-
gleich bey den allermehrsten Säugethie-
ren der obere ist) durch den untern
Rand der Augenhöle; die andre aber
durchs planum horizontale jener grossen
Hinterhaupts-Oeffnung, mitten zwischen
beiden condylis; und bestimmt dann
nach dem Winkel, worin diese beiden
Linien zusammstossen, die Aehnlichkeit
oder Verschiedenheit der Schedelformen.
Gar viel scheint übrigens durch diese
Regel nicht gewonnen, da einmal bey
den bey weitem allermehrsten, übrigens
noch so sehr von einander verschiede-
nen Quadrupeden, dieser Winkel im-
mer zwischen 80 und 90° fallt, und
andrerseits die kleinern Abweichungen
selbst individuell in einer und eben der-
selben Gattung variiren.
.
§. 12.
Die wahren Nähte, wodurch die Hirn-
schalenknochen unter einander verbun-
den werden, sind bey den mehrsten Qua-
drupeden, wenigstens von aussen, min-
der geschlängelt als beym Menschen.
Doch sind sie bey den gehörnten Bisul-
cis zu leicht einzusehenden Zweck sehr
stark und scharf gezähnelt; auch die Stirn-
knochen dabey überaus dickHingegen habe ich die Hirnschalenkno-
chen bey den mit der Drehkrankheit be-
hafteten Schafen (den sogenannten Seeg-
lern oder Quesenköpfen), wenn die
Wurmblase (Hydatis cerebralis) nahe
unter der Hirnschale lag und gross
war, an dieser Stelle grösstentheils ab-
sorbirt und zuweilen bloss wie eine
dimne, dem Druck sehr nachgebende
knorpelartige Haut gefunden.
.
Sogenannte Zwickelbeinchen (ossicula
Wormiana), finden sich selten an Thier-
schedeln. Doch habe ich welche an
Hasen, und am Schedel eines jungen
Orangutang vor mir; welcher letztere
auch durchgehends ausnehmend elegante
Suturen hatEs ist daher mit Einschränkung zu ver-
stehen, wenn Eustach von den Näh-
ten an den Affenschedeln sagt: „vbique
adeo obscurae sunt, vt magna ex parte
suturae nomen, aut nullo modo, aut
vix mereantur.“
Ossium exam. pag. 173.
.
§. 13.
Die Facialknochen des Schedels tra-
gen überhaupt durch ihre Richtung und
stärkere oder mindere Prominenz auf-
fallend viel zur Totalform des ganzen
Kopfs beyZur festem Bestimmung derselben hat
Camper seine Facial-Linie angenom-
men, deren Anwendung am ausführ-
lichsten in seinem posthumen Werke
über den natürlichen Unterschied der
Gesichtszüge u. s. w. (übersetzt von
Soemmerring, Berl. 1792. 4.) aus ein-
ander gesetzt ist. – Er zieht auch wie
Daubenton im Profil eines jeden Sche-
dels zwey gerade einander durchschnei-
dende Linien, aber in andern Richtun-
gen als jener. Eine horizontale nem-
lich, die durch den äussern Gehörgang
und den Boden der Nasenhöle läuft;
und dann eine andre von der Wölbung
der Stirne mitten über der Nase nach
dem äussersten prominirenden Rande
der Oberkiefer oder des Intermaxillar-
Knochen, mitten unter der Nase. Letztre
ist die eigentliche Facial-Linie, und
der Winkel, den sie mit jener horizon-
talen macht, bestimmt nach ihm die
Verschiedenheiten der Thierschedel, so
wie der Nationalphysiognomieen der
mancherley Menschenrassen.
In Rücksicht auf diese letztere An-
wendung habe ich meine Erinnerungen
dagegen schon in der dritten Ausg. der
Schrift: de gener. hum. var. pag. 200 u. f.
beygebracht. Und was ihren Gebrauch
zu Unterscheidung der Thierschedel be-
trifft, so gilt mutatis mutandis auch
hier, was oben von der Daubentoni-
schen Linie gesagt worden, dass nem-
lich die bey weitem allergrösste und
mannichfaltigste Menge der übrigens
dem Kopfe nach so verschieden gebil-
deten Quadrupeden (– wenigstens drey
Viertheile von den ohngefähr sechshun-
dert Gattungen derselben, die wir bis
jetzt kennen –) dennoch eine und eben
dieselbe Faciallinie haben.
Bestimmter und bedeutender ist Cu-
vier's comparative Ansicht, der die
Schedel von verschiednen Menschen-
rassen und Thierarten vertical nach der
Länge durchgesagt und das Verhält-
niss der Durchschnittsfläche der Hirn-
schalenhöhle zu der Gesichtsknochen
ihrer (mit Ausschluss des Unterkiefers),
verglichen hat. Anat. comparée T. II.
p. 10. u. f. S. auch Crull und Spix
a. a. O.
; und zwar wird diese Pro-
minenz grösstentheils durch die verlän-
gerten Oberkiefer selbst; zum Theil aber
auch, und bey manchen hauptsächlich,
durch den zwischen denselben gleichsam
eingeheilten berühmten Intermaxillar-
Knochen bewirkt.
§. 14.
Statt dass nemlich beym Menschen
die beiden Knochen des Oberkiefers vorn
unter der Nase an einander stossenwo sie die Spina nasalis bilden, die
hingegen den Thieren, die keine so
prominirende Nase haben, mangelt.
und alle oberen Zähne enthalten; so sind
sie hingegen bey den übrigen Säuge-
thieren vorn durch diesen besondern,
ebenfalls gepaarten, Intermaxillar-Kno-
chenGotth. Fischer über die verschiedne
Form des Intermaxillarknochens in ver-
schiednen Thieren. Leipz. 1800. 8. mit
Kupfern, und D. Kools annotationes
anatomicae. Groning. 1810. pag. 5 u. f.
getrennt, der gleichsam darzwi-
schen eingekeilt ist, und bey denjeni-
gen, welche mit obern Schneidezähnen
versehen sind, dieselben aufnimmtVesalius de c. h. fabrica pag. 46. (der
besten Ausg. von 1555.) fig. 1.
.
Er findet sich aber auch bey den Bisul-
cis, denen diese Zähne im Oberkiefer ab-
gehen, so wie auch bey solchen Ge-
schlechtern, die überhaupt keine Vor-
derzähne haben, wie das Schnabelthier
(Ornithorhynchus paradoxus), das Erd-
schwein (Oryderopuscapensis) und die Ar-
madillgattungen, ja selbst bey gänzlich
Zahnlosen Säugethieren, wie die Amei-
senbären und eigentlichen WallfischeDesshalb habe ich diesen Knochen lie-
ber os intermaxillare als mit Haller
os incisiuum genannt. Blair in sei-
ner Osteographia elephantina nennt
ihn os palati; Vitet os maxillaire
inférieur.
.
– Er wird von den benachbarten Sche-
delknochen durch deutliche Suturen ab-
gesondert, die von aussen neben der
Nase und SchnauzeEustachius tab. anat. XLVI. fig. 2.
, am Gaumen
aber neben den vordern foraminibus pa-
latinisDa wo auch zuweilen an Menschen-
schedeln, wenigstens von Kindern, das
foramen incisiuum auf beiden Seiten
mit einer Ritze umzogen ist, von wel-
cher Fallopius schon 1561 so richtig
sagte: „reperio hanc diuisionem, vel
rimam potius esse, quam suturam
cum os ab osse non separet, neque in
exterioribus appareat, vel cum os cum
osse von coniungat, quod suturarum
munus est.“
s. Dess. Obseruation. anato-
mic. fol. 35. b. der Venetian. Orig. Ausg.
In wie fern aber die durch diese
Fissur bezeichnete Alveolar-Portion
des menschlichen Oberkiefers allerdings
für ein Rudiment eines Intermaxillar-
Knochens angesehen werden müsse,
hat Göthe in seiner berühmten Ab-
handlung gezeigt, die seit 1786 als Ma-
nuscript für Freunde mitgetheilt war,
und nun im Iten B. zur Morphologie
mit reichen Zusätzen erschienen ist.
Vergl. Vicq-d'azyr in den Mém.
de l'ac. des sc. de Paris a. 1780.
p. 489. und Const. Nicati de labii
leporini congeniti natura et origine.
Ultraj. 1822. pag. 25.
Unter den Anatomen des XVI. Jahr-
hunderts, die bey der bekannten Streit-
frage, ob Galen's Osteologie nach Men-
schen – oder nach Affen-Gerippen ab-
gefasst sey, das letztre unter andern
aus dem von ihm auch dem Menschen
zugeschriebnen Intermaxillar-Knochen
erwiesen, verdient hier vorzüglichst In-
grassias angefuhrt zu werden, weil er
in seinen classischen Commentariis in
galeni librum de ossibus, Panorm. 1603.
fol. besonders durchgehende auf dieje-
nigen Stellen aufmerksam macht „vbi
ex simiarum dissectione deceptus Ga-
lenus, a vera hominis constructione
ac sceleto deuiat.“
s. pag. 120. 125 u. f.
laufen. – Seine Grösse und
Form ist in manchen Ordnungen und
Geschlechtern von Säugethieren von auf-
fallender Verschiedenheit. Bey vielen feris
z. B. ist er klein; so auch beym Wallross.
Hingegen bey vielen gliribus (Digitatis
und Palmatis) theils mächtig gross; so
beym Murmelthier, Biber; auch beym
Nilpferd, beym Tümmler, Caschelot u. a.
m. Sonderbar bauchig am Wombat (Di-
delphys W.) – Die seltsamste Form
haben die beiden hakenförmig gebognen
durch eine breite Synchondrose von ein-
ander getrennten Intermaxillar-Knochen
des Schnabelthiers (– tab I. n. o. –)Ich darf nicht alles hier wiederholen,
was vom Intermaxillar-Knochen in der
3ten Ausg. de gener. hum. variet. pag.
34 bis 41 gesagt ist, wo ich auch ei-
nige Affen und Meerkatzen angeführt,
an deren Schedeln, ohngeachtet sie von
jungen Subjecten waren, sich doch keine
Spur dieses Knochens erkennen liess. –
Man müsste denn annehmen, dass er
bey allen diesen Thieren schon in ihrem
unreifern Alter ganz verwachsen wäre,
wenn gleich die übrigen Schedelkno-
chen noch auss deutlichste ihre Suturen
erhalten hätten.
Auch bey verschiedenen Säugethie-
ren aus andern Ordnungen, namentlich
dem Bradypus tridactylus und Vesper-
tilio ferrum equinum konnte Fischer,
und am aegyptischen Vespertilio per-
foratus Geoffroy Saint-Hilaire
keine Spur des Intermaxillar-Knochens
auffinden. s. des Erstem oben ange-
führte Monographie S. 47. 89. und
Letztern in der grossen Description de
d'Egypte. Hist. naturelle T. II. p. 126.
Tab. IV. fig. 4.
§. 15.
Die eben gedachten vordem foramina
palatina (oder incisiua) sind bey den
mehrsten Säugethieren, so wie beym
Menschen, doppelt. Meines Wissens
sind sie bey den Quadrupeden weil grösser
als beym Menschen, zumal bey den Bi-
sulcis von auffallender Länge und Weite.
So auch im HasengeschlechtBey manchen, wie z. B. beym Löwen,
sind die Ausgänge dieser grossen Oeff-
nungen am Gaumen sogar beym leben-
digen Thiere sichtlich. – s. J. Er. ri-
dinger's Abbildung des zahmen Lö-
wen, der 1760. in Deutschland zu se-
hen gewesen gr. Fol.
.
§. 16.
Besonders merkwürdig sind bey den
meisten Bisulcis die an der Aussenseite
der Oberkiefer neben den Nasenbeinen
befindlichen grubenförmigen Eindrücke
von den aussen daran liegenden soge-
nannten sinibus sebaceis. – Beym Hasen,
der auch hierin, so wie in so vielen an-
dern Stücken seines Baues, eine so auf-
fallende Aehnlichkeit mit den wieder-
kauenden Thieren jener Ordnung zeigt,
ist diese Stelle zum Theil wie netzför-
mig durchbrochen.
§. 17.
Das Zygoma zeigt vielerley und sehr
bedeutende Verschiedenheit, die zumal
mit den Beisswerkzeugen in sehr direc-
tem Bezuge stehtS. pinel's Recherches sur une nou-
velle methode de classification des qua-
drupêdes im Iten B. der Actes de la
Soc. d'histoire naturelle de Paris
pag. 50.
. Bey vielen Quadru-
peden (zumal unter den Digitatis und
Palmatis) verläuft sich der processus ma-
laris des Oberkiefers in einem eben so
langen schmalen Fortsatz, als der ihm
vom Schlafbein entgegen kommende; so
dass er nach Verhältniss die Stelle ein-
nimmt, wo bey andern so wie beym
Menschen, das Jochbein liegt; und die-
ses selbst nur als ein Zwischenstück
zwischen jene beiden Fortsätze wie ein-
geschaltet ist; mithin gar nicht ans
Stirnbein reicht, und folglich auch nichts
zur Bildung der Augenhöle beyträgt.
Fast fadenförmig und meist gerade-
laufend ist das Zygoma beym Maulwurf.
Hingegen von ungeheurer Stärke und
weitem innern Raum für die mächtigen
Zur Bewegung des Unterkiefers be-
stimmten Muskeln bey vielen Raubthie-
ren, wie z. B. beym Tiger; aber auch
beym Biber. – Bey manchen unter-
wärts gebogen, wie bey der Ratte u. a.m.;
bey andern aufwärts, z. B. bey den
Wieseln.
Besonders auffallend ist ein grosser
herabsteigender Fortsatz, wodurch sich
das Jochbein der Faulthiere auszeich-
netDie beiden Tanrecs (Erinaceus seto-
sus und ecaudatus) haben gar kein
Jochbein. s. Meckel's Beyträge zur
vergleichenden Anatomie I. B. I. Heft
S. 40.
.
§. 18.
Von den Nasenknochen zeigt sich bey
den Elephanten gleichsam nur ein Ru-
diment. Bey den mehrsten Affen, und
selbst beym Orangutang ist er einfach,
dreyeckt, und sehr klein; bey dem Cho-
ras (Papio mormon) auffallend lang und
schmahl, vertieft zwischen den langen
wulstigen Leisten der Oberkieferbeine.
Bey den allermehrsten eigentlichen Qua-
drupeden aber ist er doppelt und theils
von ausnehmender Grösse. So z. B. bey
den Bisulcis und dem Hasengeschlecht;
auch beym Pferd, Schwein u. s. w. Bey
den Gattungen des Rhinocergeschlechts
verwachsen die das Horn tragenden Na-
senknochen frühzeitig zusammen.
§. 19.
Auch von den Thränenbeinen haben die
Elephanten nur ein Rudiment. Am an-
sehnlichsten zeigen sie sich hingegen
bey den Bisulcis, besonders bey den An-
tilopen, und noch auffallender beym
Opossum (Didelphys marsupialis)Eine Eigenheit an den Makis (dem Le-
mur-Geschlechte) ist, dass bey ihnen
die obere Oeffnung des Thränencanals,
sein Eingang, ausserhalb der Augen-
höle, auf dem Oberkiefer selbst liegt.
s. Fischer's Anatomie der Maki I. B.
Frankf. 1804. 4. S. 6.
.
§. 20.
Die Augenhölen sind, zumal in Rück-
sicht ihrer Richtung, ihres Umfanges
und ihrer Tiefe, von mancherley merk-
würdiger Verschiedenheit. Bey den al-
lermehrsten sind sie seitwärts gerichtet.
Bey den Affen, Pavianen und Meer-
katzen, so wie beym Menschen, vor-
wärts, und zwar weit näher beysam-
men als bey diesem. Beym Biber ste-
hen sie aufwärts.
In Rücksicht des Umfangs sind sie
bey den gedachten Quadrumanen ganz
geschlossen. Bey den Bisulcis und So-
lidungulis haben sie zwar nach aussen
einen kreisförmigen Rand, aber die
äussere Seitenwand der Höle ist nach
hinten offen. Bey den mehresten feris
endlich und manchen gliribus ist auch
selbst der äußere Rand nach hinten un-
terbrochen.
Eben so vielartig ist auch die Tiefe
oder Fläche dieser Hölen. Bey man-
chen sind sie so flach, dass sie kaum
diesen Namen verdienen. So z. B. beym
Maulwurf und den AmeisenbärenUnrichtig ist Haller's Behauptung
(Elem. T. V. pag. 343.) „homini maior
quam vlli bestiarum orbitae pars os-
sea est.“
Schon die Katze z. B. hat
nach Verhältniss weit grössere Augen-
hölen, vollends aber so manche Ma-
kis, von deren Schedeln Fischer im
gedachten Werke treffliche Abbildun-
gen gegeben hat.
.
§. 21.
Bey den mit Hörnern versehenen Säu-
gethieren sitzen dieselben auf besonders
dazu bestimmten Fortsätzen gewisser
Schedelknochen. Beym einhornigen Rhi-
nocer nemlich auf einer rauhen etwas.
erhabnen Fläche des ungeheuren Nasen-
beins. Und eben da sitzt auch das vor-
dere des zweyhornigen; das hintre aber
so wie bey den gehörnten Bisulcis auf
dem StirnknochenGeoffroy Saint-Hilaire in den
Mémoires de la Societé d' histoire na-
turelle de Paris. a. 7. Cah. I.
. Und zwar zeigt
sich bey den letztern eine doppelte merk-
würdige Verschiedenheit, nachdem sie
entweder im Ochsen- Ziegen- und Anti-
lopengeschlecht eigentlich sogenannte
Hörner, oder aber im Hirschgeschlecht
Geweihe tragen. Bey jenen erwächst
nemlich dem jungen Thiere die äussre
Tafel der Stirnbeine zu einemund bey Ouis polycerata zu mehrern.
(– Ein merkwürdiges Beyspiel von
erblicher zur Rasse ausgearteter Mon-
strosität, als wichtige Instanz gegen
die vermeinte Praeexistenz praeformir-
ter Keime. –)
Zapfen,
in welchen sich bey den mehrestenMan hat die Antilopen davon ausge-
nommen; dass diese Ausnahme aber
wenigstens nicht von allen Gattungen
dieses Geschlechts gilt, sehe teil am
Gehörn einer Antilope bubalis in mei-
ner Sammlung, dessen knöcherner Zap-
fen allerdings hohl ist und mit den
Stirnhölen in Verbindung steht.
selbst die Stirnhölen erstrecken; und
dessen äussre Haut allgemach Horn ab-
scheidet, und damit wie mit einem Fut-
teral überzogen wird.
Im HirschgeschlechtIch habe nun wohl gegen 20 verschiedne
Beyspiele zusammen gebracht, wo man
seit der Mitte des XVIten Jahrhunderts
hin und wieder in Europa, und auch
in Ostindien gehörnte Hasen mit klei-
nen Rehbockartigen Geweihen gefun-
den zu haben versichert. Hätte diess
seine Richtigkeit, so wäre es noch ein
Umstand mehr, worin diese Thiere
den Bisulcis ähneln. Was mir aber
dieses Vorgeben sehr verdächtig macht,
ist, dass ich bis jetzt, aller angewand-
ten Mühe ohngeachtet, noch von kei-
nem einzigen Exemplare solcher Hörn-
chen habe vergewissert werden können,
wo dieselben auf dem Kopf des Hasen
selbst fest sässen. Die, von welchen
ich genaue Zeichnungen vor mit habe,
sind offenbar für den Hasen von un-
verhältnissmässiger Grösse; und die
auf dem hölzernen Kopf eines vorgeb-
lich gehörnten Hasen im Cassler Mu-
seum (der 1621 geschossen seyn soll)
sind durchaus nichts weiter als kleine
Rehgeweihchen.
hingegen (und
zwar bey den mehrsten Gattungen nur
bey den Männchen)Von anomalischen Beyspielen von
Hirschkühen, die, durch eine in die
Zwittergestaltung schlagende Abwei-
chung des Bildungstriebes, Geweihe
bekommen, s. G. E. Stahl propempt.
de cornu cerui deciduo. Hal. 1699. J.
Jac. Scheuchzer in J. Fr. Leopold
diss. de alce. Bas. 1700. Jam. Hoy in
den Transact. of the Linneau Soc.
vol. II. pag. 356 u. a.m.
erhebt sich jene
Tafel bloss zu einem kurzen stumpfen
Stuhl oder Rosenstock, auf welchem
nach der Hand das eigentliche Geweihe
empor wächst, das alljährlich gewech-
selt wird, und während seines Wachs-
thums mit behaarter sehr gefässreicher
Haut bekleidet istDie jährliche Reproduction der Ge-
weihe gehört aus mehrerer Rücksicht
zu den merkwürdigsten Phänomenen
in der thierischen Physiologie. Sie gibt
eins der auffallendsten Beyspiele a) von
der Stärke der Nutrition und dem da-
durch bewirkten schnellen Wachsthum
bey warmblütigen Thieren. Denn das
Gehörn eines Capitalhirsches, das wohl 1/4
Centner am Gewichte hält, ist dennoch
binnen 10 Wochen völlig ausgebildet:
– b) von der eben so auffallenden
Stärke der Absorption, wodurch gegen
die Zeit des Abwerfens das alte Ge-
weihe, das vorher wie zu Einem Stück
mit dem Stirnknochen zusammenhing,
über dem Rosenstock aufgelockert, und
dadurch sein bisheriger fester Zusam-
menhang mit dem. Schedel allgemach
gelösst wird: – c) vom partiellen Le-
benslaufe eines thierischen Theils, der
vom Lebensalter des ganzen Thiers (als
welches sich beym Hirsch auf 30 Jahre
erstreckt) ganz unabhängig ist: – d)
von der Veränderlichkeit des Calibers
einzelner Blutgefässe, da die zur Ernäh-
rung des Geweihes bestimmten Aeste
der äussern Carotis während des Auf-
setzens so auffallend erweitert werden,
und sich hingegen, sobald dasselbe ver-
eckt ist, wieder zusammenziehen: –
und c) von dem innigen sogenannten
Consensus, der zwischen dem Aufsetzen
der Geweihe und dem Zeugungsge-
schäfte vorwaltet; dass nemlich absicht-
liche Castration, oder auch zufällige aber
wesentliche Beschädigung an den Geni-
talien ein so auffallendes Hinderniss der
Erzeugung oder regelmässigen Ausbil-
dung, oder aber des Wechselns der Ge-
weihe abgiebt. s. z. B. die merkwürdi-
gen Versuche des Dr. Rich. Russell
in seiner Oeconomy of nature in acute
and chronical Diseases of the glands
pag: 21 und die genaue Beobachtung in
der obgedachten Commentatio de nisus
formatiui aberrationibus pag. 12 u. f.
Noch auffallender ist die Bemerkung,
die man gemacht zu haben versichert,
dass durch eine Art von Reaction die
Verletzung des neu aufgesetzten Ge-
hörns den Hirsch wenigstens für eine
Zeitlang impotent mache. s. Gr. von
Mellin in den Beob. und Entdeck.
der Berliner naturforsch. Gesellsch.
IV. B. pag. 360. und Dr. Paris in den
Transact. of the Linnean Society vol. X.
P. II. pag. 311.
.
Die einfachen Hörnchen der Giraffe
halten gleichsam das Mittel zwischen
jenen beiderley Hauptarten von Gehörn.
Die Form, Textur, und dass sie peren-
niren, haben sie mit den Stirnzapfen
der eigentlichen Hörner, die behaarte
Bekleidung aber mit den Geweihen
gemein.
§. 22.
Der Unterkiefer der Thiere derjenigen
Classe, bey welcher wir jetzt stehen,
weicht auffallender als kaum irgend ein
andrer Knochen ihres Gerippes vom
menschlichen ab. – Vor allem gleich
schon durch den Mangel des auszeich-
nenden Characters der Humanität – des
prominirenden Kinnes, als welches alle
Hassen des Menschengeschlechts mit ein-
ander gemein haben, und das hingegen
keinem bis jetzt bekannten andern Säu-
gethiere zukommt. Auch hat der Mensch,
nach Verhältniss zum Schedel, den kür-
zesten Unterkiefer, (worin ihm nur etwa
der ElephantVergl. Pinel sur les os de la tête de
l'Eléphant im Journ. de Phys. T. XLIII.
pag. 54.
Camper descr. anat. d'un Elêphant
tab. 13. fig. 1. 4. 5.
gleichkommt), so wie
er sich auch durch die eigne Form
und Richtung der Gelenkknöpfe aus-
zeichnet.
Die Einlenkung derselben ist nach
der Verschiedenheit des Gebisses sehr viel-
artig. Bey den feris z. B. liegen beide
meist in gleicher Linie, sind walzen-
förmig, und genau in die lange cauitas
glenoidea wie in eine ausgefurchte Rinne
gepasst, in welcher sie als in einem
festen Gewinde laufen. Auffallend ist
diess beym Dachs, wo diese walzen-
förmigen Gelenkknöpfe von den Rän-
dern ihrer Rinnen so umfasst werden,
dass (wenigstens beym erwachsenen Thiere)
der Unterkiefer, selbst nach der Mace-
ration des Schedels, nicht herausfallen
kann. – Bey manchen Herbivoren (im
weiten Sinn des Worts) sind jene con-
dyli wirklich kugelförmige Knöpfe; so
beym Elephanten und beym Biber. –
Bey den Bisulcis hingegen sind sie wie
mit einer wenig ausgeschweiften Fläche
gleichsam abgeschnitten; und zugleich
ist bey dieser Ordnung von Thieren
(am auffallendsten bey der Giraffe) der
Unterkiefer ungleich schmaler als der
obere, so dass folglich die beiden Zahn-
reihen nicht auf einander passen, son-
dern erst durch die freyere Seitenbewe-
gung der Kinnlade beym Wiederkauen
an einander geschoben werden. – Bey
vielen gliribus liegen beide condyli
nach der Länge fast einander parallel;
so z. E. beym Hasen, dem auch (so wie
den Ameisenbären) der processus coro-
noideus fast gänzlich abgeht; der hin-
gegen bey der Giraffe von ganz auffal-
lender Höhe ist. – Bey den Cetaceen
ist die Gelenkfläche des Unterkiefers
fast gerade nach hinten gekehrtDen seltsamen und doch ziemlich ge-
meinen Irrthum, da die Hälften des
Unterkiefers vom eigentlichen Wallfisch
für Rippen angesehen worden, hat
schon Rondelet widerlegt: de piscibus
pag. 53.
.
Ueberhaupt sind wenige andre Knochen
am Gerippe der Säugethiere von so viel
förmiger Verschiedenheit als der Unter-
kiefer. Zu den alleranomalischsten gehört
der nach vorn schaufeiförmig flache des
Schnabelthiers (– tab. I. i –), der vom
Wombat mit den mächtig starken Ho-
rizontal-Fortsätzen auf der Unterseite;
und der von den Brasilischen Brüllaffen
(Cercopithecus seniculus und Belzebul)
mit den ungeheuer hohen Vertical-Flü-
geln zum Schutz ihrer knöchernen
Stimmblase.
Noch ist endlich zu bemerken, dass
die beiden Hälften des Unterkiefers bey
vielen Säugethieren entweder bis ins er-
wachsene Alter oder gar lebenslang
durch eine blosse Synchondrose ver-
bunden bleiben, die sich im Kochen
oder Maceriren leicht von einander giebt;
und bey manchen dieser Thiere auch im
Leben ein wenig beweglich ist, so dass
dadurch die Spitzen der untern Vorder-
zähne um etwas von einander gesperrt
werden können. Hingegen verwachsen
sie wie beym Menschen früh zu einem
Stück bey den Quadrumanen, auch
beym Pferd, Rindvieh, Schwein, Elephan-
ten u. s. w.
§. 23.
Bis auf wenige Ausnahmen sind bey
den allermehrsten Säugethieren die Kie-
fer mit Zähnen(Jos. Guicii. Duverney) Lettre con-
tenant plusieurs nouvelles observations
sur l'osteologie. Par. 1689. 4.
Jo. Jac. Kober de dentibus eorum-
que diuersitate. Argent. 1774. 4. c. f. ae.
P. Mar. Aug. Broussonet com-
paration entre les dents de l'homme
et celles des quadrupedes in den Mém.
de l'Acad. des sc. de Paris 1787.
pag. 550.
Rob. Blake's Essay on the struc-
ture and Formation of the Teeth in
Man and various animals. Dubl. 1801. 8.
und vor allen Fr. Cuvier des dents
des mammiféres. Par. seit 1821. 8.
versehen: denn gänz-
lich zahnlos sind bloss die eigentlichen
Wallfische (Balaenae), die Schuppen-
thiere, und die Americanischen Amei-
senbären.
Substanz und Gefüge der Zähne sind
von aller andern Knochen ihren ver-
schieden. Besonders zeichnet sich der
Schmelz (substantia vitrea) an den Kro-
nen derselben sowohl durch seine aus-
nehmende Härte, da er theils am Stahl
Funken giebt, als durch den Mangel
des Schleimgewebes aus, womit der in-
nere mehr knochenartige Theil (substan-
tia ossea) der Krone, so wie die Wur-
zel durchzogen ist. Er scheint den
Elfenbeinzähnen so wie den obern Hau-
zähnen des Emgalo (Sus aethiopicus), den
Vorderzähnen des Hippopotamus, den
Hauern des Wallrosses und dem Stoss-
zahn des Narhwal zu fehlen; doch un-
terscheidet man auch an allen diesen
eine äussre dünne Rinde womit sie be-
kleidet sind. Ueberhaupt haben aber
diese Zähne manches eigne in ihrer Tex-
tur; und besonders ist sie im Elfenbein
ohne ihres GleichenMancher andern Eigenheiten des El-
fenbeins zu geschweigen, wodurch selbst
noch heuere Naturforscher verleitet
worden, es für eine Art von Horn zu
halten, so zeigt sich die Verschiedenheit
seiner Textur von anderer Zähne ihrer
namentlich in dem überaus merkwür-
digen pathologischen Phänomen, da
man zuweilen beym Zersägen grosser
Elfenbeinzähne mitten in ihrer Substanz
eiserne oder bleyerne Kugeln auf eine
eigene Weise verwachsen gefunden, wo-
mit das Thier in jüngern Jahren ange-
schossen worden. Haller bediente
sich desselben sowohl zur Widerlegung
von Duhamel's Meinung, als ob die
Knochen aus der Beinhaut, so wie das
Holz der Bäume aus dem Splinte ge-
bildet werde, als auch zum Erweis der
beständigen Erneuung der festen Theile
des thierischen Körpers. Noch beleh-
render wird es aber zur Erklärung
der besonders durch die Petersburger
Preisaufgabe bakannten nutritio vltra
vasa. – Beyspiele beschreiben Dau-
benton bey Buffon T. XI. pag. 161.
Gallandat over de Olyphants Tan-
den im IX. D. der Verhandelingen
der Genootsch. te Vlissingen pag.
352. Bonn in der descr. thesauri
Hoviani pag. 146. und Goethe
zur Morphologie II. B. S. 7. Beson-
ders merkwürdig ist ein dergleichen
Stück in meiner Sammlung, wo eine
Bleykugel, ohne platt gedruckt zu seyn,
in einem Segment eines Ostindischen
Elfenbeinzahns, der von der Dicke
eines Mannsschenkels gewesen seyn
muss, dicht an der innern Höhle des
Zahns so verwachsen liegt, dass der
Eingang des Schusses auf der Aussen-
seite wie durch eine saubere Maser ge-
schlossen, die Kugel selbst als mit einer
besondern Rinde umgeben, und der
Elfenbeinsaft am innern Rand in die
Höhlung des Zahns gleichsam stalac-
titförmig ausgewuchert ist. – Denn dass
sonst die Kugeln in die Alveole des
jungen Thiers geschossen und von da
in dem erwachsenden Zahn allgemach
fortgeschoben worden, zeigt Cuvier
s. les ossemens fossiles T. I. pag. 48.
.
Ganz anomalisch aber ist die Orga-
nisation der Backenzähne des Capschen
sogenannten Erdschweins (Orycteropus
capensis) die aus verticalem Röhrchen
(gleichsam wie im Spanischen Rohre)
bestehen.
Bey einigen Thieren zeichnen sich
die Kronen gewisser Zähne von aussen
durch besondre Farbe aus. So sind die
Nagezähne mancher glirium, z. B. des
Bibers, Murmelthiers und Eichhörnchens,
wenigstens an der Vorderseite, nuss-
braun; und die Backenzähne vieler Bi-
sulcorum, so wie auch der Elephanten,
grossentheils wie mit einer schwarzen
Glasur überzogenZuweilen ist diese schwarzbraune Gla-
sur, zumal bey dem domesticirten
Horn- und Wollvieh noch mit einer
sogenannten Weinsteincruste von auf-
fallender metallisch glänzender Bronze-
farbe überzogen welche nach Stro-
meyer's Analyse kohlensaures Braun-
steinoxyd hält. s. Gilberts Annalen
XXXVIII B. S. 469.
.
§. 24.
Eine Eintheilung der Zähne, wenn
sie allgemein passend und doch verständ-
lich seyn soll, hat ihre Schwierigkei-
ten. – Inzwischen taugt doch immer
die Lage derselben besser dazu, als etwa
ihre Form, (denn die ist z. B. bey den
Caschelotten und Delphinen fast durch-
gehends die gleiche;) und so lassen sie
sich im Ganzen unter die bekannten
drey Gassen von Vorderzähnen, Eck-
zähnen und Backenzähnen bringen, nur
muss der Begriff von denselben genau
bestimmt werden.
§. 25.
Vorderzähne sind im Oberkiefer der
Quadrupeden und Delphine diejenigen
die im os intermaxillare sitzen, und im
Untern die, so mit diesen Zähnen, oder
bey denjenigen Thieren, welchen diesel-
ben mangeln, mit dem vordem Rande
jenes Knochen zusammen passen. –
Zahl und Form derselben ist sehr ver-
schieden. Von letzterer doch einiges
zum Beyspiel anzuführen, so sind bey
den gliribus zumal die untern meissel-
förmig, (dentes scalprarii, wie sie Grew
nannte.) Bey einigen derselben, na-
namentlich beym Biber, Stachelschwein
und der Hausmaus, hat das untere Paar
ganz ausnehmend lange Wurzeln, bey
manchen, z. E. beym Murmelthier auch
die obern. Im Hasengeschlecht sind die
obern doppelt, so dass sich noch ein
ganz kleines Paar hinter dem grössern
vordern Paare findet. Beym Wallross
ähneln die Kronen der Vorder – sowohl
als der Backenzähne flachen Knöpfen.
Beym Tümmler ragt, gegen die Weise
bey andern Thieren, das Vorderende
des Unterkiefers mit seinen äussersten
Vorderzähnen weiter hervor, als das
vom obern. – Ueberhaupt haben die
untern Vorderzähne der Säugethiere eine
mehr oder weniger schräge Lage, da
sie hingegen beym Menschen aufrecht
stehen, als worin ihm kaum nur der
Orangutang von Borneo ähnelt.
§. 26.
Von den Eckzähnen sitzen die obern
im Kiefer selbst nahe an den Intermaxil-
lar-Knochen, folglich gehört der wun-
derbar lange Stosszahn des NarhwalUeber die Frage, ob der Narhwal wirk-
lich nur Einen oder aber eigentlich
zwey solcher Stosszähne habe, s. den
Vten Heft der Abbildungen naturhi-
storischer Gegenstände zu tab. 44. Ver-
gleiche Home in den philos. Transact.
1813. P. I. pag. 126. und unsers unver-
gesslichen Albers icones ad illustran-
dam anatomen comparatam, Fasc. I.
tab. 23.
,
so wie die Hauzähne des Wallrosses,
unter diese Classe. – Bey manchen Pa-
vianen, zumal aber bey den grössern
reissenden Thieren, sind diese Zähne
theils von furchtbarer Stärke; und bey
den letztern der ganze Profilumriss und
Wurf des Vorderschedels nach densel-
ben gerichtet, was z. B. am Tiger auf-
fallend sichtlich ist. Die sonderbarste
Bildung haben die obern Eckzähne des
männlichen Babirussa, deren Bestimmung,
bey einer solchen Länge und fast kreis-
förmigen Richtung im Vergleich zu ihrer
Dünne, noch unbekannt scheint. –
Noch verdienen die kleinen stumpfen
Eckzähne im Oberkiefer des Hirsches,
wegen der ganz anomalischen Form
ihrer Kronen, Erwähnung, so wie bey
den jetzt existirenden Bärenarten und
mehrern andern Gattungen dieses Ge-
schlechts die ganz kleinen Eckzähnchen,
die neben den grossen nach hintenzu
sitzenSo ist es namentlich beym braunen
Alpen-Bär, von welchem ich drey
Schedel vor mir habe, und eben so
bey einem schwarzen Americanischen,
ferner bey einem andern im National-
museum zu Paris, dessen Vaterland
unbekannt ist, und auch beym nordi-
schen Eisbär; von welchen allen ich
meisterhafte Zeichnungen von der Güte
des Herrn Bar. Cuvier besitze.
Hingegen fehlen diese kleinen Eck-
zähnchen dem ungeheuer grossen fos-
silen Bär der Vorwelt (Vrsus spe-
laeus) zu dessen Osteologie ich eine
grosse Sammlung aus den vier berühm-
ten Knochenhölen Deutschlands, nem-
lich der Scharzfelder am Harz, der
Gailenreuter am Fichtelberge, der Al-
tensteiner auf dem Thüringerwalde,
und der Sundwicher bey Iserlohn, zu-
sammengebracht habe.
.
§. 27.
Die Backenzähne sind in so fern die
allgemeinsten, dass, wenn anders Säuge-
thiere Zähne haben, dieselben wenig-
stens aus dieser Classe sind, wenn auch
gleich manchen, wie den Tatus und dem
Orycteropus die Vorder- und Eckzähne;
abgehen. Nur der Narhwal macht hier-
von eine Ausnahme, als welcher, seinen
Stosszahn ausgenommen, übrigens zahnlos
ist. – Form, Textur und respective Lage
der Backenzähne sind von merkwürdiger
Verschiedenheit. Bey vielen Quadru-
manen z. B. haben die beiden vordern,
den Eckzähnen zunächst stehenden, so
wie beym Menschen kleinere Kronen
und einfachere Wurzeln als die hinte-
renBey manchen Affen und Pavianen hat
der vorderste Backenzahn im Unter-
kiefer eine sehr ausgezeichnete Bildung:
die Krone nemlich (fast wie bey den
feris, von welchen sogleich die Rede
ist), zusammengedrückt, mit einer schar-
fen Spitze, und ausserdem auch lang
herabsteigenden Vorderrande; mit wel-
chem die vordere der beiden Wurzeln
einen stumpfen Winkel macht. – s.
die treffliche Abbildung vom Schedel
des grossen Mandril (engl. Man-tyger)
in Cheselden's osteography vor dem
1ten Cap.
: wesshalb sie auch von J. Hun-
ter mit dem Namen bicuspides bezeich-
net, und nur die letztern molares ge-
nannt worden. – In der eben genann-
ten Ordnung sind die Kronen der Backen-
zähne, so wie auch bey den feris und
beym Menschen, ganz mit Schmelz
überzogenEben so auch bey dem ungeheuern
jetzt fossilien Ohio-Incognitum aus der
Vorwelt, dem vulgo sogenannten fleisch-
fressenden Elephanten (Mammut ohio-
ticum), s. den Iten Heft der Abbild.
naturhistorischer Gegenst. tab. 19. fig. A.
: da hingegen bey vielen
gliribusBey vielen – denn bey einigen, z. B.
beym Murmelthier, ist die ganze Krone
dieser Zähne mit Schmelz überzogen.
, so wie bey den Solidungu-
lis, BisulcisVom innern Bau der Backenzähne der
Bisulcorum s. Hollmann de ossibus
fossilibus in den Commentar. soc. Reg.
scient. Gottingens. T. II. pag. 263., und
Schreger in Isenflamm's und Ro-
senmüller's Beyträgen für die Zer-
gliederungskunst I. B. 1. Heft S. 5 u. f.
und den mehrsten Mult-
ungulis, auch Knochensubstanz auf der
Mahl- oder Endfläche derselben zu
sehen ist, die mit verticalstehenden
theils sonderbar gewundnen Blättern von
Schmelz, der etwas mehr hervorragende
Kanten bildet, gleichsam durchschlän-
gelt istDie specifisch verschiedene Form die-
ser Blätter bey den beiden Gattungen
des Elephantengeschlechts, des Asiati-
schen und des Africanischen s. in den
Abbild. n. h. Gegenstände. a. a. O.
fig. B. C.
. Bey manchen bloss gras-
fressenden und nicht ruminirenden Thie-
ren, wie die Solidungula und die Ele-
phanten, liegen die breiten Kronen der
Backenzähne meist horizontal auf ein-
ander. Bey den mehrsten Bisulcis hin-
gegen sind sie schräg ausgeschlegelt, so
dass an den obern die äussern Ränder,
an den untern hingegen die innern hö-
her sind, so wie es in Verbindung mit
dem schmalen Unterkiefer und der Art
seiner Einlenkung (§. 22. S. 40.) der
Function des Wiederkauens angemessen
ist. Bey den mehrsten reissenden Thie-
ren, zumal aus dem Löwen- und Hunde-
Geschlecht, haben die Backzähne zackigte
nach der Länge der Kiefer gleichsam
zusammengedrückte Kronen, davon die
untern dicht innerhalb der obern lie-
gen, so dass beiderley beym Zerbeissen
mittelst des festen Gewindes der wal-
zenförmigen Gelenkknöpfe des Unter-
kiefers wie Scheerenblätter an einander
weggleiten.
§. 28.
So wie manchen Ordnungen, Ge-
schlechtern und Gatttungen der Quadru-
peden gewisse Arten von Zähnen gänz-
lich abgehen, wie z. B. den Bisulcis die
obern Vorderzähne, den Elephanten die
untern, dem Africanischen Nashorn so-
wohl diese als jene; den gliribus die
Eckzähne u. s. w.; so sind dann auch
bey manchen andern gewisse Abschnitte
des Gebisses, zumal die Eck- und Backen-
zähne, durch Zwischenräume von ein-
ander abgesondert. So z. B. im Pferde-
und Bären-Geschlecht. Bey keinem
Quadrupede (die Quadrumanen mit ein-
geschlossen) sind aber wohl die sämmt-
lichen Zähne so eben an einander gerei-
het und von so gleichförmiger Höhe der
Kronen als beym Menschen.
§. 29.
Ueber das Wechseln der Zähne lässt
sich aus Mangel sattsamer Beobachtun-
genS. als Muster die ausführliche Beschrei-
bung des Zähnewechselns des Pferdes,
Tenon in den Mém. de l'Institut na-
tional T. I. pag. 553. und J. W. Neer-
gaard's Naturbeschreibung der Zähne-
des Pferdes mit Rücksicht auf andre
Thiere. Kopenh. 1816. 4. mit K.
, zumal an wilden Thieren, we-
nig Zuverlässiges sagen. Unter den Di-
gitatis scheinen manche glires z. B. die
Meerschweinchen und Caninchen ihr Ge-
biss gar nicht zu wechselns. Le gallois expériences sur le prin-
cipe de la vie pag. 351.
. Hinge-
gen bedarf die ehemalige irrige Be-
hauptung, dass nur das Hausschwein
seine Zähne wechsle, und die wilde Sau
hingegen nicht, jetzt keiner weitern
Widerlegungs. Home in den Philosoph. Transact.
for 1801. p. 320.
. Unter den feris haben
namentlich Hunde und Fischottern wäh-
rend des Wechselns oft doppelte Eck-
zähne, wenn der neue perennirende
früher hervorbricht, als der alte Milch-
zahn ausgefallen war. – Wenigstens
bey manchen Affen finden sich, so wie
beym Menschen, unter den Milchbacken-
zähnen noch keine bicuspides, sondern
an deren Statt auf jeder Seite jedes Kie-
fers anfänglich zwey eben so vielzak-
kichte Zähne, wie die eigentlichen
maxillaresSo sind z. B. in dem Schedel eines
noch unerwachsenen Orangutangs von
Borneo, den ich der Güte des Hrn.
van Marum verdanke, noch keine
bicuspides, sondern die vielzackichten
Milchbackenzähne.
. – Besonders merkwür-
dig ist die Art, wie das Wechseln der
Backenzähne bey den Elephanten er-
folgt, da der neue perennirende hinter
dem alten Milchzahn ausbrichtDen ganzen so merkwürdigen Gang der
Dentition der Elephantenbackenzähne
hat Cuvier auss genauste nach der Na-
tur beschrieben, im Iten B. seiner Re-
cherches sur les ossemens fossiles T. I.
pag. 38.
, von
welchem dann allgemach eine Verti-
calschicht nach der andern absorbirt
wirds. Brugmans Bemerkungen darüber
in van Maanen diss. de absorptione
solidorum. Lugd. Batav. 1794. 8. pag. 51.
, und dagegen jener in glei-
cher Masse zunimmtVon der ersten Bildung dieser Ver-
ticalschichten die sie zu ihrem Durch-
bruch gelangen, besonders von der Art
wie ihr Schmelz aus der substantia os-
sea in kleinen Zäpfchen ausschwitzt,
habe ich in der Preisschrift über die
Nutritionskraft, St. Petersb. 1789. 4.
p. 16. fig. 1. eine Abbildung gegeben.
. – Ueber-
haupt aber giebt es schwerlich irgend
ein Thier dieser Classe, bey welchem
sowohl der erste Ausbruch als das nach-
herige Wechseln der Milchzähne nach
Verhältniss so auffallend spät erfolgt
als beym Menschen.
§. 30.
Mit den Jahren werden die Kronen
der Zähne durch den Gebrauch mehr
oder weniger abgenutztDaher hat man bey Digitalis gliribus
verschiedentlich bemerkt, dass wenn sie
das eine Paar ihrer Vorderzähne verloren
haben, sodann das entgegenstehende zu
einer theils ganz monstrosen Länge
fortgewachsen ist. Etwas ähnliches soll
auch erfolgen, wenn sie bloss weiche
Nahrungsmitel zum Futter erhalten. –
s. Morton's natural history of Nor-
thamptonshire p. 445. Achard's chy-
misch-physische Schriften pag. 161.
Auch besitze ich mehrere Hasen-
köpfe an welchen das vordre Paar
der obern Nagezähne fast Ringförmig
gekrümmt, aber auch die dahinterste-
henden Stummelzähnchen verlängert
und abgesondert sind; der eine untre
aber schief gewachsen herausragt.
Noch sonderbarer ist aber eine ähn-
liche Verlängerung der Backenzähne
der einen Seite an einem Hasenschedel
in meiner Sammlung, die nicht auf ein-
ander passen, sondern deren Kronen
theils zu einer Länge von 10 Linien
neben einander vorbey gewachsen sind
und sich ganz pfriemenförmig anein-
ander abgeschliffen haben. Was schon
Matthiolus (in Dioscoridem pag. 299.
der Bauhin. Ausg. v. 1598) von der
partiellen Reproduction der den Mur-
melthieren abgebrochnen Vorderzähne
sagt, hat sich (– nur den allzu kurzen
Termin abgerechnet –) allerdings an die-
sem und andern Nagethieren, Meer-
schweinchen ꝛc. bestätigt gefunden.
, und erhal-
ten dadurch zum Theil das Ansehen wie
angeschliffene Flächen, die zumal bey
den Eckzähnen der SchweineVor allen beym Emgalo (Sus aethio-
picus) wo die hintre Fläche der untern
Hauzähne so dicht an die vordre der
grossen Obern anschliesst.
und des
Nilpferdes sichtlich sind. An den Vor-
derzähnen der Pferde lässt sich darnach
das Alter derselben bestimmen.
§. 31.
So viel vom Schedel der Säugethiere.
Nun zum Rumpf ihres Gerippes, nach
der Ordnung der drey Haupttheile des-
selben, Rückgrat, Becken und Thorax:
wovon ersteres überhaupt der allge-
meinste Theil des Gerippes ist, der nem-
lich allen rothblütigen Thieren ohne
Ausnahme, und hingegen keinem ein-
zigen weissblütigen zukommt.
§. 32.
Merkwürdig ist, dass die Thiere die-
ser Classe, wenigstens die Quadrupe-
den, im Ganzen einerley Anzahl von
Halswirbeln haben. Die Giraffe und das
Pferd z. B. nicht einen mehr als der
Maulwurf oder die Ameisenbären. Durch-
gehends nemlich, so wie beym Men-
schen, ihrer sieben. Nur bey dem drey-
zehichten Faulthier hat Cuvier die un-
erwartete Anomalie entdeckt, dass es
deren 9 hat. Bey manchen Cetaceen
hingegen scheinen sich nur 6 zu finden:
überhaupt aber sind bey denselben
meist ihrer 4 oder 5 zusammen ver-
wachsen. – Bey den mehrsten feris
zeichnet sich der erste Halswirbel (atlas)
durch seine ausnehmende Stärke und
grossen flügelähnlichen processus trans-
versos ausVesling in Severini vipera Pythia.
Patav. 1651. 4. pag. 232.
Von dem Bezug den diess auf das
Gebiss dieser reissenden Thiere hat. s.
Eustachius de dentibus pag. 86.
.
§. 33.
Die Zahl der Brustwirbel richtet sich
nach den Rippenpaaren, wovon unten
einiges gedacht werden wird. – Zumal
bey den langhalsigen Quadrupeden, wie
das Pferd, die Giraffe, Camele und
andere Bisulca, und bey den sehr schwer-
köpfigen, wie die Elephanten, sind die
processus spinosi dieser Wirbel, beson-
ders der vordern, an welche das grosse
ligamentum suspensorium colli mit sei-
nem hintern Ende befestigt ist, von
auffallender Länge.
§. 34.
Auch die Lendenwirbel variiren gar
sehr in der Zahl. Die Elephanten z. B.
haben ihrer nur 3, die Camele 7. Eben
so manche Quadrumanen, z. B. der
Mandril, andere Thiere nur 6 oder 5.
Das Pferd gewöhnlich 6. Der Esel 5.
(Die Maulthiere meist 6, zuweilen aber
auch nur 5). – Bey den mehrsten Qua-
drupeden sind die Fortsätze dieser Wir-
bel vorwärts (so wie bey den Affen nach
der gewöhnlichen Stellung derselben
aufwärtsDa Galenus in seiner Osteologie die
Richtung dieser Fortsätze eben so an-
giebt, so zeigte Vesalius auch hieraus,
so wie aus der Galenischen Beschrei-
bung des Kreuz- und Kukuksbeins und
mehreren anderen Stellen, dass dieselbe
nach Affen und nicht nach Menschen
abgefasst sey. – s. dessen Epistola ra-
tionem modumque propinandi radicis
Chynae decocti, pertractans. pag. 49
der grossen Oporinischen Ausg. 1546.
gr. 4.
) gekehrt. – Die processus
transuersi sind, zumal bey vielen wie-
derkauenden Thieren, von ausnehmen-
der Grösse; und so zeigen sie sich auch
beym Hasen.
§. 35.
Noch vielartiger ist die Form und
das Verhältniss des Kreuzbeins. Die
Anzahl seiner sogenannten Wirbel va-
riirt selbst bey verschiedenen Gattun-
gen des gleichen Geschlechts. Bey der
gemeinen Fledermaus z. B. besteht es
aus 4 Wirbeln, und hingegen beym
fliegenden Hund aus einem einzigen;
bey den mehrsten Affen aus drey Stük-
kenVesalius de c. h. fabrica p. 99. fig. 4. 5.
, beym Orangutang aus 4Camper sagt, das Kreuzbein dieses be-
rühmten Thiers bestehe aus drey Wir-
beln. In dem Exemplar in meiner Samm-
lung aber sind offenbar ihrer viere.
,
beym Schimpanse aus 5Tyson's anatomy of a Pygmy pag. 89.
der Ausg. von 1751.
. – In der
Bildung zeichnet sich unter andern das
vom Pferd durch die grossen flügelför-
migen Seitenfortsätze am vordem Ende,
und das vom Maulwurf durch ein gleich-
sam scharfkantiges schmales Blatt aus,
in welches die processus spinosi dessel-
ben verwachsen sindEtwas ähnliches zeigt sich auch beym
Armadill, von dessen überhaupt sehr
anomalisch gebauten Becken, so wie von
seinem ganzen merkwürdigen Gerippe
Wiedemann in s. Archiv für Zoologie
und Zootomie I. B. 1. St. p. 106. eine
sehr genaue Beschreibung giebt. – Vergl.
damit die Abbildung eines Armadill-
Skelets in Cheselden's osteography
vor dem 8ten Cap.
. – Den Ceta-
ceen kann beym Mangel der Hüftkno-
chen gar kein wahres Kreuzbein zuge-
schrieben werden.
§. 36.
Das Kukuksbein wird bey den ge-
schwänzten Thieren zur sogenannten
Schwanzrippe verlängert, die bey man-
chen aus einer grossen Anzahl von Wir-
beln besteht. Z. B. beym Todtenköpf-
chen (Cercopithecus morta) aus 22. Beym
Coaita (Cercopithecus paniscus) aus 32.
Beym zweyzehigten Ameisenbär aus 41Wenn sich, wie das oft der Fall ist,
Meerkatzen, Beutelratten u. s. w. in der
Gefangenschaft entweder selbst ein Stück
dos Schwanzes abfressen, oder es durch
andern Zufall verlieren, was dann zu-
weilen in der Bestimmung der Gattun-
gen Irrthum veranlasst hat, so bildet
sich gewöhnlich am äussersten Wirbel
des verstümmelten Schwanzes ein son-
derbarer knorrichter theils wie carlöser
Auswuchs.
.
§. 37.
Die Hüftknochen im weitern Sinn,
oder was man insgemein die ungenann-
ten Beine nennt, machen in Verbin-
dung mit dem Kreuzbein das sogenannte
BackenBernh. Gottl. Schregeri peluis ani-
mantium brutorum cum humana compa-
ratio. Lips. 1787. 4.
J. H. F. Autenrieth et J. Fischer
obseruationes de pelui mammalium. Tu-
bing. 1798. 8.
Abbildungen des Beckens der Kuh,
mit genauen Dimensionen s. bey J.
Gunth. Eberhard over het Verlos-
sen der Koeijen. Amst. 1798. 8. tab. IV
bis VII.
aus. Indess lässt sich, so pa-
radox es auch lautet, wohl behaupten,
dass ausser dem Menschen gar kein
andres Thier ein Becken habe: da in
der Thal bey keinem derselben die
genannten zusammen verbundnen Kno-
chen von beckenähnlicher Gestalt sind.
Denn auch bey den menschenähnlich-
sten Affen sind die beiden Hüftknochen
doch weit länger als breit; und bey den
Elephanten, beym Pferd u. s. w. haben
sie wegen der langen Schaambeinver-
bindung eben so wenig Beckenform. –
Bey manchen, wie beym Biber und Kän-
guruh, ist gar keine Synchondrose der
Schaambeine, sondern beide Knochen
sind an deren Stelle zu einem Stücke
mit einander verwachsen. Hingegen ste-
hen sie bey den Ameisenbären fast wie
bey den Vögeln von einander. – Beym
Maulwurf ist das Becken so eng, dass
es gar die innern Genitalien und übri-
gen benachbarten Eingeweide nicht fas-
sen kann, sondern diese ausserhalb der
Schaambeine liegen müssen. – Bey dem
KänguruhEver. Home on the mode of genera-
tion of the Kanguroo in den philos.
Transact. for 1795. tab. 21. a. a.
und andern BeutelthierenDaubenton vol. X. tab. 51. fig. 3. N.
O. P. Q. (– Dieses Citat bedeutet hier
und in der Folge immer die erste Ori-
ginalausgabe des Büffonischen Werks in
4. das ich aber nicht unter Büffon's
Namen anführen darf, da bekanntlich
gerade der zootomische Theil, von Dau-
benton, in den mehresten andern Aus-
gaben weggelassen ist. –)
findet sich am obern oder vordem Rande
der Schaambeine am Bauche hin noch
ein besonderes Paar etwas divergirender
länglicher platter Knochen (die ossa
marsupialia oder cornua peluis abdo-
minalia), dergleichen auch, doch von
anderer Gestaltung, beym Schnabelthier
gefunden wirdEver. Home's Anatomy of the Orni-
thorhynchus paradoxus, in den philos.
Transact. for 1802. P. I. tab. 3. e. e.
.
Die Cetaceen haben, da ihnen die
Hinterfüsse mangeln, auch keine Hüft-
knochen, und folglich gar kein Becken;
doch unten am Bauche ein paar kleine
Knochen, die man gewissermassen mit
den Schaambeinen vergleichen kannRondelet de piscib. p. 461. TYSON'S
anat. of a Porpess. Lond. 1680. 4. p. 28.
.
§. 38.
Der Thorax ist, bey den allermehr-
sten, wo nicht bey allen Thieren die-
ser ClasseEtwa das Murmelthier ausgenommen,
dessen ganzer Rumpf im Leben oft
ganz auffallend glatt und niedergedrückt
erscheint. Daher es auch oft und gern
auf dem Rücken liegt, was aber das
Opossum und der Orangutang mit un-
ter auch thun; so dass Camper diese
Lage mit Unrecht zu den Eigentüm-
lichkeiten des Menschen zählte, in den
Vorlesungen über den Ausdruck der
Leidenschaften ꝛc. pag. 29.
, schmaler, und hingegen
vom Brustbein nach den Wirbeln ge-
messen, nach Verhältniss tiefer als beym
Menschen. Diess hängt theils von der
schwächern Krümmung ihrer Rippen,
theils von der schlankern Form des
Brustbeins ab. Am auffallendsten ist
jene kielförmige Bildung (thorax cari-
natus) bey den hochbeinichten Quadru-
peden, wie z. B. bey der Giraffe, dem
Hirschgeschlecht u. s. w.
§. 39.
Nur sehr wenige Säugethiere, nem-
lich einige Gattungen von Fledermäu-
sen und Armadillen, haben ein Rippen-
paar weniger als der Mensch. Bey wei-
tem die allermehrsten haben hingegen
deren mehrere. Selbst viele Quadrumana
haben 14 Paar, das Schnabelthier 17, das
Pferd gewöhnlich 18, die Elephanten,
20Nur 19 finden sich an dem Skelet des
asiatischen Elephanten im Cassler Mu-
seum; so fand es Blair in dem, wo-
von er die Osteographie geliefert; und
so finde ich es auch in einer hand-
schriftlichen italiänischen Notiz von den
Gerippe desjenigen Elephanten, der 1657
zu Florenz gestorben, die ich aus der
herzoglichen Bibliothek zu Gotha vor
mir habe.
, der Tapir eben so viele, das
zweyzehichte Faulthier (Bradypus di-
dactylus) gar 23 Paar. – Beym zwey-
zehichten Ameisenbär (Myrmecophaga
didactyla) zeichnen sich die 16 Rippen-
paare durch ihre auffallende Breite aus,
womit der ganze Rücken und die Sei-
ten des Skelets, fast bis zu den Hüft-
knochen, gleichsam wie gepanzert sind.
§. 40.
Das Brustbein ist bey den mehrsten
Thieren dieser Classe, zumal unter den
feris, cylindrisch und wie gegliedert.
So ist es selbst bey vielen Quadruma-
nen und bey den Bären, deren Gerippe
sonst in vielen Stücken dem mensch-
lichen ähnelt. – Am sonderbarsten ist
dieser Knochen beym Maulwurf gestal-
tet, wo er sich nach vornKaum bedarf es wohl erst der Erinne-
rung, dass die Ausdrücke von vorn,
hinten, oben, oder unten, bey den
Quadrupeden immer nach der horizon-
talen Richtung ihres Körpers zu ver-
stehen sind. Folglich nach vorn das
was beym Menschen in seiner auf-
rechten Stellung nach oben heissen
müsste u. s. w.
in einen
langen fast pflugschaarförmigen Fortsatz
verläuft, der unter den Halswirbeln,
und mit denselben parallel, liegtAuch am Robbenskelet, (dessen Rumpf
in seinem Totalhabitus überhaupt man-
che auffallende Aehnlichkeiten mit des
Maulwurfs seinem hat) ist das Brust-
bein am Halsende in einem langen cy-
lindrischen Fortsatz verlängert.
.
§. 41.
Und nun zu den so genannten Extre-
mitäten des Gerippes, die sich, so viel-
artig auch ihre Gestaltung in dieser
Thierclasse ist, dennoch im Ganzen und
nach ihren Haupttheilen, und der re-
spectiven Verbindungsart derselbenEin paar Stellen beym Aristoteles,
hist. animal. II. 1. und de animal. in-
cessu c. 11. und beym Plinius XI. 102.
haben zu dem seltsamen qui pro quo
Anlass gegeben, als ob bey den mehr-
sten Quadrupeden Elnbogen und Kniee
in Vergleich au den menschlichen nach
der ganz entgegengesetzten Richtung
flectirt würden. Dieses Missverständ-
niss muss wohl dadurch veranlasst seyn-
dass da der Schulterknochen (os humeri)
und das Schenkelbein, zumal bey den
hochbeinichten Quadrupeden sehr kurz
sind und nahe am Rumpse anliegen,
und nicht so; wie beym Menschen und
den Quadrumanen, und Bären, Elephan-
ten u. s. w. frey hervorstehen, diesel-
ben desshalb verkannt, und demnach
überhaupt auch die übrigen Haupttheile
der Extremitäten bey jenen Thieren
unrichtig mit andern als den wirklich
damit correspondirenden Theilen des
menschlichen Körpers verglichen wor-
den. – s. darüber Fabric. ab Aqua-
pendente de motu locali animalium
secundum totum in dess. oper. anatomic.
pag. 342 der Albinischen Ausg. und
Barthez des mouvemens progressifs
de l'homme im Journal des Sçav. vom
Jan. 1783. pag. 34 der Pariser 4t Ausg.
u. s. w., sämmtlich mit denen am Men-
schen vergleichen lassen. – Zuerst von
den vordern.
§. 42.
Die Schlüsselbeine, die selbst von treff-
lichen neuern Zoologen bloss Linné's
Primaten (worunter er ausser dem Men-
schen und den Quadrumanen auch die
Fledermäuse begriff) zugeschrieben wor-
den, finden sich ausserdem noch bey
einer grossen Anzahl von Säugethie-
renJo. Gottl. Haase comparatio clauicu-
larum animantium brutorum cum hu-
manis. Lips. 1766. 4.
Vicq d'Azyr sur les clavicules et
sur les os claviculaires in den Mém.
de l'Acad. des sc. de Paris 1785.
pag. 350.
: so zumal bey denjenigen Qua-
drupeden, die besondern Gebrauch von
ihren Vorderfüssen machen, z. B. zum
Fassen, wie Eichhörnchen und Biber:
und zum Graben, wie das Murmelthier
oder vollends der Maulwurf; oder zum
Wühlen, wie die Ameisenbären und
IgelDen Zweck der Schlüsselbeine bey
manchen der genannten Thiere hat
schon der wackre Fabric. Hildanus
richtig eingesehen, s. dess. Kurtze Be-
schreibung der Fürtrefflichkeit der Ana-
tomy. Bern 1624. 8. pag. 219.
; oder zum Klettern; wie die
Faulthiere u. s. w. – Viele andere ha-
ben wenigstens an deren Stelle einen
analogen kleinen, bloss zwischen Seh-
nen steckendenDaher Serao denselben mit den Se-
sambeinchen vergleicht. s. dess. opus-
coli di fisico argumento. Napol. 1766. 4.
pag. 84.
, Knochen auf jeder
Seite, den Vicq d'Azyr daher zum
Unterschied os clauiculare nannte. So
bey den meisten ferisPallas spicileg. zoologica. fascic. XIV.
pag. 41.
und manchen
gliribus. – Uebrigens ist auch die Form
und relative Grösse der wahren einge-
lenkten Schlüsselbeine sehr mannichfaltig.
Bey den Fledermäusen sind sie von auf-
fallender Länge. – Beym Orangutang
haben sie die grösste Aehnlichkeit mit
dem menschlichen: beym zweyzehichten
Ameisenbär sind sie fast rippenförmig:
am alleranomalischten, fast cubisch, beym
Maulwurfs. davon so wie über die ganze merk-
würdige Osteologie des Thiers, Fr. W.
Jos. Jacobs anatome talpae europaeae
Jen. 1816. 8. m. K.
. Sie fehlen hingegen
gänzlich den hochbeinichten Quadrupe-
den mit kielförmiger Brust, namentlich
den Bisulcis und Solidungulis; aber
auch den Cetaceen.
§. 43.
Die Schulterblätter finden sich durch-
gehends bey allen rothblütigen Thie-
ren, welche Vorderfüsse oder ähnliche
Bewegungswerkzeuge haben. Nament-
lich also in beiden Classen der warm-
blütigen Thiere ohne Ausnahme. Ihre
Bildung ist aber selbst bey den Säuge-
thieren von mancherley Verschieden-
heit: zumal das Verhältniss ihrer drey
Hauptränder gegen einander, das sich
nach der Lage dieser Knochen, und
dieses sich nach der Totalform des Tho-
rax. (§. 38.) richtet. So ist z. B. der
nach dem Rückgrat gekehrte Rand bey
den mehrsten eigentlichen Quadrupeden,
zumal bey den hochbeinichten mit schma-
ler Brust, als bey welchen die Schul-
terblätter zu beiden Seiten derselben
liegen, am kürzesten; bey manchen
aber, z. B. beym Elephanten, so wie
bey den Chiropteris, bey den meisten
Quadrumanen, und zumal beym Men-
schen selbst, am längsten. – Wie-
derum ganz anomalisch, fast einem
Röhrenknochen ähnelnd, sind die Schul-
terblätter des MaulwurfsVon dem wunderbaren Bau der Schul-
terblätter und ihrer Verbindung mit
den eben so anomalischen Schlüssel-
beinen und Brustknochen des Schnabel-
thiers s. Home a. a. O. tab. 3. H. M.
Ducrotay de Blainville Diss. sur
la place que la famille des Ornitho-
rynques et des Echidnés doit occuper
dans les séries naturelles. Par. 1812.
4. p. 9-12. und L. M. Jaffé de orni-
thorhyncho paradoxo. Berol. 1823. 4.
tab. 2. fig. 3.
. – Dass die
beiden Hauptfortsätze an diesen Kno-
chen, der coracoides und das acromium
bey denen am ansehnlichsten ausge-
bildet seyn müssen, die wahre lange
Schlüsselbeine haben, lässt sich schon
a priori erwarten.
§. 44.
Die merkwürdigsten Verschiedenhei-
ten an den eigentlich so genannten vor-
dern Extremitäten lassen sich am füg-
lichsten nach den Ordnungen und Ge-
schlechtern der Thiere dieser Classe zu-
sammen fassen. Am allerauffallendsten
und abweichendsten ist ihr Bau bey
den Fledermäusen und beym Maulwurf.
Jenen fehlt der radius im Vorderarm,
oder sie haben höchstens nur ein grä-
tenförmiges Rudiment davonWeygand im IVten Suppl. zu den
Breslauer Samml. p. 55.
. Ihr
Daumen ist kurz, mit einer hakenför-
migen Kralle: hingegen die phalanges
der übrigen 4 Finger, zwischen wel-
chen die Flatterhaut ausgespannt ist,
ausser allem Verhältniss lang, dünneDaher denn auch schon Lion. da
Vinci aus dem Bau und Mechanismus
der Fledermäuse – und nicht der Vö-
gel – zu zeigen suchte, dass, und wie
auch der Mensch wohl fliegen könne,
s. Amoretti vita di L. D. V. p. 145.
,
fast grätenförmig, und ohne NägelDas fliegende Eichhorn hat an der Aussen-
seite des Carpus einen eignen gräten-
förmigen Knochen, der mittelst zwey
kleiner rundlicher Beinchen an der
Handwurzel befestigt, und in der zum
Fallschirm dienenden Seitenhaut einge-
wachsen ist.
.
Beym Maulwurf ist die Form des Schul-
terknochen (os humeri) ohne ihres glei-
chen; in der Mitte schmal, und an bei-
den Enden auss sonderbarste breit aus-
geschweift. Seine Schaufelpfoten zeich-
nen sich anförderst durch einen ganz
eignen sichelförmigen Knochen aus, der
vom vordem Ende des radius nach dem
Daumen hin liegt; ferner finden sich an
den Phalangen der Finger zahlreiche
Fortsätze, und auf ihrer Aussenseite
eine Menge Sesamsbeinchen; alles zur
Vergrösserung des Insertionswinkels der
Sehnen als Hauptmittel zur Erleichte-
rung der Muskelbewegung. – Bey den
Seehunden sind die grossen Röhrenkno-
chen der vordem Extremitäten nicht
cylindrisch, sondern wie plattgedruckt,
wodurch sie flossenartiger ausfallen und
besser zum Rudern taugenAlso wie die Flügelknochen der Pin-
guine, davon unten §. 57. tab. III.
. – Beson-
ders merkwürdig sind einige Eigenhei-
ten am metacarpus und metatarsus der
Thiere mit gespaltnen Klauen und Hu-
fen. Beym Schwein nemlich bestehen
diese Theile aus vier Röhren. – Bey
den Bisulcis vor der Geburt aus zweyen
dicht an einander liegenden, die aber
nachher durch Absorption der Scheide-
wände zu einer gemeinschaftlichen Röhre
umgebildet werdenJo. bapt. Com. a Covolo de meta-
morphosi duorum ossium pedis in qua-
drupedibus aliquot. Bonon. 1765. 4. –
Fougeroux in den Mém. de l'Acad.
des Sc. 1772. P. II. pag. 520.
. – Beym Pferd
aus einer einzigen Hauptrohre (gamba
Veget. Fr. le canon), an deren hintern
Seitenrändern ein Paar weit kürzere
unbewegliche Nebenröhren, die Griffel-
beine (Fr. les poinçons oder os epineux)
wie angewachsen sitzen, so dass nur
jene Hauptröhre mit dem Fesselknochen
(Fr. le paturon) articulirt, welcher sich
mit der ersten phalanx eines der mitt-
lern Finger in der Menschenhand, so
wie der HufknochenDie normale Textur der vordem Au-
ssenseite des Hufknochen bey schönen
Pferden die nie beschlagen worden,
gehört zu den ausgezeichnet sauber-
sten Knochengebilden; wird aber durch
schlechten Beschlag mit den Jahren
ganz entstellt. s. CLARK in dem zunächst
anzuführenden Werke S. 14.
gewissermassen
mit dem dritten oder Nagelgliede des-
selben, vergleichen lässtDen beträchtlichen Zwischenraum zwi-
schen dem nach Verhältniss kleinen
Hufknochen und der innern Seile des
weit grössern hornichten Hufs füllt zu-
mal die sogenannte Fleischsohle, die
aus verdichtetem Schleimgewebe besteht,
und mit zahlreichen Nerven und Blut-
gefässen durchwirkt ist, zumal mit den
zahllosen Zweigen des rete mirabile
venosum, dass die Vorder- und Un-
terseite der Hufknochen umgiebt.
Der Huf selbst bildet längs der in-
nern Seite der Hornwand, wohl 500
gar sonderbare schmale Hornstreifen,
zwischen welche sich eben so viele
Blätter der Fleischsohle erstrecken.
Auf der Hornsohle unterscheidet man
aber vorzüglichst dreyerley, durch ihre
Elasticität für die leichte Bewegung des
Pferdes höchst wichtige Organe, den
Strahl mit seiner Grube, und hinter
demselben zu beiden Seiten die Ballen.
Von allem diesen s. viel Neues und
Wichtiges in des gelehrten Veterinararz-
tes Bracy Clark's Series of origi-
nal Experiments on the Foot of the
living Horse. Lond. 1809. 4. mit Kupf.
. – Ueber-
haupt aber ist diese äusserste Phalanx
nach der Verschiedenheit der hornarti-
gen Bedeckung derselben durch platte
Nägel oder Krallen oder Hufe oder
gespaltene Klauen u. s. w. selbst von
verschiedener damit correspondirender
Bildung.
§. 45.
Endlich auch noch einiges von den
hintern Extremitäten. – Bey den aller-
mehrsten Quadrupeden ist das Schen-
kelbein weit kürzer als ihre Schienbein-
röhre, und daher gar nicht oder kaum
merklich vom Unterleibe abstehend. Nur
bey wenigen, wie z. B. beym Bär, ist
der erstgenannte Knochen länger, und
so auch bey manchen Affen, nament-
lich beym Orangutang, bey welchem
auch, so wie bey verschiednen andern
wahren Affen und Pavianen, die Röhren
des Ober- und Vorder-Arms auffallend
länger sind, als die vom Ober- und
Unter-Schenkel. – Manche, wie z. B.
die Elephanten, haben kein ligamentum
teres am Schenkelkopf, folglich auch
keine Grube dafür auf demselben, die
sich hingegen bey den Nashörnern fin-
det. – Den Bisulcis fehlt fast durch-
gehends die fibula. – Die eigne Form
des talus bey den Thieren der nemli-
chen Ordnung ist aus dem Gebrauch
desselben zum Knöchelspiel der Alten
bekanntAristotelis H. A. l. II. c. 1. und de
partib. animal. l. X. c. 4. – Von den
mancherley Benennungen dieses so all-
gemein bekannt gewordnen Knochens
in den mehrsten Europäischen und Mor-
genländischen Sprachen, so wie von
seiner form bey verschiedenen Thieren,
s. Th. Hyde historia talorum im IIten
B. des Syntagma dissertationum Des-
selb. Oxon. 1767. 4. pag. 310. u. f.
. – Bey manchen Quadru-
manen, und namentlich beym Orangutang,
sind die beiden hintern Phalangen der
vier Finger an ihrer Hinterhand merk-
lich bogenförmig gekrümmt, wodurch
sie zum Anhalten auf den Baumästen
bequem, hingegen zum aufrechten Gange
desto unfähiger sind. – Die Cetaceen
haben gar keine Knochen in ihren
Schwanzflossen, aber wohl in den Brust-
finnenSo auch beym Manaten, dessen vor-
dere Ruderfüsse weiland für Sirenen-
hände ausgegeben worden. s. z. B. Th.
Bartholini histor. anatomic. Cent. II.
pag. 188.
, wo sie im Ganzen denen in
den Vorderfüssen der Robben ähneln.
Dritter Abschnitt.
Vom
Gerippe der Vögel.
§. 46.
Der Totalbau, des VogelgerippesViel treffliches zu diesem Abschnitt
enthalten Nitzsch osteografische Beytr.
zur N. G. der Vögel. Leipz. 1811. 8.
mit Kupfern; und, so wie zur ganzen
Anatomie dieser Thier-Classe, der
IIte und IIIte B. von Tiedemann's
Zoologie.
hat
in der ganzen Classe viele übereinstim-
mende Gleichförmigkeit; und zeigt, wenn
er mit den so ungleich vielförmigern
Skeleten der Säugethiere verglichen wer-
den soll, noch die mehrste, theils auf
den ersten Blick unerwartete Aehnlich-
keit mit dem menschlichenWie schon der wackre Belon gezeigt
hat. s. Dess. histoire de la nature des
oyseaux. avec leurs naïfs portraicts re-
tirez du naturel. Paris. 1555. fol. p. 40.
.
§. 47.
Zu den Eigenheiten des Schedels der
Vögel gehört, dass, wenigstens bey den
Erwachsenen, die eigentlichen Hirnscha-
lenknochenVon diesen eigentlichen Hirnschalen-
knochen der Vögel s. Vinc. Mala-
carne in den Mem. della Società Ita-
liana. T. I. pag. 747. und T. II. p. 237.
und Geoffroy-Saint-Hilaire in
den Annales du Muséum T. X. Cah. 58.
1807. mit trefflichen Abbild.
ohne ächte Nähte, son-
dern wie zu einem Stücke verwach-
sen, sindHier verdient eine, so viel bis jetzt
bekannt, bloss einigen Scharben (Pele-
canus carbo und graculus) eigne Ano-
malie erwähnt zu werden, als bey wel-
chen auf dem Hintertheil des Scheitels
ein sonderbarer säbelförmiger kleiner
Knochen befindlich ist, der, wie man
glaubt, dem Thiere als Hebel dient, um
den Kopf zurück zu schlagen, wenn er
die weggeschnappten Fische erst in die
Höhe wirft, um sie dann mit offnem
Rachen der Länge nach aufzufangen. –
Aber freylich thun das gar manche
andere fischfressende Vögel auch, ohne
doch dazu mit diesem besondern Kno-
chen versehen zu seyn. – Das ganze
Gerippe der Scharbe hat schon Coiter
auf der IVten von seinen trefflichen
Tafeln mit Thierskeleten abgebildet, die
den von ihm herausgegebenen Lectio-
nibus Fallopii de partib. similaribus
ꝛc. Norib. 1575. fol. beygefügt sind.
.
Ferner haben sie ohne Ausnahme nur
einen einzigen mit dem obersten Hals-
wirbel articulirenden condylus am vor-
dem Rande der grossen Oeffnung des
Hinterhauptes. (– tab. IV. a –)
Und eben so allgemein ist auch wohl
in der ganzen Classe der Quadratkno-
chen (Fr. os carré)Diesen Namen hat ihm Herissant bey-
gelegt tu der nachbenannten Abhand-
lung pag. 356. Aber schon Coiter hat
demselben im angeführten Werke genau
bestimmt, und Stenonis ihn das os
intermedium genannt. Act. Hafn. vol. II.
1673. p. 321.
, wodurch der Un-
terkiefer in der Ohrgegend zu beiden
Seiten mit dem Schedel eingelenkt ist.
(– tab. IV. b –)
Das Thränenbein haben zwar die Säu-
gethiere mit den Vögeln gemein; doch
scheint es bey diesen noch allgemeiner
als bey jenen; ist meist von ansehnli-
cher Grösse (– tab. IV. c –) und muss
genau von dem, weit weniger allge-
meinen, aber bey den mehrsten Raub-
vögeln ansehnlichen Superciliarknochens. Merrem's Abhandl. aus der Thier-
geschichte. pag. 120.
unterschieden werden.
§. 48.
Ihre Kiefer sind durchgehends zahn-
los; aber der obereAm Oberkiefer einiger Vögel haben
neuere Zootomen auch ein Rudiment
der Intermaxillarknochen angenommen.
s. Fischer's obgedachte Monographie
S. 115. und Geoffroy Saint–Hi-
Laire in den Annales du Muséum
a. a. O. S. 347.
, der bey den Säu-
gethieren gänzlich unbeweglich ist, hat
bey den Vögeln, bis auf wenige Aus-
nahmen, mehrere oder mindre Beweg-
lichkeitHerissant sur les mouvemens du bec
des oiseaux in den Mém. de l'Ac. des
sc. de Paris 1748. pag. 345. mit treffli-
chen Kupfern.
; entweder so dass er, wie
bey den PapageyenAuch von dem Oberschnabel des Pele-
canus varius sagt Labillardiere:
„cette mandibule est mobile comme celle
des perroquets.“
s. Dess. Relation
du voyage à la recherche de la Pé-
rouse. T. I. pag. 210.
, einen eignen von
der Hirnschale abgesonderten Knochen
ausmacht, der durch eine wahre Arti-
culation mit derselben verbunden ist,
oder doch so, dass er bey den aller-
mehrsten übrigen zwar in einem Stück,
aber doch mittelst nachgiebiger elasti-
scher Knochenblätter mit derselben zu-
sammenhängt. – Nur bey wenigen, z. B.
beym NashornvogelSo ist es wenigstens an einem Schedel
dieses abenteuerlichen Geschöpfs in
meiner Sammlung, der noch aus dem
Nachlass des verdienstvollen C. clu-
sius abstammt.
(Buceros rhi-
noceros), scheint er gänzlich unbe-
weglichDie noch neuerlich wiederholte Behaup-
tung, als ob beym Flamingo (Phoeni-
copterus ruber) nur der Oberkiefer be-
weglich; und hingegen der untre völlig
unbeweglich sey, (s. z. B. Museum
Wormianum p. 309. u. f.) finde ich an
dem Schedel jenes Vogels den ich vor
mir habe, keinesweges bestätigt. – Vergl.
Buffon, hist. nat. des oiseaux vol. XVI.
pag. 300. ed. in 12°.
.
§. 49.
Das Verhältniss der eigentlichen Hirn-
schalenknochen zu den Kiefern ist auch
in dieser Classe sehr verschieden. Jene
sind z. B. bey den Eulen von auffallen-
der, so wie diese hingegen bey den Nas-
hornvögeln von ungeheurer GrösseEine bewundernswerthe Sexual verschie-
denheit zeigt sich hierin am Schedel
der Hollenhühner, als bey welchen
der Stirntheil der Hirnschale wie zu
einer monstrosen Blase aufgetrieben
wird, auf welcher dann ihr grosser
Federbusch sitzt. – Eine erbliche Ab-
weichung des Bildungstriebes, die mei-
nes Wissens ausserdem im ganzen Thier-
reich ihres gleichen nicht hat, und von
der ich nicht, absehe, wie Pallas (in
den Act. acad. Petropolit. a. 1780.
F. II. p. 97.) auf die seltsame Ver-
muthung kommen konnte, sie möchte
wohl aus Vermischung zwischen Perl-
hühnern (Numida meleagris) und Haus-
hühnern entstanden seyn.
Ich habe neuerlich mehrere Köpfe
solcher Hollenhühner frisch untersucht
und zum Ueberfluss mit denen vom
Perlhuhn verglichen, und die totale
Verschiedenheit zwischen beider ihrem
Schedelbau, und bey erstern zumal
das Verhältniss des Hirns zu seiner
Hirnschale, beschrieben und abgebildet
in der obgedachten Commentatio de
nisus formatiui aberrationibus p. 19.
u. f. tab. I. fig. 2.
.
§. 50.
Zu den übrigen vorzüglich characte-
ristischen Verschiedenheiten der Vögel-
schedel unter einanderVergl. Jac. Th. Klein stemmata
avium. Lips. 1759. 4. mit 40 Kupf.
, gehört beson-
ders, dass die Augenhölen (die über-
haupt in dieser ganzen Classe von an-
sehnlicher Grösse sind), bey manchen
bloss durch eine membranose, bey an-
dern durch eine knöcherne mehr oder
weniger durchbrochne Scheidewand von
einander abgesondert sind; und dann
das Verhältniss der Nasen- und Gau-
menöffnung zum Oberkiefer; das selbst
bey verschiednen Gattungen des glei-
chen Geschlechts ausnehmend differirt;
denn so sind z. B. diese Oeffnungen
klein beym Storch, und hingegen beym
Kranich von einer solchen Weite, dass
dadurch der längste Theil des Kiefers
nur wie ein durchbrochnes Prisma aus
drey weit von einander abstehenden,
nach der Schnabelspitze convergirenden,
schmalen Knochenstreifchen zu bestehen
scheint.
§. 51.
Die Steifheit des Rückens der Vögel
wird durch zahlreichere und bewegli-
chere Halswirbel compensirt, deren, um
nur wenige Beyspiele anzuführen, der
Rabe 12 hat, das Huhn 13, der Straus
18, der Storch 19, der Schwan 23.
§. 52.
Am Rumpfe (truncus) des Vogelge-
rippes sind überhaupt weniger knorpe-
lichte Theile als bey den Säugethieren,
zumal ist der dazu gehörige Theil des
Rückgrates kurz und wenig oder gar
nicht beweglich, und ohne wahre Len-
denwirbel. So wie auch kein Vogel ein
zu einer wahren gegliederten Schwanz-
rippe verlängertes Kukuksbein hatBey der ungeschwänzten Hühnerrasse,
dem sogenannten Kluthuhn (Gallus
ecaudatus) bey welchem sich das Vro-
pygium durch Degeneration verloren
hat, ist auch vom Kukuksbein nichts
weiter als ein unförmlicher knorrichter
kurzer Ansatz übrig.
.
§. 53.
Das Becken der Vögel wird haupt-
sächlich durch einen breiten einfachen
gemeinschaftlichen Hüftknochen gebil-
det, dessen Seitentheile bey mancher-
ley Gattungen verschiedentlich gestaltet
sind, nach unten aber, statt eine Schaam-
beinverbindung zu machen, weit von
einander abstehen, wovon, so viel bis
jetzt bekannt, bloss der Straus die merk-
würdige Ausnahme macht, dass sein
Becken auch, wie bey den allermeisten
Quadrupeden, nach unten, und zwar,
wie bey einigen derselben (§. 37. p. 63.)
durch völlig zusammen verwachsene
Schaambeine geschlossen ist. (– tab.
II. e –)
§. 54.
Die Vögel haben weniger Rippen als
die Säugethiere. Meines Wissens nie
über 10 Paare. Auch liegen die so ge-
nannten unächten (costae spuriae), die
nemlich gar nicht ans Brustbein reichen,
bey ihnen nach vorn, nicht wie bey
jener Thierclasse nach den Hüften zu;
und die ächten sind nur mittelbar durch
besondre kleine Zwischenknochen mit
den Rändern des Brustbeins verbunden.
Auch zeichnen sich, wenigstens die
mittlern Paare, durch einen besondern
flachen fast hakenförmigen Fortsatz aus,
der nach oben und hinten gekehrt ist.
§. 55.
Das Brustbein dieser Thiere verläuft
sich nach unten in das verticale Kno-
chenblatt (crista) zur Anlage der mäch-
tig grossen Brustmuskeln. Beym männ-
lichen wilden Schwan (Anas cygnus),
so wie bey einigen Gattungen des Rei-
hergeschlechts, z. B. beym Kranich, bil-
det dieser Theil eine sonderbare hohle
Kapsel, die zur Aufnahme eines be-
trächtlichen Theils der Luftröhre dient.
– Dem Straus fehlt aber jenes Kno-
chenblatt gänzlich, da sein Brustbein
die in dieser Classe sonst unerhörte Form
einer flachgewölbten Schale oder eines
Brustharnisches hat.
§. 56.
Die Flügel mit dem Rumpfe zu ver-
binden, dienen dreyerley merkwürdige
KnochenVon mancherley Verschiedenheiten im
Bau derselben s. Vicq-d'Azyr in sei-
nen Memoires pour servir à l'anatomie
des oiseaux in den Mém. de l'Ac. des
sc. de Paris 1772. P. II. pag. 626.
. Die überaus robusten
Schlüsselbeine, welche gerade Röhren-
knochen bilden. Dann das dieser Classe
eigne Gabelbein (furcula, s. os iugale,
Fr. la lunette, Engl. the merry thought)
wodurch das obere Ende derselben mit
dem Brustbein zusammenhängt; und die
säbelförmigen Schulterblätter.
Der Straus und Casuar haben zwar
keine abgesonderte furcula; dagegen
aber auf jeder Seite, am Vordertheil
des Brustbeins, einen sonderbaren, läng-
licht flachen Knochen, der aus einem
Rudiment derselben, so wie aus dem
Schlüsselbein und Schulterblatt gleich-
sam in eins verschmolzen istUeber den hiervon etwas abweichen-
den Bau dieser Knochen beym Süd-
ländischen ungehelmten Casuar s. P.
J. Is. de Fremery observat. osteolo-
gicas de Casuario Novae Hollandiae.
Ultraj. 1819. 8. pag. 25. fig. 2.
. Ande-
rer Verschiedenheiten dieses Knochens
zu geschweigen, wie z. B. am Kranich
wo er aus zwey abgesonderten Hälften
besteht, die nicht mit einander, sondern
seitwärts mit der merkwürdigen Luft-
röhren-Kapsel des Brustbeins verbun-
den sind.
§. 57.
Die Flügelknochen lassen sich im Gan-
zen füglich mit denen im Arm des
Menschen oder der Quadrumanen ver-
gleichen, und bestehen bey den aller-
mehresten Vögeln aus einer Oberarm-
röhre, zwey Vorderarmröhren, zwey
Knochen in der Handwurzel, zweyen
meist zusammen gewachsenen in der
Mittelhand, einem Daumenknochen, und
zweyen Fingern, wovon der zunächst
am Daumen liegende aus zwey Glie-
dern, der äusserste aber nur aus einem
besteht. – Zu den merkwürdigsten Ab-
weichungen davon gehört, so wohl was
die Zahl als die Bildung und das re-
spective Verhältniss dieser Knochen gegen
einander betrifft, die Einrichtung derselben
in den fast flossenartigen Ruderflügeln des
Pinguingeschlechts (– tab. III. –)Ueber einige osteologische (und myo-
logische) Besonderheiten des Eulenflü-
gels s. Heusinger in Meckel's deut-
schen Archiv VII. B. 1822. S. 177.
tab. 3. – Vergl. auch Ebendas. im
VI. B. 1821. S. 546. tab. 4.
.
§. 58.
Der Knochenbau der untern Extre-
mitäten ist am Vogelgerippe einfacher
als bey den Säugethieren, und begreift
im Allgemeinen bloss das Schenkelbein,
die Schienbeinröhre (bey manchen mit
einer kurzen fast grätenförmigen Ne-
benröhre), eine Röhre des Mittelfusses
(metatarsus)An diesem os metatarsi sitzt beym
Haushalm und manchen andern männ-
lichen Thieren der Hühnerordnung
der Sporn, eine mit Horn überzogene
apophysis vera von deren consensus
mit den Genitalien F. B. Osiander in
Beckmann's Beytr. zur Gesch. der Er-
findungen Vten B. S. 499. u. f. handelt.
, und die Fusszehen.
Und da die Vögel weder wahre Neben-
röhre (fibula), noch auch Fusswurzel
(tarsus) haben, so articulirt ihre Schien-
beinröhre unmittelbar mit der gedach-
ten Mittelfussröhre. – Bey den mehr-
sten Vögeln ist eine merkwürdige Pro-
gression der Zahl der Phalangen in ih-
ren Zehen, da die hintre Zehe aus zwey
Gliedern, die innere aus dreyen, die
mittlere aus vieren, und die äusserste
aus fünfen bestehtViele treffliche Bemerkungen über die-
sen, so wie über manche andre Theile
der Osteologie dieser Thierclasse, giebt
Schneider in seinen so reichhaltigen
commentar. ad reliqua librorum Fri-
derici II. Imperatoris pag. 30.
. – Doch haben
die Papageyen an der grossen Zehe noch
einen besondern QuerknochenDiesen finde ich wenigstens an meh-
rern Papageyskeletten in meiner Samm-
lung. Bey dem von Psittacus eritha-
cus ähnelt er einem ganz kurzen Röh-
renknochen; beym Ps. leucocephalus
ist er mehr rundlich u. s. w.
.
Vierter Abschnitt.
Vom
Gerippe der Amphibien.
§. 59.
Bey den Amphibien sind erstens die
beiden Ordnungen derselben, die vier-
füssigen nemlich und die Schlangen,
und unter jenen wiederum die drey
Hauptgeschlechter von Schildkröten, Frö-
schen und Eidechsen, in der Totalform
ihres Körpers, und mithin auch in der
Einrichtung ihrer Gerippe, so sehr von
einander verschieden, dass es am besten
seyn wird, das hierher gehörige nach
der Folge dieser Ordnungen und Ge-
schlechter selbst, zusammen zu fassen.
Zuerst also von den Reptilien.
§. 60.
Die Schildkröten, deren ganze Ge-
rippeGute Abbildungen von Schildkröten-
Skeleten s. bey Coiter, Cheselden
und in Joh. Dan. Meyer's Zeitver-
treib mit Betrachtung curioser Vor-
stellungen allerhand Thiere u. s. w.
T. I. t. 29. 31. T. II. t. 62., und die
einzelnen Theile in Giov. Caldesi
osservaz. anatom. intorno alle Tarta-
rughe. Fir. 1687. 4. vor allen aber in
Bojani anatome testudinis Europaeae
Vilnae. 1819. Fol.
überhaupt, so wie diese Thiere
selbst, einen ausnehmend sonderbaren
Bau haben, sind völlig zahnloss; haben
aber (so wie mehrere andre Thiere aus
beiden Ordnungen dieser Classe) vorn
am Oberkiefer eine Art von os inter-
maxillare. Der hornichte Ueberzug ih-
rer Kinnladen hat, zumal an der obern,
in Rücksicht seiner Verbindung mit der-
selben, manche theils auffallende Aehn-
lichkeit mit dem Pferdehuf. Zumal bey
den Seeschildkröten ist die Hirnhöhle
äusserst eng in Vergleich zur Grösse
des SchedelsEine musterhafte Beschreibung und
Abbildungen des Schedels der Riesen-
schildkröte und seiner Knochen giebt
Dr. Ulrich in der oben (S. 12.) an-
geführten Schrift.
, dessen grössten Raum
die beiden weiten fossae laterales ein-
nehmen, in welchen die mächtig grossen
Beissmuskeln liegen.
§. 61.
Der eigentliche Rumpf des Skelets
ist mit den beiden grossen Schalen des
Thiers verwachsen: so, dass die Brust-
wirbel und Rippen in der Rückenschale
festsitzen, das Brustbein hingegen dem
Bauchschild zur Grundlage dient.
Die knöcherne Rückenschale besteht
aus ohngefähr 50 Stücken, die theils
durch ächte Nähte unter einander ver-
bunden sind.
§. 62.
An den BeckenknochenL. Fr. E. Lorenz obseruationes ana-
tomicae de pelui reptilium Hal. 1807. 8.
unterschei-
det man die gleichen drey Haupttheile,
wie bey der Säugethiere ihren, aber im
umgekehrten Verhältniss der respectiven
Grösse. Die Schaambeine nemlich sind
so hoch und breit, dass sie die beiden
grössten flachen Knochen (ossa plana)
am ganzen Schildkröten-Skelet aus-
machen, die Hüftknochen hingegen am
kleinsten.
§. 63.
Am sonderbarsten ist Form und Lage
ihrer Schulterblätter und Schlüsselbeine.
Jene liegen ganz anomalisch nach un-
ten, hinter dem Brustschilde, und diese
haben gleichsam die Gestalt eines Win-
kelhaken, wo aussen an der Ecke des-
selben die Oberarmöhre (os humeri) ein-
gelenkt ist.
§. 64.
Frösche und KrötenGerippe der Hieländischen s. in Rö-
sel's allgemein bekannten Meister-
werke t. 7. 12. 16. 19. 21. 23. 24. und
das sonderbare Skelet der Pipa genau
beschrieben und abgebildet, von Rudol-
phi in F. G. Breyer obs. anat. circa
fabricam Ranae pipae. Berol. 1812. 4.
So wie das der Rana paradoxa bey
Lorenz a. a. O.
Vergl. auch C. H. Mertens obs-
in osteologiam Batrachorum nostra-
tium. Hal. 1820. 8.
haben theils
Gaumen-theils Kieferzähnchen, und ein
sehr kurzes Rückgrat, das sich hinten
in einen einfachen geraden Knochen en-
digt, der mitten zwischen dem gabelför-
migen Hüftknochen zu liegen kommt.
§. 65.
Sie haben gar keine Rippen; dage-
gen aber breite processus transuersos der
Brustwirbel, und eine sonderbare Ver-
bindung der fast schuppenförmigen Schul-
terblätter und zweyer Paare von Schlüs-
selbeinähnlichen Knochen mit dem Brust-
beine.
§. 66.
Noch verdient eine sonderbare Ein-
richtung in der Vorderarmröhre und
dem Schienbein dieser Thiere Erwäh-
nung, als welche zwar nur aus einem
Stücke bestehn und noch dazu in der
Mitte dicht sind ohne Markhöhle, aber
sich an beiden Enden gleichsam in zwey
fast trichterförmige Röhren mit deutli-
chen Markhöhlen spaltens. des ber. Wundarztes Mich. Troja
Memoria sopra la struttura singolare
della tibia e del cubito nelle Rane e
nei Rospi, in seinen Sperienze intorno
alla Rigenerazione delle ossa. Nap.
1779. 8. pag. 250. t. 7. 8.
.
§. 67.
Unter den EidexenartigenDas Gerippe der gemeinen grünen Ei-
dexe s. bey Coiter t. 4. Meyer T. I.
t. 56.
Des Salamanders bey Meyer T. I. t. 54.
Der Wassermolche ebendas. t. 55. 56.
Des Chamäleon bey Cheselden
vor dem 6ten Cap.
Des wundersamen Proteus in Con-
figliachi's und Rusconi's Mono-
graphia t. 4. f. 5.
Amphi-
bien mögen hier die CrocodileCrocodilskelete s. in Nehem. Grew
musaeum Regalis Societatis Lond. 1681.
fol. t. 4. – vorzüglich aber in Faujas-
Saint-Fond hist. naturelle de la mon-
tagne de St. Pierre de Maestricht t. 24.
we-
gen mancher besonders merkwürdigen
Eigenheiten in ihrem Bau zum Bey-
spiele dienen.
Schwerlich sind bey irgend einer an-
dern Art von Thieren die Kiefer von
so auffallender Grösse in Vergleich zu
der äusserst engen Hirnhöhle.
Der obere endigt sich vorn in eine
Art von os intermaxillare, und die
Seitenflügel des untern bestehen aus
mehrern zusammengefügten Stücken.
Besonders ist auch bey diesen Thie-
renEin Uebergang zu dieser Art von Ein-
lenkung zeigt sich an den Kiefern der
Schildkröten.
die Einlenkung des Unterkiefers;
da derselbe die am Oberkiefer befindliche
Gelenkwalze (condylus) in seine Gelenk-
rinne (cauitas articularis) aufnimmtJene Gelenkwalze ähnelt (wenigstens
beym Alligator, dessen Schedel ich vor
mir habe) gewissermassen der Rolle
(trochlea oder rotula Alb.) am untern
Ende der Oberarmröhre.
Vielleicht hat eben diese merkwür-
dige Einlenkungsweise zu dem alten
Irrthum Anlass gegeben, der doch selbst
von so guten Anatomen, wie Vesa-
lius und Columbus adoptirt worden,
als ob beym Crocodil der Oberkiefer
beweglich, der untre hingegen unbe-
weglich sey.
Aber der Augenschein lehrt, dass
zwar die Crocodile, wenn gleich der
Unterkiefer ruhig liegt, dennoch den
übrigen Schedel in jenem Gelenke auf
und nieder bewegen können, und dass
diess bey ihnen sowohl wegen des Ver-
hältnisses des Oberschedels zur unge-
heuren Grösse des Unterkiefers, als
auch wegen jener anomalischen Arti-
culation leichter geht, als bey andern
Thieren: dass aber an eine eigne Be-
weglichkeit der blossen Oberkieferkno-
chen, (so wie sie bey den allermehre-
sten Vögeln, Schlangen und Fischen
Statt hat) bey ihnen nicht zu denken ist.
.
§. 68.
Ihre zahlreichen Zähne haben das
merkwürdige, dass zum Behuf des Wech-
selns anfänglich immer ihrer zweye wie
Tuten in einander steckenZuweilen gar ihrer dreye, wie ret-
zius versichert, in sein. animad-
vers. circa crocodylum. Lund. 1797. 4.
p. 12. sq.
.
§. 69.
Die allerauffallendste Sonderbarkeit an
ihrem Gerippe ist aber ein wunderba-
res sternum abdominale, was ganz vom
vordern eigentlichen Brustbein verschie-
den ist, und sich vom Schwerdknorpel
desselben nach den Schaambeinen er-
streckt, und zur Stütze der Bauchein-
geweide zu dienen scheintAn drey ostindischen Crocodilskeleten
die ich untersucht, hatte der Tho-
rax 12 Paar Rippen, nemlich 10 P.
ächte und 2 Paar sogenannte spurias.
Erstre hatten knöcherne appendices
und zwischen dem Hauptstück der
Rippe und diesen Anhängen auch noch
überdem ein drittes kleines Mittelstück.
Das sternum abdominale bestand aus
7 Paar zusammen verbundner knorp-
lichter Bogen; von welcher die 6 vor-
dem Paare mit offnen Zwischenräumen
durchbrochen waren, hingegen der
Raum zwischen dem hintersten Paare
und den Schaambeinen mit einem
breiten Knorpelblatt ausgefüllt war. –
Von dem wenigstens gewissermassen
ähnlichen Bau beym Nilcrocodil vergl.
Jo. Veslingii obseruationes anato-
micas. Hafn. 1664. 8. pag. 43. seq. und
vom Alligator die Beschreibung des
P. Plumier in den Mémoir. de Tre-
voux vom Febr. 1705. pag. 127.
.
§. 70.
Die SchlangenGerippe verschiedner Schlangen s. bey
Meyer T. I. t. 88. 90. 91. und T. II.
t. 17.
haben wohl sämmt-
lich einen, unabhängig von der übrigen
Hirnschale schon für sich mehr oder
weniger beweglichen Oberkiefer.
§. 71.
Bey ihrem Gebiss ist vor allem die
wichtige sehr bestimmte Verschiedenheit
zu merken, wodurch sich die gifti-
gen Gattungen von Schlangen von den un-
gleich zahlreichern giftlosen auszeichnen.
Die letztern haben nämlich im Ober-
kiefer vier mit kleinern Zähnen besetzte
Maxillarknochen, wodurch gleichsam eine
gedoppelte doch weit von einander ab-
stehende Reihe von Zähnen gebildet
wird, wovon die eine nach innen auf
jeder Seite längs des Gaumens, die
andre aber nach aussen am vordem Kie-
ferrande sitzt.
Den eifrigen fehlt diese äussre Reihe
von kleinen Zähnchen; dagegen haben
sie aber am vordern Rande des Ober-
kiefers die längern röhrenförmigen Gift-
zähne, welche mit den Giftblasen in
Verbindung stehen, und im Grunde als
wahre knöcherne ductus excretorii an-
zusehen sind, wodurch das Gift in
die damit gebissne Wunde eingeflösst
wirdBeyspiele zur Vergleichung s. im IVten
Hefte meiner Abbildungen naturhisto-
rischer Gegenstände tab. 37. wo die
Köpfe einer Klapperschlange und der
Riesenschlange beide mit offnem Rachen
zu dieser Absicht vorgestellt sind.
.
§. 72.
So wie es überhaupt scheint dass die
Menge der Rückgratswirbel bey den roth-
blütigen Thieren mit der Grösse und
Stärke ihrer äussern Bewegungswerk-
zeuge im umgekehrten Verhältnisse ste-
hen; so haben namentlich die Schlan-
gen beym gänzlichen Mangel solcher
Werkzeuge die allerzahlreichsten Wir-
bel; theils über 300.
Bey den Klapperschlangen sind die
letzten Schwanzwirbel breit, und mit
den ersten blasenförmigen Gliedern der
hornartigen Klapper überzogen; so wie
auch die übrigen holen Glieder dieses
in seiner Art so einzigen und räthsel-
haften OrgansVon dem vermuthlichen Zweck dieses
den Klapperschlangen so ausschliesslich
eignen Organs, und wie fern es diesen
sehr trägen Geschöpfen doch vielleicht
dazu dienen könne, die dadurch auf-
geschreckten Vögel u. s. w. zu sich
herunter zu bringen (was dann den
Anlass zu der Sage von ihrem ver-
meinten Fascinationsvermögen gegeben
haben kann) s. Voigt's neues Magazin
I. B. 2tes St. S. 37 u. f. über die Zau-
berkraft der Klapperschlangen, beson-
ders in Rücksicht einer Schrift des
Dr. barton.
auf eine bewunderns-
werthe Weise an einander gelenkt sind.
§. 73.
Auch finden sich bey den Schlangen
die allermehrsten Rippenpaare; bey man-
chen auf dritthalbhundert.
Darunter verdienen besonders die 20
Paare von sogenannten costis scapulari-
bus der Brillenschlangen bemerkt zu
werden, die ihnen zum Aufblähen des
Halskragens dienens. Home in den Philosoph. Transact.
for 1804.
Dasselbe ist auch wohl bey einigen
andern Gattungen des Coluber-Ge-
schlechts der Fall, namentlich bey der
Aegyptischen C. haje, die auch ihren
Hals im Zorne sehr weit auftreiben kann.
Ueber den Antheil, welchen die
Bewegung der Rippen am kriechen der
Schlangen hat, s. ebenfalls Home in
jenen Transact. for 1812.
.
Hingegen sind die Schlangen (etwa
mit Ausnahme der Blindschleichen) wohl
unter allen rothblütigen Thieren die ein-
zigen die kein eigentliches Brustbein
haben.
Fünf und zwanzigster Abschnitt.
Von
der Leibesfrucht der Säugethiere
und den Organen, mit welchen
sie verbunden ist.
§. 350.
Das erste was sich nach der Befruch-
tung der weiblichen Säugethiere in ihrer
dadurch trächtig gewordenen Gebärmut-
ter bildet, sind die Häute (inuolucra)
der eyförmigen Blasen, in welchen dann
nach bestimmten Terminen die Leibes-
frucht sichtbar wird, welche (wohl nur
die Beutelthiere, Kängaruh u. dergl.
ausgenommen) mittelst der Nabelschnur
mit jenen Häuten, und so mit dem uterus
der Mutter, selbst, in Verbindung steht,
und dadurch bis zu ihrer Wurfzeit er-
nährt wirdViel Lehrreiches zu diesem und dem
letzten Abschnitt gehöriges, enthält des
Dr. J. Fr. Lobstein Essai sur la nu-
trition du foetus. Strasb. 1802. 4.
Deutsch von Dr. Theod. Fr. Arn.
Kestner. Halle 1804. 8.
Und eine Fülle trefflicher Bemerkun-
gen über die Fötus-Hüllen bey den drey
ersten Classen rothblütiger Thiere, von
Dutrochet, Cuvier, Breschet,
Mondini und Alessandrini zusam-
men in Meckel's Archiv V. B. pag.
535. und VI. B. pag. 385.
. Demnach scheint es die
natürlichste Ordnung, auf die Beschrei-
bung der Gebärmutter nun zunächst die
von den Häuten und anderen Theilen der
sogenannten Nachgehurt und zuletzt end-
lich das folgen zu lassen, was auch über
die Leibesfrüchte selbst hier angemerkt
zu werden verdient.
§. 351.
Die Verbindungsart des trächtigen ute-
rus mit den Häuten der Nachgeburt und
durch diese mit der Frucht, zeigt bey
den Säugethieren eine dreyfache Haupt-
verschiedenheit. Entweder nämlich hängt
die Gebärmutterhöhle mit der ganzen
äussern Haut des sogenannten Eyes zu-
sammen; oder sie ist mittelst einer ein-
fachen placenta, oder aber durch zahl-
reichere cotyledonen mit derselben ver-
bunden.
§. 352.
Das erstere ist der Fall bey der träch-
tigen SauFabric. ab Aquapend. tab. 25. und
tab. 26. fig. 50. Stenonis in den Act.
Hafniensib. II. p. 228.
; und noch bestimmter bey
der Stute, als bey welcher die äussere
Haut des sogenannten Eyes, das chorion,
gewissermassen einen sackförmigen Mut-
terkuchen vorstellt. Es ist dasselbe
nämlich, zumahl in der zweyten Hälfte
des Trächtigseyns, mit zahlreichen und
theils gar starken Verästelungen der
Nabelschnuradern durchzogen, und auf
der Aussenseite mit unzähligen schwam-
michten Zäpfchen besetzt, die mit der
innern Seite der Gebärmutter zusam-
menhängenFabric. ab Aquapend. tab. 21. 22.
und tab. 23. fig. 46.
.
§. 353.
Bey denen Thieren dieser Classe die
ihre Früchte mittelst eines Mutterku-
chens ernähren, zeigt sich wieder bey
mancherley Gattungen merkwürdige Ver-
schiedenheit, theils in der Form und bey
einigen auch in der successiven Verän-
derung derselben, theils aber auch im
einfachern oder zusammengesetztern Bau
dieses Organs.
Bey den mehresten Digitatis, so wie
bey den Quadrumanen, ist die placenta
rundlichs. z. B. Daubenton T. VII. tab. 38.
fig. 3. 4. von der Ratte.
Ib. tab. 40. fig. 7. 8. von der Hausmaus.
T. VIII. tab. 13. fig. 6. vom Maulwurf.
Vom Meerschweinchen Freuler tab.
3. fig. 3. und tab. 4. fig. 2.
; doch theils wie aus zwey
neben einander liegenden Hälften zu-
sammengesetzt, bey der Hündinn aber
so wie bey der Katze, Marder u. s. w.
gurtförmig (cingulum s. zona)Vom Hund: Eustachii tab. anatomi-
cae tab. 14. fig. 7. 8. Fabric. ab Aqua-
pend. tab. 27. 28. Daubenton T. V.
tab. 50.
Von der Katze Gualt. Needham de
formato foetu tab. 4. fig. 1. Daubenton
T. VI. tab. 6. Jörg tab. 4. fig. 1. 4.
Vom Marder Daubenton T. VII.
tab. 20.
, und
beym Iltis hält ihre Form gleichsam das
Mittel zwischen diesen beyden, da sie
aus zwey runden Kuchen besteht, die
durch ein breites gurtförmiges Zwischen-
stück mit einander verbunden sindId. T. VII. tab. 27.
.
Von Formwandelung dieses Organs
glaube ich das allersonderbarste Beyspiel
im Igel gefunden zu haben. Bey die-
sem nimmt nämlich einige Wochen
nach der Befruchtung die placenta meist
den ganzen Umfang des chorii ein, hat
ungefähr die Gestalt und Grösse einer
Haselnuss, und ist dabey von innen
schwammicht, blutreich; nach aussen
aber derb und fest, gleichsam von Knor-
pelhärte. Doch ist sie nicht durchaus
von gleicher Stärke, sondern nach der
concaven Seite der Mutterhörner hin
weit dünner und geschmeidiger als an
der entgegengesetzten (– Tab. VIII.
fig. 1. –). Mit der Zeit aber nimmt jene
dünne, geschmeidige Stelle an Umfang
zu, wird allgemach fast membranös und
die entgegenstehende dickste hingegen
bildet sich nach und nach zu einer gleich-
sam sattelförmigenVergl. Wetter tab. 4. fig. 2. 3. 4.
sehr dicken und
festen placenta mit dünn zulaufenden
Rändern (– Tab. VIII. fig. 2. –). Diese
kommt dem reifern foetus meist quer
über die Hüften zu liegen, doch so, dass
auch der Nächstanliegende ebenfalls zum
Theil damit bedeckt und für Beschädi-
gung bey äussern gewaltsamen Druck ge-
schützt wird. Denn gerade das scheint
der Nutzen bey dieser so sonderbaren
und meines Wissens in ihrer Art einzi-
gen Einrichtung, um dadurch die zarten
Fötus im Leibe eines Thiers zu sichern,
das sich bekanntlich mit solcher Anstren-
gung zusammenkugelt, dass ohne jene
Vorkehrung die trächtige Gebärmutter
und ihre Bewohner dadurch gefährlichem
Druck ausgesetzt seyn müssten.
Bey mancherley Gattungen von Digi-
tatis ist die nach dem uterus zugekehrte
Außenseite des Mutterkuchens, noch mit
einem besondern weissen, gleichsam drü-
senartigen Körper (corpus glandulosum
EverardiCosmopolitae historia naturalis 1686.
12. pag. 60.
s. subplacenta) besetzt,
der kleiner ist als die eigentliche pla-
centa, von derselben eingefasst wirdVom Hasen Daubenton T. VI. tab. 46.
Jörg tab. 4. fig. 2. 3.
Vom Caninchen Gualt. Needham
tab. 3. de Graaf tab. 26. 27.
Vom Meerschweinchen Fabric. ab
Aquapend. tab. 30. Daubenton T.
VIII. tab. 4. fig. 6. Vergl. Freuler
pag. 61.
Von der Wasserratte Daubenton
T. VII. tab. 46. fig. 4. 5.
,
und sich, je mehr die Frucht reift, durch
desto leichtern Druck davon trennen und
ablösen lässt.
§. 354.
Bey den Bisulcis endlich ist der Mut-
terkuchen in zahlreiche cotyledonen von
ausnehmend merkwürdiger und für die
ganze Physiologie der placenta überhaupt
lehrreicher Einrichtung, vertheilt. So
nennt man nämlich eigene fleischige Aus-
wüchse (glandulae uterinae), die sich
im befruchteten uterus auf seiner inne-
ren Fläche ausbilden, und in welchen
eben so viele genau damit correspondi-
rende flockichte Gefäss-Büschel (carun-
culae) auf der Außenfläche des chorii
gleichsam eingewurzelt sind, so dass
dann die pars uterina und die pars foe-
talis des Mutterkuchens zwey deutlich
von einander verschiedene und gegen
die Zeit, da die Frucht reift, auch leicht
von einander zu trennende Theile aus-
machen, von welchen nur die letztern
mit der Nachgeburt abgehen, die erstern
aber, nämlich die Cotyledonen, im ute-
rus, nachdem er seiner Bürde quitt ge-
worden, allgemach einschrumpfen. Zahl
und Form jener Auswüchse ist bey den
mancherley Geschlechtern und ihren
Gattungen verschieden. Bey Schafen
und Kühen steigt ihre Zahl zuweilen
auf hundert. Bey Schafen und Ziegen
sind es im WortverstandeDarum belegte auch Massa diejenige
Stelle der menschlichen Gebärmutter-
höhle, an welcher die placenta in ihrer
verdickten decidua sitzt, mit dem Na-
men cotyledon.
Cotyledo-
nen, nämlich napfförmig oder wie die
sogenannten KrebsaugenVon der Schafmutter Fabric. ab Aqua-
pend. tab. 12. 14. 15.
; da sie hin-
gegen bey den Kühen, Rehen u. s. w.
gleichsam Knöpfe oder Pilze mit Kugel-
flächeVon der Kuh Hoboken, zumahl fig.
14 bis 17.
Von der Hirschkuh Daubenton
T. VI. tab. 17.
bilden.
§. 355.
Die Stämme der entweder vom gan-
zen chorion (§. 352.) oder von der pla-
centa (§. 353.) oder den Carunkeln (§. 354.)
kommenden Venen und hinwiederum
von der Frucht zu ihnen laufenden Ar-
terien verbinden sich in der Nabelschnur,
die, so viel bekannt, bey keinem an-
dern Säugethier nach Verhältniss von
einer so ansehnlichen LängeAm kürzesten ist sie vielleicht beym Il-
tis, s. Daubenton T. VII. tab. 27.
fig. 3.
und so
Strickförmig gewunden ist als beym
reifen KindeAuch erhält sich meines Wissens bey,
keinem andern Säugethiere eine so deut-
lich vernarbte, Lebenslang bleibende
und vertiefte Spur des Nabels, als beym
Menschen.
.
Am Füllen hat sie so wie beym Kinde
nur Eine NabelveneRuini pag. 189.
, da sich hin-
gegen bey den mehresten andern Qua-
drupeden deren zweye finden, die sich
aber entweder nahe am Leibe der Frucht,
oder doch innerhalb desselben, zu ei-
nem gemeinschaftlichen Stamme ver-
bindenVom Kälbchen s. Hoboken fig. 23 bis 27.
.
§. 356.
Das amnion, die innerste von den
beyden Häuten des sogenannten Eyes
welche die schwangere Frau mit den
trächtigen andern Säügethieren gemein
hat, zeichnet sich doch bey manchen der
letztern, wie z. E. bey der Kuh und der
StuteJörg tab. 2. und tab. 3. fig. 1.
, durch ihre zahlreichen Blutge-
fässe aus, da sie hingegen beym Men-
schen blutlos ist.
§. 357.
Ausserdem aber findet sich bey den
mehresten trächtigen Quadrupeden und
selbst bey den Cetaceen zwischen dem
chorion und amnion die sogenannte
allantois oder Harnhaut. Den letztern
Namen hat sie, weil sie mittelst des
urachus mit der Harnblase der Frucht
zusammenhängt, daher man denn auch
die wässerige Feuchtigkeit, wovon sie
strotzt, für den Harn derselben gehal-
tenWeshalb sie Boerhaave lotii apothe-
cam nannte. Institution. §. 684.
, der dahinein seinen Abfluss habe
u. s. w. Allantois aber hat man sie we-
gen der Wurstform genannt, die sie bey
den Bisulcis und dem Schweine zeigtZ. B. vom Schaf Fabric. ab Aqua-
pend. tab. 13. tab. 14. fig. 29. und tab. 17.
fig. 37. ib. Jörg tab. 3. fig. 6. und von
einem Embryo am 19ten Tage nach-
dem die Schafmutter besprungen wor-
den, in Io. Chph. Kuhlemann ob-
seruat. circa negotium generationis in
ouibus. Gotting. 1753. 4. tab. 2. fig. 1. 2.
Von der Kuh Hoboken fig. 10 bis 13.
und 25. ib. Jörg. tab. 3. fig. 5.
Vom Schwein Fabric. tab. 25.
,
die aber bey mancherley andern Ge-
schlechtern und Gattungen auch anders
gestaltet ist. So ähnelt sie z. B. unter
den Digitatis beym Hasen, Caninchen,
Meerschweinchen u. s. w. einer kleinen
Flasche die mit ihrem Boden auf der in-
nern Fläche der placenta aufsitzt; beym
Iltis einer eyförmigen Blase u. s. w.
Bey den Solidungulis kleidet sie die
ganze innere Fläche des chorii aus, und
schliesst das Füllen mit seinem amnion
in sich, und eben bey den Thieren die-
ser Ordnung findet sich auch am häu-
figsten (doch auch nicht selten bey Kühen)
in dem Wasser der allantois ein gleich-
sam coagulirtes Sediment in grössern
oder kleinen Klumpen verschiedener Form
und Anzahl, das längst unter dem
wunderlichen Namen des Pferdegifts,
(Hippomanes) bekannt istDaubenton T. IV. tab. 9. fig. 1. 2.
vom Pferd.
Vergl. G. Hartmann's Pferde- und
Maulthierzucht p. 196.
Hoboken fig. 19–21. und 37. von
der Kuh.
Vergl. Stalp. V. D. Wiel obseruat.
anatom. chirurgic. Cent. II. p. 347.
.
Manchen Ordnungen und Geschlech-
tern von Säugethieren, namentlich den
Quadrumanen und unter den Digitatis
dem Igel, fehlt aber jene Harnhaut, so
wie dem Menschen ganz und gar; ja
beym Igel und den Beutelthieren ver-
läuft sich nicht einmahl die Harnblase,
wie bey der menschlichen Leibesfrucht
in ein Rudiment des urachus, sondern
ist schon beym Fötus kugelicht, ohne
Oeffnung im Boden derselben (– Tab.
VIII. fig. 2. f. –).
§. 358.
Hingegen zeigt sich bey dem eben
genannten Thiere, so wie auch bey der
Hündinn, Katze u. s. w., ebenfalls zwi-
schen chorion und amnion eine auf dem
ersten Blicke zwar der allantois ähn-
liche Blase, die tunica erythroides (–
Tab. VIII. fig. 1. c. fig. 2. c. –), die im
Anfange des Trächtigseyns auch, so wie
jene, von einer wässerigen Feuchtigkeit
strotzt, aber schon dadurch gänzlich von
ihr unterschieden ist, dass sie keines-
weges durch einen urachus mit dem
Boden der Harnblase, sondern durch die
vasa omphalomeseraica (– Tab. VIII.
fig. 2. k. –) mit den Blutgefässen des
Gekröses der Frucht in Verbindung
stehtFabric. ab Aquapend. Das kleine
Kupfer vor tab. 1. vom Hund.
Gualt. Needham tab. 4. fig. 1. von
der Katze.
Vom Igel auch Wetter tab. 4. fig. 4.
Vergl. auch C. H. Dzondi supple-
menta ad anatomiam et physiologiam
potissimum comparatam. Lips. 1806. 4.
p. 15. Jörg t. 4. fig. 15. vom Biber.
. Eben diese Verbindung zeigt
auch die Aehnlichkeit, die sie, einer-
seits mit dem Dottersacke der bebrüte-
ten Vögel, und anderseits mit der so
merkwürdigen vesicula umbilicalis, an
zarten menschlichen Embryonen aus den
ersten Monathen der SchwangerschaftEs sind fast 40 Jahre da ich die Analo-
gie der tunica erythroides mit der ve-
sicula vmbilicalis des menschlichen Em-
bryo in den ersten Monathen nach der
Empfängniss, so wie die normale Be-
ständigkeit des Nabelbläschens, zu erst
erwiesen habe; gleich in der 1sten Ausg.
der Institution. physiolog. (1787) und
im specim. physiolog. comparatae inter
animantia calidi sanguinis viuipara et
ouipara (1788) im IXten B. der Commen-
tat. soc. Reg. scientiar. Gottingens.
hat; auch ist jene tunica erythroides, so
wie dieses eben gedachte Bläschen, nur
bey zarten Leibesfrüchten recht gefüllt
und strotzend, und schrumpft hingegen
in der Folge so zusammen, dass man
offenbar sieht, beyder ihre Function muss
bloss für die frühere Lebensperiode der
Frucht bestimmt seynViele treffliche Bemerkungen über die
Bestimmung dieser Blase und über die
verschiedenen Angaben von ihrem Zu-
sammenhang mit den Därmen s. in
Oken's und Kieser's Beyträgen zur
vergleichenden Zoologie, Anatomie und
Physiologie, I. und II. Heft. 1806 und
1807.
In J. Fr. Meckel's Beyträgen zur
vergleichenden Anatomie I. B. 1sten Heft.
1808. und ausführlicher im Archiv für
die Physiologie IX. B. 3ten Heft 1809.
In Emmert's Untersuchung über das
Nabelbläschen in eben diesem Archiv
X. B. 1811. p. 42 u. f. u. 375.
Und Oken in der Isis 1818. pag. 59.
.
§. 359.
Die erste Spur von Bildung der Frucht
selbst, zeigt sich bey den verschiedenen
Gattungen dieser Thierclasse immer erst
eine bestimmte meist beträchtlich lange
Zeit nach der Empfängnis. Auch ist
so wie beym menschlichen Embryo,
ihre anfängliche Gestaltung noch weit
von der nachwärtigen Vollkommenheit
des reifen Fötus entferntVergl. treue Abbildungen zarter thie-
rischer Embryonen aus frühen Perioden,
wie z. B. von Caninchen, bey de
Graaf tab. 26. fig. 8–10, und in
Haller oper. anat. minor. T. III.
tab. 21. fig. 1–4.
Von Schafen bey Kuhlemann tab. 2.
, und die
Ordnung des Wachsthums und der Aus-
bildung der Gliedmassen, ist bey wei-
tem nicht in der ganzen Classe die
nämliche, sondern bey den besondern
Gattungen dahin berechnet, dass immer
diejenigen äussern Organe am frühesten
ausgebildet und vervollkommnet wer-
den, die gerade dem jungen Thiere zu
seiner Lebensweise die notwendigsten
sind. Daher z. B. die auffallende Grösse
der Hinterhände der ungebornen Qua-
drumanen, oder der Füsse der Eichhörn-
chen, kurz der Säugethiere die auf Bäu-
men zu leben bestimmt sind, oder aber
auch der jungen Füllen, Ziegenlämmer
u. s. w., die sogleich nach der Geburt
schon auftreten und laufen müssenBeym neugebornen Kängaruh, so wie
es nämlich noch ganz unreif in den
Zitzensack gelangt, sind die Vorderfüsse
weit grösser und stärker als die hintern,
weil es jener zuförderst bedarf, um sich
zum Saugen anzuhalten. Erst in der
Folge wenn das nun reifere Geschöpf
gleichsam zum zweytenmahle geboren,
und sich bald selbst überlassen werden
soll, wachsen dann die Hinterbeine zu
der bekannten, fast enormen Grösse.
,
in Vergleich mit dem Verhältniss der da-
mit correspondirenden Theile der reifen
menschlichen LeibesfruchtDie seit Aristoteles so oft wieder-
holte Sage von der vermeynten Un-
form der ungebornen und selbst der
neugebornen Bären bedürfte jetzt wohl
kaum noch einer Rüge, wäre sie nicht
selbst noch von manchen der neusten,
und übrigens sorgfältig genauen, Zoo-
logen nachgeschrieben worden. Die
bündigste Widerlegung dieses Wahns
habe ich im IVten Heft der Abbild.
naturhistor. Gegenst. tab. 32. an einem
sehr unreifen und dessen ungeachtet
sehr nett ausgebildeten Bären-Embryo,
aus meiner Sammlung gegeben, den ich
der Güte des Staatsraths von Stoff-
regen in St. Petersburg verdanke.
.
§. 360.
Das wichtigste von dem, worin man-
che Gattungen ungeborner Säugethiere
in ihrem inneren Bau von der mensch-
lichen Leibesfrucht abweichen, ist schon
gelegentlich angeführt. Im übrigen, so
viel nämlich bisher darüber angemerkt
wordenSplanchnologische Abbildungen des Fö-
tus vom Pferd gibt Ruini pag. 189.
und Daubenton T. IV. tab. 7.
Vom ungebornen Schaf Kuhlemann
tab. 2. fig. 8. und Jörg tab. 4. fig. 6.
Vom ungebornen Kalbe Hoboken,
zumahl fig. 24. 25.
, wie z. B. in der membrana
pupillarisWrisberg in den nov. commentar. soc.
Reg. scient. Gottingens. T. II. pag. 207.
, den dreyerley räthselhaf-
ten, sogenannten Drüsen, thymusSam. Chr. Lucae anatomische Unter-
suchungen der Thymus in Menschen und
Thieren. Frankf. 1811. II. Hefte. 4.
,
thyreoidea und den suprarenalibusUeber beyde letztre J. Fr. Meckel's
Abhandlungen aus der menschlichen und
vergleichenden Anatomie. Halle 1806. 8.
u. s. w., scheinen sie mit dem ungebor-
nen Kinde im Ganzen meist übereinzu-
kommen. Kleiner Verschiedenheiten zu
geschweigen, wie z. B. dass das meconium
bey den reifern Früchten von Bisulcis
und mauseartigen Thieren schon festen
scybalis ähneltH. Fr. v. Fleming deutscher Jäger
pag. 130 sq. auch schon Harvey de ge-
nerat. animalium pag. 197.
u. dergl. m.
Sieben und zwanzigster Abschnitt.
Von
dem bebrüteten Küchelchen, und
den zu seiner Oekonomie gehöri-
gen Organen des Eyes.
§. 364.
Alle die mannichfaltigen Lebens- und
Nutritions- und Formations-Processe,
denen sich das neuentstandene ungebo-
rene Säugethier in seiner Mutter Leibe,
und durch den innigsten Zusammen-
hang mit derselben unterzieht, die führt
hingegen das Küchelchen im Eye selbst-
ständig, ganz unabhängig von seiner
Mutter, und ohne irgend eine andere
fremde Hülfe als die der atmosphäri-
schen Luft in Temperatur von Brüt-
wärme.
§. 365.
Das reife befruchtete Ey, so wie wir
es oben (§. 342.) nach seiner Ausbildung
im oviductus und uterus verlassen hat-
ten ist zunächst innerhalb seiner Schale,
mit der weissen, dichten, aderlosen Haut
(membrana albuminis) ausgekleidet, de-
ren beyde übrigens dicht zusammen-
hängende Blätter nur gewöhnlichst am
stumpfen Ende einen mit atmosphäri-
scher LuftI. C L. Hehl obseruata physiologica
de natura et vsu aëris, ouis auium in-
cluso. Tubing. 1796. 4.
J. Ayrt. Paris in den Transact. of
the Linnean. Soc. vol. X. P. II. pag. 304.
gefüllten Zwischenraum
lassen.
Von dieser Haut wird zunächst das
doppelte Eyweiss umschlossen, wovon
jedes wieder mit einer zarten Membran
umgeben, das äussere flüssiger und
durchsichtiger, das innere aber dichter
und trüber ist, sich auch in hartgesot-
tenen Eyern eins vom andern schalicht
ablösen lässt.
Vom innern wird bekanntlich der
Dotter umflossen, der mit einer eigenen
Haut umzogen ist, von welcher sich
mehrentheils zwey gleichsam knotige,
und an den äussersten Enden flockichte
Schnüre, die sogenannten Hagel (gran-
dines, chalazae)Léveillé sur la nutrition des foetus.
Par. 1799. 8. unterscheidet noch ein
drittes Eyweiss und hält die Hagel für
absorbirende, mit demselben umgebene
Gefässe, die dazu bestimmt seyen, wäh-
rend des Bebrütens dieses und das be-
kannte innere albumen mit dem Dotter
zu vermischen.
in das innere Eyweiss
verlaufen.
Oben auf der Haut des Dotters ist
endlich ein kleiner, milchweisser, rund-
licher Fleck, der irrig sogenannte Hah-
nentritt (cicatricula s. macula) zu merken,
der mit einem, oder mehreren weisslichen,
concentrischen Kreisen (halones s. circuli)
umgeben wird, deren Nutzen aber, so
wie der vom Hahnentritt selbst und
von den Hageln, noch nicht ausgemacht
scheint.
§. 366.
Und nun zu den bewundernswerthen
successiven Veränderungen, die während
des Bebrütens im Eye vorgehen, und zu
den Metamorphosen welchen sich theils
die Totalform des Küchelchen, theils
einzelne Eingeweide desselben unterzie-
hen, wobey wir zur Angabe der Ter-
mine, wieder aus dem schon angeführ-
ten Grunde, das von der Henne zum
Muster nehmenZeichnungen von der Ausbildung des
Küchelchens im Eye geben:
Malpighi de formatione pulli. Lond.
1673. 4.
Id. de ouo incubato ib. 1686. fol.
W. Langly in Iust. Schraderi
observ. et histor. de generatione. Amst.
1674. 12.
Ant. Maître-jan observ. sur la
formation du poulet. Par. 1722. 12.
Casp. Fr. Wolff theoria gene-
rationis. Hal. 1759. 4. tab. 2.
Id. in nov. comment. acad. Petropo-
lit. T. XII. tab. 7. T. XIII. tab. 13.
und T. XIV. P. I. tab. 11. Deutsch
mit Anmerk. von J. F. Meckel Halle
1812. 8. m. Kupf. vergl. DESS. Bey-
träge zur vergleichenden Anatomie
1. B. 1. H. p. 83 u. f.
Im IVten und VIIten Heft der
Abbild. naturhist. Gegenstände, habe
ich einige Zeichnungen geliefert, die
aus ein Paar Perioden gewählt sind,
wo gerade die wichtigsten Phänomene
in der Oekonomie des bebrüteten Kü-
chelchens in ihrer vollsten Deutlichkeit
zu beobachten sind.
Ebenfalls sehr nette Abbildungen fin-
den sich in L. Seb. Com. Ab Tre-
dern oui auium historiae et incuba-
tionis prodr. Ien. 1808. 4.
Vor allen aber in Dr. Pander's
Beiträgen zur Entwickelungsgeschichte
des Hühnchens im Eye. Würzb. 1817.
fol. zu vergleichen mit Dess. hist.
metamorphoseos, quam, ovum incuba-
tum prioribus quinque diebus subit.
ib. eod. 8.
. Erst das Ganze nur
cursorisch in chronologischer OrdnungDie Termine so angegeben wie ich sie
in eigenen und oft wiederholten Rei-
hen von Beobachtungen am constante-
sten gefunden habe.
.
Dann aber noch über einige der wich-
tigsten Theile und deren Geschäfte ein
Wort ins besondere.
§. 367.
Nicht in oder auf dem Hahnentritt
selbst, sondern dicht neben ihm zeigt
sich zu Ende des ersten Tages, an
welchem das Brüten seinen Anfang ge-
nommen, auf der Dotterhaut eine glän-
zende meist länglicht abgerundete, aber
in der Mitte etwas schmalereIm Umriss völlig wie die allbekannteste
Art von länglichtem Zuckerbiscuit.
, kleine
Stelle, (nidus pulli s. colliquamentum s.
areola pellucida) das dem künftigen
Küchelchen gleichsam vorläufig die Stätte
bereiten soll.
Eine wahre erste Spur von diesem
selbst, wird schwerlich vor Anfang des
zweyten Tages beobachtet seyn; und
zwar erscheint sie dann noch unge-
krümmt, wie ein kurzer gallertiger Fa-
den mit kolbichten Enden, und ziem-
lich enge eingeschlossen in dem an-
fangs kaum von ihm zu unterscheiden-
den amnion.
Die Halonen (§. 365.) erweitern um
diese Zeit ihre Kreise, schwinden aber
kurz darauf so wie auch bald nachher
der Hahnentritt für immer.
§. 368.
Gegen Ende des zweyten Tages zei-
gen sich die ersten Spuren von rothem
Blut auf der Fläche der Dotterhaut. An-
fangs als Puncte, die allgemach wie in
Furchen oder Rinnen zusammenfliessen,
so wie diese dann bald hernach zu wah-
ren Adern sich schliessen, und in ge-
meinschaftlichen Stämmen sich mit dem
Küchelchen verbindens. Conr. Vict. Schneider de catarrhis
L. III. p. 23 sq.
. Die Ader-
fläche selbst heisst figura venosa s. area
vasculosa; die Blutader wodurch sie be-
grenzt wird vena terminalis; und der
Hauptstamm aller dieser Venen tritt in
die Pfortader des Küchelchens, so wie
hingegen die in diese Dotterhaut sich
verlaufenden Schlagadern aus dem
Stamme der Gekrösarterie desselben ent-
springen.
§. 369.
Zu Anfange des dritten Tages verräth
sich das indess neu gebildete Herzchen
(das Hauptorgan des nun eingeleiteten
Circulationsprocesses,) durch seinen Tri-
ple-Schlag als dreyfaches punctum sa-
liens. So wie nämlich gar manche Theile
des bebrüteten Küchelchens sich einer
successiven Formwandlung unterziehen
müssen, so gilt diess vor allen von der
Metamorphose des Herzens, als welches
in seiner ersten Gestalt einem zusam-
mengeschlängelten Canal mit drey im
Triangel dicht aneinander liegenden Wei-
tungen ähnelt, wovon die eine das
dann noch gemeinschaftliche (eigentlich
rechte) Herzohr; die andere den dann
auch noch alleinigen (eigentlich linken)
Ventrikel; und die dritte den bulbus aor-
tae vorstellt.
Um die gleiche Zeit krümmt sich nun
das anfänglich langgestreckte Rückgrat
des zarten Geschöpfes zur sogenannten
carina, in welcher die distincten Wirbel
deutlich zu erkennen sind; und die Au-
gen verrathen sich durch ihr schwarzes
Pigment, und ihre nach Verhältniss auf-
fallende Grösse; zeichnen sich aber in
der Folge besonders durch eine eigene
Spalte der Regenbogenhauts. Malpighi de format. pulli tab. 2.
fig. 18-21. und de ouo tab. 3. fig. 18.
20. tab. 4. fig. 21.
Und meine Abbildungen VII. Heft
tab. 64.
Vergl. auch Haller sur la format.
du coeur dans le poulet T. I. pag. 163.
194. T. II. p. 160.
Kieser hingegen hält sich überzeugt,
dass der Vogelfötus eine Pupille ohne
Iris habe, und dass das, was man für
Spalte der Iris ansehe, nichts anders
sey als die in den ersten Bildungsperio-
den des Vogelembryo sich bis in die
Pupille erstreckende Oeffnung in der
Sclerotica für den Eintritt des Sehe-
nervens. – s. Beyträge zur verglei-
chenden Zoologie, Anatomie und Phy-
siologie. II. Heft. Würzburg, 1807. 4.
p. 92 u. f.
aus, wo-
mit dieselbe nach unten zu unterbro-
chen wirdUnd eine völlig gleiche Spalte habe ich
auch in der iris unreifer Landeidechsen
(Lacerta agilis) gefunden, die ich aus
dem Eye genommen; also gerade bey
solchen Thieren, denen hingegen die
membrana pupillaris abgeht.
.
§. 370.
Vom vierten Tage an, wo das Küchel-
chen schon eine Länge von 4 Linien
erreicht hat, und seine wichtigsten
Baucheingeweide, Magen, Gedärme und
Leber (doch diese bis zum 6ten Tage
noch ohne Gallenblase) sichtbar werden,
zeigt sich auch in seiner Nabelgegend
ein gefässreiches Bläschen (chorion s.
membrana vmbilicalis), das in den fol-
genden Tagen fast zusehends anwächst,
bis es in der zweyten Hälfte der Brüte-
zeit den grössten Theil der Schale in-
nerhalb der membrana albuminis (§. 365.)
auskleidet, um einstweilen für die Lun-
gen zu vicariren, und an ihrer Statt
den sogenannten phlogistischen oder
Respirationsprocess zu führen. Denn die
Lungen selbst fangen zwar schon vom fünf-
ten Tage an ausgebildet zu werden, sind
doch aber so lange das Küchelchen noch
von seinem amnion (§. 367.) umgeben,
und von dessen liquor umflossen ist, eben
so unthätig als die im ungebornen Säu-
gethiere.
§. 371.
Am sechsten Tage wenn nun das
Hühnchen schon gegen 7 Linien lang
ist, zeigt es auch die erste Bewegung
willkürlicher Muskeln.
Am neunten beginnt das Verknöche-
rungsgeschäft, da der erste Knochen-
saft abgesetzt wird und in puncta ossifi-
cationis verhärtet (§. 5. Not. **). Recht
als Puncte oder gleichsam als ein kreis-
förmiges Schnürchen von ein Paar Dutzend
der zartesten Perlen, sieht man sie im
Augapfel rund um die Hornhaut, wo
sie die Grundlage des Knochenrings der
Sclerotica machenNoch ungleich eleganter als beym Hühn-
chen habe ich diesen zarten Perlkreis in
den Augen bebrüteter Pfauen, vom
14ten und folgenden Tagen gesehen.
.
Im gleichen Termine fangen dann auch
auf der Dotterhaut die schönen Zeich-
nungen der gelben Dottergefässe (vasa
vitelli lutea) an sichtbar zu werden.
Am vierzehnten Tage brechen die
Kiele der Federn hervor, und das Kü-
chelchen ist schon im Stande, wenn man
es aus dem Eye nimmt, nach Luft zu
schnappen.
Am neunzehnten vermag es schon
Stimme von sich zu geben, und am ein
und zwanzigsten seinen Kerker zu durch-
brechen und sein zweytes Leben zu be-
ginnen.
§. 372.
Nun zum Schluss noch ein Paar Worte
über die beyden schon gedachten wun-
derbaren Membranen, die Dotterhaut
und das chorion, von denen das Leben
und die Erhaltung des kleinen Geschöpfes
am unmittelbarsten abhängtBeyde s. in meinen Abbildungen IV.
Heft, tab. 34.
.
Letzteres, das chorion, dieses so höchst
einfache und so höchst vollkommene tem-
poräre Surrogat der Lungen, gibt in ei-
nem mit Vorsicht geöffneten Ey, aus der
zweyten Hälfte des Bebrütens, auch
ohne alle weitere künstliche Einspritzung
u. s. w., einen der prachtvollesten An-
blicke in der organischen Schöpfung.
Ein Feld von zahllosen Ramificationen
strotzender Blutgefässe beyderley Art.
Und zwar die Venen – scharlachroth,
indem sie oxygenirtes Blut zum Küchel-
chen hinführen; die Arterien hingegen –
schwarzroth, weil sie carbonisirtes Blut
von demselben herausbringenDaher denn bekanntlich ein noch so
frisches bebrütetes Küchelchen sogleich
ersticken muss, wenn man seine Schale
überfirnisst und dadurch folglich seinen
phlogistischen Process niederschlägt.
(§. 161.
Not. *). Ihre Stämme hängen mit den
iliacis des Hühnchens zusammen, und
ihre dünnhäutigen Aeste geben im frisch-
geöffneten noch lebenden Eye, das beste
mikroskopische Object, um den Blutum-
lauf an einem warmblütigen Thiere zu
demonstriren.
§. 373.
Auch die andere der genannten bey-
den Häute, die membrana vitelli hängt
mit dem Unterleibe des Küchelchens –
aber auf eine doppelte und ganz andere
Weise als die vorige – zusammen.
Theils durch den ductus vitello-intesti-
nalis (pedunculus s. apophysis)Den inzwischen Léveillé a. a. O.
pag. 77. für ein blosses Ligament an-
sieht. Auch findet sich bekanntlich kein
wahrer Dotter im Darm des bebrüteten
Hühnchens. – Aber man kann doch
zuweilen (freylich nicht immer, und
vielleicht nur unter gewissen noch nicht
genug bestimmten Umständen) durch
jenen pedunculus Luft aus dem Darm
des Küchelchens in die Dotterhaut ein-
blasen, wie schon Maître-Jan und
nach ihm Haller erfahren, und ich
selbst noch erst da ich dieses schrieb,
an einer frischgeöffneten 22 Tage lang
bebrüteten jungen Ente wiederholt habe.
Auch der analoge Nabelsack der un-
geborenen Hayen (dergleichen aber auch
viele andere Fische und manche Repti-
lien haben) hängt mit dem dünnen
Darm, nämlich mit der sogenannten
bursa Entiana, einer besonderen Wei-
tung am hinteren Ende desselben zu-
sammen. s. Collins vol. II. tab. 33.
fig. 2. und Ent selbst bey Charleton
de differentiis animalium, p. 84. der
Fol. Ausg. von 1677.
mit
einer Stelle des dünnen Darms, theils
wie schon obgedacht (§. 368.) durch seine
Blutgefässe mit der arteria meseraica
und der Pfortader des Vogels.
Nun aber wird der Dotter im Fort-
gange des Bebrütens durch Beymischung
des inneren Eyweisses (§. 365.) immer
blasser und dünner: und zugleich bil-
den sich an der inneren Fläche der Dot-
terhaut, da wo auf der äusseren die
schon erwähnten gelben geaderten Zeich-
nungen sichtbar werden (§. 371.), zahl-
lose in den Dotter hinabhängende ge-
franste Gefässe mit flockichten Enden,
von einem ganz eigenen, meines Wis-
sens sonst beyspiellosen BauIch wüsste ihre sonderbare Form nicht
sogleich mit etwas passenderem zu ver-
gleichen, als mit der sogenannten che-
nille einer sehr bekannten Art von
stockichten, seidenen Schnüren, die zu
Besetzung weiblichen Putzes gebraucht
wird.
, die
wohl sicher dazu dienen den Dotter ein-
zusaugen und in die gedachten Venen
zu führenBey wiederholten und vielartig abgeän-
derten mikroskopischen Beobachtungen
der Dotterhaut aus der letzten Woche
des Bebrütens, glaube ich den wirkli-
chen Uebergang des Dotters aus den
gelben flockichten Gefässen, auf der in-
neren Seite jener Haut, in die nach
dem Küchelchen laufenden Blutadern
derselben – nämlich deutliche gelbe
Streifen zwischen und neben dem in
diesen Venen enthaltenen rothem Blute
– gesehen zu haben.
, wo er dem Blute assi-
milirt und demnächst zur Nutrition des
Küchelchens verwandt wird; so dass
beym auskriechenden jungen Hühnchen,
nur noch der Rest des ganzen Dotters
und seines Sackes im Bauche zu sehen
ist, der allgemach in den folgenden
Wochen so weit vollends eingesogen
wird, dass sich zuletzt nur noch die
Spur davon wie eine an der Aussen-
seite des Darms klebende Narbe bemer-
ken lässtBey manchen Gattungen, zumahl von
Sumpfvögeln erhält sich an dieser Stelle
lebenslang ein eigner darmförmiger An-
hang, (– ein analogon des diuerticuli
Littriani das sich zuweilen noch bey
erwachsenen Menschen und anderen
Säugethieren z. B. Schweinen u. s. w.
findet –) der übrigens von den Blind-
därmen dieser Thiere durchaus ver-
schieden ist. s. Jam. Macartney in
den philosoph. Transact. for 1811.
P. II. p. 257.
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