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Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681.

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Die liebliche Gesellschafft
nach langem Abwesen/ einander bey der
Widerkunft/ mit grosser Freude grüssen;
So Joseph seinen liebsten Vatter/ nach vie-
len Jahren/ mit Freuden-Threnen und
Liebs-Küssen empfähet und umfähet:
welche Freude wird entstehen/ wann die/
durch den Tod getrennte/ Blut- und Mut-
Freunde in des Himmels Ehren-Burg wie-
der zusammen kommen werden?

38 Wann wir hier/ bey einem Gast-
mahl/ in fürtreflicher Leute Gesellschafft
gerathen/ schmeicheln wir uns zwar selb-
sten mit der Ehre; ängsten uns aber doch
dabey/ wann uns der Stand und Zustand
derselben verborgen ist: Diese Sorge
wird uns/ bey der Tafel der Herrlichkeit/
benommen seyn/ weil wir alle Himmel-
Bürger völlig erkennen werden. Dann/
so wir GOtt sehen von Angesicht zu Ange-
siche/ wie er ist; so werden wir auch diese
sehen/ wie sie sind/ und folgbar erkennen/
die bey und um GOTT sind. So er-
kante unser Grosvatter in dem irrdischen
Paradeis die nie gesehene Eva/ und nennte
sie Fleisch von sein em Fleisch. So wuste
Petrus/ auf dem heiligen Berge/ Mose und
Eliam mit Namen zu nennen; die viel Jahr
hundert zuvor der Zeitlichkeit entnommen
waren. Hier/ da unsere Sinnen mit Sün-

den

Die liebliche Geſellſchafft
nach langem Abweſen/ einander bey der
Widerkunft/ mit groſſer Freude gruͤſſen;
So Joſeph ſeinen liebſten Vatter/ nach vie-
len Jahren/ mit Freuden-Threnen und
Liebs-Kuͤſſen empfaͤhet und umfaͤhet:
welche Freude wird entſtehen/ wann die/
durch den Tod getreñte/ Blut- und Mut-
Freunde in des Himmels Ehren-Burg wie-
der zuſammen kommen werden?

38 Wann wir hier/ bey einem Gaſt-
mahl/ in fuͤrtreflicher Leute Geſellſchafft
gerathen/ ſchmeicheln wir uns zwar ſelb-
ſten mit der Ehre; aͤngſten uns aber doch
dabey/ wann uns der Stand und Zuſtand
derſelben verborgen iſt: Dieſe Sorge
wird uns/ bey der Tafel der Herꝛlichkeit/
benommen ſeyn/ weil wir alle Himmel-
Buͤrger voͤllig erkennen werden. Dann/
ſo wir GOtt ſehen von Angeſicht zu Ange-
ſiche/ wie er iſt; ſo werden wir auch dieſe
ſehen/ wie ſie ſind/ und folgbar erkennen/
die bey und um GOTT ſind. So er-
kante unſer Grosvatter in dem irꝛdiſchen
Paradeis die nie geſehene Eva/ und neñte
ſie Fleiſch von ſein em Fleiſch. So wuſte
Petrus/ auf dem heiligen Berge/ Moſe und
Eliam mit Namen zu neñen; die viel Jahr
hundert zuvor der Zeitlichkeit entnommen
waren. Hier/ da unſere Sinnen mit Suͤn-

den
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[380/0408] Die liebliche Geſellſchafft nach langem Abweſen/ einander bey der Widerkunft/ mit groſſer Freude gruͤſſen; So Joſeph ſeinen liebſten Vatter/ nach vie- len Jahren/ mit Freuden-Threnen und Liebs-Kuͤſſen empfaͤhet und umfaͤhet: welche Freude wird entſtehen/ wann die/ durch den Tod getreñte/ Blut- und Mut- Freunde in des Himmels Ehren-Burg wie- der zuſammen kommen werden? 38 Wann wir hier/ bey einem Gaſt- mahl/ in fuͤrtreflicher Leute Geſellſchafft gerathen/ ſchmeicheln wir uns zwar ſelb- ſten mit der Ehre; aͤngſten uns aber doch dabey/ wann uns der Stand und Zuſtand derſelben verborgen iſt: Dieſe Sorge wird uns/ bey der Tafel der Herꝛlichkeit/ benommen ſeyn/ weil wir alle Himmel- Buͤrger voͤllig erkennen werden. Dann/ ſo wir GOtt ſehen von Angeſicht zu Ange- ſiche/ wie er iſt; ſo werden wir auch dieſe ſehen/ wie ſie ſind/ und folgbar erkennen/ die bey und um GOTT ſind. So er- kante unſer Grosvatter in dem irꝛdiſchen Paradeis die nie geſehene Eva/ und neñte ſie Fleiſch von ſein em Fleiſch. So wuſte Petrus/ auf dem heiligen Berge/ Moſe und Eliam mit Namen zu neñen; die viel Jahr hundert zuvor der Zeitlichkeit entnommen waren. Hier/ da unſere Sinnen mit Suͤn- den

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681/408>, abgerufen am 18.05.2024.