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Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681.

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Bitte um Leibes Notturft/

12 GOtt hat den Menschen erschaf-
fen und in das Paradeis gesetzet: darinn
alles zu finden war/ was zur Nahrung und
Notturft seines Leibes gehört. Da war
der immer-Früling und eine gemässigte
Luft/ ohn Frost/ Hitze und Sturmwind:
darum bedorfte er kein Kleid/ sich dafür zu
schirmen. Da stunde der Baum des Le-
bens: davon solte der Mensch essen/ und
leben ewiglich. Da trugen andere Bäu-
me/ auch Kräuter und Gräslein/ die an-
genemste Früchte zur Ergetzung des Men-
schen: dergleichen noch sind die Zimmet-
Bäume/ die Zucker-Rohre/ die Erdbeere/
und dergleichen. Da floßen Brunnen und
Bäche mit Getränke/ das wol so gut war
als izt Malvasier und Muscateller/ oder/
wie die H. Schrift redet/ mit Milch und
Honig. Da wohnte man/ in lustigen Hö-
len und selbst gewachsenen Baum-Läuben.

13 Man dorfte sich nicht fürchten vor
den wilden Thieren: dann sie waren alle
dem Menschen unterthan und gehorsam.
Da hatten/ die beide fromme Ehegatten/
liebe wolartige Kinder zu hoffen. Da
war keine beschwerliche Arbeit: daher
man keines Dienstbotens vonnöten hatte.
Da brauchte man weder Gold noch Sil-
ber: weil alles gemein/ und noch kein dein

und
Bitte um Leibes Notturft/

12 GOtt hat den Menſchen erſchaf-
fen und in das Paradeis geſetzet: darinn
alles zu finden war/ was zur Nahrung und
Notturft ſeines Leibes gehoͤrt. Da war
der immer-Fruͤling und eine gemaͤſſigte
Luft/ ohn Froſt/ Hitze und Sturmwind:
darum bedorfte er kein Kleid/ ſich dafuͤr zu
ſchirmen. Da ſtunde der Baum des Le-
bens: davon ſolte der Menſch eſſen/ und
leben ewiglich. Da trugen andere Baͤu-
me/ auch Kraͤuter und Graͤslein/ die an-
genemſte Fruͤchte zur Ergetzung des Men-
ſchen: dergleichen noch ſind die Zimmet-
Baͤume/ die Zucker-Rohre/ die Erdbeere/
und dergleichen. Da floßen Brunnen und
Baͤche mit Getraͤnke/ das wol ſo gut war
als izt Malvaſier und Muſcateller/ oder/
wie die H. Schrift redet/ mit Milch und
Honig. Da wohnte man/ in luſtigen Hoͤ-
len und ſelbſt gewachſenen Baum-Laͤuben.

13 Man dorfte ſich nicht fuͤrchten vor
den wilden Thieren: dañ ſie waren alle
dem Menſchen unterthan und gehorſam.
Da hatten/ die beide fromme Ehegatten/
liebe wolartige Kinder zu hoffen. Da
war keine beſchwerliche Arbeit: daher
man keines Dienſtbotens vonnoͤten hatte.
Da brauchte man weder Gold noch Sil-
ber: weil alles gemein/ und noch kein dein

und
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[246/0274] Bitte um Leibes Notturft/ 12 GOtt hat den Menſchen erſchaf- fen und in das Paradeis geſetzet: darinn alles zu finden war/ was zur Nahrung und Notturft ſeines Leibes gehoͤrt. Da war der immer-Fruͤling und eine gemaͤſſigte Luft/ ohn Froſt/ Hitze und Sturmwind: darum bedorfte er kein Kleid/ ſich dafuͤr zu ſchirmen. Da ſtunde der Baum des Le- bens: davon ſolte der Menſch eſſen/ und leben ewiglich. Da trugen andere Baͤu- me/ auch Kraͤuter und Graͤslein/ die an- genemſte Fruͤchte zur Ergetzung des Men- ſchen: dergleichen noch ſind die Zimmet- Baͤume/ die Zucker-Rohre/ die Erdbeere/ und dergleichen. Da floßen Brunnen und Baͤche mit Getraͤnke/ das wol ſo gut war als izt Malvaſier und Muſcateller/ oder/ wie die H. Schrift redet/ mit Milch und Honig. Da wohnte man/ in luſtigen Hoͤ- len und ſelbſt gewachſenen Baum-Laͤuben. 13 Man dorfte ſich nicht fuͤrchten vor den wilden Thieren: dañ ſie waren alle dem Menſchen unterthan und gehorſam. Da hatten/ die beide fromme Ehegatten/ liebe wolartige Kinder zu hoffen. Da war keine beſchwerliche Arbeit: daher man keines Dienſtbotens vonnoͤten hatte. Da brauchte man weder Gold noch Sil- ber: weil alles gemein/ und noch kein dein und

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681/274>, abgerufen am 23.05.2024.