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Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

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Dafnis und Dafne.
auf solche weise/ wird der Fluß mit Laub
und Aesten überbrucket und überwölbet.
Es erzehlet ein andrer Schäfer/ * (sagte
Cleodor) daß in Calabrien zu Brindisi
und Otranto/ eine Tagreise voneinander/
zween Palmbäume beyderley Geschlech-
tes/ lange unfruchtbar gestanden: als sie
aber so hoch in die Luft geschossen/ daß sie
gleichsam einander sehen können/ und der
Wind des einen Lieb-Seufzere dem an-
dern zugeführet/ haben sie beyde angefan-
gen reichlich Frucht zubringen. So wol-
te ich dann sagen/ (sagte Ferrando) wann
ich vor-erzehlte Verwandlungs Geschich-
te auf diese zween Bäume/ deuten solte:
Föbus/ aus Ungedult/ weil er/ als ein
Gott/ der Liebe seiner Dafne/ die nun ein
Baum ware/ nicht geniesen können/ ha-
be/ in seines bisher-eigenen Palmbaums
Gestalt/ sich neben der Dafne in die Er-
de gepflanzet/ sie folgends mit seinen Ae-
sten ümarmet/ und also seine Begierde
ersättigt; Solchermassen/ sey der Palm-
baum so ein verliebter Baum worden.

Du
* Jovianus Pontanus.
D iij

Dafnis und Dafne.
auf ſolche weiſe/ wird der Fluß mit Laub
und Aeſten uͤberbrucket und uͤberwoͤlbet.
Es erzehlet ein andrer Schaͤfer/ * (ſagte
Cleodor) daß in Calabrien zu Brindiſi
und Otranto/ eine Tagreiſe voneinander/
zween Palmbaͤume beyderley Geſchlech-
tes/ lange unfruchtbar geſtanden: als ſie
aber ſo hoch in die Luft geſchoſſen/ daß ſie
gleichſam einander ſehen koͤnnen/ und der
Wind des einen Lieb-Seufzere dem an-
dern zugefuͤhret/ haben ſie beyde angefan-
gen reichlich Frucht zubringen. So wol-
te ich dann ſagen/ (ſagte Ferrando) wan̄
ich vor-erzehlte Verwandlungs Geſchich-
te auf dieſe zween Baͤume/ deuten ſolte:
Foͤbus/ aus Ungedult/ weil er/ als ein
Gott/ der Liebe ſeiner Dafne/ die nun ein
Baum ware/ nicht genieſen koͤnnen/ ha-
be/ in ſeines bisher-eigenen Palmbaums
Geſtalt/ ſich neben der Dafne in die Er-
de gepflanzet/ ſie folgends mit ſeinen Ae-
ſten uͤmarmet/ und alſo ſeine Begierde
erſaͤttigt; Solchermaſſen/ ſey der Palm-
baum ſo ein verliebter Baum worden.

Du
* Jovianus Pontanus.
D iij
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[69/0081] Dafnis und Dafne. auf ſolche weiſe/ wird der Fluß mit Laub und Aeſten uͤberbrucket und uͤberwoͤlbet. Es erzehlet ein andrer Schaͤfer/ * (ſagte Cleodor) daß in Calabrien zu Brindiſi und Otranto/ eine Tagreiſe voneinander/ zween Palmbaͤume beyderley Geſchlech- tes/ lange unfruchtbar geſtanden: als ſie aber ſo hoch in die Luft geſchoſſen/ daß ſie gleichſam einander ſehen koͤnnen/ und der Wind des einen Lieb-Seufzere dem an- dern zugefuͤhret/ haben ſie beyde angefan- gen reichlich Frucht zubringen. So wol- te ich dann ſagen/ (ſagte Ferrando) wan̄ ich vor-erzehlte Verwandlungs Geſchich- te auf dieſe zween Baͤume/ deuten ſolte: Foͤbus/ aus Ungedult/ weil er/ als ein Gott/ der Liebe ſeiner Dafne/ die nun ein Baum ware/ nicht genieſen koͤnnen/ ha- be/ in ſeines bisher-eigenen Palmbaums Geſtalt/ ſich neben der Dafne in die Er- de gepflanzet/ ſie folgends mit ſeinen Ae- ſten uͤmarmet/ und alſo ſeine Begierde erſaͤttigt; Solchermaſſen/ ſey der Palm- baum ſo ein verliebter Baum worden. Du * Jovianus Pontanus. D iij

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/81>, abgerufen am 08.05.2024.