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Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

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und Zunge.
als die innerliche Sinnen Bildnis/ dem
Geist die Schönheit der geliebten Person
vor/ wie sie/ der Beschreibung nach/ be-
schaffen ist oder seyn möchte: und wird
also das Herz/ durch die Augen der Fan-
tasie/ lieb entzündet.

Wann nun/ die Augen des Ver-
liebten/ (fuhre er fort/) das Gift und
Feuer der Liebe eingetrunken/ so schicken
sie solches/ wie gesagt/ dem Herzen zu.
Das Herz/ hierdurch angesteckt und ent-
zündet/ erfüllet den Mund mit Seufzern
und Klagen/ der solche in Worten aus-
lässet und stösset. Durch diese Klag-
und Bitt-worte/ wird die Geliebte zur
Gegenliebe beredet und bewogen. Und
dieses um soviel eher/ wann die Klage mit
dem Preis ihrer Schön- und Vollkom-
menheit gerechtfärtigt wird: dann Lo-
ben/ macht Lieben/ und man kan sich
demjenigen nit gar versagen/ der gutes
von uns saget. Solcher[g]estalt kan man
sagen/ daß die Liebe mehr Kraft habe/ in
den Augen/ Verliebt zumachen; und auf
der Zunge/ Geliebt zu machen. Meines

Erach-
F iij

und Zunge.
als die innerliche Sinnen Bildnis/ dem
Geiſt die Schoͤnheit der geliebten Perſon
vor/ wie ſie/ der Beſchreibung nach/ be-
ſchaffen iſt oder ſeyn moͤchte: und wird
alſo das Herz/ durch die Augen der Fan-
taſie/ lieb entzuͤndet.

Wann nun/ die Augen des Ver-
liebten/ (fuhre er fort/) das Gift und
Feuer der Liebe eingetrunken/ ſo ſchicken
ſie ſolches/ wie geſagt/ dem Herzen zu.
Das Herz/ hierdurch angeſteckt und ent-
zuͤndet/ erfuͤllet den Mund mit Seufzern
und Klagen/ der ſolche in Worten aus-
laͤſſet und ſtoͤſſet. Durch dieſe Klag-
und Bitt-worte/ wird die Geliebte zur
Gegenliebe beredet und bewogen. Und
dieſes um ſoviel eher/ wann die Klage mit
dem Preis ihrer Schoͤn- und Vollkom-
menheit gerechtfaͤrtigt wird: dann Lo-
ben/ macht Lieben/ und man kan ſich
demjenigen nit gar verſagen/ der gutes
von uns ſaget. Solcher[g]eſtalt kan man
ſagen/ daß die Liebe mehr Kraft habe/ in
den Augen/ Verliebt zumachen; und auf
der Zunge/ Geliebt zu machen. Meines

Erach-
F iij
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[117/0129] und Zunge. als die innerliche Sinnen Bildnis/ dem Geiſt die Schoͤnheit der geliebten Perſon vor/ wie ſie/ der Beſchreibung nach/ be- ſchaffen iſt oder ſeyn moͤchte: und wird alſo das Herz/ durch die Augen der Fan- taſie/ lieb entzuͤndet. Wann nun/ die Augen des Ver- liebten/ (fuhre er fort/) das Gift und Feuer der Liebe eingetrunken/ ſo ſchicken ſie ſolches/ wie geſagt/ dem Herzen zu. Das Herz/ hierdurch angeſteckt und ent- zuͤndet/ erfuͤllet den Mund mit Seufzern und Klagen/ der ſolche in Worten aus- laͤſſet und ſtoͤſſet. Durch dieſe Klag- und Bitt-worte/ wird die Geliebte zur Gegenliebe beredet und bewogen. Und dieſes um ſoviel eher/ wann die Klage mit dem Preis ihrer Schoͤn- und Vollkom- menheit gerechtfaͤrtigt wird: dann Lo- ben/ macht Lieben/ und man kan ſich demjenigen nit gar verſagen/ der gutes von uns ſaget. Solchergeſtalt kan man ſagen/ daß die Liebe mehr Kraft habe/ in den Augen/ Verliebt zumachen; und auf der Zunge/ Geliebt zu machen. Meines Erach- F iij

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/129>, abgerufen am 07.05.2024.