Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.Wien das noch weint üm dich/ die danken tausendmal für der Gutthaten Mäng und ungezählte Zahl/ die du an sie gewandt; sie danken für die Stralen der Tugenden/ womit du pflegtest sie zu mahlen; für Mütterliche Treu/ mit der du sie geliebt; für deinen Lebenslauf/ der jhnen Adel gibt. Das Kaiserliche Hertz/ das seine Flamm gestillet bisher an deiner Zier/ und jetzund ligt verhüllet und träget Leid üm dich/ baut mit geheimen Trieb Altäre dir im Sinn zum Dank für deine Lieb/ zum Zeugnuß deiner Gunst. Die Deinen hätten gerne dir länger aufgewart. Nun/ weil dir in der Ferne kein Wunsch mehr etwas wünscht zu deiner Seeligkeit/ so wünschen sie/ zu dir zu kommen mit der Zeit. Nun/ Sonne/ gute Nacht! Uns muß es dunkel werden/ weil dieses Erdenliecht sich wendet von der Erden; Nun Tugend/ fahre hin/ weil dir/ das uns betrübt/ in unsrer Lasterschul zu bleiben nicht beliebt. Nun Seele/ lebe wol. der Leib soll unser heissen/ bis daß du Himmel-ab in ihn wirst wieder reisen. Indessen soll/ da du nun bist gesarget ein/ du Rahel/ diese Schrift dein ewigs Grabmal seyn. II. Der Erzmutter Rahel letzte Sterbletze. ER ist gemacht der Schluß der harten Sternen. Von dir/ O Erd/ will mich der Himmel fernen/ von mir mein bestes Theil. Der Bot klopft an/ der dieses Haus von Lehmen zerbrechen soll/ und mich mit sich in Eil zum Götterhaus hinnemen. Der grosse Raht von Ewigkeit beschlossen/ ist diese Stund in mein Geschick geflossen/ heist weichen mich aus mir. Auf H
Wien das noch weint uͤm dich/ die danken tauſendmal fuͤr der Gutthaten Maͤng und ungezaͤhlte Zahl/ die du an ſie gewandt; ſie danken fuͤr die Stralen der Tugenden/ womit du pflegteſt ſie zu mahlen; fuͤr Muͤtterliche Treu/ mit der du ſie geliebt; fuͤr deinen Lebenslauf/ der jhnen Adel gibt. Das Kaiſerliche Hertz/ das ſeine Flamm geſtillet bisher an deiner Zier/ und jetzund ligt verhuͤllet und traͤget Leid uͤm dich/ baut mit geheimen Trieb Altaͤre dir im Sinn zum Dank fuͤr deine Lieb/ zum Zeugnuß deiner Gunſt. Die Deinen haͤtten gerne dir laͤnger aufgewart. Nun/ weil dir in der Ferne kein Wunſch mehr etwas wuͤnſcht zu deiner Seeligkeit/ ſo wuͤnſchen ſie/ zu dir zu kommen mit der Zeit. Nun/ Sonne/ gute Nacht! Uns muß es dunkel werden/ weil dieſes Erdenliecht ſich wendet von der Erden; Nun Tugend/ fahre hin/ weil dir/ das uns betruͤbt/ in unsrer Laſterſchul zu bleiben nicht beliebt. Nun Seele/ lebe wol. der Leib ſoll unſer heiſſen/ bis daß du Himmel-ab in ihn wirſt wieder reiſen. Indeſſen ſoll/ da du nun biſt geſarget ein/ du Rahel/ dieſe Schrift dein ewigs Grabmal ſeyn. II. Der Erzmutter Rahel letzte Sterbletze. ER iſt gemacht der Schluß der harten Sternen. Von dir/ O Erd/ will mich der Himmel fernen/ von mir mein beſtes Theil. Der Bot klopft an/ der dieſes Haus von Lehmen zerbrechen ſoll/ und mich mit ſich in Eil zum Goͤtterhaus hinnemen. Der groſſe Raht von Ewigkeit beſchloſſen/ iſt dieſe Stund in mein Geſchick gefloſſen/ heiſt weichen mich aus mir. Auf H
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Wien das noch weint uͤm dich/ die danken tauſendmal
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die du an ſie gewandt; ſie danken fuͤr die Stralen
der Tugenden/ womit du pflegteſt ſie zu mahlen;
fuͤr Muͤtterliche Treu/ mit der du ſie geliebt;
fuͤr deinen Lebenslauf/ der jhnen Adel gibt.
Das Kaiſerliche Hertz/ das ſeine Flamm geſtillet
bisher an deiner Zier/ und jetzund ligt verhuͤllet
und traͤget Leid uͤm dich/ baut mit geheimen Trieb
Altaͤre dir im Sinn zum Dank fuͤr deine Lieb/
zum Zeugnuß deiner Gunſt. Die Deinen haͤtten gerne
dir laͤnger aufgewart. Nun/ weil dir in der Ferne
kein Wunſch mehr etwas wuͤnſcht zu deiner Seeligkeit/
ſo wuͤnſchen ſie/ zu dir zu kommen mit der Zeit.
Nun/ Sonne/ gute Nacht! Uns muß es dunkel werden/
weil dieſes Erdenliecht ſich wendet von der Erden;
Nun Tugend/ fahre hin/ weil dir/ das uns betruͤbt/
in unsrer Laſterſchul zu bleiben nicht beliebt.
Nun Seele/ lebe wol. der Leib ſoll unſer heiſſen/
bis daß du Himmel-ab in ihn wirſt wieder reiſen.
Indeſſen ſoll/ da du nun biſt geſarget ein/
du Rahel/ dieſe Schrift dein ewigs Grabmal ſeyn.
II.
Der Erzmutter Rahel letzte
Sterbletze.
ER iſt gemacht der Schluß der harten Sternen.
Von dir/ O Erd/ will mich der Himmel fernen/
von mir mein beſtes Theil.
Der Bot klopft an/ der dieſes Haus von Lehmen
zerbrechen ſoll/ und mich mit ſich in Eil
zum Goͤtterhaus hinnemen.
Der groſſe Raht von Ewigkeit beſchloſſen/
iſt dieſe Stund in mein Geſchick gefloſſen/
heiſt weichen mich aus mir.
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