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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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das Sterben schreiben auf/ das auf diß Leben kam/
den Tod/ der dieser Zier so bald das Leben nam.
Das zweygehörnte Liecht lag allbereit verstecket/
Aurora hatte schon den Phöbus aufgewecket
von Thetis Muschelplan; jhr Purpurangesicht
verkündigte der Welt das Weltverlangte Liecht:
Als deine Rahel dir/ O Oesterreich/ geschenket
ein lebendiges Pfand des Todes/ der dich kränket.
Das Schauspiel fienge sich mit lauter Frenden an;
bald kam der Trauerschluß/ der dir so weh getahn.
Das Leben war geborn; sobald fieng an das Sterben
mit der Gebärerin/ der Tod üm sie zu werben.
Als in dem Schrankenlauf deß Lebens trat der Sohn/
deß Todes Kampfeplatz die Mutter reist davon.
Die Mutter höret auf/ der Sohn fäht an zu leben:
ein Tag muß jhr den Tod/ und jhm das Leben geben.
" Hier siht man/ wie das End fäht mit dem Anfang an;
" der Fus/ der jetzt betritt die neue Lebensbahn/
" steht auch schon auf dem Grab. O Leid vermischte Freude/
O Vnlust hey der Lust/ O Klee- und Wermutweide/
O Lachen Weinens voll/ O trauriges Wol und Weh/
O Tieffe banger Angst/ und doch Erfrenungshöh/
O Gab und Ranb zug eich! Doch hat in diesem Spiele
den Eingang und den Schluß/ weil es jhm so gefiele/
" der Himmel selbst gemacht. Der macht/ was jhm gefällt/
" sein Will/ ob Menschenwill sich schon zu widerstellt/
" geht unverhindert fort. Als Isabell jhr Leben/
die Blum von Arragon/ gebärend aufgegeben/
hat jhr betrübter Herr den Sternenschluß erkennt
den Sohn: Wer ist wie Gott? Michael! recht genennt.
Wer ist wie Gott/ der sich dörft jhm zuwidersetzen?
Was hilft es/ die Gedult mit Murren nur verletzen
und doch gewinnen nichts. Doch kränket sich dein Sinn
O Kaiser/ üm den Tod der liebsten Kaiserinn/
die tausend Leben wehrt. Die Sonne wolt nicht sehen
die Sonne Teutscher Welt so schmertzlich untergehen/
gieng
das Sterben ſchreiben auf/ das auf diß Leben kam/
den Tod/ der dieſer Zier ſo bald das Leben nam.
Das zweygehoͤrnte Liecht lag allbereit verſtecket/
Aurora hatte ſchon den Phoͤbus aufgewecket
von Thetis Muſchelplan; jhr Purpurangeſicht
verkuͤndigte der Welt das Weltverlangte Liecht:
Als deine Rahel dir/ O Oeſterreich/ geſchenket
ein lebendiges Pfand des Todes/ der dich kraͤnket.
Das Schauſpiel fienge ſich mit lauter Frenden an;
bald kam der Trauerſchluß/ der dir ſo weh getahn.
Das Leben war geborn; ſobald fieng an das Sterben
mit der Gebaͤrerin/ der Tod uͤm ſie zu werben.
Als in dem Schrankenlauf deß Lebens trat der Sohn/
deß Todes Kampfeplatz die Mutter reiſt davon.
Die Mutter hoͤret auf/ der Sohn faͤht an zu leben:
ein Tag muß jhr den Tod/ und jhm das Leben geben.
„ Hier ſiht man/ wie das End faͤht mit dem Anfang an;
„ der Fus/ der jetzt betritt die neue Lebensbahn/
„ ſteht auch ſchon auf dem Grab. O Leid vermiſchte Freude/
O Vnluſt hey der Luſt/ O Klee- und Wermutweide/
O Lachen Weinens voll/ O trauriges Wol und Weh/
O Tieffe banger Angſt/ und doch Erfrenungshoͤh/
O Gab und Ranb zug eich! Doch hat in dieſem Spiele
den Eingang und den Schluß/ weil es jhm ſo gefiele/
„ der Himmel ſelbſt gemacht. Der macht/ was jhm gefaͤllt/
„ ſein Will/ ob Menſchenwill ſich ſchon zu widerſtellt/
„ geht unverhindert fort. Als Iſabell jhr Leben/
die Blum von Arragon/ gebaͤrend aufgegeben/
hat jhr betruͤbter Herr den Sternenſchluß erkennt
den Sohn: Wer iſt wie Gott? Michael! recht genennt.
Wer iſt wie Gott/ der ſich doͤrft jhm zuwiderſetzen?
Was hilft es/ die Gedult mit Murren nur verletzen
und doch gewinnen nichts. Doch kraͤnket ſich dein Sinn
O Kaiſer/ uͤm den Tod der liebſten Kaiſerinn/
die tauſend Leben wehrt. Die Sonne wolt nicht ſehen
die Sonne Teutſcher Welt ſo ſchmertzlich untergehen/
gieng
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[47/0097] das Sterben ſchreiben auf/ das auf diß Leben kam/ den Tod/ der dieſer Zier ſo bald das Leben nam. Das zweygehoͤrnte Liecht lag allbereit verſtecket/ Aurora hatte ſchon den Phoͤbus aufgewecket von Thetis Muſchelplan; jhr Purpurangeſicht verkuͤndigte der Welt das Weltverlangte Liecht: Als deine Rahel dir/ O Oeſterreich/ geſchenket ein lebendiges Pfand des Todes/ der dich kraͤnket. Das Schauſpiel fienge ſich mit lauter Frenden an; bald kam der Trauerſchluß/ der dir ſo weh getahn. Das Leben war geborn; ſobald fieng an das Sterben mit der Gebaͤrerin/ der Tod uͤm ſie zu werben. Als in dem Schrankenlauf deß Lebens trat der Sohn/ deß Todes Kampfeplatz die Mutter reiſt davon. Die Mutter hoͤret auf/ der Sohn faͤht an zu leben: ein Tag muß jhr den Tod/ und jhm das Leben geben. „ Hier ſiht man/ wie das End faͤht mit dem Anfang an; „ der Fus/ der jetzt betritt die neue Lebensbahn/ „ ſteht auch ſchon auf dem Grab. O Leid vermiſchte Freude/ O Vnluſt hey der Luſt/ O Klee- und Wermutweide/ O Lachen Weinens voll/ O trauriges Wol und Weh/ O Tieffe banger Angſt/ und doch Erfrenungshoͤh/ O Gab und Ranb zug eich! Doch hat in dieſem Spiele den Eingang und den Schluß/ weil es jhm ſo gefiele/ „ der Himmel ſelbſt gemacht. Der macht/ was jhm gefaͤllt/ „ ſein Will/ ob Menſchenwill ſich ſchon zu widerſtellt/ „ geht unverhindert fort. Als Iſabell jhr Leben/ die Blum von Arragon/ gebaͤrend aufgegeben/ hat jhr betruͤbter Herr den Sternenſchluß erkennt den Sohn: Wer iſt wie Gott? Michael! recht genennt. Wer iſt wie Gott/ der ſich doͤrft jhm zuwiderſetzen? Was hilft es/ die Gedult mit Murren nur verletzen und doch gewinnen nichts. Doch kraͤnket ſich dein Sinn O Kaiſer/ uͤm den Tod der liebſten Kaiſerinn/ die tauſend Leben wehrt. Die Sonne wolt nicht ſehen die Sonne Teutſcher Welt ſo ſchmertzlich untergehen/ gieng

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/97>, abgerufen am 01.05.2024.