Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Stilpe.

Aber mit dem Dichten sah es auch in diesem
Falle windig aus. Außer dem verwegenen
Ritornell:

O holde Hulda!
Ganz ohne Makel wärst Du, reimtest Du
Dich nicht

Auf Ludwig Fulda
existierte keine Zeile, zu der Fräulein Ranker Pathe
gestanden hätte, und auch dieses zierliche Stachel¬
poem verdankte seine Entstehung mehr Stilpes
Antipathie gegen "diesen schreibenden Kapitalisten",
als seiner Liebe zu der braunen Verkäuferin, ganz
abgesehen davon, daß es eine von den auch sonst
nicht seltenen Improvisationen seiner Skandier¬
kunst war, die sich auf einen Reimzufall zurück¬
führen ließen.

-- Laß die Rollfahnen runter, Mädchen, und
mach Licht! kommandierte Stilpe. Es giebt hier
in der Umgegend keusche Augen, die sehr lüstern
sind. So! Die Beleuchtung ist mangelhaft, aber
das kommt Deinem Teint zugute. Im Schumme¬
rigen wirken die Weiber überhaupt am besten.
Daher die vielen Rendez-vous bei der Gaslaterne.
Das elektrische Licht wird die Rendez-vous stark

Stilpe.

Aber mit dem Dichten ſah es auch in dieſem
Falle windig aus. Außer dem verwegenen
Ritornell:

O holde Hulda!
Ganz ohne Makel wärſt Du, reimteſt Du
Dich nicht

Auf Ludwig Fulda
exiſtierte keine Zeile, zu der Fräulein Ranker Pathe
geſtanden hätte, und auch dieſes zierliche Stachel¬
poem verdankte ſeine Entſtehung mehr Stilpes
Antipathie gegen „dieſen ſchreibenden Kapitaliſten“,
als ſeiner Liebe zu der braunen Verkäuferin, ganz
abgeſehen davon, daß es eine von den auch ſonſt
nicht ſeltenen Improviſationen ſeiner Skandier¬
kunſt war, die ſich auf einen Reimzufall zurück¬
führen ließen.

— Laß die Rollfahnen runter, Mädchen, und
mach Licht! kommandierte Stilpe. Es giebt hier
in der Umgegend keuſche Augen, die ſehr lüſtern
ſind. So! Die Beleuchtung iſt mangelhaft, aber
das kommt Deinem Teint zugute. Im Schumme¬
rigen wirken die Weiber überhaupt am beſten.
Daher die vielen Rendez-vous bei der Gaslaterne.
Das elektriſche Licht wird die Rendez-vous ſtark

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0274" n="260"/>
          <fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw>
          <p>Aber mit dem Dichten &#x017F;ah es auch in die&#x017F;em<lb/>
Falle windig aus. Außer dem verwegenen<lb/>
Ritornell:<lb/><lg type="poem"><l>O holde Hulda!</l><lb/><l>Ganz ohne Makel wär&#x017F;t Du, reimte&#x017F;t Du<lb/><hi rendition="#et">Dich nicht</hi></l><lb/><l>Auf Ludwig Fulda</l><lb/></lg> exi&#x017F;tierte keine Zeile, zu der Fräulein Ranker Pathe<lb/>
ge&#x017F;tanden hätte, und auch die&#x017F;es zierliche Stachel¬<lb/>
poem verdankte &#x017F;eine Ent&#x017F;tehung mehr Stilpes<lb/>
Antipathie gegen &#x201E;die&#x017F;en &#x017F;chreibenden Kapitali&#x017F;ten&#x201C;,<lb/>
als &#x017F;einer Liebe zu der braunen Verkäuferin, ganz<lb/>
abge&#x017F;ehen davon, daß es eine von den auch &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nicht &#x017F;eltenen Improvi&#x017F;ationen &#x017F;einer Skandier¬<lb/>
kun&#x017F;t war, die &#x017F;ich auf einen Reimzufall zurück¬<lb/>
führen ließen.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Laß die Rollfahnen runter, Mädchen, und<lb/>
mach Licht! kommandierte Stilpe. Es giebt hier<lb/>
in der Umgegend keu&#x017F;che Augen, die &#x017F;ehr lü&#x017F;tern<lb/>
&#x017F;ind. So! Die Beleuchtung i&#x017F;t mangelhaft, aber<lb/>
das kommt Deinem Teint zugute. Im Schumme¬<lb/>
rigen wirken die Weiber überhaupt am be&#x017F;ten.<lb/>
Daher die vielen Rendez-vous bei der Gaslaterne.<lb/>
Das elektri&#x017F;che Licht wird die Rendez-vous &#x017F;tark<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0274] Stilpe. Aber mit dem Dichten ſah es auch in dieſem Falle windig aus. Außer dem verwegenen Ritornell: O holde Hulda! Ganz ohne Makel wärſt Du, reimteſt Du Dich nicht Auf Ludwig Fulda exiſtierte keine Zeile, zu der Fräulein Ranker Pathe geſtanden hätte, und auch dieſes zierliche Stachel¬ poem verdankte ſeine Entſtehung mehr Stilpes Antipathie gegen „dieſen ſchreibenden Kapitaliſten“, als ſeiner Liebe zu der braunen Verkäuferin, ganz abgeſehen davon, daß es eine von den auch ſonſt nicht ſeltenen Improviſationen ſeiner Skandier¬ kunſt war, die ſich auf einen Reimzufall zurück¬ führen ließen. — Laß die Rollfahnen runter, Mädchen, und mach Licht! kommandierte Stilpe. Es giebt hier in der Umgegend keuſche Augen, die ſehr lüſtern ſind. So! Die Beleuchtung iſt mangelhaft, aber das kommt Deinem Teint zugute. Im Schumme¬ rigen wirken die Weiber überhaupt am beſten. Daher die vielen Rendez-vous bei der Gaslaterne. Das elektriſche Licht wird die Rendez-vous ſtark

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/274
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/274>, abgerufen am 21.05.2024.