Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_040.001 Lösung a. (Mit Beibehaltung der Prosawendungen.) p3b_040.017Unterge | gangen ist | wieder ein | Stern und nicht | eher wird | schließen | p3b_040.018
Sich des Jahr | hunderts | Blick, || bis er uns | wieder er | scheint. | p3b_040.019 Denn in entferntester Bahn kommt näher der leuchtende Genius, p3b_040.020 Der willkommen erscheint freudigen Enkeln dereinst. p3b_040.021 Trauernd scheiden die Väter von ihm mit der bitteren Klage: p3b_040.022 Von eines Königs Haupt heut' ist gefallen die Kron'; p3b_040.023 Heute gebrochen entzwei ist ein Schwert in der Hand eines Feldherrn, p3b_040.024 Ein hoher Priester ist tot, er ist gestorben uns heut'. p3b_040.025 Jnnig beweinen, betrauern wir den, der Ersatz uns gewesen, p3b_040.026 Der seitdem er uns tot ganz unersetzlich uns ward. p3b_040.027 Jeglichem Lande wurde für drückendes trübes Entbehren p3b_040.028 Schon von Natur ein Ersatz freundlich vergütend gewährt; p3b_040.029 Oben dem eisigen Norden mit fröstelnder Kälte des Umgangs p3b_040.030 Ward für das mangelnde Herz eiserne, zwingende Kraft; p3b_040.031 Unten dem weichlichen Süden wurde die goldene Sonne, p3b_040.032 Spanien, finsterstes Land, Glaube zu Teil wurde dir. p3b_040.033 Frankreichs bestes Besitztum bildet das sprudelnde Witzeln. p3b_040.034 Doch wes rühmen wir uns Deutsche im Herzen der Welt? p3b_040.035 Unser Besitztum heißt Jean Paul, dem wir vieles verdanken: p3b_040.036 Sanftmut, Glauben, Humor und das entfesselte Wort. p3b_040.037 Jener erglänzende Stern Jean Paul ist untergegangen! p3b_040.038 Himmlischer Glaube hat stets in dem Erloschnen gestrahlt. p3b_040.039 Denke der Krone, die mit ihm entschwunden: der Krone der Liebe, p3b_040.040 Die ihn trug und durchzog, die er den Schülern vererbt. p3b_040.041 Denke des Schwerts, das zerbrach, und vor dem selbst Könige bangten, p3b_040.042 Denke des schneidigen Spotts, jeglichem Höfling ein Schreck. p3b_040.001 Lösung a. (Mit Beibehaltung der Prosawendungen.) p3b_040.017Ūntĕrgĕ │ gāngĕn ĭst │ wiēdĕr ĕin │ Stērn ŭnd nĭcht │ ēhĕr wĭrd │ schlīeßĕn │ p3b_040.018
Sich des Jahr │ hunderts │ Blick, ‖ bis er uns │ wieder er │ scheint. │ p3b_040.019 Denn in entferntester Bahn kommt näher der leuchtende Genius, p3b_040.020 Der willkommen erscheint freudigen Enkeln dereinst. p3b_040.021 Trauernd scheiden die Väter von ihm mit der bitteren Klage: p3b_040.022 Von eines Königs Haupt heut' ist gefallen die Kron'; p3b_040.023 Heute gebrochen entzwei ist ein Schwert in der Hand eines Feldherrn, p3b_040.024 Ein hoher Priester ist tot, er ist gestorben uns heut'. p3b_040.025 Jnnig beweinen, betrauern wir den, der Ersatz uns gewesen, p3b_040.026 Der seitdem er uns tot ganz unersetzlich uns ward. p3b_040.027 Jeglichem Lande wurde für drückendes trübes Entbehren p3b_040.028 Schon von Natur ein Ersatz freundlich vergütend gewährt; p3b_040.029 Oben dem eisigen Norden mit fröstelnder Kälte des Umgangs p3b_040.030 Ward für das mangelnde Herz eiserne, zwingende Kraft; p3b_040.031 Unten dem weichlichen Süden wurde die goldene Sonne, p3b_040.032 Spanien, finsterstes Land, Glaube zu Teil wurde dir. p3b_040.033 Frankreichs bestes Besitztum bildet das sprudelnde Witzeln. p3b_040.034 Doch wes rühmen wir uns Deutsche im Herzen der Welt? p3b_040.035 Unser Besitztum heißt Jean Paul, dem wir vieles verdanken: p3b_040.036 Sanftmut, Glauben, Humor und das entfesselte Wort. p3b_040.037 Jener erglänzende Stern Jean Paul ist untergegangen! p3b_040.038 Himmlischer Glaube hat stets in dem Erloschnen gestrahlt. p3b_040.039 Denke der Krone, die mit ihm entschwunden: der Krone der Liebe, p3b_040.040 Die ihn trug und durchzog, die er den Schülern vererbt. p3b_040.041 Denke des Schwerts, das zerbrach, und vor dem selbst Könige bangten, p3b_040.042 Denke des schneidigen Spotts, jeglichem Höfling ein Schreck. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0066" n="40"/><lb n="p3b_040.001"/> der spendende Witz, und Englands Nebel verklärt die Freiheit. 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Wir <lb n="p3b_040.011"/> wollen trauern um ihn, den wir verloren, und um die andern, die ihn nicht <lb n="p3b_040.012"/> verloren. Nicht allen hat er gelebt! Aber eine Zeit wird kommen, in der <lb n="p3b_040.013"/> er allen geboren werden wird, und alle werden ihn beweinen. Er aber steht <lb n="p3b_040.014"/> geduldig an der Pforte des zwanzigsten Jahrhunderts und wartet lächelnd bis <lb n="p3b_040.015"/> sein Volk ihm schleichend nachkommt.</p> <lb n="p3b_040.016"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Lösung</hi><hi rendition="#aq">a</hi>. 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der spendende Witz, und Englands Nebel verklärt die Freiheit. Wir hatten p3b_040.002
Jean Paul, und wir haben ihn nicht mehr; in ihm verloren wir, was wir p3b_040.003
nur in ihm besaßen: Kraft, Milde, Glauben, heiteren Scherz und entfesselte p3b_040.004
Rede. Das ist der Stern, der untergegangen: der himmlische Glaube, der in p3b_040.005
dem Erloschenen uns geleuchtet. Das ist die Krone, die herabgefallen: die p3b_040.006
Krone der Liebe, die den beherrschte, der sie getragen, wie alle, die ihm unterthan p3b_040.007
gewesen. Das ist das Schwert, das gebrochen: der Spott in scharfer p3b_040.008
Hand, vor dem Könige zittern, und der blutleere Höflinge erröten macht. Und p3b_040.009
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ist dahin geschieden, und unsere Andacht hat keinen Dolmetscher mehr. Wir p3b_040.011
wollen trauern um ihn, den wir verloren, und um die andern, die ihn nicht p3b_040.012
verloren. Nicht allen hat er gelebt! Aber eine Zeit wird kommen, in der p3b_040.013
er allen geboren werden wird, und alle werden ihn beweinen. Er aber steht p3b_040.014
geduldig an der Pforte des zwanzigsten Jahrhunderts und wartet lächelnd bis p3b_040.015
sein Volk ihm schleichend nachkommt.
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Lösung a. (Mit Beibehaltung der Prosawendungen.)
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Ūntĕrgĕ │ gāngĕn ĭst │ wiēdĕr ĕin │ Stērn ŭnd nĭcht │ ēhĕr wĭrd │ schlīeßĕn │ p3b_040.018
Sich des Jahr │ hunderts │ Blick, ‖ bis er uns │ wieder er │ scheint. │ p3b_040.019
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Der willkommen erscheint freudigen Enkeln dereinst. p3b_040.021
Trauernd scheiden die Väter von ihm mit der bitteren Klage: p3b_040.022
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Oben dem eisigen Norden mit fröstelnder Kälte des Umgangs p3b_040.030
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Unten dem weichlichen Süden wurde die goldene Sonne, p3b_040.032
Spanien, finsterstes Land, Glaube zu Teil wurde dir. p3b_040.033
Frankreichs bestes Besitztum bildet das sprudelnde Witzeln. p3b_040.034
Doch wes rühmen wir uns Deutsche im Herzen der Welt? p3b_040.035
Unser Besitztum heißt Jean Paul, dem wir vieles verdanken: p3b_040.036
Sanftmut, Glauben, Humor und das entfesselte Wort. p3b_040.037
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Denke des Schwerts, das zerbrach, und vor dem selbst Könige bangten, p3b_040.042
Denke des schneidigen Spotts, jeglichem Höfling ein Schreck.
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