Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_211.001 4. Neue Änderung. p3b_211.002 Da, wie Feuer, lodert p3b_211.004 Um der alten Trophäen marmorne Reihn p3b_211.006 p3b_211.007 5. Letzte Abschrift. Vollendung der Übersetzung. p3b_211.009Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_211.010 Da, wie Feuer, lodert des Betstuhls Sammt; p3b_211.011 Um der alten Trophäen marmorne Reihn p3b_211.012 Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein. p3b_211.013 a. Suchen nach dem richtigen Ausdruck, welcher über die Formen p3b_211.021 b. Veränderung des farblosen Reimes Pfad - naht in den p3b_211.024 c. Zusammenguß der Form "bleicher Marmor" in der wörtlichen p3b_211.027 p3b_211.029 a. Der "Chorgang" der Kirche ist beseitigt und durch Münster ersetzt p3b_211.034 b. Die "Säulen" sind ebenfalls weggefallen; statt derselben nennt p3b_211.037 c. Die "Grabmäler" des Originals mit ihren Trophäen sind etwas p3b_211.041 p3b_211.001 4. Neue Änderung. p3b_211.002 Da, wie Feuer, lodert p3b_211.004 Um der alten Trophäen marmorne Reihn p3b_211.006 p3b_211.007 5. Letzte Abschrift. Vollendung der Übersetzung. p3b_211.009Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_211.010 Da, wie Feuer, lodert des Betstuhls Sammt; p3b_211.011 Um der alten Trophäen marmorne Reihn p3b_211.012 Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein. p3b_211.013 a. Suchen nach dem richtigen Ausdruck, welcher über die Formen p3b_211.021 b. Veränderung des farblosen Reimes Pfad ─ naht in den p3b_211.024 c. Zusammenguß der Form „bleicher Marmor“ in der wörtlichen p3b_211.027 p3b_211.029 a. Der „Chorgang“ der Kirche ist beseitigt und durch Münster ersetzt p3b_211.034 b. Die „Säulen“ sind ebenfalls weggefallen; statt derselben nennt p3b_211.037 c. Die „Grabmäler“ des Originals mit ihren Trophäen sind etwas p3b_211.041 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0237" n="211"/> <lb n="p3b_211.001"/> <p> <hi rendition="#c">4. <hi rendition="#g">Neue Änderung.</hi></hi> </p> <p><lb n="p3b_211.002"/> 1. Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt;</p> <lb n="p3b_211.003"/> <p> <hi rendition="#right">Da, wie Feuer, lodert</hi> </p> <p><lb n="p3b_211.004"/> 2. (Seine Pfeiler erglühn und) des Betstuhls Sammt;</p> <lb n="p3b_211.005"/> <p> <hi rendition="#right">Um der alten Trophäen marmorne Reihn</hi> </p> <p><lb n="p3b_211.006"/> 3. (Und die alten Trophä'n)</p> <p><lb n="p3b_211.007"/> 4. Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.</p> <lb n="p3b_211.008"/> <p> <hi rendition="#c">5. <hi rendition="#g">Letzte Abschrift. Vollendung der Übersetzung.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_211.009"/> <lg> <l>Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt;</l> <lb n="p3b_211.010"/> <l>Da, wie Feuer, lodert des Betstuhls Sammt;</l> <lb n="p3b_211.011"/> <l>Um der alten Trophäen marmorne Reihn</l> <lb n="p3b_211.012"/> <l>Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.</l> </lg> <p><lb n="p3b_211.013"/> Vergleicht man die erste Übersetzung unter 1. mit der vollendeten Form <lb n="p3b_211.014"/> unter 5., so erkennt man unschwer, wie es dem Übersetzer neben dem Wortsinn <lb n="p3b_211.015"/> auf den Wortgeist ankam, wie er sich um den Ausdruck mühte, wie er <lb n="p3b_211.016"/> die malerische, plastische Wirkung auch durch den Reim zu erreichen strebte und <lb n="p3b_211.017"/> wie er schließlich mit kühnem Wurf die logische Verschmelzung des Wortgeistes <lb n="p3b_211.018"/> mit dem ursprünglichen Wortsinn herstellte. Es läßt sich somit die Übersetzerthätigkeit <lb n="p3b_211.019"/> in dieser Strophe folgendermaßen disponieren:</p> <lb n="p3b_211.020"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Suchen nach dem richtigen Ausdruck,</hi> welcher über die Formen <lb n="p3b_211.021"/> dämmernder Kreuzgang, Kirchendämmerung, dämmernder <lb n="p3b_211.022"/> Münster hinüber plötzlich in „Dämmrung des Münsters“ erblüht.</hi> </p> <lb n="p3b_211.023"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">b</hi>. <hi rendition="#g">Veränderung des farblosen Reimes Pfad</hi> ─ <hi rendition="#g">naht</hi> in den <lb n="p3b_211.024"/> farbenvollen Reim: <hi rendition="#g">flammt</hi> ─ <hi rendition="#g">Sammt,</hi> wodurch die dichterische <lb n="p3b_211.025"/> Phantasie den Sammt mit malendem Licht übergießt.</hi> </p> <lb n="p3b_211.026"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">c</hi>. Zusammenguß der Form „bleicher Marmor“ in der wörtlichen <lb n="p3b_211.027"/> Übersetzung (unter 1.) mit der Form (in 3. und 4.) „Und die <lb n="p3b_211.028"/> alten Trophä'n“ zu einem Bilde.</hi> </p> <p><lb n="p3b_211.029"/><hi rendition="#g">Überblick und Kritik.</hi> So lesbar, so wohlklingend, so dichterisch <lb n="p3b_211.030"/> schwungvoll auch die Freiligrathsche Übersetzung ausgefallen ist, so ließe sich doch <lb n="p3b_211.031"/> vom Standpunkt der Treue immerhin noch einiges bemerken. Wir fassen das <lb n="p3b_211.032"/> Wesentliche in folgenden Punkten zusammen:</p> <lb n="p3b_211.033"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">a</hi>. Der „Chorgang“ der Kirche ist beseitigt und durch Münster ersetzt <lb n="p3b_211.034"/> worden; der Ort wird dadurch zwar nicht verändert, aber das <lb n="p3b_211.035"/> Bild erweitert.</hi> </p> <lb n="p3b_211.036"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">b</hi>. Die „Säulen“ sind ebenfalls weggefallen; statt derselben nennt <lb n="p3b_211.037"/> der Übersetzer „sammtene Betstühle“. Er schafft sich dadurch Gelegenheit, <lb n="p3b_211.038"/> den Sonnenstrahl durch Bild und Reim unvergleichlich <lb n="p3b_211.039"/> zu malen.</hi> </p> <lb n="p3b_211.040"/> <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">c</hi>. Die „Grabmäler“ des Originals mit ihren Trophäen sind etwas <lb n="p3b_211.041"/> unklar durch Marmor gegeben: der alten Trophäen <hi rendition="#g">marmorne </hi></hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0237]
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4. Neue Änderung.
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1. Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt;
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Da, wie Feuer, lodert
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2. (Seine Pfeiler erglühn und) des Betstuhls Sammt;
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Um der alten Trophäen marmorne Reihn
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3. (Und die alten Trophä'n)
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4. Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.
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5. Letzte Abschrift. Vollendung der Übersetzung.
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Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_211.010
Da, wie Feuer, lodert des Betstuhls Sammt; p3b_211.011
Um der alten Trophäen marmorne Reihn p3b_211.012
Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.
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Vergleicht man die erste Übersetzung unter 1. mit der vollendeten Form p3b_211.014
unter 5., so erkennt man unschwer, wie es dem Übersetzer neben dem Wortsinn p3b_211.015
auf den Wortgeist ankam, wie er sich um den Ausdruck mühte, wie er p3b_211.016
die malerische, plastische Wirkung auch durch den Reim zu erreichen strebte und p3b_211.017
wie er schließlich mit kühnem Wurf die logische Verschmelzung des Wortgeistes p3b_211.018
mit dem ursprünglichen Wortsinn herstellte. Es läßt sich somit die Übersetzerthätigkeit p3b_211.019
in dieser Strophe folgendermaßen disponieren:
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a. Suchen nach dem richtigen Ausdruck, welcher über die Formen p3b_211.021
dämmernder Kreuzgang, Kirchendämmerung, dämmernder p3b_211.022
Münster hinüber plötzlich in „Dämmrung des Münsters“ erblüht.
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b. Veränderung des farblosen Reimes Pfad ─ naht in den p3b_211.024
farbenvollen Reim: flammt ─ Sammt, wodurch die dichterische p3b_211.025
Phantasie den Sammt mit malendem Licht übergießt.
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Übersetzung (unter 1.) mit der Form (in 3. und 4.) „Und die p3b_211.028
alten Trophä'n“ zu einem Bilde.
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Überblick und Kritik. So lesbar, so wohlklingend, so dichterisch p3b_211.030
schwungvoll auch die Freiligrathsche Übersetzung ausgefallen ist, so ließe sich doch p3b_211.031
vom Standpunkt der Treue immerhin noch einiges bemerken. Wir fassen das p3b_211.032
Wesentliche in folgenden Punkten zusammen:
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a. Der „Chorgang“ der Kirche ist beseitigt und durch Münster ersetzt p3b_211.034
worden; der Ort wird dadurch zwar nicht verändert, aber das p3b_211.035
Bild erweitert.
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b. Die „Säulen“ sind ebenfalls weggefallen; statt derselben nennt p3b_211.037
der Übersetzer „sammtene Betstühle“. Er schafft sich dadurch Gelegenheit, p3b_211.038
den Sonnenstrahl durch Bild und Reim unvergleichlich p3b_211.039
zu malen.
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c. Die „Grabmäler“ des Originals mit ihren Trophäen sind etwas p3b_211.041
unklar durch Marmor gegeben: der alten Trophäen marmorne
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/237>, abgerufen am 21.07.2024. |