Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_210.001 I. Aus "The Sunbeam" von Felicia Hemans. p3b_210.002
p3b_210.007 1. Erste Übersetzung. (Entwurf Freiligraths.) p3b_210.010Durch den dämmernden Kreuzgang nimmst du den Pfad, p3b_210.011 Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht; p3b_210.012 Und der bleiche Marmor ... p3b_210.013 Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold. p3b_210.014 2. Veränderung des Entwurfs. p3b_210.017 (dämmernde Münster) Kirchendämmerung p3b_210.018 Durch (den dämmernden Kreuzgang) nimmst du den Pfad, p3b_210.019 Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht, p3b_210.020 Und der bleiche Marmor .... p3b_210.021 Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold. p3b_210.022 3. Neuer Entwurf Freiligraths. p3b_210.028Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_210.029 Seine Pfeiler erglühn und des Betstuhls Sammt; p3b_210.030 Und die alten Trophä'n .... p3b_210.031 Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein. p3b_210.032 p3b_210.001 I. Aus „The Sunbeam“ von Felicia Hemans. p3b_210.002
p3b_210.007 1. Erste Übersetzung. (Entwurf Freiligraths.) p3b_210.010Durch den dämmernden Kreuzgang nimmst du den Pfad, p3b_210.011 Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht; p3b_210.012 Und der bleiche Marmor ... p3b_210.013 Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold. p3b_210.014 2. Veränderung des Entwurfs. p3b_210.017 (dämmernde Münster) Kirchendämmerung p3b_210.018 Durch (den dämmernden Kreuzgang) nimmst du den Pfad, p3b_210.019 Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht, p3b_210.020 Und der bleiche Marmor .... p3b_210.021 Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold. p3b_210.022 3. Neuer Entwurf Freiligraths. p3b_210.028Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_210.029 Seine Pfeiler erglühn und des Betstuhls Sammt; p3b_210.030 Und die alten Trophä'n .... p3b_210.031 Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein. p3b_210.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" n="210"/> <lb n="p3b_210.001"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">I</hi>. Aus „<hi rendition="#aq">The Sunbeam</hi>“ von <hi rendition="#aq">Felicia Hemans</hi>. <lb n="p3b_210.002"/> (7. Strophe.)</hi> </p> <lb n="p3b_210.003"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>Thou tak'st through the dim church-aisle thy way,</l> <lb n="p3b_210.004"/> <l>And its pillars from twilight flash forth to day,</l> <lb n="p3b_210.005"/> <l>And its high, pale tombs, with their trophies old,</l> <lb n="p3b_210.006"/> <l>Are bathed in a flood as of molten gold.</l> </lg> </hi> </p> <p><lb n="p3b_210.007"/> Diese Strophe hat Freiligrath fünfmal geschrieben, bis er ihr die endgültige <lb n="p3b_210.008"/> Gestalt verlieh.</p> <lb n="p3b_210.009"/> <p> <hi rendition="#c">1. <hi rendition="#g">Erste Übersetzung.</hi> (Entwurf Freiligraths.)</hi> </p> <lb n="p3b_210.010"/> <lg> <l>Durch den dämmernden Kreuzgang nimmst du den Pfad,</l> <lb n="p3b_210.011"/> <l>Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht;</l> <lb n="p3b_210.012"/> <l>Und der bleiche Marmor ...</l> <lb n="p3b_210.013"/> <l>Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold.</l> </lg> <p><lb n="p3b_210.014"/><hi rendition="#aq">NB</hi>. Viele Worte sind hier noch <hi rendition="#g">gar nicht</hi> und manche sogar ungenau <lb n="p3b_210.015"/> übersetzt.</p> <lb n="p3b_210.016"/> <p> <hi rendition="#c">2. <hi rendition="#g">Veränderung des Entwurfs.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_210.017"/> <lg> <l> (dämmernde Münster) Kirchendämmerung</l> <lb n="p3b_210.018"/> <l>Durch (den dämmernden Kreuzgang) nimmst du den Pfad,</l> <lb n="p3b_210.019"/> <l>Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht,</l> <lb n="p3b_210.020"/> <l>Und der bleiche Marmor ....</l> <lb n="p3b_210.021"/> <l>Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold.</l> </lg> <p><lb n="p3b_210.022"/> Freiligrath setzte zuerst für: „den dämmernden Kirchgang“ == dämmernde <lb n="p3b_210.023"/> Münster. Aber diese Bezeichnung sagte ihm nicht ganz zu, und er verbesserte <lb n="p3b_210.024"/> sie durch „Kirchendämmerung“. Jetzt gefiel ihm plötzlich auch der Reim nicht <lb n="p3b_210.025"/> mehr; er strebte durch den Reim malerisch zu wirken. Dies übte Einfluß auf <lb n="p3b_210.026"/> die weiteren Verse und es entstand folgender</p> <lb n="p3b_210.027"/> <p> <hi rendition="#c">3. <hi rendition="#g">Neuer Entwurf Freiligraths.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_210.028"/> <lg> <l>Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt;</l> <lb n="p3b_210.029"/> <l>Seine Pfeiler erglühn und des Betstuhls Sammt;</l> <lb n="p3b_210.030"/> <l>Und die alten Trophä'n ....</l> <lb n="p3b_210.031"/> <l>Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.</l> </lg> <p><lb n="p3b_210.032"/> Das kritische Auge des Übersetzers merkte bald das Mißliche der Auseinanderrückung <lb n="p3b_210.033"/> zweier Momente einer 2. und 3. Form. Ferner hatte er <lb n="p3b_210.034"/> sich den Gedanken des Originals: „hohe bleiche Grabmäler mit ihren alten <lb n="p3b_210.035"/> Trophäen“ im 1. und 2. Entwurf mit „bleicher Marmor“, im 3. Entwurf <lb n="p3b_210.036"/> mit „alten Trophäen“ skizzenhaft vorgemerkt; jetzt versuchte er eine dichterische <lb n="p3b_210.037"/> Verschmelzung, so daß folgendes Bild entstand:</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0236]
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I. Aus „The Sunbeam“ von Felicia Hemans. p3b_210.002
(7. Strophe.)
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Thou tak'st through the dim church-aisle thy way, p3b_210.004
And its pillars from twilight flash forth to day, p3b_210.005
And its high, pale tombs, with their trophies old, p3b_210.006
Are bathed in a flood as of molten gold.
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Diese Strophe hat Freiligrath fünfmal geschrieben, bis er ihr die endgültige p3b_210.008
Gestalt verlieh.
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1. Erste Übersetzung. (Entwurf Freiligraths.)
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Durch den dämmernden Kreuzgang nimmst du den Pfad, p3b_210.011
Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht; p3b_210.012
Und der bleiche Marmor ... p3b_210.013
Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold.
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NB. Viele Worte sind hier noch gar nicht und manche sogar ungenau p3b_210.015
übersetzt.
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2. Veränderung des Entwurfs.
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(dämmernde Münster) Kirchendämmerung p3b_210.018
Durch (den dämmernden Kreuzgang) nimmst du den Pfad, p3b_210.019
Seine Pfeiler erglühn, wenn dein Schimmer naht, p3b_210.020
Und der bleiche Marmor .... p3b_210.021
Umwallt eine Glorie, wie brennend Gold.
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Freiligrath setzte zuerst für: „den dämmernden Kirchgang“ == dämmernde p3b_210.023
Münster. Aber diese Bezeichnung sagte ihm nicht ganz zu, und er verbesserte p3b_210.024
sie durch „Kirchendämmerung“. Jetzt gefiel ihm plötzlich auch der Reim nicht p3b_210.025
mehr; er strebte durch den Reim malerisch zu wirken. Dies übte Einfluß auf p3b_210.026
die weiteren Verse und es entstand folgender
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3. Neuer Entwurf Freiligraths.
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Durch die Dämmrung des Münsters kommst du geflammt; p3b_210.029
Seine Pfeiler erglühn und des Betstuhls Sammt; p3b_210.030
Und die alten Trophä'n .... p3b_210.031
Zuckt, wie brennendes Gold, einer Glorie Schein.
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Das kritische Auge des Übersetzers merkte bald das Mißliche der Auseinanderrückung p3b_210.033
zweier Momente einer 2. und 3. Form. Ferner hatte er p3b_210.034
sich den Gedanken des Originals: „hohe bleiche Grabmäler mit ihren alten p3b_210.035
Trophäen“ im 1. und 2. Entwurf mit „bleicher Marmor“, im 3. Entwurf p3b_210.036
mit „alten Trophäen“ skizzenhaft vorgemerkt; jetzt versuchte er eine dichterische p3b_210.037
Verschmelzung, so daß folgendes Bild entstand:
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/236>, abgerufen am 22.07.2024. |