Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_182.001 [Beginn Spaltensatz] Der Held sein Schwert, entsetzlich p3b_182.002 p3b_182.006war's p3b_182.003 Zu sehn, wie weit er's trieb! p3b_182.004 Denn wißt, daß er ihn jämmerlich p3b_182.005 Jn hundert Stücke hieb. Als so gekühlt sein Mütlein war, p3b_182.007 [Spaltenumbruch]
p3b_182.101Zog er den Spahi aus, p3b_182.008 Und nahm den Panzer und den Rock p3b_182.009 Bedächtig mit nach Haus. Die Mutter freute sich: "Noch mehr," p3b_182.102 p3b_182.106Sprach sie, "würd' ich mich freun, p3b_182.103 Wär's nur sein Kopf! dann könnt' p3b_182.104 er doch p3b_182.105 Nicht fürder schädlich sein!" O fürchtet nichts! versetzt der Sohn, p3b_182.107 [Ende Spaltensatz]
p3b_182.110Bei meiner höchsten Ehr'! p3b_182.108 Denn wißt, als ich ihn traf, da hatt' p3b_182.109 Er schon den Kopf nicht mehr! Aus Läuschen un Rimels, von Fritz Reuter. p3b_182.111"Na, Korl, wo is di dat denn gahn?" - p3b_182.112 ""Jh, Herr, dat gung jo doch noch so"" - p3b_182.113 "Na, hest di düchtig 'rümmer slahn!" - p3b_182.114 ""Ja, Herr, tauletzt bi Waterlo."" - p3b_182.115 "Dor hest di denn woll eklich fecht't?" - p3b_182.116 ""Ja, ümmer druf! as Blüchert seggt."" - p3b_182.117 "Wo was dat denn? Vertell doch blos!" p3b_182.118 ""Je, Herr, ick güng' e stiw up los, p3b_182.119 Un as ick irst so recht in Grimm, p3b_182.120 Dunn haut' ick rechtsch un linksch herüm, p3b_182.121 Un, Herr, den Einen haut' ick - Einen! p3b_182.122 Den'n haut' ick beide Beinen af."" p3b_182.123 "De Beinen? - Wo? Woso, de Beinen? p3b_182.124 Worüm haut'st em den Kopp nich 'raf?" - p3b_182.125 ""Je, Herr, de Kopp, de was all af!"" p3b_182.126 § 77. Anforderungen an den Dialektdichter. p3b_182.127 p3b_182.001 [Beginn Spaltensatz] Der Held sein Schwert, entsetzlich p3b_182.002 p3b_182.006war's p3b_182.003 Zu sehn, wie weit er's trieb! p3b_182.004 Denn wißt, daß er ihn jämmerlich p3b_182.005 Jn hundert Stücke hieb. Als so gekühlt sein Mütlein war, p3b_182.007 [Spaltenumbruch]
p3b_182.101Zog er den Spahi aus, p3b_182.008 Und nahm den Panzer und den Rock p3b_182.009 Bedächtig mit nach Haus. Die Mutter freute sich: „Noch mehr,“ p3b_182.102 p3b_182.106Sprach sie, „würd' ich mich freun, p3b_182.103 Wär's nur sein Kopf! dann könnt' p3b_182.104 er doch p3b_182.105 Nicht fürder schädlich sein!“ O fürchtet nichts! versetzt der Sohn, p3b_182.107 [Ende Spaltensatz]
p3b_182.110Bei meiner höchsten Ehr'! p3b_182.108 Denn wißt, als ich ihn traf, da hatt' p3b_182.109 Er schon den Kopf nicht mehr! Aus Läuschen un Rimels, von Fritz Reuter. p3b_182.111„Na, Korl, wo is di dat denn gahn?“ ─ p3b_182.112 „„Jh, Herr, dat gung jo doch noch so““ ─ p3b_182.113 „Na, hest di düchtig 'rümmer slahn!“ ─ p3b_182.114 „„Ja, Herr, tauletzt bi Waterlo.““ ─ p3b_182.115 „Dor hest di denn woll eklich fecht't?“ ─ p3b_182.116 „„Ja, ümmer druf! as Blüchert seggt.““ ─ p3b_182.117 „Wo was dat denn? Vertell doch blos!“ p3b_182.118 „„Je, Herr, ick güng' e stiw up los, p3b_182.119 Un as ick irst so recht in Grimm, p3b_182.120 Dunn haut' ick rechtsch un linksch herüm, p3b_182.121 Un, Herr, den Einen haut' ick ─ Einen! p3b_182.122 Den'n haut' ick beide Beinen af.““ p3b_182.123 „De Beinen? ─ Wo? Woso, de Beinen? p3b_182.124 Worüm haut'st em den Kopp nich 'raf?“ ─ p3b_182.125 „„Je, Herr, de Kopp, de was all af!““ p3b_182.126 § 77. Anforderungen an den Dialektdichter. p3b_182.127 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0208" n="182"/> <lb n="p3b_182.001"/> <cb type="start"/> <lg> <l> Der Held sein Schwert, entsetzlich</l> <lb n="p3b_182.002"/> <l> <hi rendition="#et">war's</hi> </l> <lb n="p3b_182.003"/> <l>Zu sehn, wie weit er's trieb!</l> <lb n="p3b_182.004"/> <l>Denn wißt, daß er ihn jämmerlich</l> <lb n="p3b_182.005"/> <l>Jn hundert Stücke hieb. </l> </lg> <lb n="p3b_182.006"/> <lg> <l> Als so gekühlt sein Mütlein war,</l> <lb n="p3b_182.007"/> <l>Zog er den Spahi aus,</l> <lb n="p3b_182.008"/> <l>Und nahm den Panzer und den Rock</l> <lb n="p3b_182.009"/> <l>Bedächtig mit nach Haus.</l> </lg> <cb/> <lb n="p3b_182.101"/> <lg> <l> Die Mutter freute sich: „Noch mehr,“</l> <lb n="p3b_182.102"/> <l>Sprach sie, „würd' ich mich freun,</l> <lb n="p3b_182.103"/> <l>Wär's nur <hi rendition="#g">sein Kopf!</hi> dann könnt'</l> <lb n="p3b_182.104"/> <l> <hi rendition="#et">er doch</hi> </l> <lb n="p3b_182.105"/> <l>Nicht fürder schädlich sein!“ </l> </lg> <lb n="p3b_182.106"/> <lg> <l> O fürchtet nichts! versetzt der Sohn,</l> <lb n="p3b_182.107"/> <l>Bei meiner höchsten Ehr'!</l> <lb n="p3b_182.108"/> <l>Denn wißt, als ich ihn traf, <hi rendition="#g">da hatt'</hi></l> <lb n="p3b_182.109"/> <l> <hi rendition="#g">Er schon den Kopf nicht mehr!</hi> </l> </lg> <cb type="end"/> <lb n="p3b_182.110"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Aus Läuschen un Rimels, von Fritz Reuter.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_182.111"/> <lg> <l>„Na, Korl, wo is di dat denn gahn?“ ─</l> <lb n="p3b_182.112"/> <l>„„Jh, Herr, dat gung jo doch noch so““ ─</l> <lb n="p3b_182.113"/> <l>„Na, hest di düchtig 'rümmer slahn!“ ─</l> <lb n="p3b_182.114"/> <l>„„Ja, Herr, tauletzt bi Waterlo.““ ─</l> <lb n="p3b_182.115"/> <l>„Dor hest di denn woll eklich fecht't?“ ─</l> <lb n="p3b_182.116"/> <l>„„Ja, ümmer druf! as Blüchert seggt.““ ─</l> <lb n="p3b_182.117"/> <l>„Wo was dat denn? Vertell doch blos!“</l> <lb n="p3b_182.118"/> <l>„„Je, Herr, ick güng' e stiw up los,</l> <lb n="p3b_182.119"/> <l>Un as ick irst so recht in Grimm,</l> <lb n="p3b_182.120"/> <l>Dunn haut' ick rechtsch un linksch herüm,</l> <lb n="p3b_182.121"/> <l>Un, Herr, den Einen haut' ick ─ Einen!</l> <lb n="p3b_182.122"/> <l>Den'n haut' ick beide Beinen af.““</l> <lb n="p3b_182.123"/> <l>„De Beinen? ─ Wo? Woso, de Beinen?</l> <lb n="p3b_182.124"/> <l>Worüm haut'st em den Kopp nich 'raf?“ ─</l> <lb n="p3b_182.125"/> <l>„„Je, Herr, <hi rendition="#g">de Kopp, de was all af!</hi>““</l> </lg> </div> <div n="2"> <lb n="p3b_182.126"/> <head> <hi rendition="#c">§ 77. Anforderungen an den Dialektdichter.</hi> </head> <p><lb n="p3b_182.127"/> Der Dialektdichter ist, ─ sofern er auf das Prädikat Dichter im edlen <lb n="p3b_182.128"/> Sinn Anspruch erheben will ─ innerhalb seiner Sphäre an dieselben poetischen <lb n="p3b_182.129"/> Gesetze gebunden, denen jeder Dichter im allgemeinen sich zu unterwerfen hat, <lb n="p3b_182.130"/> da ja die Dialektpoesie kein Tummelplatz sein soll, auf welchem Ausschreitungen <lb n="p3b_182.131"/> und Willkürlichkeiten gestattet sind. Eine Hauptanforderung ist Erwerbung von <lb n="p3b_182.132"/> Feinfühligkeit, Ausbildung des ästhetischen Geschmacks und des musikalischen <lb n="p3b_182.133"/> Gehörs, um entscheiden zu können, wo die Handlung nicht zu den Worten <lb n="p3b_182.134"/> paßt, wo die Ausdrucksweise unschön oder geschraubt klingt, wo das Bild aus <lb n="p3b_182.135"/> dem Rahmen fällt, wo Ungeschliffenes, Rohes, Unschönes in Klang und Wendung <lb n="p3b_182.136"/> zu beseitigen ist u. s. w. Nur wenige Dialektdichter verstehen es, die mundartlichen <lb n="p3b_182.137"/> Schätze zu heben und das Gold von den Schlacken zu scheiden. <lb n="p3b_182.138"/> Während sich nämlich im Dialekt einerseits die naiven Empfindungen der Volksseele, <lb n="p3b_182.139"/> die einfachen, ungeschminkten Gefühle der Natur künden und die Frische </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0208]
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Der Held sein Schwert, entsetzlich p3b_182.002
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Zu sehn, wie weit er's trieb! p3b_182.004
Denn wißt, daß er ihn jämmerlich p3b_182.005
Jn hundert Stücke hieb.
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Als so gekühlt sein Mütlein war, p3b_182.007
Zog er den Spahi aus, p3b_182.008
Und nahm den Panzer und den Rock p3b_182.009
Bedächtig mit nach Haus.
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Die Mutter freute sich: „Noch mehr,“ p3b_182.102
Sprach sie, „würd' ich mich freun, p3b_182.103
Wär's nur sein Kopf! dann könnt' p3b_182.104
er doch p3b_182.105
Nicht fürder schädlich sein!“
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O fürchtet nichts! versetzt der Sohn, p3b_182.107
Bei meiner höchsten Ehr'! p3b_182.108
Denn wißt, als ich ihn traf, da hatt' p3b_182.109
Er schon den Kopf nicht mehr!
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Aus Läuschen un Rimels, von Fritz Reuter.
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„Na, Korl, wo is di dat denn gahn?“ ─ p3b_182.112
„„Jh, Herr, dat gung jo doch noch so““ ─ p3b_182.113
„Na, hest di düchtig 'rümmer slahn!“ ─ p3b_182.114
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„„Ja, ümmer druf! as Blüchert seggt.““ ─ p3b_182.117
„Wo was dat denn? Vertell doch blos!“ p3b_182.118
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Dunn haut' ick rechtsch un linksch herüm, p3b_182.121
Un, Herr, den Einen haut' ick ─ Einen! p3b_182.122
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„De Beinen? ─ Wo? Woso, de Beinen? p3b_182.124
Worüm haut'st em den Kopp nich 'raf?“ ─ p3b_182.125
„„Je, Herr, de Kopp, de was all af!““
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§ 77. Anforderungen an den Dialektdichter. p3b_182.127
Der Dialektdichter ist, ─ sofern er auf das Prädikat Dichter im edlen p3b_182.128
Sinn Anspruch erheben will ─ innerhalb seiner Sphäre an dieselben poetischen p3b_182.129
Gesetze gebunden, denen jeder Dichter im allgemeinen sich zu unterwerfen hat, p3b_182.130
da ja die Dialektpoesie kein Tummelplatz sein soll, auf welchem Ausschreitungen p3b_182.131
und Willkürlichkeiten gestattet sind. Eine Hauptanforderung ist Erwerbung von p3b_182.132
Feinfühligkeit, Ausbildung des ästhetischen Geschmacks und des musikalischen p3b_182.133
Gehörs, um entscheiden zu können, wo die Handlung nicht zu den Worten p3b_182.134
paßt, wo die Ausdrucksweise unschön oder geschraubt klingt, wo das Bild aus p3b_182.135
dem Rahmen fällt, wo Ungeschliffenes, Rohes, Unschönes in Klang und Wendung p3b_182.136
zu beseitigen ist u. s. w. Nur wenige Dialektdichter verstehen es, die mundartlichen p3b_182.137
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die einfachen, ungeschminkten Gefühle der Natur künden und die Frische
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