p3b_II.001 Technik zu zeigen und das bezügliche Material in einem vom Leichteren p3b_II.002 zum Schwereren aufsteigenden Stufengange zu liefern. Er will p3b_II.003 also praktisch in die Technik der Poesie einführen und p3b_II.004 mindestens die Befähigung zur Vers- und Strophenbildung p3b_II.005 erzielen.
p3b_II.006 Hiermit unternimmt er den kühnen Versuch, die seither mehr oder p3b_II.007 weniger dem Zufall überlassene Erlernung dichterischer Technik als p3b_II.008 Lehrdisziplin nach methodisch=pädagogischen Prinzipien p3b_II.009 in die Litteratur einzuführen.
p3b_II.010 Dem Bedenken jener, welche aus unserem Beginnen eine Vermehrung p3b_II.011 der Dichterlinge und Reimschmiede prophezeien möchten, erwidern p3b_II.012 wir zunächst folgendes: Es ist noch keinem die Behauptung p3b_II.013 in den Sinn gekommen, daß die auf unseren Gymnasien so fleißig p3b_II.014 betriebenen Übungen in lateinischer Prosodik und Metrik und in p3b_II.015 lateinischer Versbildung lateinische Dichterlinge und Reimschmiede geschaffen p3b_II.016 hätten. Ebensowenig hat man ein Überwuchern von stümpernden p3b_II.017 Rednern und dilettierenden Schriftstellern infolge der rhetorischen p3b_II.018 und stilistischen Übungen an unseren höheren Lehranstalten wahrgenommen. p3b_II.019 Niemand endlich hat bis jetzt bemerkt, daß die Schüler p3b_II.020 unserer Musik=, Zeichen- und Malerschulen insgesamt das Proletariat p3b_II.021 der Stümper in der Musik=, Zeichen- und Malerkunst vermehrt hätten. p3b_II.022 Man erblickt heutzutage mit Recht die Aufgabe dieser Anstalten darin, p3b_II.023 die ästhetische Durchschnittsbildung des Jahrhunderts zu heben und dem p3b_II.024 einzelnen das Leben zu verschönern durch ein reicheres Maß von p3b_II.025 Fertigkeiten, durch größere Reife des Urteils und namentlich durch p3b_II.026 Bildung des bisher so sträflich vernachlässigten ästhetischen Geschmacks, p3b_II.027 - und man ist zufrieden, wenn nur hie und da ein bedeutender p3b_II.028 Künstler aus ihnen hervorgeht. Jn ähnlicher Weise könnte man sich p3b_II.029 belohnt fühlen, wenn unsere praktischen Unterweisungen p3b_II.030 auch nur einzelne wirkliche Dichtertalente in die richtigen p3b_II.031 Bahnen lenken, dafür aber die ästhetische Mittelbildung p3b_II.032 unserer Zeit (d. h. die Durchschnittshöhe des von Bildung p3b_II.033 nach Regeln und Mustern abhängigen Kunstgeschmacks) zu steigern p3b_II.034 vermöchten. Dadurch würden sie auch den Dilettantismus p3b_II.035 bekämpfen und die Flut mittelmäßiger Gedichte p3b_II.036 eindämmen. Wer sich im deutschen Vers- und Strophenbau praktisch p3b_II.037 geübt hat, wer die poetischen Formen mit Beachtung aller Anforderungen
p3b_II.001 Technik zu zeigen und das bezügliche Material in einem vom Leichteren p3b_II.002 zum Schwereren aufsteigenden Stufengange zu liefern. Er will p3b_II.003 also praktisch in die Technik der Poesie einführen und p3b_II.004 mindestens die Befähigung zur Vers- und Strophenbildung p3b_II.005 erzielen.
p3b_II.006 Hiermit unternimmt er den kühnen Versuch, die seither mehr oder p3b_II.007 weniger dem Zufall überlassene Erlernung dichterischer Technik als p3b_II.008 Lehrdisziplin nach methodisch=pädagogischen Prinzipien p3b_II.009 in die Litteratur einzuführen.
p3b_II.010 Dem Bedenken jener, welche aus unserem Beginnen eine Vermehrung p3b_II.011 der Dichterlinge und Reimschmiede prophezeien möchten, erwidern p3b_II.012 wir zunächst folgendes: Es ist noch keinem die Behauptung p3b_II.013 in den Sinn gekommen, daß die auf unseren Gymnasien so fleißig p3b_II.014 betriebenen Übungen in lateinischer Prosodik und Metrik und in p3b_II.015 lateinischer Versbildung lateinische Dichterlinge und Reimschmiede geschaffen p3b_II.016 hätten. Ebensowenig hat man ein Überwuchern von stümpernden p3b_II.017 Rednern und dilettierenden Schriftstellern infolge der rhetorischen p3b_II.018 und stilistischen Übungen an unseren höheren Lehranstalten wahrgenommen. p3b_II.019 Niemand endlich hat bis jetzt bemerkt, daß die Schüler p3b_II.020 unserer Musik=, Zeichen- und Malerschulen insgesamt das Proletariat p3b_II.021 der Stümper in der Musik=, Zeichen- und Malerkunst vermehrt hätten. p3b_II.022 Man erblickt heutzutage mit Recht die Aufgabe dieser Anstalten darin, p3b_II.023 die ästhetische Durchschnittsbildung des Jahrhunderts zu heben und dem p3b_II.024 einzelnen das Leben zu verschönern durch ein reicheres Maß von p3b_II.025 Fertigkeiten, durch größere Reife des Urteils und namentlich durch p3b_II.026 Bildung des bisher so sträflich vernachlässigten ästhetischen Geschmacks, p3b_II.027 ─ und man ist zufrieden, wenn nur hie und da ein bedeutender p3b_II.028 Künstler aus ihnen hervorgeht. Jn ähnlicher Weise könnte man sich p3b_II.029 belohnt fühlen, wenn unsere praktischen Unterweisungen p3b_II.030 auch nur einzelne wirkliche Dichtertalente in die richtigen p3b_II.031 Bahnen lenken, dafür aber die ästhetische Mittelbildung p3b_II.032 unserer Zeit (d. h. die Durchschnittshöhe des von Bildung p3b_II.033 nach Regeln und Mustern abhängigen Kunstgeschmacks) zu steigern p3b_II.034 vermöchten. Dadurch würden sie auch den Dilettantismus p3b_II.035 bekämpfen und die Flut mittelmäßiger Gedichte p3b_II.036 eindämmen. Wer sich im deutschen Vers- und Strophenbau praktisch p3b_II.037 geübt hat, wer die poetischen Formen mit Beachtung aller Anforderungen
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p3b_II.001
Technik zu zeigen und das bezügliche Material in einem vom Leichteren p3b_II.002
zum Schwereren aufsteigenden Stufengange zu liefern. Er will p3b_II.003
also praktisch in die Technik der Poesie einführen und p3b_II.004
mindestens die Befähigung zur Vers- und Strophenbildung p3b_II.005
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p3b_II.006
Hiermit unternimmt er den kühnen Versuch, die seither mehr oder p3b_II.007
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Lehrdisziplin nach methodisch=pädagogischen Prinzipien p3b_II.009
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p3b_II.010
Dem Bedenken jener, welche aus unserem Beginnen eine Vermehrung p3b_II.011
der Dichterlinge und Reimschmiede prophezeien möchten, erwidern p3b_II.012
wir zunächst folgendes: Es ist noch keinem die Behauptung p3b_II.013
in den Sinn gekommen, daß die auf unseren Gymnasien so fleißig p3b_II.014
betriebenen Übungen in lateinischer Prosodik und Metrik und in p3b_II.015
lateinischer Versbildung lateinische Dichterlinge und Reimschmiede geschaffen p3b_II.016
hätten. Ebensowenig hat man ein Überwuchern von stümpernden p3b_II.017
Rednern und dilettierenden Schriftstellern infolge der rhetorischen p3b_II.018
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der Stümper in der Musik=, Zeichen- und Malerkunst vermehrt hätten. p3b_II.022
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Bahnen lenken, dafür aber die ästhetische Mittelbildung p3b_II.032
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. RII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/12>, abgerufen am 16.07.2024.
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