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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Gestalt zeigt, daß man verzweifeln möchte an der Gottähnlichkeit im Menschen p2b_525.002
und versucht sein könnte, der Darwinschen Theorie völlig zuzustimmen. Auch p2b_525.003
das ästhetische Gefühl nimmt je nach der Nationalität, je nach der Zeit, eine p2b_525.004
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Bei häufiger Vorführung tiefer, geistvoller Musik, die als unmittelbarer, p2b_525.006
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Als unser größtes spezifisch musikalisches Genie, der musikalische Kosmopolit p2b_525.011
Mozart, auftrat, indem er die lyrische Seite der Jtaliener, die epische p2b_525.012
Natur Händels, woran sich das dramatische Streben Glucks reihte, mit p2b_525.013
allen musikalischen Richtungen zu einem großen organischen Ganzen gestaltete p2b_525.014
und zusammenfaßte, da verstand man seine Musik ebensowenig, als man anfänglich p2b_525.015
die fortgeschrittene eines Wagner verstehen mag, da bekämpfte man p2b_525.016
ihn hart, wie ja auch sein großer Zeitgenosse Haydn von gewisser Seite des p2b_525.017
faulen Zopftums angegriffen wurde. Und doch verehrt heute ein jeder in p2b_525.018
Haydn den Meister, welcher der Gesangskunst einen richtigen Standpunkt anwies p2b_525.019
und die Jnstrumentalmusik ihrer heutigen Vollkommenheit zuführte, in Gluck p2b_525.020
den Begründer einer dramatischen Oper und in Mozart den Vermähler italienischen p2b_525.021
Wohlklangs mit deutscher Charakteristik &c.

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Als Wagners Tannhäuser zum erstenmal in Paris gegeben wurde, p2b_525.023
hatte man noch so wenig Sinn für dieses Musikgenre, daß die Oper durchfiel, p2b_525.024
ja, der beißende Spott der Pariser erfand das bonmot "je tannhäuse" (ich p2b_525.025
langweile mich). Jetzt hat man dort einen ganz anderen Standpunkt erreicht: p2b_525.026
Tannhäuser machte in Paris bereits vor dem Kriege volles Haus!

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Wie rasch eilt das Jahrhundert und die Bildung auch des Geschmacks p2b_525.028
vorwärts! (Vgl. d. Verfassers Arbeit in "Deutsche Theater-Chronik" Jahrg. p2b_525.029
1868 Nro. 30: "Jst die Durchschnitts-Geschmacksbildung der Jahrhunderte die p2b_525.030
gleiche? Aphorismen, hervorgerufen durch die neue, dramatische Oper.")

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§ 191. Wagners Stilcharaktere und seine Leitmotive.

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1. Jn Wagners weltgeschichtlicher Thätigkeit lassen sich drei verschiedene p2b_525.033
Stilcharaktere unterscheiden.

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2. Eine wahrhaft philosophische Bedeutung hat er sich durch seine, p2b_525.035
allen Perioden angehörigen Leitmotive erworben.

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3. Das bedeutendste Leitmotiv ist Versinnlichung der Liebesgewalt.

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1. Wagner begann im Streben nach der Herrlichkeit der besonders von p2b_525.038
Spontini vertretenen großen (historischen) Oper.

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Auf den von ihm selbst später verstoßenen Rienzi folgte die zusammengehörige p2b_525.040
Gruppe: Fliegender Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, - Opern, in p2b_525.041
welchen sich das Kunstwerk der Zukunft noch nicht ostensibel offenbart hatte, p2b_525.042
obwohl sie dasselbe ahnen ließen.

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gleiche? Aphorismen, hervorgerufen durch die neue, dramatische Oper.“)

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Stilcharaktere unterscheiden.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/547>, abgerufen am 23.11.2024.