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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Kaiserzeit &c. erscheint. Man kann ihn den Begründer der großen modernen p2b_517.002
Oper bis zu Meyerbeer nennen.

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Jn Deutschland hat man zuerst lyrische Stellen aus geistlichen Spielen p2b_517.005
mit einfacher Jnstrumentalbegleitung recitiert, so daß eine Art Recitativ den p2b_517.006
Keim für unsere Oper bildet. Bald ließ man sodann in den geistlichen Spielen p2b_517.007
des deutschen Mittelalters Einzelgesänge eintreten und diese später mit Chören p2b_517.008
abwechseln. Jn dieser Weise sollen einige Dramen Ayrers aufgeführt worden p2b_517.009
sein. (Sie waren strophisch - nach Art der Volkslieder - abgefaßt, so daß p2b_517.010
sich dieselbe Melodie von Strophe zu Strophe wiederholte.)

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Ein epochebildender Fortschritt erfolgte seit Übersetzung der Oper (Schäferei) p2b_517.012
Dafne durch Opitz (S. 514 d. Bds.), zu welcher Heinr. Schütz (1585 p2b_517.013
bis 1672) eine verloren gegangene Musik lieferte. Diese Oper wurde am p2b_517.014
Hofe Joh. Georgs I. von Sachsen bei Vermählung seiner Tochter Sophie mit p2b_517.015
großem Beifall aufgeführt. Jm selbstbewußten Streben, dieser allgerühmten p2b_517.016
fremden Oper eine deutsche Leistung gegenüberzustellen, schrieb nun der Nürnberger p2b_517.017
Dichter G. Ph. Harsdörffer (1607-58) das Libretto zur p2b_517.018
ersten deutschen Originaloper,
nämlich das von dem Nürnberger Organisten p2b_517.019
Siegmund Gottlieb Staden (1617-55) komponierte geistliche Waldgedicht p2b_517.020
oder Freudenspiel: "Seelewig" (== ewige Seele). Dasselbe ist uns im 4. Bde. p2b_517.021
der Harsdörfferschen "Frauenzimmergesprächspiele" (Nürnberg, Wolfg. Endtern, p2b_517.022
1644) zugleich mit den Stadenschen Musiknoten erhalten. Eine dieser Oper p2b_517.023
vorausgehende Scene (Vorspiel) hat folgende Personen: Angelika von Keuschewitz, p2b_517.024
eine adelige Jungfrau; Reymund Discretin, ein gereist und belesener p2b_517.025
Student (hinter dem sich Harsdörffer mit seinen Ansichten versteckt); Julia p2b_517.026
von Freudenstein, eine kluge Matron; Vespasian von Lustgau, ein alter p2b_517.027
Hofmann; Cassandra Schönlebin, eine adelige Jungfrau; Degenwert p2b_517.028
von Ruhmeck, ein verständiger und gelehrter Soldat. - Diese Personen verbreiten p2b_517.029
sich über Poeterei und Spiel und sind der Ansicht, daß die aus dem p2b_517.030
Welschen übersetzten Schäferspiele bei uns ihre Anmut verlieren; darauf liefert p2b_517.031
Reymund sofort seine deutsche Schäferei ("Seelewig"), um nachzuweisen, daß p2b_517.032
auch unserer deutschen Sprache solche (wegen ihrer Handlung Waldgedichte zu p2b_517.033
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die Oper "Seelewig" beginnt. Jhre handelnden Personen sind: Der Verstand p2b_517.035
Hertzigild, die Sinnlichkeit Sinnigunda, das Gewissen Gwissulda, die p2b_517.036
den Kunstkützel darstellenden, vom Satyr Trugewalt angestellten Hirten Künsteling, p2b_517.037
Reichimuht
und Ehrelob, endlich Trugewalt. Der Kern der Handlung, p2b_517.038
die viel zu sehen bietet, ist folgender: Seelewig, die menschliche Seele, p2b_517.039
soll auf Antrieb des höllischen Geistes Trugewalt von den Hirten verführt p2b_517.040
werden; im entscheidenden Augenblick, als sie mit verbundenen Augen am p2b_517.041
Spiel "blinde Liebe" sich beteiligt, und Trugewalt herzutritt, um sich anstatt p2b_517.042
des Hirten haschen zu lassen, wird sie durch das Dazwischentreten ihrer p2b_517.043
Gespielin Hertzigild und ihrer Hofmeisterin Gwissulda gerettet.

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Harsdörffer, dessen weibliche Figuren seiner Vorschrift gemäß (IV 164)

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Oper bis zu Meyerbeer nennen.

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Ein epochebildender Fortschritt erfolgte seit Übersetzung der Oper (Schäferei) p2b_517.012
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Harsdörffer, dessen weibliche Figuren seiner Vorschrift gemäß (IV 164)

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/539>, abgerufen am 23.11.2024.