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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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4. Gluck begründete nach 1750 eine eigentlich dramatische Oper, p2b_514.002
die mit der bis dahin vorwiegend lyrischen Richtung brechend, den p2b_514.003
Schwerpunkt in die Dichtkunst (d. i. in die Macht und Wahrheit des p2b_514.004
Ausdrucks) verlegte. Zur Blüte wurde die Oper durch Mozart gebracht, p2b_514.005
der italienische Melodik mit deutscher Charakteristik und Tiefe zu verbinden p2b_514.006
wußte. Karl Maria v. Weber ist der Schöpfer der romantischen p2b_514.007
Oper. Der Vollender der deutschen Oper durch Begründung p2b_514.008
eines deutsch=nationalen Musikdramas ist Richard Wagner.

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1. Entstehung der Oper in Jtalien. Die Oper verdankt ihr Dasein p2b_514.010
keiner organischen, völkerpsychologischen Notwendigkeit, wie das Drama, p2b_514.011
sondern der geistreichen Spekulation hervorragender Gelehrter und Künstler der p2b_514.012
Renaissance. Als die Menschheit durch Zurückführung auf die klassischen Werke der p2b_514.013
Alten wieder neuen Lebensstoff erhielt und sich eine Befreiung des künstlerischen p2b_514.014
Anschauens von dem Banne des kirchlichen Dogmas und der Scholastik durch p2b_514.015
eine geschmackvolle Verweltlichung der Kunstidee nach dem Muster der Antike p2b_514.016
vollzog, waren es vor allem die klassischen Tragödien der Griechen, welche zur p2b_514.017
Nachbildung entflammten und Einfluß auf die großartigen Aufzüge an den Höfen p2b_514.018
der Sforza und Medici in Jtalien übten und zweifelsohne das erste Experiment p2b_514.019
dramatischer Komposition (d. i. eines gesanglichen Dramas, einer ersten Oper) p2b_514.020
durch den gelehrten Forscher und Verehrer der Alten, Giovanni Bardi, Grafen p2b_514.021
von Vernio veranlaßten (vielleicht auch durch Alfonso della Viola aus Ferrara, p2b_514.022
sofern derselbe schon 1541 das musikalische Drama Orbecche zur Aufführung p2b_514.023
brachte und dadurch zuerst Deklamation mit Gesang verband). Geistreiche Gelehrte p2b_514.024
und Künstler waren es also, welche die zukünftige Oper, die sog. nuova musica p2b_514.025
in ihren Anfängen schufen und schon Mitte des 16. Jahrhunderts die Gründung p2b_514.026
besonderer Theater für diese Art Musik veranlaßten. (Sie kamen bei Bardi di p2b_514.027
Vernio zusammen; Vincenzo Galilei, der Vater des berühmten Astronomen, p2b_514.028
war es, der mit Beihülfe Bardis in der Schrift Dialogo della musica antica p2b_514.029
e moderna
1581 ein energisches Wort für Erneuerung der antiken p2b_514.030
Musik einlegte und von den Komponisten forderte, daß sie auf die Betonung p2b_514.031
der Worte achten
und lernen möchten, wie der Liebende zur Geliebten, um ihr p2b_514.032
Herz zu rühren, wie der Klagende, Furchtsame, Lustige spricht; er begründete p2b_514.033
den Einzelgesang oder die nuova musica, die der Sänger Caccini ausführte.)

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Als ein erstes Opernsujet wird das von Opitz ins Deutsche übersetzte (I 52), p2b_514.035
bekannte Hirtengedicht Dafne vom Dichter Ottavio Rinuccini genannt, das, vom p2b_514.036
Sänger Jacopo Peri komponiert, 1597 zu Florenz mit größtem Beifall privatim p2b_514.037
zur Aufführung gelangte.

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Die erste, öffentlich gegebene, eigentlich große Oper, welche bahnbrechend p2b_514.039
auf das übrige Europa gewirkt hatte, war Euridice von demselben Komponisten. p2b_514.040
Sie wurde bei der Vermählung Heinrichs IV. von Frankreich mit p2b_514.041
Maria von Medici im Jahre 1600 im Theater zu Florenz zum erstenmal p2b_514.042
aufgeführt und enthielt bereits alle Teile der heutigen Oper: a. das Recitativ, p2b_514.043
dessen Stil durch Giulio Caccini und Jacopo Peri vorbereitet war; b. den p2b_514.044
Einzelgesang (Arie), den Galilei veranlaßt hatte, den Carissimi mit

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/536>, abgerufen am 23.11.2024.