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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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2. Die Lokalposse ist ein Gemisch von Lustspiel, Dialektstück und Liederspiel. p2b_486.002
Nach Louis Schneider ist sie die einer Stadt eigentümliche Posse, welche p2b_486.003
entweder allgemeine Vorfälle und Situationen, oder besondere Gebräuche, Sitten, p2b_486.004
bekannte Vorgänge derselben in demjenigen Dialekt schildert, der dem Volke p2b_486.005
eigen ist. Sie bringt Volksfiguren auf die Bühne, gruppiert diese um irgend p2b_486.006
ein Volksfest, eine auffällige Begebenheit, und wirkt schlagend, wenn die Charakteristik p2b_486.007
der Personen glücklich ist. Das komische Lied, die satirische Pointe, p2b_486.008
Calembourg und Couplet gehören recht eigentlich in das Gebiet der Lokalposse. Nur p2b_486.009
Jtalien und Deutschland können dergleichen Lokalpossen haben, weil die Dialekte p2b_486.010
in beiden Ländern unter sich so sehr verschieden sind. Wien, Berlin, Hamburg p2b_486.011
und Frankfurt a. M., ja auch München haben vollständig ausgebildete Lokalpossen.

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Es ist eine irrige Ansicht, daß die Lokalposse die Form für Willkür, p2b_486.013
Übertreibungen und Unwahrscheinlichkeiten sei, daß sie strengere Kunstregeln p2b_486.014
ignorieren könne, ja, daß sie bis zum ausgelassensten Witz und bis an die p2b_486.015
Grenzen des Läppischen und Gemeinen vordringen dürfe; denn nicht der niedere p2b_486.016
Geschmack der Galerie ist in der Ästhetik maßgebend, sondern der gebildete p2b_486.017
Geschmack des gebildeten Publikums. Dieses kann nur wünschen, daß die p2b_486.018
Lokalposse manierlich bleibe und nicht durch allzu vulgären Ton abstoße.

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Die Lokalposse stammt aus Wien, wo der 1737 aus Deutschland verbannte p2b_486.020
Hanswurst (I 53) freundliche Aufnahme fand und Bernardon das erste Stück p2b_486.021
dieser Art schrieb. Hensler schrieb Das Donauweibchen; Meisl Das Gespenst p2b_486.022
auf der Bastei. Bäuerle, der Erfinder des Ausspruchs: 'S giebt nur a Kaiserstadt, p2b_486.023
's giebt nur a Wien, schrieb Staberls Hochzeit, Staberls Wiedergenesung &c. p2b_486.024
Nun folgte Raimund und besonders Nestroy, welcher der Wiener Lokalposse p2b_486.025
ihre heutige Form verlieh. Hopp schrieb Doktor Fausts Hauskäppchen. O. F. p2b_486.026
Berg und Anton Langer vermittelten den Übergang zur Berliner Lokalposse; ihre p2b_486.027
Stücke wurden nämlich nach Berliner Bedürfnissen zugearbeitet, "berolinisiert". p2b_486.028
Die Hauptvertreter der Berliner Lokalposse waren Angely und Karl von Holtei. p2b_486.029
Dazu kamen Jul. v. Voß und Fritz Beckmann, durch dessen "Eckensteher p2b_486.030
Nante im Verhör" Nante in Berlin dieselbe stehende Figur wurde, als Staberl p2b_486.031
(durch Adolf Bäuerles Staberliaden) in Wien, oder Kasperl (durch Poccis p2b_486.032
Kasperliaden) in München, oder Hampelmann in Frankfurt a. M. Epochemachend p2b_486.033
wurden David Kalisch (Berlin bei Nacht; Aktienbudiker &c.) und p2b_486.034
Aug. Weirauch (Kieselack und seine Nichte), welch' beide der Lokalposse eine p2b_486.035
Art Jdeal gaben. Noch thaten sich hervor: A. Hopf (Eine Nacht in Berlin); p2b_486.036
Denecke und R. Hahn (Ein Tag in der Residenz); Jakobson und Salingre u. a.

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Jn Frankfurt machte in der Lokalposse Epoche Carl Malß, der Verf. der p2b_486.038
Hampelmanniaden, sowie Fr. Stoltze; in Hamburg Georg Starke und Krüger; p2b_486.039
in München Schleich und Prüller.

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3. Die Zauberposse ist jene Art niederen Lustspiels, welche die Welt des p2b_486.041
Wunderbaren, des romantisch Zauberhaften, Märchenhaften, Phantastischen mit p2b_486.042
dem Wirklichen in Beziehung bringt. Gepflegt wurde sie vor allem durch den p2b_486.043
Dresdener Hofschauspieler Gust. Raeder in "Weltumsegler wider Willen" (den p2b_486.044
Raeder unter dem Pseudonym von W. Emden == Von wem denn? erscheinen

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2. Die Lokalposse ist ein Gemisch von Lustspiel, Dialektstück und Liederspiel. p2b_486.002
Nach Louis Schneider ist sie die einer Stadt eigentümliche Posse, welche p2b_486.003
entweder allgemeine Vorfälle und Situationen, oder besondere Gebräuche, Sitten, p2b_486.004
bekannte Vorgänge derselben in demjenigen Dialekt schildert, der dem Volke p2b_486.005
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Calembourg und Couplet gehören recht eigentlich in das Gebiet der Lokalposse. Nur p2b_486.009
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und Frankfurt a. M., ja auch München haben vollständig ausgebildete Lokalpossen.

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Es ist eine irrige Ansicht, daß die Lokalposse die Form für Willkür, p2b_486.013
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Geschmack des gebildeten Publikums. Dieses kann nur wünschen, daß die p2b_486.018
Lokalposse manierlich bleibe und nicht durch allzu vulgären Ton abstoße.

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Die Lokalposse stammt aus Wien, wo der 1737 aus Deutschland verbannte p2b_486.020
Hanswurst (I 53) freundliche Aufnahme fand und Bernardon das erste Stück p2b_486.021
dieser Art schrieb. Hensler schrieb Das Donauweibchen; Meisl Das Gespenst p2b_486.022
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Nun folgte Raimund und besonders Nestroy, welcher der Wiener Lokalposse p2b_486.025
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Berg und Anton Langer vermittelten den Übergang zur Berliner Lokalposse; ihre p2b_486.027
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Die Hauptvertreter der Berliner Lokalposse waren Angely und Karl von Holtei. p2b_486.029
Dazu kamen Jul. v. Voß und Fritz Beckmann, durch dessen „Eckensteher p2b_486.030
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Art Jdeal gaben. Noch thaten sich hervor: A. Hopf (Eine Nacht in Berlin); p2b_486.036
Denecke und R. Hahn (Ein Tag in der Residenz); Jakobson und Salingré u. a.

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Jn Frankfurt machte in der Lokalposse Epoche Carl Malß, der Verf. der p2b_486.038
Hampelmanniaden, sowie Fr. Stoltze; in Hamburg Georg Starke und Krüger; p2b_486.039
in München Schleich und Prüller.

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3. Die Zauberposse ist jene Art niederen Lustspiels, welche die Welt des p2b_486.041
Wunderbaren, des romantisch Zauberhaften, Märchenhaften, Phantastischen mit p2b_486.042
dem Wirklichen in Beziehung bringt. Gepflegt wurde sie vor allem durch den p2b_486.043
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Raeder unter dem Pseudonym von W. Emden == Von wem denn? erscheinen

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/508>, abgerufen am 23.11.2024.