p2b_421.001 Der Sohn des Fürsten, - da in diesen historischen Gemälden das subjektiv Lyrische p2b_421.002 und Rhetorische dominiert, die Handlung aber mangelnd oder zu unbedeutend ist.
p2b_421.003 Eine Fortbildung des dramatischen Gedichts zum bühnengerechten sog. p2b_421.004 historischen Drama hat Raupach in seinem Cyklus Hohenstaufen, sowie Herrigp2b_421.005 in seinen Werken: "Jerusalem" und "Alexander" versucht, welche großartige p2b_421.006 Wendepunkte der Geschichte darstellen, den Übergang des Alten zum Neuen, p2b_421.007 den Kampf geschichtlicher Prinzipien. (Sie wurden nie aufgeführt.) Noch mehr p2b_421.008 nähern sich dem bühnengerechten Drama W. Molitors Maria Magdalena; p2b_421.009 Otto Prechtlers Adrienne; ferner von Paumgartens Rudolf von Habsburg; p2b_421.010 Ed. Rüffers Lorelei; Adolf Calmbergs Jürgen Wullenweber, sowie Calmbergs p2b_421.011 Leyer und Schwert; Julius Ernsts Der Eremit von Juste; Linggs Berthold p2b_421.012 Schwarz; Ferd. Stoltes Neuer Faust; besonders aber Feod. Wehls Hölderlins p2b_421.013 Liebe, sowie Fr. Halms Camoens und sein 5aktiges dramatisches Gedicht Griseldis, p2b_421.014 dessen Sprache wie ein über den etwas unnatürlichen Stoff gebreiteter, p2b_421.015 loser Schmuck erscheint, und dessen Heldin allzu peinlichen Quälereien und p2b_421.016 Prüfungen ausgesetzt ist &c.
p2b_421.017
§ 155. Tragödie == Trauerspiel.
p2b_421.018 1. Unter Tragödie versteht man ein trauriges Schauspiel, ein p2b_421.019 Trauerspiel, ein Drama mit unglücklichem Ausgang. Es stellt den p2b_421.020 Kampf eines hervorragenden Charakters gegen die Macht äußerer Verhältnisse p2b_421.021 oder auch der eigenen Leidenschaft so dar, daß der Held, p2b_421.022 wenn er auch unterliegt, doch moralisch siegt, wodurch die sittliche p2b_421.023 Jdee Siegerin bleibt.
p2b_421.024 2. Das Schicksal des Helden erzeugt die tragische Stimmung und p2b_421.025 die tragische Poesie, deren Begriff wir I S. 100 entwickeln konnten.
p2b_421.026 3. Die Tragödie bringt eine höhere Wahrheit zum Ausdruck. p2b_421.027 Dies nennt man ihre Tendenz.
p2b_421.028 4. Schon bei den Alten war Tragödie (iragodia) ein erhabenes p2b_421.029 Gedicht von traurigem Ausgang, worin nur erhabene Personen (Götter, p2b_421.030 Könige, Prinzen, Helden &c.) auftraten.
p2b_421.031 5. Die Tragödie unterscheidet sich in wesentlichen Stücken vom p2b_421.032 Epos wie vom Roman.
p2b_421.033 1. Schopenhauer nennt das Trauerspiel die erhabenste Dichtungsartp2b_421.034 (III 731), den Gipfel der Dichtkunst sowohl in Hinsicht auf die p2b_421.035 Größe der Wirkung, als auch auf die Schwierigkeit der Schöpfung, ja, er bezeichnet p2b_421.036 es als die höchste poetische Leistung (II 298. III 480), welche p2b_421.037 die innere Bedeutung, das Wesen der Welt weit mehr als selbst die allerwichtigsten p2b_421.038 und allergroßartigsten physikalischen Wahrheiten hervortreten läßt p2b_421.039 (VI 215), welche das schwere Leiden, die Not des Daseins vorführt, wobei p2b_421.040 die Nichtigkeit alles menschlichen Strebens das letzte Ergebnis ist (VI 472).
p2b_421.041 Nach Schiller ist die Tragödie dichterische Nachahmung einer zusammenhängenden p2b_421.042 Reihe von Begebenheiten (einer vollständigen Handlung), welche uns
p2b_421.001 Der Sohn des Fürsten, ─ da in diesen historischen Gemälden das subjektiv Lyrische p2b_421.002 und Rhetorische dominiert, die Handlung aber mangelnd oder zu unbedeutend ist.
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/443>, abgerufen am 23.11.2024.
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