Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_266.001 p2b_266.004 p2b_266.016 p2b_266.017 1. (Herders Werke 14. Bd. S. 197.) p2b_266.019 Traurendtief saß Don Diego, p2b_266.020 Wohl war keiner je so traurig; p2b_266.021 Gramvoll dacht' er Tag' und Nächte p2b_266.022 Nur an seines Hauses Schmach, p2b_266.023 An die Schmach des edlen alten p2b_266.024 Tapfern Hauses der von Lainez, p2b_266.025 Das die Jnigos an Ruhme, p2b_266.026 Die Abarcos übertraf. p2b_266.027 Tief gekränket, schwach vor Alter, p2b_266.028 Fühlt' er nahe sich dem Grabe, p2b_266.029 Da indes sein Feind Don Gormaz p2b_266.030 Ohne Gegner triumphiert. p2b_266.031 Sonder Schlaf und sonder Speise, p2b_266.032 Schläget er die Augen nieder, p2b_266.033 Tritt nicht über seine Schwelle, p2b_266.034 Spricht mit seinen Freunden nicht, p2b_266.035 Höret nicht der Freunde Zuspruch, p2b_266.036 Wenn sie kommen ihn zu trösten; p2b_266.037 Denn der Atem des Entehrten, p2b_266.038 Glaubt' er, schände seinen Freund. p2b_266.039 Endlich schüttelt er die Bürde p2b_266.040 Los, des grausam=stummen Grames, p2b_266.041 Lässet kommen seine Söhne, p2b_266.042 Aber spricht zu ihnen nicht; p2b_266.043
Bindet ihrer aller Hände p2b_266.044 Ernst und fest mit starken Banden; p2b_266.045 Alle, Thränen in den Augen, p2b_266.046 Flehen um Barmherzigkeit. p2b_266.001 p2b_266.004 p2b_266.016 p2b_266.017 1. (Herders Werke 14. Bd. S. 197.) p2b_266.019 Traurendtief saß Don Diego, p2b_266.020 Wohl war keiner je so traurig; p2b_266.021 Gramvoll dacht' er Tag' und Nächte p2b_266.022 Nur an seines Hauses Schmach, p2b_266.023 An die Schmach des edlen alten p2b_266.024 Tapfern Hauses der von Lainez, p2b_266.025 Das die Jnigos an Ruhme, p2b_266.026 Die Abarcos übertraf. p2b_266.027 Tief gekränket, schwach vor Alter, p2b_266.028 Fühlt' er nahe sich dem Grabe, p2b_266.029 Da indes sein Feind Don Gormaz p2b_266.030 Ohne Gegner triumphiert. p2b_266.031 Sonder Schlaf und sonder Speise, p2b_266.032 Schläget er die Augen nieder, p2b_266.033 Tritt nicht über seine Schwelle, p2b_266.034 Spricht mit seinen Freunden nicht, p2b_266.035 Höret nicht der Freunde Zuspruch, p2b_266.036 Wenn sie kommen ihn zu trösten; p2b_266.037 Denn der Atem des Entehrten, p2b_266.038 Glaubt' er, schände seinen Freund. p2b_266.039 Endlich schüttelt er die Bürde p2b_266.040 Los, des grausam=stummen Grames, p2b_266.041 Lässet kommen seine Söhne, p2b_266.042 Aber spricht zu ihnen nicht; p2b_266.043
Bindet ihrer aller Hände p2b_266.044 Ernst und fest mit starken Banden; p2b_266.045 Alle, Thränen in den Augen, p2b_266.046 Flehen um Barmherzigkeit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0288" n="266"/> <p><lb n="p2b_266.001"/> 5. Größere Sammlungen von Romanzen (Romanceros), wurden bei uns <lb n="p2b_266.002"/> seit Ende des 16. Jahrhunderts veranstaltet. (Für unser Jahrhundert vgl. man <lb n="p2b_266.003"/> z. B. Romancero von <hi rendition="#g">Elisabeth Glück, Heinr. Heines</hi> Romancero u. a.)</p> <p><lb n="p2b_266.004"/> Ein Romanzencyklus (auch Romanzenkranz) entsteht durch Aneinanderreihung <lb n="p2b_266.005"/> von Romanzen, welche die Thaten und Schicksale eines bestimmten Helden behandeln. <lb n="p2b_266.006"/> (Als Beispiel vgl. man Uhlands Romanzenkranz: Graf Eberhard <lb n="p2b_266.007"/> der Rauschebart, welcher enthält: 1. Überfall im Wildbad, 2. Die 3 Könige <lb n="p2b_266.008"/> zu Heimsen, 3. Die Schlacht bei Reutlingen, 4. Die Döffinger Schlacht.) Ein <lb n="p2b_266.009"/> weiteres Beispiel ist der Romanzencyklus „Cid“ von Herder, eine bald mehr, <lb n="p2b_266.010"/> bald weniger treue metrische Bearbeitung einer französischen Prosaübersetzung <lb n="p2b_266.011"/> der spanischen, aus dem 13. bis 15. Jahrhundert herstammenden Cidromanzen <lb n="p2b_266.012"/> mit manchem Originalen (z. B. das Zwiegespräch zwischen Cid und Ximene <lb n="p2b_266.013"/> in der 14. Romanze u. a.). Die Vereinigung dieser Cidromanzen bildet eine <lb n="p2b_266.014"/> Art romantisches Epos, welches die Geschichte des Cid erzählt, wie auch dessen <lb n="p2b_266.015"/> große Siege über die Mauren.</p> <p> <lb n="p2b_266.016"/> <hi rendition="#g">Beispiele der Romanze:</hi> </p> <p><lb n="p2b_266.017"/> No. 1 <hi rendition="#g">und</hi> 14 <hi rendition="#g">aus dem Romanzencyklus</hi> „<hi rendition="#g">Der Cid</hi>“, <hi rendition="#g">von Herder.</hi></p> <lb n="p2b_266.018"/> <p> <hi rendition="#c">1. (Herders Werke 14. Bd. S. 197.)</hi> </p> <lb n="p2b_266.019"/> <lg> <l> Traurendtief saß Don Diego,</l> <lb n="p2b_266.020"/> <l>Wohl war keiner je so traurig;</l> <lb n="p2b_266.021"/> <l>Gramvoll dacht' er Tag' und Nächte</l> <lb n="p2b_266.022"/> <l>Nur an seines Hauses Schmach, </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.023"/> <l> An die Schmach des edlen alten</l> <lb n="p2b_266.024"/> <l>Tapfern Hauses <hi rendition="#g">der von Lainez,</hi></l> <lb n="p2b_266.025"/> <l>Das die <hi rendition="#g">Jnigos</hi> an Ruhme,</l> <lb n="p2b_266.026"/> <l>Die <hi rendition="#g">Abarcos</hi> übertraf. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.027"/> <l> Tief gekränket, schwach vor Alter,</l> <lb n="p2b_266.028"/> <l>Fühlt' er nahe sich dem Grabe,</l> <lb n="p2b_266.029"/> <l>Da indes sein Feind <hi rendition="#g">Don Gormaz</hi></l> <lb n="p2b_266.030"/> <l>Ohne Gegner triumphiert. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.031"/> <l> Sonder Schlaf und sonder Speise,</l> <lb n="p2b_266.032"/> <l>Schläget er die Augen nieder,</l> <lb n="p2b_266.033"/> <l>Tritt nicht über seine Schwelle,</l> <lb n="p2b_266.034"/> <l>Spricht mit seinen Freunden nicht, </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.035"/> <l> Höret nicht der Freunde Zuspruch,</l> <lb n="p2b_266.036"/> <l>Wenn sie kommen ihn zu trösten;</l> <lb n="p2b_266.037"/> <l>Denn der Atem des Entehrten,</l> <lb n="p2b_266.038"/> <l>Glaubt' er, schände seinen Freund. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.039"/> <l> Endlich schüttelt er die Bürde</l> <lb n="p2b_266.040"/> <l>Los, des grausam=stummen Grames,</l> <lb n="p2b_266.041"/> <l>Lässet kommen seine Söhne,</l> <lb n="p2b_266.042"/> <l>Aber spricht zu ihnen nicht; </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_266.043"/> <l> Bindet ihrer aller Hände</l> <lb n="p2b_266.044"/> <l>Ernst und fest mit starken Banden;</l> <lb n="p2b_266.045"/> <l>Alle, Thränen in den Augen,</l> <lb n="p2b_266.046"/> <l>Flehen um Barmherzigkeit.</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0288]
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5. Größere Sammlungen von Romanzen (Romanceros), wurden bei uns p2b_266.002
seit Ende des 16. Jahrhunderts veranstaltet. (Für unser Jahrhundert vgl. man p2b_266.003
z. B. Romancero von Elisabeth Glück, Heinr. Heines Romancero u. a.)
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Ein Romanzencyklus (auch Romanzenkranz) entsteht durch Aneinanderreihung p2b_266.005
von Romanzen, welche die Thaten und Schicksale eines bestimmten Helden behandeln. p2b_266.006
(Als Beispiel vgl. man Uhlands Romanzenkranz: Graf Eberhard p2b_266.007
der Rauschebart, welcher enthält: 1. Überfall im Wildbad, 2. Die 3 Könige p2b_266.008
zu Heimsen, 3. Die Schlacht bei Reutlingen, 4. Die Döffinger Schlacht.) Ein p2b_266.009
weiteres Beispiel ist der Romanzencyklus „Cid“ von Herder, eine bald mehr, p2b_266.010
bald weniger treue metrische Bearbeitung einer französischen Prosaübersetzung p2b_266.011
der spanischen, aus dem 13. bis 15. Jahrhundert herstammenden Cidromanzen p2b_266.012
mit manchem Originalen (z. B. das Zwiegespräch zwischen Cid und Ximene p2b_266.013
in der 14. Romanze u. a.). Die Vereinigung dieser Cidromanzen bildet eine p2b_266.014
Art romantisches Epos, welches die Geschichte des Cid erzählt, wie auch dessen p2b_266.015
große Siege über die Mauren.
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Beispiele der Romanze:
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No. 1 und 14 aus dem Romanzencyklus „Der Cid“, von Herder.
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1. (Herders Werke 14. Bd. S. 197.)
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Traurendtief saß Don Diego, p2b_266.020
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Tief gekränket, schwach vor Alter, p2b_266.028
Fühlt' er nahe sich dem Grabe, p2b_266.029
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Sonder Schlaf und sonder Speise, p2b_266.032
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Höret nicht der Freunde Zuspruch, p2b_266.036
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Aber spricht zu ihnen nicht;
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Bindet ihrer aller Hände p2b_266.044
Ernst und fest mit starken Banden; p2b_266.045
Alle, Thränen in den Augen, p2b_266.046
Flehen um Barmherzigkeit.
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