Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_592.001 Grau macht das schwarze Verhängnis p1b_592.004 Und Menschen fort immer treibt es; p1b_592.005 Wenn's diesem heut auch gehorchet, p1b_592.006 Doch morgen stolz wieder siegt es; p1b_592.007 Wenn schwach von fern es auch blitzet, p1b_592.008 Vertrau ihm nicht; immer trügt es; p1b_592.009 Und wenn's dir schwere Gefahren p1b_592.010 Aufreget, standhaft empfang es! p1b_592.011 Denn wenn sich wendet im Feuer p1b_592.012 Das Gold, kein Flecken beschmutzt es. p1b_592.013 Grau macht die Zeit, die greuliche; p1b_592.016 Trau nicht auf die untreuliche! p1b_592.017 Sie lacht dir einen Augenblick, p1b_592.018 Und grinst dann, die abscheuliche. p1b_592.019 Die Jahre führen über's Haupt p1b_592.020 Dir manches Unerfreuliche. p1b_592.021 Die Stürme rütteln dir am Haus, p1b_592.022 Baufällig wird das Bäuliche. p1b_592.023 Dein Auge trübt sich, ungetrübt p1b_592.024 Blickt droben nur das bläuliche. p1b_592.025 p1b_592.028 p1b_592.001 Grau macht das schwarze Verhängnis p1b_592.004 Und Menschen fort immer treibt es; p1b_592.005 Wenn's diesem heut auch gehorchet, p1b_592.006 Doch morgen stolz wieder siegt es; p1b_592.007 Wenn schwach von fern es auch blitzet, p1b_592.008 Vertrau ihm nicht; immer trügt es; p1b_592.009 Und wenn's dir schwere Gefahren p1b_592.010 Aufreget, standhaft empfang es! p1b_592.011 Denn wenn sich wendet im Feuer p1b_592.012 Das Gold, kein Flecken beschmutzt es. p1b_592.013 Grau macht die Zeit, die greuliche; p1b_592.016 Trau nicht auf die untreuliche! p1b_592.017 Sie lacht dir einen Augenblick, p1b_592.018 Und grinst dann, die abscheuliche. p1b_592.019 Die Jahre führen über's Haupt p1b_592.020 Dir manches Unerfreuliche. p1b_592.021 Die Stürme rütteln dir am Haus, p1b_592.022 Baufällig wird das Bäuliche. p1b_592.023 Dein Auge trübt sich, ungetrübt p1b_592.024 Blickt droben nur das bläuliche. p1b_592.025 p1b_592.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0626" n="592"/><lb n="p1b_592.001"/> Züge bleiben. Beispielsweise gebe ich das letzte Gedicht der 2. Makame im <lb n="p1b_592.002"/> wörtlichen Metrum:</p> <lb n="p1b_592.003"/> <lg> <l>Grau macht das schwarze Verhängnis</l> <lb n="p1b_592.004"/> <l>Und Menschen fort immer treibt <hi rendition="#g">es;</hi></l> <lb n="p1b_592.005"/> <l>Wenn's diesem heut auch gehorchet,</l> <lb n="p1b_592.006"/> <l>Doch morgen stolz wieder siegt <hi rendition="#g">es;</hi></l> <lb n="p1b_592.007"/> <l>Wenn schwach von fern es auch blitzet,</l> <lb n="p1b_592.008"/> <l>Vertrau ihm nicht; immer trügt <hi rendition="#g">es;</hi></l> <lb n="p1b_592.009"/> <l>Und wenn's dir schwere Gefahren</l> <lb n="p1b_592.010"/> <l>Aufreget, standhaft empfang <hi rendition="#g">es!</hi></l> <lb n="p1b_592.011"/> <l>Denn wenn sich wendet im Feuer</l> <lb n="p1b_592.012"/> <l>Das Gold, kein Flecken beschmutzt <hi rendition="#g">es.</hi></l> </lg> <p><lb n="p1b_592.013"/> Bei Rückert lautet diese Stelle (Vgl. S. 39 der 1. und S. 13 der <lb n="p1b_592.014"/> 4. Aufl.):</p> <lb n="p1b_592.015"/> <lg> <l>Grau macht die Zeit, die <hi rendition="#g">greuliche;</hi></l> <lb n="p1b_592.016"/> <l>Trau nicht auf die <hi rendition="#g">untreuliche!</hi></l> <lb n="p1b_592.017"/> <l>Sie lacht dir einen Augenblick,</l> <lb n="p1b_592.018"/> <l>Und grinst dann, die ab<hi rendition="#g">scheuliche.</hi></l> <lb n="p1b_592.019"/> <l>Die Jahre führen über's Haupt</l> <lb n="p1b_592.020"/> <l>Dir manches Uner<hi rendition="#g">freuliche.</hi></l> <lb n="p1b_592.021"/> <l>Die Stürme rütteln dir am Haus,</l> <lb n="p1b_592.022"/> <l>Baufällig wird das <hi rendition="#g">Bäuliche.</hi></l> <lb n="p1b_592.023"/> <l>Dein Auge trübt sich, ungetrübt</l> <lb n="p1b_592.024"/> <l>Blickt droben nur das <hi rendition="#g">bläuliche.</hi></l> </lg> <p><lb n="p1b_592.025"/> (<hi rendition="#aq">NB</hi>. Die den Makamen angefügten Anmerkungen, meist aus den arabischen <lb n="p1b_592.026"/> Scholien bei Sacy entlehnt, sind mehr für das Bedürfnis der gebildeten Leser <lb n="p1b_592.027"/> als der Sprachgelehrten.)</p> </div> <div n="5"> <p><lb n="p1b_592.028"/><hi rendition="#g">Zur Geschichte der nicht arabischen Makamen.</hi> Von den Arabern <lb n="p1b_592.029"/> gelangte die Makame ursprünglich zuerst zu den <hi rendition="#g">Juden,</hi> bei denen sie von <lb n="p1b_592.030"/> <hi rendition="#g">Joseph Jbn Aknin</hi> aus Ceuta (Mitte des 12. Jahrh.), ferner von Charisi <lb n="p1b_592.031"/> und Jmmanuel Rumi (Anfang des 14. Jahrh.) gepflegt wurde. Bei den <lb n="p1b_592.032"/> <hi rendition="#g">Syrern</hi> wandte Ebed Jesu (zwischen 1291 bis 1316) die Makamenform <lb n="p1b_592.033"/> in seinem Buche des Paradieses an. Bei den Deutschen finde ich eine durch <lb n="p1b_592.034"/> Verbindung des Reimes mit der Prosa an die Makame erinnernde Form bei <lb n="p1b_592.035"/> <hi rendition="#g">Johann Fischart,</hi> mit dem ich Rückert schon in Rücksicht auf Bildung neuer <lb n="p1b_592.036"/> Wortformen (vgl. Fr. Rückert, ein biogr. Denkmal vom Verf. d. B. S. 311) verglichen <lb n="p1b_592.037"/> habe. Zum Beleg mögen einige wenige Proben aus Fischarts „Affentheuerlich <lb n="p1b_592.038"/> Naupengeheurliche Geschichtklitterung“ (Ausg. von Scheible) dienen, wobei <lb n="p1b_592.039"/> wir an einigen Stellen die Orthographie ändern: „Jhr all .. sollt samt und sonders <lb n="p1b_592.040"/> hie <hi rendition="#g">sein,</hi> meine lieben Schulkinder <hi rendition="#g">lein;</hi> euch will ich zuschreiben dies mein <hi rendition="#g">Fünd=</hi> <lb n="p1b_592.041"/> lein, <hi rendition="#g">Pfünd</hi>lein von Pfründlein! Euer sei dies mein Büchlein <hi rendition="#g">gar</hi> mit Haut und <lb n="p1b_592.042"/> <hi rendition="#g">Haar,</hi> weil ich doch euer bin so <hi rendition="#g">bar;</hi> euch ist der Schild ausge<hi rendition="#g">henkt,</hi> kehrt <lb n="p1b_592.043"/> hie ein, hie wird gut Wein <hi rendition="#g">geschenkt.</hi>“ (S. 17.) „Sie haben dachtröpfige <lb n="p1b_592.044"/> Nasen, helle Stimmen, vergoldete Löcher und glitzende Ärmel und vor der Kinder <lb n="p1b_592.045"/> Nötlich<hi rendition="#g">keit</hi> vergeß man eines Gastes alle<hi rendition="#g">zeit.</hi>“ (S. 73.) „Von des Gurgellantualustiger <lb n="p1b_592.046"/> <hi rendition="#g">Kleidung</hi> und deren <hi rendition="#g">Bescheidung.</hi> Jm faulen <hi rendition="#aq">veste</hi> Niemand </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [592/0626]
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Züge bleiben. Beispielsweise gebe ich das letzte Gedicht der 2. Makame im p1b_592.002
wörtlichen Metrum:
p1b_592.003
Grau macht das schwarze Verhängnis p1b_592.004
Und Menschen fort immer treibt es; p1b_592.005
Wenn's diesem heut auch gehorchet, p1b_592.006
Doch morgen stolz wieder siegt es; p1b_592.007
Wenn schwach von fern es auch blitzet, p1b_592.008
Vertrau ihm nicht; immer trügt es; p1b_592.009
Und wenn's dir schwere Gefahren p1b_592.010
Aufreget, standhaft empfang es! p1b_592.011
Denn wenn sich wendet im Feuer p1b_592.012
Das Gold, kein Flecken beschmutzt es.
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Bei Rückert lautet diese Stelle (Vgl. S. 39 der 1. und S. 13 der p1b_592.014
4. Aufl.):
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Grau macht die Zeit, die greuliche; p1b_592.016
Trau nicht auf die untreuliche! p1b_592.017
Sie lacht dir einen Augenblick, p1b_592.018
Und grinst dann, die abscheuliche. p1b_592.019
Die Jahre führen über's Haupt p1b_592.020
Dir manches Unerfreuliche. p1b_592.021
Die Stürme rütteln dir am Haus, p1b_592.022
Baufällig wird das Bäuliche. p1b_592.023
Dein Auge trübt sich, ungetrübt p1b_592.024
Blickt droben nur das bläuliche.
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(NB. Die den Makamen angefügten Anmerkungen, meist aus den arabischen p1b_592.026
Scholien bei Sacy entlehnt, sind mehr für das Bedürfnis der gebildeten Leser p1b_592.027
als der Sprachgelehrten.)
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Zur Geschichte der nicht arabischen Makamen. Von den Arabern p1b_592.029
gelangte die Makame ursprünglich zuerst zu den Juden, bei denen sie von p1b_592.030
Joseph Jbn Aknin aus Ceuta (Mitte des 12. Jahrh.), ferner von Charisi p1b_592.031
und Jmmanuel Rumi (Anfang des 14. Jahrh.) gepflegt wurde. Bei den p1b_592.032
Syrern wandte Ebed Jesu (zwischen 1291 bis 1316) die Makamenform p1b_592.033
in seinem Buche des Paradieses an. Bei den Deutschen finde ich eine durch p1b_592.034
Verbindung des Reimes mit der Prosa an die Makame erinnernde Form bei p1b_592.035
Johann Fischart, mit dem ich Rückert schon in Rücksicht auf Bildung neuer p1b_592.036
Wortformen (vgl. Fr. Rückert, ein biogr. Denkmal vom Verf. d. B. S. 311) verglichen p1b_592.037
habe. Zum Beleg mögen einige wenige Proben aus Fischarts „Affentheuerlich p1b_592.038
Naupengeheurliche Geschichtklitterung“ (Ausg. von Scheible) dienen, wobei p1b_592.039
wir an einigen Stellen die Orthographie ändern: „Jhr all .. sollt samt und sonders p1b_592.040
hie sein, meine lieben Schulkinder lein; euch will ich zuschreiben dies mein Fünd= p1b_592.041
lein, Pfündlein von Pfründlein! Euer sei dies mein Büchlein gar mit Haut und p1b_592.042
Haar, weil ich doch euer bin so bar; euch ist der Schild ausgehenkt, kehrt p1b_592.043
hie ein, hie wird gut Wein geschenkt.“ (S. 17.) „Sie haben dachtröpfige p1b_592.044
Nasen, helle Stimmen, vergoldete Löcher und glitzende Ärmel und vor der Kinder p1b_592.045
Nötlichkeit vergeß man eines Gastes allezeit.“ (S. 73.) „Von des Gurgellantualustiger p1b_592.046
Kleidung und deren Bescheidung. Jm faulen veste Niemand
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