Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_538.001 Sonette dichtete mit edlem Feuer p1b_538.005 Ein Mann, der willig trug der Liebe Kette! p1b_538.006 Er sang sie der vergötterten Laurette, p1b_538.007 Jm Leben ihm und nach dem Leben teuer. p1b_538.008 Und also sang auch manches Abenteuer, p1b_538.009 Jn schmelzend musikalischem Sonette p1b_538.010 Ein Held, der einst durch wildes Wogenbette p1b_538.011 Mit seinem Liede schwamm, als seinem Steuer. p1b_538.012 Der Deutsche hat sich beigesellt, ein Dritter, p1b_538.013 Dem Florentiner und dem Portugiesen, p1b_538.014 Und sang geharnischte für kühne Ritter. p1b_538.015 Auf diese folg' ich, die sich groß erwiesen, p1b_538.016 Nur wie ein Ährenleser folgt dem Schnitter, p1b_538.017 Denn nicht als Vierter wag' ich mich zu diesen. p1b_538.018 p1b_538.027 p1b_538.028 Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben, p1b_538.030 Jst heil'ge Pflicht, die wir dir auferlegen: p1b_538.031 Du kannst dich auch wie wir bestimmt bewegen p1b_538.032 Nach Tritt und Schritt, wie es dir vorgeschrieben. p1b_538.033 Denn eben die Beschränkung läßt sich lieben, p1b_538.034 Wenn sich die Geister gar gewaltig regen; p1b_538.035 Und wie sie sich denn auch gebärden mögen, p1b_538.036 Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben. p1b_538.037 So möcht' ich selbst in künstlichen Sonetten, p1b_538.038 Jn sprachgewandter Maße kühnem Stolze, p1b_538.039 Das Beste, was Gefühl mir gäbe, reimen; p1b_538.040
Nur weiß ich hier mich nicht bequem zu betten, p1b_538.041 Jch schneide sonst so gern aus ganzem Holze p1b_538.042 Und müßte nun doch auch mitunter leimen. p1b_538.001 Sonette dichtete mit edlem Feuer p1b_538.005 Ein Mann, der willig trug der Liebe Kette! p1b_538.006 Er sang sie der vergötterten Laurette, p1b_538.007 Jm Leben ihm und nach dem Leben teuer. p1b_538.008 Und also sang auch manches Abenteuer, p1b_538.009 Jn schmelzend musikalischem Sonette p1b_538.010 Ein Held, der einst durch wildes Wogenbette p1b_538.011 Mit seinem Liede schwamm, als seinem Steuer. p1b_538.012 Der Deutsche hat sich beigesellt, ein Dritter, p1b_538.013 Dem Florentiner und dem Portugiesen, p1b_538.014 Und sang geharnischte für kühne Ritter. p1b_538.015 Auf diese folg' ich, die sich groß erwiesen, p1b_538.016 Nur wie ein Ährenleser folgt dem Schnitter, p1b_538.017 Denn nicht als Vierter wag' ich mich zu diesen. p1b_538.018 p1b_538.027 p1b_538.028 Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben, p1b_538.030 Jst heil'ge Pflicht, die wir dir auferlegen: p1b_538.031 Du kannst dich auch wie wir bestimmt bewegen p1b_538.032 Nach Tritt und Schritt, wie es dir vorgeschrieben. p1b_538.033 Denn eben die Beschränkung läßt sich lieben, p1b_538.034 Wenn sich die Geister gar gewaltig regen; p1b_538.035 Und wie sie sich denn auch gebärden mögen, p1b_538.036 Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben. p1b_538.037 So möcht' ich selbst in künstlichen Sonetten, p1b_538.038 Jn sprachgewandter Maße kühnem Stolze, p1b_538.039 Das Beste, was Gefühl mir gäbe, reimen; p1b_538.040
Nur weiß ich hier mich nicht bequem zu betten, p1b_538.041 Jch schneide sonst so gern aus ganzem Holze p1b_538.042 Und müßte nun doch auch mitunter leimen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0572" n="538"/><lb n="p1b_538.001"/> Bedeutung in folgendem Sonett anerkennt (das wahrscheinlich durch das ähnliche, <lb n="p1b_538.002"/> nunmehr von Reinhold ins Deutsche übertragene Sonett von William Wordsworth <lb n="p1b_538.003"/> (Nicht schmähet das Sonett, Gedenkt der Ehren &c.) hervorgerufen wurde:</p> <lb n="p1b_538.004"/> <lg> <l>Sonette dichtete mit edlem Feuer</l> <lb n="p1b_538.005"/> <l>Ein Mann, der willig trug der Liebe Kette!</l> <lb n="p1b_538.006"/> <l>Er sang sie der vergötterten Laurette,</l> <lb n="p1b_538.007"/> <l><hi rendition="#g">Jm</hi> Leben ihm und <hi rendition="#g">nach</hi> dem Leben teuer. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.008"/> <l>Und also sang auch manches Abenteuer,</l> <lb n="p1b_538.009"/> <l>Jn schmelzend musikalischem Sonette</l> <lb n="p1b_538.010"/> <l>Ein Held, der einst durch wildes Wogenbette</l> <lb n="p1b_538.011"/> <l>Mit seinem Liede schwamm, als seinem Steuer. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.012"/> <l>Der Deutsche hat sich beigesellt, ein <hi rendition="#g">Dritter,</hi></l> <lb n="p1b_538.013"/> <l>Dem Florentiner und dem Portugiesen,</l> <lb n="p1b_538.014"/> <l>Und sang <hi rendition="#g">geharnischte</hi> für kühne Ritter. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.015"/> <l>Auf diese folg' ich, die sich groß erwiesen,</l> <lb n="p1b_538.016"/> <l>Nur wie ein Ährenleser folgt dem Schnitter,</l> <lb n="p1b_538.017"/> <l>Denn nicht als Vierter wag' ich mich zu <hi rendition="#g">diesen.</hi></l> </lg> <p><lb n="p1b_538.018"/> Von unsern beiden Dichterheroen hat sich <hi rendition="#g">Schiller</hi> nie zu dieser Form <lb n="p1b_538.019"/> bequemt, <hi rendition="#g">Goethe</hi> erst spät. Von <hi rendition="#g">Uhland</hi> ist erwähnenswert das Sonett: <lb n="p1b_538.020"/> An den Unsichtbaren; von <hi rendition="#g">Körner:</hi> Abschied vom Leben. Jn der Neuzeit hat <lb n="p1b_538.021"/> sich fast jeder Dichter in dieser Form versucht. Schöne Leistungen sind u. A. <lb n="p1b_538.022"/> zu verzeichnen von Geibel, Strachwitz, Herwegh, Dingelstedt, Müller von der <lb n="p1b_538.023"/> Werra, Sallet, Julius Rodenberg, Hermann Lingg, Oskar v. Redwitz, Julius <lb n="p1b_538.024"/> Schanz, Wilhelm Wens, Bodenstedt u. s. w. Rückert hat das Sonett in Agnes, <lb n="p1b_538.025"/> Amaryllis, Geharnischte Sonette, Aprilreiseblätter in allen Tonarten gesungen. <lb n="p1b_538.026"/> F. Baltzer schrieb 1881 geharnischte Sonette gegen den Pabst &c.</p> <p> <lb n="p1b_538.027"/> <hi rendition="#g">Noch einige Beispiele:</hi> </p> <p><lb n="p1b_538.028"/><hi rendition="#g">Goethe sagt vom Sonett</hi> (Werke <hi rendition="#aq">II</hi>. 229):</p> <lb n="p1b_538.029"/> <lg> <l>Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben,</l> <lb n="p1b_538.030"/> <l>Jst heil'ge Pflicht, die wir dir auferlegen:</l> <lb n="p1b_538.031"/> <l>Du kannst dich auch wie wir bestimmt bewegen</l> <lb n="p1b_538.032"/> <l>Nach Tritt und Schritt, wie es dir vorgeschrieben. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.033"/> <l>Denn eben die Beschränkung läßt sich lieben,</l> <lb n="p1b_538.034"/> <l>Wenn sich die Geister gar gewaltig regen;</l> <lb n="p1b_538.035"/> <l>Und wie sie sich denn auch gebärden mögen,</l> <lb n="p1b_538.036"/> <l>Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.037"/> <l>So möcht' ich selbst in künstlichen Sonetten,</l> <lb n="p1b_538.038"/> <l>Jn sprachgewandter Maße kühnem Stolze,</l> <lb n="p1b_538.039"/> <l>Das Beste, was Gefühl mir gäbe, reimen; </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_538.040"/> <l>Nur weiß ich hier mich nicht bequem zu betten,</l> <lb n="p1b_538.041"/> <l>Jch schneide sonst so gern aus ganzem Holze</l> <lb n="p1b_538.042"/> <l>Und müßte nun doch auch mitunter leimen.</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [538/0572]
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Bedeutung in folgendem Sonett anerkennt (das wahrscheinlich durch das ähnliche, p1b_538.002
nunmehr von Reinhold ins Deutsche übertragene Sonett von William Wordsworth p1b_538.003
(Nicht schmähet das Sonett, Gedenkt der Ehren &c.) hervorgerufen wurde:
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Sonette dichtete mit edlem Feuer p1b_538.005
Ein Mann, der willig trug der Liebe Kette! p1b_538.006
Er sang sie der vergötterten Laurette, p1b_538.007
Jm Leben ihm und nach dem Leben teuer.
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Und also sang auch manches Abenteuer, p1b_538.009
Jn schmelzend musikalischem Sonette p1b_538.010
Ein Held, der einst durch wildes Wogenbette p1b_538.011
Mit seinem Liede schwamm, als seinem Steuer.
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Der Deutsche hat sich beigesellt, ein Dritter, p1b_538.013
Dem Florentiner und dem Portugiesen, p1b_538.014
Und sang geharnischte für kühne Ritter.
p1b_538.015
Auf diese folg' ich, die sich groß erwiesen, p1b_538.016
Nur wie ein Ährenleser folgt dem Schnitter, p1b_538.017
Denn nicht als Vierter wag' ich mich zu diesen.
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Von unsern beiden Dichterheroen hat sich Schiller nie zu dieser Form p1b_538.019
bequemt, Goethe erst spät. Von Uhland ist erwähnenswert das Sonett: p1b_538.020
An den Unsichtbaren; von Körner: Abschied vom Leben. Jn der Neuzeit hat p1b_538.021
sich fast jeder Dichter in dieser Form versucht. Schöne Leistungen sind u. A. p1b_538.022
zu verzeichnen von Geibel, Strachwitz, Herwegh, Dingelstedt, Müller von der p1b_538.023
Werra, Sallet, Julius Rodenberg, Hermann Lingg, Oskar v. Redwitz, Julius p1b_538.024
Schanz, Wilhelm Wens, Bodenstedt u. s. w. Rückert hat das Sonett in Agnes, p1b_538.025
Amaryllis, Geharnischte Sonette, Aprilreiseblätter in allen Tonarten gesungen. p1b_538.026
F. Baltzer schrieb 1881 geharnischte Sonette gegen den Pabst &c.
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Noch einige Beispiele:
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Goethe sagt vom Sonett (Werke II. 229):
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Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben, p1b_538.030
Jst heil'ge Pflicht, die wir dir auferlegen: p1b_538.031
Du kannst dich auch wie wir bestimmt bewegen p1b_538.032
Nach Tritt und Schritt, wie es dir vorgeschrieben.
p1b_538.033
Denn eben die Beschränkung läßt sich lieben, p1b_538.034
Wenn sich die Geister gar gewaltig regen; p1b_538.035
Und wie sie sich denn auch gebärden mögen, p1b_538.036
Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben.
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So möcht' ich selbst in künstlichen Sonetten, p1b_538.038
Jn sprachgewandter Maße kühnem Stolze, p1b_538.039
Das Beste, was Gefühl mir gäbe, reimen;
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Nur weiß ich hier mich nicht bequem zu betten, p1b_538.041
Jch schneide sonst so gern aus ganzem Holze p1b_538.042
Und müßte nun doch auch mitunter leimen.
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