Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
p1b_503.001
Das eigne Herz muß sich der Mann bezwingen, p1b_503.002
Will er das Höchste und sich selbst erringen; - p1b_503.003
Das Haupt empor!(Jul. Mosens Zuruf.)
p1b_503.004
Erwach', mein Volk, mit neuen Sinnen! p1b_503.005
Blick in des Schicksals goldnes Buch, p1b_503.006
Lies aus den Sternen dir den Spruch: p1b_503.007
Du sollst die Welt gewinnen! p1b_503.008
Erwach', mein Volk, heiß' deine Töchter spinnen! p1b_503.009
Wir brauchen wieder einmal deutsches Linnen p1b_503.010
Zu deutschem Segeltuch.(Herwegh.)
p1b_503.011
Die Nixe kämmt ihr langes Haar p1b_503.012
Des Nachts im Mondenscheine: p1b_503.013
"Hier sitz ich nun viel hundert Jahr p1b_503.014
Alleine. p1b_503.015
Viel hundert Jahr, und bin noch jung, p1b_503.016
Und schön genung p1b_503.017
Und hab in all den Stunden p1b_503.018
Kein'n Buhlen gefunden."

(Rückert.)

p1b_503.019
(Vgl. hierzu Wilh. Jensens Herbstsonne.)

p1b_503.020
III. Reimverschiedenheit als strophisches Charakteristikum.

p1b_503.021

Abwechselung der Reimgeschlechter.

p1b_503.022
a. Männliches Schlußreimpaar.

p1b_503.023
Jrrlichter, die Knaben, p1b_503.024
Die laufen und traben. p1b_503.025
Mit Luft sich beschuhend, p1b_503.026
Nichtsnutziges thuend, p1b_503.027
Besprechen sich gerne p1b_503.028
Beim Schein der Laterne. p1b_503.029
Was hast du gethan? p1b_503.030
O sage mir an!

(Rückert.)

p1b_503.031
b. Umarmender männlicher Reim.

p1b_503.032
Ob ein Rätsel dir mein Schmerz, p1b_503.033
Den du nicht vermagst zu heilen, p1b_503.034
Willst du ihn doch mit mir teilen, p1b_503.035
Du so vielgetreues Herz.

(Betty Paoli.)

p1b_503.036
c. Umarmender weiblicher Reim.

p1b_503.037
Hörst du? o hör'! es schlägt die zehnte Stunde, p1b_503.038
Die zweite vor der stillen Mitternacht, p1b_503.039
Diejenige, die wir uns ausgemacht p1b_503.040
Zur täglichen Erneurung unsrem Bunde.

(Rückert.)

p1b_503.041
d. Gekreuzte weibliche Reime.

p1b_503.042
Sie hängen dräuend, tief und schwer, p1b_503.043
Die ungeheuren Wolkenballen. p1b_503.044
Gebannt das heiße dunkle Meer - p1b_503.045
Kein Ton, kein Hauch, kein leises Wallen.
p1b_503.046

(Arnold Schlönbach.)

p1b_503.001
Das eigne Herz muß sich der Mann bezwingen, p1b_503.002
Will er das Höchste und sich selbst erringen; ─ p1b_503.003
Das Haupt empor!(Jul. Mosens Zuruf.)
p1b_503.004
Erwach', mein Volk, mit neuen Sinnen! p1b_503.005
Blick in des Schicksals goldnes Buch, p1b_503.006
Lies aus den Sternen dir den Spruch: p1b_503.007
Du sollst die Welt gewinnen! p1b_503.008
Erwach', mein Volk, heiß' deine Töchter spinnen! p1b_503.009
Wir brauchen wieder einmal deutsches Linnen p1b_503.010
Zu deutschem Segeltuch.(Herwegh.)
p1b_503.011
Die Nixe kämmt ihr langes Haar p1b_503.012
Des Nachts im Mondenscheine: p1b_503.013
„Hier sitz ich nun viel hundert Jahr p1b_503.014
Alleine. p1b_503.015
Viel hundert Jahr, und bin noch jung, p1b_503.016
Und schön genung p1b_503.017
Und hab in all den Stunden p1b_503.018
Kein'n Buhlen gefunden.“

(Rückert.)

p1b_503.019
(Vgl. hierzu Wilh. Jensens Herbstsonne.)

p1b_503.020
III. Reimverschiedenheit als strophisches Charakteristikum.

p1b_503.021

Abwechselung der Reimgeschlechter.

p1b_503.022
a. Männliches Schlußreimpaar.

p1b_503.023
Jrrlichter, die Knaben, p1b_503.024
Die laufen und traben. p1b_503.025
Mit Luft sich beschuhend, p1b_503.026
Nichtsnutziges thuend, p1b_503.027
Besprechen sich gerne p1b_503.028
Beim Schein der Laterne. p1b_503.029
Was hast du gethan? p1b_503.030
O sage mir an!

(Rückert.)

p1b_503.031
b. Umarmender männlicher Reim.

p1b_503.032
Ob ein Rätsel dir mein Schmerz, p1b_503.033
Den du nicht vermagst zu heilen, p1b_503.034
Willst du ihn doch mit mir teilen, p1b_503.035
Du so vielgetreues Herz.

(Betty Paoli.)

p1b_503.036
c. Umarmender weiblicher Reim.

p1b_503.037
Hörst du? o hör'! es schlägt die zehnte Stunde, p1b_503.038
Die zweite vor der stillen Mitternacht, p1b_503.039
Diejenige, die wir uns ausgemacht p1b_503.040
Zur täglichen Erneurung unsrem Bunde.

(Rückert.)

p1b_503.041
d. Gekreuzte weibliche Reime.

p1b_503.042
Sie hängen dräuend, tief und schwer, p1b_503.043
Die ungeheuren Wolkenballen. p1b_503.044
Gebannt das heiße dunkle Meer ─ p1b_503.045
Kein Ton, kein Hauch, kein leises Wallen.
p1b_503.046

(Arnold Schlönbach.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0537" n="503"/>
              <lb n="p1b_503.001"/>
              <lg>
                <l>Das eigne Herz muß sich der Mann bezwingen,</l>
                <lb n="p1b_503.002"/>
                <l>Will er das Höchste und sich selbst erringen; &#x2500;</l>
                <lb n="p1b_503.003"/>
                <l>Das Haupt empor!<hi rendition="#right">(Jul. Mosens Zuruf.)</hi> </l>
              </lg>
              <lg>
                <lb n="p1b_503.004"/>
                <l>Erwach', mein Volk, mit neuen Sinnen!</l>
                <lb n="p1b_503.005"/>
                <l>Blick in des Schicksals goldnes Buch,</l>
                <lb n="p1b_503.006"/>
                <l>Lies aus den Sternen dir den Spruch:</l>
                <lb n="p1b_503.007"/>
                <l>Du sollst die Welt gewinnen!</l>
                <lb n="p1b_503.008"/>
                <l>Erwach', mein Volk, heiß' deine Töchter spinnen!</l>
                <lb n="p1b_503.009"/>
                <l>Wir brauchen wieder einmal deutsches Linnen</l>
                <lb n="p1b_503.010"/>
                <l>Zu deutschem Segeltuch.<hi rendition="#right">(Herwegh.)</hi> </l>
              </lg>
              <lg>
                <lb n="p1b_503.011"/>
                <l>Die Nixe kämmt ihr langes Haar</l>
                <lb n="p1b_503.012"/>
                <l>Des Nachts im Mondenscheine:</l>
                <lb n="p1b_503.013"/>
                <l>&#x201E;Hier sitz ich nun viel hundert Jahr</l>
                <lb n="p1b_503.014"/>
                <l>Alleine.</l>
                <lb n="p1b_503.015"/>
                <l>Viel hundert Jahr, und bin noch jung,</l>
                <lb n="p1b_503.016"/>
                <l>Und schön genung</l>
                <lb n="p1b_503.017"/>
                <l>Und hab in all den Stunden</l>
                <lb n="p1b_503.018"/>
                <l>Kein'n Buhlen gefunden.&#x201C;</l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_503.019"/>
(Vgl. hierzu Wilh. Jensens Herbstsonne.)</p>
            </div>
            <div n="4">
              <p><lb n="p1b_503.020"/><hi rendition="#aq">III</hi>. Reimverschiedenheit als strophisches Charakteristikum.</p>
              <lb n="p1b_503.021"/>
              <p> <hi rendition="#c">Abwechselung der Reimgeschlechter.</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_503.022"/><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Männliches Schlußreimpaar.</hi></p>
              <lb n="p1b_503.023"/>
              <lg>
                <l>Jrrlichter, die Knaben,</l>
                <lb n="p1b_503.024"/>
                <l>Die laufen und traben.</l>
                <lb n="p1b_503.025"/>
                <l>Mit Luft sich beschuhend,</l>
                <lb n="p1b_503.026"/>
                <l>Nichtsnutziges thuend,</l>
                <lb n="p1b_503.027"/>
                <l>Besprechen sich gerne</l>
                <lb n="p1b_503.028"/>
                <l>Beim Schein der Laterne.</l>
                <lb n="p1b_503.029"/>
                <l>Was hast du <hi rendition="#g">gethan?</hi></l>
                <lb n="p1b_503.030"/>
                <l>O sage mir an!</l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_503.031"/><hi rendition="#aq">b</hi>. <hi rendition="#g">Umarmender männlicher Reim.</hi></p>
              <lb n="p1b_503.032"/>
              <lg>
                <l>Ob ein Rätsel dir mein <hi rendition="#g">Schmerz,</hi></l>
                <lb n="p1b_503.033"/>
                <l>Den du nicht vermagst zu heilen,</l>
                <lb n="p1b_503.034"/>
                <l>Willst du ihn doch mit mir teilen,</l>
                <lb n="p1b_503.035"/>
                <l>Du so vielgetreues <hi rendition="#g">Herz.</hi></l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Betty Paoli.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_503.036"/><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Umarmender weiblicher Reim.</hi></p>
              <lb n="p1b_503.037"/>
              <lg>
                <l>Hörst du? o hör'! es schlägt die zehnte Stunde,</l>
                <lb n="p1b_503.038"/>
                <l>Die zweite vor der stillen Mitternacht,</l>
                <lb n="p1b_503.039"/>
                <l>Diejenige, die wir uns ausgemacht</l>
                <lb n="p1b_503.040"/>
                <l>Zur täglichen Erneurung unsrem Bunde.</l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_503.041"/><hi rendition="#aq">d</hi>. <hi rendition="#g">Gekreuzte weibliche Reime.</hi></p>
              <lb n="p1b_503.042"/>
              <lg>
                <l>Sie hängen dräuend, tief und schwer,</l>
                <lb n="p1b_503.043"/>
                <l>Die ungeheuren Wolkenballen.</l>
                <lb n="p1b_503.044"/>
                <l>Gebannt das heiße dunkle Meer &#x2500;</l>
                <lb n="p1b_503.045"/>
                <l>Kein Ton, kein Hauch, kein leises Wallen.</l>
              </lg>
              <lb n="p1b_503.046"/>
              <p> <hi rendition="#right">(Arnold Schlönbach.)</hi> </p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[503/0537] p1b_503.001 Das eigne Herz muß sich der Mann bezwingen, p1b_503.002 Will er das Höchste und sich selbst erringen; ─ p1b_503.003 Das Haupt empor!(Jul. Mosens Zuruf.) p1b_503.004 Erwach', mein Volk, mit neuen Sinnen! p1b_503.005 Blick in des Schicksals goldnes Buch, p1b_503.006 Lies aus den Sternen dir den Spruch: p1b_503.007 Du sollst die Welt gewinnen! p1b_503.008 Erwach', mein Volk, heiß' deine Töchter spinnen! p1b_503.009 Wir brauchen wieder einmal deutsches Linnen p1b_503.010 Zu deutschem Segeltuch.(Herwegh.) p1b_503.011 Die Nixe kämmt ihr langes Haar p1b_503.012 Des Nachts im Mondenscheine: p1b_503.013 „Hier sitz ich nun viel hundert Jahr p1b_503.014 Alleine. p1b_503.015 Viel hundert Jahr, und bin noch jung, p1b_503.016 Und schön genung p1b_503.017 Und hab in all den Stunden p1b_503.018 Kein'n Buhlen gefunden.“ (Rückert.) p1b_503.019 (Vgl. hierzu Wilh. Jensens Herbstsonne.) p1b_503.020 III. Reimverschiedenheit als strophisches Charakteristikum. p1b_503.021 Abwechselung der Reimgeschlechter. p1b_503.022 a. Männliches Schlußreimpaar. p1b_503.023 Jrrlichter, die Knaben, p1b_503.024 Die laufen und traben. p1b_503.025 Mit Luft sich beschuhend, p1b_503.026 Nichtsnutziges thuend, p1b_503.027 Besprechen sich gerne p1b_503.028 Beim Schein der Laterne. p1b_503.029 Was hast du gethan? p1b_503.030 O sage mir an! (Rückert.) p1b_503.031 b. Umarmender männlicher Reim. p1b_503.032 Ob ein Rätsel dir mein Schmerz, p1b_503.033 Den du nicht vermagst zu heilen, p1b_503.034 Willst du ihn doch mit mir teilen, p1b_503.035 Du so vielgetreues Herz. (Betty Paoli.) p1b_503.036 c. Umarmender weiblicher Reim. p1b_503.037 Hörst du? o hör'! es schlägt die zehnte Stunde, p1b_503.038 Die zweite vor der stillen Mitternacht, p1b_503.039 Diejenige, die wir uns ausgemacht p1b_503.040 Zur täglichen Erneurung unsrem Bunde. (Rückert.) p1b_503.041 d. Gekreuzte weibliche Reime. p1b_503.042 Sie hängen dräuend, tief und schwer, p1b_503.043 Die ungeheuren Wolkenballen. p1b_503.044 Gebannt das heiße dunkle Meer ─ p1b_503.045 Kein Ton, kein Hauch, kein leises Wallen. p1b_503.046 (Arnold Schlönbach.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/537
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/537>, abgerufen am 23.11.2024.