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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Auf der Stelle, p1b_502.002
Wo ich saß, p1b_502.003
O wie schnelle p1b_502.004
Wuchs das Gras! p1b_502.005
Leise saß sie auf ihm nieder, p1b_502.006
Darum wuchs so schnell es wieder.

(Rückert.)

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Singend über die Heide p1b_502.008
Steigen Lerchen empor, p1b_502.009
Goldige Knospen der Weide p1b_502.010
Dringen am Ufer hervor, p1b_502.011
Und der Himmel so wunderblau! p1b_502.012
Allüberall hellsonnige Schau! p1b_502.013
Jch und mein Lieb, wir beide p1b_502.014
Wandeln durch sprießendes Rohr.

(Arthur Fitger.)

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(Vgl. noch H. Heines An die Engel und Aug. Kopischs Der große Krebs &c.)

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4. Verkürzung von zwei Zeilen.

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Nach Korinthus von Athen gezogen p1b_502.018
Kam ein Jüngling, dort noch unbekannt. p1b_502.019
Einen Bürger hofft' er sich gewogen; p1b_502.020
Beide Väter waren gastverwandt, p1b_502.021
Hatten frühe schon p1b_502.022
Töchterchen und Sohn p1b_502.023
Braut und Bräutigam voraus genannt.
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(Goethe, Die Braut von Korinth.)

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Ein schöner Stern geht auf in meiner Nacht, p1b_502.026
Ein Stern, der süßen Trost herniederlacht p1b_502.027
Und neues Leben mir verspricht: p1b_502.028
O lüge nicht!(Heine, Katharina.)
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Eh der Herbstwind heult um's Dach, p1b_502.030
Sind die Vögel aufgebrochen, p1b_502.031
Blatt und Blüten, die verwehen, p1b_502.032
Mögen sie nicht fallen sehen. p1b_502.033
Bange Wochen p1b_502.034
Folgen nach.

(Alexis Aar.)

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(Vgl. noch Goethes Junggesell und der Mühlbach.)

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5. Verlängerung nebst Verkürzung mehrerer Zeilen.

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Hierher gehören auch die willkürlichen Verslängen.

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Hätt' ich Menschen=, hätt' ich Engelzungen, p1b_502.039
Würde Gottes Lob von mir gesungen, p1b_502.040
Wie ein Sternen=, wie des Himmels Sang: p1b_502.041
Und mir fehlete die Liebe, - p1b_502.042
Liebe, Liebe, p1b_502.043
Ohne dich sind meine Lieder toter Schellenklang!(Herder.)
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Was grämest du dich, mein Gemüte, p1b_502.045
Daß dir ein Saitenspiel zersprang, p1b_502.046
Und daß vorbei die Rosenblüte p1b_502.047
Und der Schallmeien Maienklang?
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Auf der Stelle, p1b_502.002
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(Rückert.)

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Singend über die Heide p1b_502.008
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Hierher gehören auch die willkürlichen Verslängen.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/536>, abgerufen am 29.08.2024.