p1b_469.001 Einer ähnlichen Anschauung huldigt Christian Kirchhoff-Altona im Deutschen p1b_469.002 Dichterheim Jahrg. 1881. Nr. 9. Er setzt die Entscheidung über Zulässigkeit p1b_469.003 unreiner Reime in das Ermessen des gebildeten Geschmacks, wogegen die Redaktion p1b_469.004 durch die Erklärung sich verwahrt, "daß die Aufnahme dieser Ausführung p1b_469.005 keineswegs die künftige Duldung unreiner Reime im D. Dichterh. zur p1b_469.006 Folge haben werde".
p1b_469.007 Wir müssen schon aus metrischen wie aus ästhetischen Gründen die der p1b_469.008 Regellosigkeit Thür und Thor öffnende Anschauung von der Ungefährlichkeit p1b_469.009 unreiner Reime bekämpfen.
p1b_469.010 3. Gleichheit der Silbenquantität.
p1b_469.011 Zur Reinheit des Reimes gehört es, daß die accentuierte oder arsische p1b_469.012 Silbe reimt, nicht die thetische wie in den falschen Reimen Vergeßlichkeit, p1b_469.013 Ewigkeit - Heiterkeit, Vorsehung - Behandlung, Spiegelung - Hoffnung, p1b_469.014 feierlich - freventlich, hinein - Fältelein. Reine Reime müssen p1b_469.015 auch hinsichtlich der Silbenquantität gleichartig sein, z. B. verde5rbli2ch - p1b_469.016 unste5rbli2ch. Nicht aber verbli5ch und unste5rbli2ch.
p1b_469.017 Es verstößt gegen die Silbenquantität wenn ein weiblicher Reim als p1b_469.018 Echo eines schwebenden Reimes gewählt wird. Z. B. heißt er - Meister p1b_469.019 (== Meister), nimm es - Grimmes, daß er - Wasser.
p1b_469.020
Aber dein Licht, im Jnnern blünht esp1b_469.021 Meines Gemüntes.(Rückert.)
p1b_469.022 Wie stolz und stattlich geht er!p1b_469.023 Wie adlig ist sein Mut!p1b_469.024 Er ist nur ein Trompeterp1b_469.025 Und doch bin ich ihm gut.
(Scheffel, Trompeter.)
p1b_469.026 "Er" ist im letzten Beispiel so schwer, daß es einer Arsis gleich kommt; p1b_469.027 man macht vor dem Wort unwillkürlich eine Vortragspause, weshalb man p1b_469.028 durch den Gleichklang gezwungen ist, auch die Nachsilbe bei Trompeter zu p1b_469.029 betonen, was durchaus unschön oder komisch klingt. Reden auf Trompetenp1b_469.030 ergiebt gleich leichte Silben, nicht aber "geht er" und "Trompeter".
p1b_469.031 Gegen die Quantität verstoßen ferner alle den gleichen prosodischen Betonungsgesetzen p1b_469.032 widersprechenden Reimsilben oder Wörter, insofern Ableitungssilben p1b_469.033 geringeren Ton haben als Reimsilben und somit kein reines Klang-Echo ergeben p1b_469.034 können, z. B. Le5id - Unaussprechlichke3it, Kra5ft - Ritterscha3ft, p1b_469.035 kle5in - Mägdele3in, Sinn - Schäferin, hi5n - Mülleri3n, Di5ng - Schmetter= p1b_469.036 li3ng, Blüteze4it - Vergessenhe3it, bere5it - Seligke3it, Stre5it - Sicherhe3it, p1b_469.037 Kra5ft - Mannscha3ft, kla5r - offenba3r, La5mm - Bräutiga3m, Ru5hmp1b_469.038 - Altertu3m.
p1b_469.001 Einer ähnlichen Anschauung huldigt Christian Kirchhoff-Altona im Deutschen p1b_469.002 Dichterheim Jahrg. 1881. Nr. 9. Er setzt die Entscheidung über Zulässigkeit p1b_469.003 unreiner Reime in das Ermessen des gebildeten Geschmacks, wogegen die Redaktion p1b_469.004 durch die Erklärung sich verwahrt, „daß die Aufnahme dieser Ausführung p1b_469.005 keineswegs die künftige Duldung unreiner Reime im D. Dichterh. zur p1b_469.006 Folge haben werde“.
p1b_469.007 Wir müssen schon aus metrischen wie aus ästhetischen Gründen die der p1b_469.008 Regellosigkeit Thür und Thor öffnende Anschauung von der Ungefährlichkeit p1b_469.009 unreiner Reime bekämpfen.
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p1b_469.011 Zur Reinheit des Reimes gehört es, daß die accentuierte oder arsische p1b_469.012 Silbe reimt, nicht die thetische wie in den falschen Reimen Vergeßlichkeit, p1b_469.013 Ewigkeit ─ Heiterkeit, Vorsehung ─ Behandlung, Spiegelung ─ Hoffnung, p1b_469.014 feierlich ─ freventlich, hinein ─ Fältelein. Reine Reime müssen p1b_469.015 auch hinsichtlich der Silbenquantität gleichartig sein, z. B. verde5rbli2ch ─ p1b_469.016 unste5rbli2ch. Nicht aber verbli5ch und unste5rbli2ch.
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3. Gleichheit der Silbenquantität.
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Zur Reinheit des Reimes gehört es, daß die accentuierte oder arsische p1b_469.012
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Es verstößt gegen die Silbenquantität wenn ein weiblicher Reim als p1b_469.018
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p1b_469.026
„Er“ ist im letzten Beispiel so schwer, daß es einer Arsis gleich kommt; p1b_469.027
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p1b_469.031
Gegen die Quantität verstoßen ferner alle den gleichen prosodischen Betonungsgesetzen p1b_469.032
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kle5in ─ Mägdele3in, Sinn ─ Schäferin, hi5n ─ Mülleri3n, Di5ng ─ Schmetter= p1b_469.036
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─ Altertu3m.
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/503>, abgerufen am 03.07.2024.
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