Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_324.001 § 108. Schreibweise längerer jambischer wie auch trochäischer p1b_324.002 Reihen. p1b_324.003 p1b_324.008 Jch hatte Lieb und Lust begraben; || mein Blick verlor sich in Ruinen, p1b_324.010 p1b_324.011Die standen kalt an tiefem Strome || vom bleichen Abendlicht beschienen. (J. J. Honegger, Ruinen.) p1b_324.012 Jch hatte Lieb und Lust begraben; p1b_324.021 Mein Blick verlor sich in Ruinen, u. s. w. p1b_324.022 p1b_324.023 Als der gute Kaiser Max || einst in Mainz hat übernachtet, p1b_324.026 p1b_324.027Trat der Pfinzing zu ihm ein, || Probst und Dichter hochgeachtet &c. (Alex. Kaufmann, Die Eselsmünzen von Mainz.) p1b_324.028 Als der gute Kaiser Max p1b_324.030 Einst in Mainz hat übernachtet, u. s. w. p1b_324.031 § 109. Trochäische Verse. p1b_324.032 p1b_324.034 p1b_324.035 p1b_324.038 Schmeichelndste der Lügnerinnen, p1b_324.040
Hoffnung, p1b_324.041 Laß die Täuschung nicht zerrinnen, p1b_324.042 Hoffnung. p1b_324.001 § 108. Schreibweise längerer jambischer wie auch trochäischer p1b_324.002 Reihen. p1b_324.003 p1b_324.008 J̆ch hāttĕ Liēb ŭnd Lūst bĕgrābĕn; ‖ mĕin Blīck verlor sich in Ruinen, p1b_324.010 p1b_324.011Die standen kalt an tiefem Strome ‖ vom bleichen Abendlicht beschienen. (J. J. Honegger, Ruinen.) p1b_324.012 Jch hatte Lieb und Lust begraben; p1b_324.021 Mein Blick verlor sich in Ruinen, u. s. w. p1b_324.022 p1b_324.023 Als der gute Kaiser Māx ‖ ēinst in Mainz hat übernachtet, p1b_324.026 p1b_324.027Trat der Pfinzing zu ihm ein, ‖ Probst und Dichter hochgeachtet &c. (Alex. Kaufmann, Die Eselsmünzen von Mainz.) p1b_324.028 Als der gute Kaiser Max p1b_324.030 Einst in Mainz hat übernachtet, u. s. w. p1b_324.031 § 109. Trochäische Verse. p1b_324.032 p1b_324.034 p1b_324.035 p1b_324.038 Schmeichelndste der Lügnerinnen, p1b_324.040
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§ 108. Schreibweise längerer jambischer wie auch trochäischer p1b_324.002
Reihen. p1b_324.003
Es kommt zuweilen vor, daß längere jambische Reihen gebildet p1b_324.004
werden, welche in ihrer Mitte eine ausgeprägte Jncision aufweisen, p1b_324.005
indem sie die Halbzeile mit einer Thesis schließen, um das folgende p1b_324.006
Hemistichium mit einer Thesis zu beginnen, so daß ein Anapäst entstehen p1b_324.007
würde, wenn man ohne Beachtung der Pause weiter lesen wollte.
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Beispiele:
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J̆ch hāttĕ Liēb ŭnd Lūst bĕgrābĕn; ‖ mĕin Blīck verlor sich in Ruinen, p1b_324.010
Die standen kalt an tiefem Strome ‖ vom bleichen Abendlicht beschienen.
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(J. J. Honegger, Ruinen.)
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Diese Schreibweise ist wohl in kürzeren Reihen zu billigen, wie z. B. beim p1b_324.013
Nibelungenvers, weil dort die Wirksamkeit des in unmittelbarster Nähe liegenden p1b_324.014
Reimes durch die Unterbrechung nicht wesentlich gestört wird. Bei längeren p1b_324.015
Reihen ist jedoch ein ungestörtes ununterbrochenes Hinsteuern nach dem Reimecho p1b_324.016
durchaus geboten, wenn die Ablenkung durch eine rhythmische Pause die Schönheitswirkung p1b_324.017
nicht alterieren soll. Es empfiehlt sich daher, längere Reihen mit p1b_324.018
rhythmischen Pausen zu teilen, also obiges Beispiel Honeggers folgendermaßen p1b_324.019
gebrochen zu schreiben:
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Jch hatte Lieb und Lust begraben; p1b_324.021
Mein Blick verlor sich in Ruinen, u. s. w.
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Vgl. das unschön geschriebene Beispiel Rittershausens in § 193, 3. d. B.
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Ähnlich ist es bei trochäischen Versen, wo bei ungetrenntem Schreiben ein p1b_324.024
rhythmusverrückender Spondeus zu entstehen scheint, z. B.
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Als der gute Kaiser Māx ‖ ēinst in Mainz hat übernachtet, p1b_324.026
Trat der Pfinzing zu ihm ein, ‖ Probst und Dichter hochgeachtet &c.
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(Alex. Kaufmann, Die Eselsmünzen von Mainz.)
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Hier muß unbedingt so gebrochen werden:
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Als der gute Kaiser Max p1b_324.030
Einst in Mainz hat übernachtet, u. s. w.
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§ 109. Trochäische Verse. p1b_324.032
Trochäische Verse finden sich in allen Längen. Die beliebtesten p1b_324.033
sind der viertaktige, der fünftaktige und der achttaktige Trochäus.
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1. Eintaktige trochäische Verse (trochäische Eintakter).
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Sie kommen in der Regel nur als Reimträger abwechselnd mit p1b_324.036
mehrtaktigen Trochäen vor ─ namentlich in Ghaselen mit gebrochen p1b_324.037
geschriebenen Zeilen.
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Schmeichelndste der Lügnerinnen, p1b_324.040
Hoffnung, p1b_324.041
Laß die Täuschung nicht zerrinnen, p1b_324.042
Hoffnung.
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