p1b_285.002 Eine Cäsur (== Verseinschnitt, von caedere schneiden) entsteht, p1b_285.003 wenn ein Satztakt inmitten eines Verstaktes endigt, eine Diärese (von p1b_285.004 diaireo trennen), wenn das Ende des Verstaktes mit dem Ende des p1b_285.005 Satztaktes zusammenfällt.
p1b_285.006 Man unterscheidet die Cäsuren und die Diäresen I. in Hinsicht p1b_285.007 auf Satz- und Verstakte, II. im Hinblick auf rhythmische Reihen und p1b_285.008 Satzganze, III. in Bezug auf ihre geregelte Wiederkehr in einzelnen p1b_285.009 Versen.
p1b_285.010 I. Jn Hinsicht auf Satz- und Verstakte.
p1b_285.011 Diärese. Mehrere auf einander folgende Verse, deren sämmtliche Satztakte p1b_285.012 mit den Verstakten abschließen, also mit diesen zusammenfallen, wirken p1b_285.013 eintönig, leiermäßig, ermüdend.
p1b_285.014 Jch erinnere an das Schlußbeispiel des vorigen § 95, sowie an folgende p1b_285.015 Verszeilen, in welchen jeder Vers-Taktschluß eine Diärese zeigt!
p1b_285.019 Cäsur. Es gehört zur Schönheit des Verses und erhöht den Wohlklang p1b_285.020 der poetischen Rede, daß die Enden der Satztakte und Verstakte nicht p1b_285.021 zusammenfallen.
p1b_285.022 Beispiel. Jm Fein | desland | e C leb | en.
p1b_285.023 Man nennt den Einschnitt des Verstaktschlusses in das den Satztakt p1b_285.024 bildende Wort == Worteinschnitt; hingegen den Einschnitt des Satztaktschlusses p1b_285.025 in den Verstakt == Verseinschnitt oder Cäsur. Wir haben somit p1b_285.026 im Beispiel: "Jm Feindeslande leben" 3 Worteinschnitte und eine Cäsur!
p1b_285.027 Die Cäsur verbindet, wie die wechselnde Lage von Steinen eine Mauer p1b_285.028 festmacht:
p1b_285.029
[Abbildung]
p1b_285.030 Die Diärese trennt und läßt auseinanderfallen:
p1b_285.031
[Abbildung]
p1b_285.032 Die Cäsur wirkt melodisch, da sie den Fluß unterbricht, der auch den p1b_285.033 folgenden Teil des Verstaktes zu überfliegen trachtet.
p1b_285.034 Die Diärese schließt ab und bedeutet Ruhe, da bei ihr Satztakt und p1b_285.035 Verstakt zusammenfallen.
p1b_285.001 § 96. Cäsur und Diärese.
p1b_285.002 Eine Cäsur (== Verseinschnitt, von caedere schneiden) entsteht, p1b_285.003 wenn ein Satztakt inmitten eines Verstaktes endigt, eine Diärese (von p1b_285.004 διαιρέω trennen), wenn das Ende des Verstaktes mit dem Ende des p1b_285.005 Satztaktes zusammenfällt.
p1b_285.006 Man unterscheidet die Cäsuren und die Diäresen I. in Hinsicht p1b_285.007 auf Satz- und Verstakte, II. im Hinblick auf rhythmische Reihen und p1b_285.008 Satzganze, III. in Bezug auf ihre geregelte Wiederkehr in einzelnen p1b_285.009 Versen.
p1b_285.010 I. Jn Hinsicht auf Satz- und Verstakte.
p1b_285.011 Diärese. Mehrere auf einander folgende Verse, deren sämmtliche Satztakte p1b_285.012 mit den Verstakten abschließen, also mit diesen zusammenfallen, wirken p1b_285.013 eintönig, leiermäßig, ermüdend.
p1b_285.014 Jch erinnere an das Schlußbeispiel des vorigen § 95, sowie an folgende p1b_285.015 Verszeilen, in welchen jeder Vers-Taktschluß eine Diärese zeigt!
p1b_285.019 Cäsur. Es gehört zur Schönheit des Verses und erhöht den Wohlklang p1b_285.020 der poetischen Rede, daß die Enden der Satztakte und Verstakte nicht p1b_285.021 zusammenfallen.
p1b_285.022 Beispiel. Jm Fēin │ dĕslānd │ ĕ C lēb │ ĕn.
p1b_285.023 Man nennt den Einschnitt des Verstaktschlusses in das den Satztakt p1b_285.024 bildende Wort == Worteinschnitt; hingegen den Einschnitt des Satztaktschlusses p1b_285.025 in den Verstakt == Verseinschnitt oder Cäsur. Wir haben somit p1b_285.026 im Beispiel: „Jm Feindeslande leben“ 3 Worteinschnitte und eine Cäsur!
p1b_285.027 Die Cäsur verbindet, wie die wechselnde Lage von Steinen eine Mauer p1b_285.028 festmacht:
p1b_285.029
[Abbildung]
p1b_285.030 Die Diärese trennt und läßt auseinanderfallen:
p1b_285.031
[Abbildung]
p1b_285.032 Die Cäsur wirkt melodisch, da sie den Fluß unterbricht, der auch den p1b_285.033 folgenden Teil des Verstaktes zu überfliegen trachtet.
p1b_285.034 Die Diärese schließt ab und bedeutet Ruhe, da bei ihr Satztakt und p1b_285.035 Verstakt zusammenfallen.
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Eine Cäsur (== Verseinschnitt, von caedere schneiden) entsteht, p1b_285.003
wenn ein Satztakt inmitten eines Verstaktes endigt, eine Diärese (von p1b_285.004
διαιρέω trennen), wenn das Ende des Verstaktes mit dem Ende des p1b_285.005
Satztaktes zusammenfällt.
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Man unterscheidet die Cäsuren und die Diäresen I. in Hinsicht p1b_285.007
auf Satz- und Verstakte, II. im Hinblick auf rhythmische Reihen und p1b_285.008
Satzganze, III. in Bezug auf ihre geregelte Wiederkehr in einzelnen p1b_285.009
Versen.
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I. Jn Hinsicht auf Satz- und Verstakte. p1b_285.011
Diärese. Mehrere auf einander folgende Verse, deren sämmtliche Satztakte p1b_285.012
mit den Verstakten abschließen, also mit diesen zusammenfallen, wirken p1b_285.013
eintönig, leiermäßig, ermüdend.
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Jch erinnere an das Schlußbeispiel des vorigen § 95, sowie an folgende p1b_285.015
Verszeilen, in welchen jeder Vers-Taktschluß eine Diärese zeigt!
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Mēinĕr │ Schwestĕr │ liebĕ │ Sprōssĕn │ &c. (Lenau.) p1b_285.017
Oder: Ĕrschrēckt │ ĕntflīeht │ dĕr Fēind │ dĕn Bērg │ hĭnān │ &c. p1b_285.018
Oder: J̄hrĕ │ Schönhĕit, │ īhrĕ │ Ānmŭt │ mūßtĕ │ Vēnŭs │ sēlbĕr │ lōbĕn.
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Cäsur. Es gehört zur Schönheit des Verses und erhöht den Wohlklang p1b_285.020
der poetischen Rede, daß die Enden der Satztakte und Verstakte nicht p1b_285.021
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p1b_285.023
Man nennt den Einschnitt des Verstaktschlusses in das den Satztakt p1b_285.024
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p1b_285.027
Die Cäsur verbindet, wie die wechselnde Lage von Steinen eine Mauer p1b_285.028
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p1b_285.029
[Abbildung]
p1b_285.030
Die Diärese trennt und läßt auseinanderfallen:
p1b_285.031
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p1b_285.032
Die Cäsur wirkt melodisch, da sie den Fluß unterbricht, der auch den p1b_285.033
folgenden Teil des Verstaktes zu überfliegen trachtet.
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Die Diärese schließt ab und bedeutet Ruhe, da bei ihr Satztakt und p1b_285.035
Verstakt zusammenfallen.
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/319>, abgerufen am 22.11.2024.
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