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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Du lebst in meiner Klage p1b_196.002
Und stirbst im Herzen nicht.
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(Rückert, Kindertotenlieder 19.)

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(Wenn man z. B. vom Tage oder von Schatten spricht, denkt man sich p1b_196.005
sofort und unwillkürlich auch den Gegensatz: die Nacht und das Licht; ebenso p1b_196.006
ist der Begriff "leben" ohne seinen Gegensatz nicht zu denken u. s. w. Aber, p1b_196.007
daß dieser Gegensatz ausgesprochen ist, verleiht dem Ausdruck volle Klarheit.)

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§ 51. Unterarten der Antithesis.

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Als Unterarten der Antithese führen wir an: a. Die Stichomythie, p1b_196.010
b. Das Oxymoron, g. Das Paradoxon.

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a. Die Stichomythie.

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Die erweiterte Form und Ausbildung der Antithese wird zur p1b_196.013
Stichomythie oder der treffenden Rede und Gegenrede des dramatischen p1b_196.014
Dialogs.

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Das Wort Stichomythie (stikho-muthia) bedeutet eigentlich: Das Zeile p1b_196.016
für Zeile oder Vers für Vers hersagen. Die Stichomythie ist am Platze insbesondere p1b_196.017
bei erregter Leidenschaft der sprechenden Personen.

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Folgende Beispiele sind als Muster der Stichomythie zu nennen.

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1. Sophokles Aias: Teukros und Menelaos (Vers 1120 ff). Electra p1b_196.020
und Chrysothemis (Vers 1023 ff). Antigone (Kreon und Haimon 726 ff. p1b_196.021
Kreon und Antigone 497 ff). 2. Shakespeares Richard III. (Akt 4, p1b_196.022
Scene 4). 3. Schillers Maria Stuart, Akt 2 Scene 8. Wallensteins p1b_196.023
Tod, Akt 4 Auftr. 11. 4. Goethes Tasso, Akt. 3 Auftr. 2. 5. Rückerts p1b_196.024
Cristoforo Colombo 3. Aufz. (Ges. Ausg. X, 367); Kaiser Heinrich IV. (Unterredung p1b_196.025
zwischen Werner und Heinrich, X, 162); Herodes der Große (Unterredung p1b_196.026
zwischen Herodes und Salome IX, 327). 6. Fr. Hebbel (Unterredung p1b_196.027
zwischen Kriemhild und Rüdeger in "die Nibelungen" 1. Akt 8. Scene). p1b_196.028
Ludw. Schneegans (Unterredung zwischen Bothwell, Hubert und Maria in p1b_196.029
"Maria, Königin von Schottland" 3. Akt 6. Auftr.).

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Teile aus Stichomythien als Proben.

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1. Hayrraddin, König, in "Ludwig XI. in Peronne" von p1b_196.032
Jos. von Auffenberg
(2. Aufz. 9. Scene).

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H. Nichts ist auf Erden sicher als der - Tod. p1b_196.034
K. Was bürgt für deine Treue bei Geschäften? p1b_196.035
H. Mein Wort. p1b_196.036
K.   Sonst Nichts? p1b_196.037
H.   Jch hab' es nie gebrochen. p1b_196.038
K. Du bist kein Christ - p1b_196.039
H.   Und dennoch lebe ich. p1b_196.040
K. Was glaubst du denn? p1b_196.041
H.   Jch glaube, was ich sehe. p1b_196.042
K. Was hoffst du wohl nach diesem Erdenleben? p1b_196.043
H. Was ich gewiß erreichen werde: Nichts. -

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Du lebst in meiner Klage p1b_196.002
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(Rückert, Kindertotenlieder 19.)

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§ 51. Unterarten der Antithesis.

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Als Unterarten der Antithese führen wir an: α. Die Stichomythie, p1b_196.010
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/230>, abgerufen am 23.11.2024.