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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Edeltanne "regenschwangere Nadelkissen" nennt. Ebenso, wenn v. Heyden im p1b_179.002
"Kampf der Hohenstaufen" von den "Tigerherden seiner Raserei" spricht; p1b_179.003
oder wenn Schiller im Fiesco ausrufen läßt: "Ach, hätt ich nur seinen p1b_179.004
Weltbau zwischen diesen Zähnen" u. s. w.; oder wenn H. Heine mit brennendem p1b_179.005
Fichtenstamme an das Himmelsgewölbe den Namen der Geliebten schreiben p1b_179.006
möchte. Die Übertreibung im Bild ist auch deshalb gewagt, weil sie leicht p1b_179.007
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Man versteht unter Katachresen (katakhresis == Mißbrauch, unrechter p1b_179.010
Gebrauch der Bilder) jene Verstöße, bei welchen der Dichter p1b_179.011
aus einem Bilde in ein anderes, fremdes verfällt.

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Die Vorschrift, im Bilde zu bleiben, sagt Vischer in seiner Ästhetik (Bd. III, p1b_179.013
Abschnitt 2, 1230) kann den echten Dichter nicht unbedingt binden. Wirkliche p1b_179.014
Verstöße, die man als sog. Katachresen zu den Sünden gegen den Geschmack p1b_179.015
rechnen muß, finden nur da statt, wo durch einen eigentümlichen Lapsus der p1b_179.016
Aufmerksamkeit aus einer Vergleichungs-Region in eine andere p1b_179.017
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die keine naturgemäße Verbindung mit der ersten p1b_179.018
zuläßt, oder wenn mit fühlbarer Absichtlichkeit ein Bild ausgesponnen p1b_179.019
und doch nur scheinbar festgehalten wird (vgl. Jean Pauls Vorsch. p1b_179.020
d. Ästh. § 51) - oder endlich wenn eine üppige Phantasie keine Grenzen mehr p1b_179.021
achtet und mit Kühnheiten, die bei richtigem Maß erlaubt wären, p1b_179.022
gar zu freigebig ist, wie die romantische mit ihren ewigen klingenden Farben, p1b_179.023
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für die Übergänge aus einem Bilde in das andere das Abgeschmackte p1b_179.025
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aufhebt. Shakespeare hat bekanntlich in seiner jugendlichen Periode jenem abgeschmackten p1b_179.030
Modeton seiner Zeit, den man Euphuismus nannte, nicht geringen p1b_179.031
Tribut gezahlt; doch ist nicht zu übersehen, daß manche besonders seltsame p1b_179.032
Bilder, die in dies Gebiet gehören, mit dem offenbaren Bewußtsein überkühner p1b_179.033
Hyperbeln gebraucht sind, die einen besonders starken und tiefen Affekt p1b_179.034
bezeichnen sollen. (Vischer weist nach, daß manche von der Phantasielosigkeit p1b_179.035
für geschmacklos erklärte Bilder Shakespeares nicht nur keiner Entschuldigung p1b_179.036
bedürfen, sondern vielmehr die höchste Bewunderung verdienen. a. a. O. p1b_179.037
S. 1232 ff.)

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bestimmten Wirkung aus einem Bild in ein anderes planvoll übergeht, kann p1b_179.040
man sie als einen berechtigten Tropus auffassen.

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Wenn z. B. Rückert in den Makamen S. 125 sagt: "Abu Seid war p1b_179.042
weggeweht mit den Heuschrecken", so ist es selbstredend, daß vom Wegwehen

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Edeltanne „regenschwangere Nadelkissen“ nennt. Ebenso, wenn v. Heyden im p1b_179.002
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Katachresis.

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Man versteht unter Katachresen (κατάχρησις == Mißbrauch, unrechter p1b_179.010
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aus einem Bilde in ein anderes, fremdes verfällt.

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Die Vorschrift, im Bilde zu bleiben, sagt Vischer in seiner Ästhetik (Bd. III, p1b_179.013
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/213>, abgerufen am 22.11.2024.