Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_155.001 gute Wehr und Waffen" [Annotation] werden z. B. zur Vergleichung wenn man sagt: p1b_155.004 "Unser Gott ist wie eine feste Burg, wie eine gute Wehr und p1b_155.005 wie eine gute Waffe." [Annotation] p1b_155.006 p1b_155.008 B. Gleichnis. p1b_155.009 p1b_155.015 p1b_155.017 Wann ist ein Gleichnis gut? Wenn man so weit es führt, p1b_155.031 Als sein Vermögen reicht und man die Wirkung spürt. p1b_155.032 Wenn es zu früh stehn bleibt, erscheint es schwach und zahm; p1b_155.033 Und wenn zu weit man's treibt, wird es bekanntlich lahm. p1b_155.034 Die Näh' zerstört den Schein, von fern ist alles gleich. p1b_155.035 Jn rechter Mitte nur ist es beziehungsreich. p1b_155.036 a. Wie in den Lüften der Sturmwind saust, p1b_155.038 p1b_155.043Man weiß nicht von wannen er kommt und braust, p1b_155.039 Wie der Quell aus verborgenen Tiefen, p1b_155.040 So des Sängers Lied aus dem Jnnern schallt, p1b_155.041 Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt, p1b_155.042 Die im Herzen wunderbar schliefen. (Schiller.) p1b_155.001 gute Wehr und Waffen“ [Annotation] werden z. B. zur Vergleichung wenn man sagt: p1b_155.004 „Unser Gott ist wie eine feste Burg, wie eine gute Wehr und p1b_155.005 wie eine gute Waffe.“ [Annotation] p1b_155.006 p1b_155.008 B. Gleichnis. p1b_155.009 p1b_155.015 p1b_155.017 Wann ist ein Gleichnis gut? Wenn man so weit es führt, p1b_155.031 Als sein Vermögen reicht und man die Wirkung spürt. p1b_155.032 Wenn es zu früh stehn bleibt, erscheint es schwach und zahm; p1b_155.033 Und wenn zu weit man's treibt, wird es bekanntlich lahm. p1b_155.034 Die Näh' zerstört den Schein, von fern ist alles gleich. p1b_155.035 Jn rechter Mitte nur ist es beziehungsreich. p1b_155.036 a. Wie in den Lüften der Sturmwind saust, p1b_155.038 p1b_155.043Man weiß nicht von wannen er kommt und braust, p1b_155.039 Wie der Quell aus verborgenen Tiefen, p1b_155.040 So des Sängers Lied aus dem Jnnern schallt, p1b_155.041 Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt, p1b_155.042 Die im Herzen wunderbar schliefen. 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Es enthält wie die Vergleichung <lb n="p1b_155.012"/> drei Teile: 1. den Gegenstand, der verglichen wird, 2. das <lb n="p1b_155.013"/> Bild, womit verglichen wird, 3. das den Beiden gemeinsame Dritte <lb n="p1b_155.014"/> (<hi rendition="#aq">tertium comparationis</hi>).</p> <p><lb n="p1b_155.015"/> Es bezieht sich nicht auf gleiche, sondern nur auf ähnliche Dinge, <lb n="p1b_155.016"/> welche behufs des Vergleichs im Bewußtsein zusammengehalten werden.</p> <p><lb n="p1b_155.017"/> Namentlich im Epos breitet sich die Vergleichung nicht selten zum Gleichnis <lb n="p1b_155.018"/> aus, wodurch für einen Augenblick das Fortschreiten der Handlung gehemmt <lb n="p1b_155.019"/> und die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Gegenstande abgelenkt wird. Während <lb n="p1b_155.020"/> die Vergleichung als das Kürzere nur andeutet, malt das Gleichnis vollständig <lb n="p1b_155.021"/> und behaglich aus. Zur Ergänzung einer der Wirklichkeit angehörenden Anschauung <lb n="p1b_155.022"/> tritt eine ähnliche. Homer, Virgil, Seneca (in den Tragödien), <lb n="p1b_155.023"/> Gryphius, Opitz und viele Neuere lieben das Gleichnis und die Vergleichung. <lb n="p1b_155.024"/> Keine Zeile kommt in manchen ihrer Dichtungen ohne irgend ein „<hi rendition="#g">wie</hi>“ vor. <lb n="p1b_155.025"/> Jm Drama würden Gleichnisse den raschen Verlauf der Handlung hemmen, <lb n="p1b_155.026"/> somit <hi rendition="#g">nicht am Platze</hi> sein. Das Drama gestattet nur <hi rendition="#g">Vergleichungen,</hi> <lb n="p1b_155.027"/> während das <hi rendition="#g">Epos</hi> das Abschweifen auf Nebensächliches zuläßt und somit das <lb n="p1b_155.028"/> Gleichnis liebt. Homers Gleichnisse sind durch ihre Einfachheit vorbildlich. <lb n="p1b_155.029"/> Über das Gleichnis läßt sich Rückert also vernehmen (Ges. Ausg. <hi rendition="#aq">VIII</hi>. 44):</p> <lb n="p1b_155.030"/> <lg> <l>Wann ist ein Gleichnis gut? 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Viele Metaphern werden Vergleichungen, wenn man sie mit dem Wörtchen p1b_155.002
„wie“ verbindet. Die Metaphern: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein p1b_155.003
gute Wehr und Waffen“ Quellenannahme: Martin Luther werden z. B. zur Vergleichung wenn man sagt: p1b_155.004
„Unser Gott ist wie eine feste Burg, wie eine gute Wehr und p1b_155.005
wie eine gute Waffe.“
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Gottschall nennt die Shakespeareschen Vergleichungen mit Recht „aufgeblätterte p1b_155.007
Metaphern“. Quelle: Rudolph Gottschall: Poetik http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10573936_00001.html
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B. Gleichnis. p1b_155.009
Eine ausgedehnte, durch mehrere Sätze fortgesponnene Vergleichung p1b_155.010
ist ein Gleichnis (similitudo). Ein Verweilen bei der Schilderung p1b_155.011
bildet seine charakteristische Eigentümlichkeit. Es enthält wie die Vergleichung p1b_155.012
drei Teile: 1. den Gegenstand, der verglichen wird, 2. das p1b_155.013
Bild, womit verglichen wird, 3. das den Beiden gemeinsame Dritte p1b_155.014
(tertium comparationis).
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Es bezieht sich nicht auf gleiche, sondern nur auf ähnliche Dinge, p1b_155.016
welche behufs des Vergleichs im Bewußtsein zusammengehalten werden.
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Namentlich im Epos breitet sich die Vergleichung nicht selten zum Gleichnis p1b_155.018
aus, wodurch für einen Augenblick das Fortschreiten der Handlung gehemmt p1b_155.019
und die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Gegenstande abgelenkt wird. Während p1b_155.020
die Vergleichung als das Kürzere nur andeutet, malt das Gleichnis vollständig p1b_155.021
und behaglich aus. Zur Ergänzung einer der Wirklichkeit angehörenden Anschauung p1b_155.022
tritt eine ähnliche. Homer, Virgil, Seneca (in den Tragödien), p1b_155.023
Gryphius, Opitz und viele Neuere lieben das Gleichnis und die Vergleichung. p1b_155.024
Keine Zeile kommt in manchen ihrer Dichtungen ohne irgend ein „wie“ vor. p1b_155.025
Jm Drama würden Gleichnisse den raschen Verlauf der Handlung hemmen, p1b_155.026
somit nicht am Platze sein. Das Drama gestattet nur Vergleichungen, p1b_155.027
während das Epos das Abschweifen auf Nebensächliches zuläßt und somit das p1b_155.028
Gleichnis liebt. Homers Gleichnisse sind durch ihre Einfachheit vorbildlich. p1b_155.029
Über das Gleichnis läßt sich Rückert also vernehmen (Ges. Ausg. VIII. 44):
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Wann ist ein Gleichnis gut? Wenn man so weit es führt, p1b_155.031
Als sein Vermögen reicht und man die Wirkung spürt. p1b_155.032
Wenn es zu früh stehn bleibt, erscheint es schwach und zahm; p1b_155.033
Und wenn zu weit man's treibt, wird es bekanntlich lahm. p1b_155.034
Die Näh' zerstört den Schein, von fern ist alles gleich. p1b_155.035
Jn rechter Mitte nur ist es beziehungsreich.
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Beispiele des Gleichnisses:
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a.
Wie in den Lüften der Sturmwind saust, p1b_155.038
Man weiß nicht von wannen er kommt und braust, p1b_155.039
Wie der Quell aus verborgenen Tiefen, p1b_155.040
So des Sängers Lied aus dem Jnnern schallt, p1b_155.041
Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt, p1b_155.042
Die im Herzen wunderbar schliefen.
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