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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Tropen zeichnet sich die Physiognomie der Nation wie des einzelnen Schriftstellers. [Annotation]

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Den näheren Nachweis, um den es uns hier nicht zu thun sein kann, liefert p1b_150.003
Brinkmann in seiner Arbeit "Die Metaphern", in deren 1. Teil (S. 213-582) p1b_150.004
er zunächst auf die Tierbilder der Sprache sich beschränkte. Jn den meisten p1b_150.005
Fällen geht er auf den Grund, indem er den Ursprung der Tropen untersucht, [Annotation]p1b_150.006
was Rückert (Ges.=Ausg. VII. 32) in "Etymologie" schon im Herbst 1833 p1b_150.007
also anrät:

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Wenn du deinen Ausdruck willst beleben, p1b_150.009
So daß er nie totgeboren sei, p1b_150.010
Mußt auf Wortes Ursprung Achtung geben, p1b_150.011
Wie auch fern er ihm verloren sei. p1b_150.012
Nur der Wurzel kann die Blüt' entstreben.
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Hören kennst du; kennst du auch Gehören? p1b_150.014
Und Aufhören auch gehört dazu. p1b_150.015
Doch was haben beide mit dem Hören p1b_150.016
Nun zu schaffen? fragst du; forsche du! p1b_150.017
Forsche fein gehörig ohn' Aufhören u. s. w.

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III. Aus den Tropen erblühte die Mythologie.

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Die meisten Mythen sind aus dem Mißverständnis der Tropen p1b_150.020
entstanden. Somit haben die Tropen die Mythologie geschaffen.

[Annotation]

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Einen beachtenswerten Beweis für diese hochinteressante Thatsache hat p1b_150.022
Max Müller in der 8.-12. seiner Vorlesungen geliefert. (Deutsche Ausgabe p1b_150.023
von Böttcher S. 315 ff.) [Annotation]

Er sagt a. a. O. S. 356: Es war für p1b_150.024
Leute, welche die goldenen Sonnenstrahlen beobachteten, wie sie - so p1b_150.025
zu sagen - mit dem Laub der Bäume spielten, ein sehr natürlicher Gedanke, p1b_150.026
von diesen sich hinstreckenden Strahlen, wie von Händen oder Armen zu p1b_150.027
reden. [Annotation] So finden wir denn, daß in dem Veda Savitar als einer der Sonnennamen p1b_150.028
auch "Goldhand" genannt wird. [Annotation] Wer hätte da wohl geglaubt, daß p1b_150.029
eine so einfache Metapher jemals ein mythologisches Mißverständnis veranlassen p1b_150.030
könnte? Trotzalledem finden wir, daß die Veda-Ausleger in dem Beinamen p1b_150.031
goldhändig in seiner Anwendung auf die Sonne nicht den goldigen Glanz p1b_150.032
ihrer Strahlen, sondern das Gold erkennen, welches der Sonnengott in seinen p1b_150.033
Händen trägt und auf seine frommen Verehrer herabzuschütten bereit ist. Das p1b_150.034
alte natürliche Beiwort muß dann zu einer Art menschlicher Nutzanwendung p1b_150.035
herhalten, und das Volk wird zur Sonnenverehrung angehalten, weil die Sonne p1b_150.036
Gold in den Händen halte, um es ihren Priestern zu spenden. Aber die p1b_150.037
Sonne mit goldenen Händen hat sich nicht nur in eine weise Vorschrift umgewandelt, p1b_150.038
sondern sich auch zu einem ganz ordentlichen Mythus gestaltet. p1b_150.039
Mochte man nun die natürliche Bedeutung der goldhandigen Sonne verfehlen, p1b_150.040
oder dieselbe nicht sehen wollen, - so viel steht fest, daß die ältesten theologischen p1b_150.041
Abhandlungen vom Sonnengotte erzählen, daß er sich bei einem Opfer p1b_150.042
die Hand abgeschnitten habe, und daß die Priester sie durch eine künstliche, p1b_150.043
aus Gold verfertigte Hand ersetzt hätten. Jn späterer Zeit wird der Sonnengott p1b_150.044
unter dem Namen Savitar sogar selbst zu einem Priester, ja, eine

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Tropen zeichnet sich die Physiognomie der Nation wie des einzelnen Schriftstellers. [Annotation]

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III. Aus den Tropen erblühte die Mythologie.

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Die meisten Mythen sind aus dem Mißverständnis der Tropen p1b_150.020
entstanden. Somit haben die Tropen die Mythologie geschaffen.

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Einen beachtenswerten Beweis für diese hochinteressante Thatsache hat p1b_150.022
Max Müller in der 8.─12. seiner Vorlesungen geliefert. (Deutsche Ausgabe p1b_150.023
von Böttcher S. 315 ff.) [Annotation]

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/184>, abgerufen am 13.05.2024.