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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Zweites Kapitel.
Freiheit die Herrschaft über das Recht nicht ganz aus seinen
Händen geben; und wenn es zur Erlangung einer größeren
Rechtssicherheit und aus Rücksicht auf die Förderung und Si-
cherung der Geschäfte einen eigenen Juristenstand aufkommen
läßt, so wird es doch darnach streben, ihn in seiner Thätigkeit
durch feste Institutionen zu beschränken und überhaupt arg-
wöhnisch überwachen. So ist es in England. -- Daher er-
klärt es sich auch, daß in Deutschland, seitdem es wieder zu
einem regeren politischen Leben erwacht ist, die fast ausschließ-
liche Herrschaft der Juristen über das Recht schwer gefühlt
wird, und daß eine Reaction dagegen im Volke sich zu regen
beginnt. v. Savigny (a. a. O. S. 48) sucht nun freilich
durch folgende Bemerkung einer solchen Mißstimmung jede
Begründung abzusprechen:
"Es erscheint also hierin ein mannichfaltiger Einfluß
des Juristenstandes auf das positive Recht. Gegen die
Behauptung dieses Einflusses ist zuweilen der Vorwurf
einer unbefugten Anmaaßung erhoben worden. Dieser
Vorwurf könnte nur dann gegründet seyn, wenn die
Juristen einen geschlossenen Stand bilden wollten. Da
aber Jeder Jurist werden kann, der die nöthige Kraft
darauf wendet, so liegt in jener Behauptung nur der
einfache Satz, daß, Wer das Recht zu seinem Lebens-
beruf macht, durch seine größere Sachkenntniß mehr als
Andere auf das Recht Einfluß haben wird."

Allein wenn man den Vorwurf nur anders formulirt,
und nicht gegen die Juristen, welche die Herrschaft ausüben,
sondern gegen die Rechtsverfassung selbst, in welcher sie noth-
wendig ist, richtet, so wird jene Argumentation ihn nicht en.

Zweites Kapitel.
Freiheit die Herrſchaft uͤber das Recht nicht ganz aus ſeinen
Haͤnden geben; und wenn es zur Erlangung einer groͤßeren
Rechtsſicherheit und aus Ruͤckſicht auf die Foͤrderung und Si-
cherung der Geſchaͤfte einen eigenen Juriſtenſtand aufkommen
laͤßt, ſo wird es doch darnach ſtreben, ihn in ſeiner Thaͤtigkeit
durch feſte Inſtitutionen zu beſchraͤnken und uͤberhaupt arg-
woͤhniſch uͤberwachen. So iſt es in England. — Daher er-
klaͤrt es ſich auch, daß in Deutſchland, ſeitdem es wieder zu
einem regeren politiſchen Leben erwacht iſt, die faſt ausſchließ-
liche Herrſchaft der Juriſten uͤber das Recht ſchwer gefuͤhlt
wird, und daß eine Reaction dagegen im Volke ſich zu regen
beginnt. v. Savigny (a. a. O. S. 48) ſucht nun freilich
durch folgende Bemerkung einer ſolchen Mißſtimmung jede
Begruͤndung abzuſprechen:
„Es erſcheint alſo hierin ein mannichfaltiger Einfluß
des Juriſtenſtandes auf das poſitive Recht. Gegen die
Behauptung dieſes Einfluſſes iſt zuweilen der Vorwurf
einer unbefugten Anmaaßung erhoben worden. Dieſer
Vorwurf koͤnnte nur dann gegruͤndet ſeyn, wenn die
Juriſten einen geſchloſſenen Stand bilden wollten. Da
aber Jeder Juriſt werden kann, der die noͤthige Kraft
darauf wendet, ſo liegt in jener Behauptung nur der
einfache Satz, daß, Wer das Recht zu ſeinem Lebens-
beruf macht, durch ſeine groͤßere Sachkenntniß mehr als
Andere auf das Recht Einfluß haben wird.“

Allein wenn man den Vorwurf nur anders formulirt,
und nicht gegen die Juriſten, welche die Herrſchaft ausuͤben,
ſondern gegen die Rechtsverfaſſung ſelbſt, in welcher ſie noth-
wendig iſt, richtet, ſo wird jene Argumentation ihn nicht en.

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[70/0082] Zweites Kapitel. Freiheit die Herrſchaft uͤber das Recht nicht ganz aus ſeinen Haͤnden geben; und wenn es zur Erlangung einer groͤßeren Rechtsſicherheit und aus Ruͤckſicht auf die Foͤrderung und Si- cherung der Geſchaͤfte einen eigenen Juriſtenſtand aufkommen laͤßt, ſo wird es doch darnach ſtreben, ihn in ſeiner Thaͤtigkeit durch feſte Inſtitutionen zu beſchraͤnken und uͤberhaupt arg- woͤhniſch uͤberwachen. So iſt es in England. — Daher er- klaͤrt es ſich auch, daß in Deutſchland, ſeitdem es wieder zu einem regeren politiſchen Leben erwacht iſt, die faſt ausſchließ- liche Herrſchaft der Juriſten uͤber das Recht ſchwer gefuͤhlt wird, und daß eine Reaction dagegen im Volke ſich zu regen beginnt. v. Savigny (a. a. O. S. 48) ſucht nun freilich durch folgende Bemerkung einer ſolchen Mißſtimmung jede Begruͤndung abzuſprechen: „Es erſcheint alſo hierin ein mannichfaltiger Einfluß des Juriſtenſtandes auf das poſitive Recht. Gegen die Behauptung dieſes Einfluſſes iſt zuweilen der Vorwurf einer unbefugten Anmaaßung erhoben worden. Dieſer Vorwurf koͤnnte nur dann gegruͤndet ſeyn, wenn die Juriſten einen geſchloſſenen Stand bilden wollten. Da aber Jeder Juriſt werden kann, der die noͤthige Kraft darauf wendet, ſo liegt in jener Behauptung nur der einfache Satz, daß, Wer das Recht zu ſeinem Lebens- beruf macht, durch ſeine groͤßere Sachkenntniß mehr als Andere auf das Recht Einfluß haben wird.“ Allein wenn man den Vorwurf nur anders formulirt, und nicht gegen die Juriſten, welche die Herrſchaft ausuͤben, ſondern gegen die Rechtsverfaſſung ſelbſt, in welcher ſie noth- wendig iſt, richtet, ſo wird jene Argumentation ihn nicht en.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/82>, abgerufen am 24.11.2024.