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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Zwölftes Kapitel.
sich vorzugsweise verdient gemacht haben; im Civilproceß kann
noch besonders die Beibehaltung der Verhandlungsmaxime
(wenn auch in dieser Beziehung eine gewisse starre Einseitig-
keit nicht zu verkennen ist), ferner die bestimmte Scheidung von
Einlassung und Einrede, so wie die Ausbildung des Beweis-
interlocuts, im Criminalproceß wenigstens die Sorgfalt bei der
Feststellung des objectiven Thatbestandes an ihnen gerühmt
werden. Auch im Privatrecht haben sie manche Lehre zeit-
gemäß entwickelt, z. B. die von den Zinsen, und zuweilen
selbst dann ein günstiges Resultat hervorgerufen, wenn ihre
Ueberzeugung zunächst auch auf Mißverständnissen und Irr-
thümern beruhte. Ein Beispiel wird dieß deutlicher machen.
Mit der Aufnahme des römischen Rechts kamen auch dessen
Grundsätze über die Privilegien des Fiscus großen Theils zur
practischen Geltung, -- eine Thatsache, die sich nicht wegleug-
nen läßt, obgleich die betreffenden Bestimmungen offenbar dem
öffentlichen Recht, ja man kann fast sagen dem Staatsrecht
angehören, welches letztere sonst doch nicht recipirt worden ist.
Die ältere Theorie von der absoluten Geltung des römischen
Rechts und später die Macht der Regierungen und die ihrem
Interesse dienstbare Beflissenheit der Juristen sind wohl die
Veranlassung gewesen, daß man eben bei der römischen Fis-
cuslehre eine Ausnahme gemacht hat, obgleich sie in ihrer ganz
eigenthümlichen Entwicklung der Verfassung und den Rechts-
ansichten der Deutschen wenig entsprach. Daher mag es denn
nun aber gekommen seyn, daß die Juristen es sich doch an-
gelegen seyn ließen, jene exorbitanten Privilegien auf die eine
oder die andere Art zu mäßigen, und dazu gelangten sie auf
folgende Weise. Eine Stelle des römischen Rechts (L. 10.
D. de jure fisci
) lautet also:

Zwoͤlftes Kapitel.
ſich vorzugsweiſe verdient gemacht haben; im Civilproceß kann
noch beſonders die Beibehaltung der Verhandlungsmaxime
(wenn auch in dieſer Beziehung eine gewiſſe ſtarre Einſeitig-
keit nicht zu verkennen iſt), ferner die beſtimmte Scheidung von
Einlaſſung und Einrede, ſo wie die Ausbildung des Beweis-
interlocuts, im Criminalproceß wenigſtens die Sorgfalt bei der
Feſtſtellung des objectiven Thatbeſtandes an ihnen geruͤhmt
werden. Auch im Privatrecht haben ſie manche Lehre zeit-
gemaͤß entwickelt, z. B. die von den Zinſen, und zuweilen
ſelbſt dann ein guͤnſtiges Reſultat hervorgerufen, wenn ihre
Ueberzeugung zunaͤchſt auch auf Mißverſtaͤndniſſen und Irr-
thuͤmern beruhte. Ein Beiſpiel wird dieß deutlicher machen.
Mit der Aufnahme des roͤmiſchen Rechts kamen auch deſſen
Grundſaͤtze uͤber die Privilegien des Fiscus großen Theils zur
practiſchen Geltung, — eine Thatſache, die ſich nicht wegleug-
nen laͤßt, obgleich die betreffenden Beſtimmungen offenbar dem
oͤffentlichen Recht, ja man kann faſt ſagen dem Staatsrecht
angehoͤren, welches letztere ſonſt doch nicht recipirt worden iſt.
Die aͤltere Theorie von der abſoluten Geltung des roͤmiſchen
Rechts und ſpaͤter die Macht der Regierungen und die ihrem
Intereſſe dienſtbare Befliſſenheit der Juriſten ſind wohl die
Veranlaſſung geweſen, daß man eben bei der roͤmiſchen Fis-
cuslehre eine Ausnahme gemacht hat, obgleich ſie in ihrer ganz
eigenthuͤmlichen Entwicklung der Verfaſſung und den Rechts-
anſichten der Deutſchen wenig entſprach. Daher mag es denn
nun aber gekommen ſeyn, daß die Juriſten es ſich doch an-
gelegen ſeyn ließen, jene exorbitanten Privilegien auf die eine
oder die andere Art zu maͤßigen, und dazu gelangten ſie auf
folgende Weiſe. Eine Stelle des roͤmiſchen Rechts (L. 10.
D. de jure fisci
) lautet alſo:

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[358/0370] Zwoͤlftes Kapitel. ſich vorzugsweiſe verdient gemacht haben; im Civilproceß kann noch beſonders die Beibehaltung der Verhandlungsmaxime (wenn auch in dieſer Beziehung eine gewiſſe ſtarre Einſeitig- keit nicht zu verkennen iſt), ferner die beſtimmte Scheidung von Einlaſſung und Einrede, ſo wie die Ausbildung des Beweis- interlocuts, im Criminalproceß wenigſtens die Sorgfalt bei der Feſtſtellung des objectiven Thatbeſtandes an ihnen geruͤhmt werden. Auch im Privatrecht haben ſie manche Lehre zeit- gemaͤß entwickelt, z. B. die von den Zinſen, und zuweilen ſelbſt dann ein guͤnſtiges Reſultat hervorgerufen, wenn ihre Ueberzeugung zunaͤchſt auch auf Mißverſtaͤndniſſen und Irr- thuͤmern beruhte. Ein Beiſpiel wird dieß deutlicher machen. Mit der Aufnahme des roͤmiſchen Rechts kamen auch deſſen Grundſaͤtze uͤber die Privilegien des Fiscus großen Theils zur practiſchen Geltung, — eine Thatſache, die ſich nicht wegleug- nen laͤßt, obgleich die betreffenden Beſtimmungen offenbar dem oͤffentlichen Recht, ja man kann faſt ſagen dem Staatsrecht angehoͤren, welches letztere ſonſt doch nicht recipirt worden iſt. Die aͤltere Theorie von der abſoluten Geltung des roͤmiſchen Rechts und ſpaͤter die Macht der Regierungen und die ihrem Intereſſe dienſtbare Befliſſenheit der Juriſten ſind wohl die Veranlaſſung geweſen, daß man eben bei der roͤmiſchen Fis- cuslehre eine Ausnahme gemacht hat, obgleich ſie in ihrer ganz eigenthuͤmlichen Entwicklung der Verfaſſung und den Rechts- anſichten der Deutſchen wenig entſprach. Daher mag es denn nun aber gekommen ſeyn, daß die Juriſten es ſich doch an- gelegen ſeyn ließen, jene exorbitanten Privilegien auf die eine oder die andere Art zu maͤßigen, und dazu gelangten ſie auf folgende Weiſe. Eine Stelle des roͤmiſchen Rechts (L. 10. D. de jure fisci) lautet alſo:

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/370>, abgerufen am 26.11.2024.