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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Fortsetzung. -- Das Recht der Genossenschaft.
welche die Substanz des Vermögens auf die Dauer mit der
Gesammtheit verbindet, es aber zugleich seinem Werthe nach
in einzelne Theile zerlegt, an welchen den Mitgliedern ein pri-
vatives Eigenthum zusteht. Schon im älteren deutschen Rechte
finden sich solche Verhältnisse in den Ganerbschaften, den Ge-
werkschaften der Bergbauinteressenten u. s. w. ausgebildet; im
modernen Rechte sind noch die so sehr wichtigen Actienvereine
hinzugekommen. Fassen wir diese letzteren etwas näher ins
Auge. Der Actienverein ist eine Genossenschaft, und das Ver-
mögen gehört der Corporation als solcher und dient deren
Zwecken; besondere Nutzungsrechte der einzelnen Genossen, wie
sie noch bei den Gemeinern der Ganerbschaft in Beziehung auf
Wohnung, Wiese, Wald, Jagd u. s. w. sich finden, kommen
hier nicht vor. Aber das Corporationsvermögen dient nicht
bloß der Gesammtheit, sondern auch dem Interesse der Einzel-
nen: es wird nach Bruchtheilen, welche dem Einlagecapital
entsprechen, in ideelle Theile zerlegt, und diese, durch die Actie
repräsentirt, gehören dem Inhaber zu vollem Eigenthum, inso-
fern es nicht von dem Princip der Genossenschaft beschränkt
wird. Eine solche Beschränkung aber besteht darin, daß die
Theilungsklage für die Actionäre wegfällt, und daß überhaupt
in allen Beziehungen, wo nicht der ideelle Vermögenstheil als
solcher oder dessen Repräsentant, die Actie, in Betracht kommt,
das corporative Princip dem Sonderrechte überlegen ist.

a. Die Actie ist dem Privatverkehr überlassen, und kann
durch bloße Aushändigung in das Eigenthum eines Andern
übergehen. Mit dem Erwerb der Actie ist zugleich für den
Inhaber die Wirkung verbunden, daß er dadurch in die Ge-
nossenschaft aufgenommen wird, ähnlich, wie es bei der Rhe-
derei durch Erwerbung von Schiffsparten und bei den Ge-

Fortſetzung. — Das Recht der Genoſſenſchaft.
welche die Subſtanz des Vermoͤgens auf die Dauer mit der
Geſammtheit verbindet, es aber zugleich ſeinem Werthe nach
in einzelne Theile zerlegt, an welchen den Mitgliedern ein pri-
vatives Eigenthum zuſteht. Schon im aͤlteren deutſchen Rechte
finden ſich ſolche Verhaͤltniſſe in den Ganerbſchaften, den Ge-
werkſchaften der Bergbauintereſſenten u. ſ. w. ausgebildet; im
modernen Rechte ſind noch die ſo ſehr wichtigen Actienvereine
hinzugekommen. Faſſen wir dieſe letzteren etwas naͤher ins
Auge. Der Actienverein iſt eine Genoſſenſchaft, und das Ver-
moͤgen gehoͤrt der Corporation als ſolcher und dient deren
Zwecken; beſondere Nutzungsrechte der einzelnen Genoſſen, wie
ſie noch bei den Gemeinern der Ganerbſchaft in Beziehung auf
Wohnung, Wieſe, Wald, Jagd u. ſ. w. ſich finden, kommen
hier nicht vor. Aber das Corporationsvermoͤgen dient nicht
bloß der Geſammtheit, ſondern auch dem Intereſſe der Einzel-
nen: es wird nach Bruchtheilen, welche dem Einlagecapital
entſprechen, in ideelle Theile zerlegt, und dieſe, durch die Actie
repraͤſentirt, gehoͤren dem Inhaber zu vollem Eigenthum, inſo-
fern es nicht von dem Princip der Genoſſenſchaft beſchraͤnkt
wird. Eine ſolche Beſchraͤnkung aber beſteht darin, daß die
Theilungsklage fuͤr die Actionaͤre wegfaͤllt, und daß uͤberhaupt
in allen Beziehungen, wo nicht der ideelle Vermoͤgenstheil als
ſolcher oder deſſen Repraͤſentant, die Actie, in Betracht kommt,
das corporative Princip dem Sonderrechte uͤberlegen iſt.

a. Die Actie iſt dem Privatverkehr uͤberlaſſen, und kann
durch bloße Aushaͤndigung in das Eigenthum eines Andern
uͤbergehen. Mit dem Erwerb der Actie iſt zugleich fuͤr den
Inhaber die Wirkung verbunden, daß er dadurch in die Ge-
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derei durch Erwerbung von Schiffsparten und bei den Ge-

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[187/0199] Fortſetzung. — Das Recht der Genoſſenſchaft. welche die Subſtanz des Vermoͤgens auf die Dauer mit der Geſammtheit verbindet, es aber zugleich ſeinem Werthe nach in einzelne Theile zerlegt, an welchen den Mitgliedern ein pri- vatives Eigenthum zuſteht. Schon im aͤlteren deutſchen Rechte finden ſich ſolche Verhaͤltniſſe in den Ganerbſchaften, den Ge- werkſchaften der Bergbauintereſſenten u. ſ. w. ausgebildet; im modernen Rechte ſind noch die ſo ſehr wichtigen Actienvereine hinzugekommen. Faſſen wir dieſe letzteren etwas naͤher ins Auge. Der Actienverein iſt eine Genoſſenſchaft, und das Ver- moͤgen gehoͤrt der Corporation als ſolcher und dient deren Zwecken; beſondere Nutzungsrechte der einzelnen Genoſſen, wie ſie noch bei den Gemeinern der Ganerbſchaft in Beziehung auf Wohnung, Wieſe, Wald, Jagd u. ſ. w. ſich finden, kommen hier nicht vor. Aber das Corporationsvermoͤgen dient nicht bloß der Geſammtheit, ſondern auch dem Intereſſe der Einzel- nen: es wird nach Bruchtheilen, welche dem Einlagecapital entſprechen, in ideelle Theile zerlegt, und dieſe, durch die Actie repraͤſentirt, gehoͤren dem Inhaber zu vollem Eigenthum, inſo- fern es nicht von dem Princip der Genoſſenſchaft beſchraͤnkt wird. Eine ſolche Beſchraͤnkung aber beſteht darin, daß die Theilungsklage fuͤr die Actionaͤre wegfaͤllt, und daß uͤberhaupt in allen Beziehungen, wo nicht der ideelle Vermoͤgenstheil als ſolcher oder deſſen Repraͤſentant, die Actie, in Betracht kommt, das corporative Princip dem Sonderrechte uͤberlegen iſt. a. Die Actie iſt dem Privatverkehr uͤberlaſſen, und kann durch bloße Aushaͤndigung in das Eigenthum eines Andern uͤbergehen. Mit dem Erwerb der Actie iſt zugleich fuͤr den Inhaber die Wirkung verbunden, daß er dadurch in die Ge- noſſenſchaft aufgenommen wird, aͤhnlich, wie es bei der Rhe- derei durch Erwerbung von Schiffsparten und bei den Ge-

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/199>, abgerufen am 30.04.2024.