Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Sechstes Kapitel. einen selbständigen dinglichen Charakter an sich tragen, undden Berechtigten nicht ohne ihre Zustimmung entzogen werden können, so daß, wenn dieß aus höheren Staatszwecken. doch geschieht, das Princip der Expropriation zur Anwendung ge- bracht wird. Solche Verhältnisse finden sich namentlich bei den Markengenossenschaften, aber zuweilen auch bei den Deich- verbänden, geistlichen Stiftern, Zünften, Gilden u. s. w. Das Recht der Einzelnen kann aber dabei seinem Umfange und seinem Inhalte nach sehr verschieden seyn, so daß es bald nur einzelne Nutzungsrechte an einzelnen Gütern der Corporation befaßt, bald aber das ganze gemeinsame Vermögen davon ergriffen wird. Dabei bekommt denn die Art der Ausübung ihre nä- here Bestimmung in der Verfassung der Genossenschaft, welche das Recht der Gesammtheit und das der Einzelnen in ihrer wechselseitigen Beziehung fest stellt, und die harmonische Durch- führung des so bestimmten Verhältnisses sichert. Dasselbe Prin- cip findet auch bei der Familie des hohen Adels seine Anwen- dung, nur daß es hier durch die bevorzugte Stellung des Fa- milienhauptes eigenthümlich modificirt wird. 3. Die dritte Classe, welche unter den Genossenschaften Sechſtes Kapitel. einen ſelbſtaͤndigen dinglichen Charakter an ſich tragen, undden Berechtigten nicht ohne ihre Zuſtimmung entzogen werden koͤnnen, ſo daß, wenn dieß aus hoͤheren Staatszwecken. doch geſchieht, das Princip der Expropriation zur Anwendung ge- bracht wird. Solche Verhaͤltniſſe finden ſich namentlich bei den Markengenoſſenſchaften, aber zuweilen auch bei den Deich- verbaͤnden, geiſtlichen Stiftern, Zuͤnften, Gilden u. ſ. w. Das Recht der Einzelnen kann aber dabei ſeinem Umfange und ſeinem Inhalte nach ſehr verſchieden ſeyn, ſo daß es bald nur einzelne Nutzungsrechte an einzelnen Guͤtern der Corporation befaßt, bald aber das ganze gemeinſame Vermoͤgen davon ergriffen wird. Dabei bekommt denn die Art der Ausuͤbung ihre naͤ- here Beſtimmung in der Verfaſſung der Genoſſenſchaft, welche das Recht der Geſammtheit und das der Einzelnen in ihrer wechſelſeitigen Beziehung feſt ſtellt, und die harmoniſche Durch- fuͤhrung des ſo beſtimmten Verhaͤltniſſes ſichert. Daſſelbe Prin- cip findet auch bei der Familie des hohen Adels ſeine Anwen- dung, nur daß es hier durch die bevorzugte Stellung des Fa- milienhauptes eigenthuͤmlich modificirt wird. 3. Die dritte Claſſe, welche unter den Genoſſenſchaften <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0198" n="186"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechſtes Kapitel</hi>.</fw><lb/> einen ſelbſtaͤndigen dinglichen Charakter an ſich tragen, und<lb/> den Berechtigten nicht ohne ihre Zuſtimmung entzogen werden<lb/> koͤnnen, ſo daß, wenn dieß aus hoͤheren Staatszwecken. doch<lb/> geſchieht, das Princip der Expropriation zur Anwendung ge-<lb/> bracht wird. Solche Verhaͤltniſſe finden ſich namentlich bei<lb/> den Markengenoſſenſchaften, aber zuweilen auch bei den Deich-<lb/> verbaͤnden, geiſtlichen Stiftern, Zuͤnften, Gilden u. ſ. w. Das<lb/> Recht der Einzelnen kann aber dabei ſeinem Umfange und ſeinem<lb/> Inhalte nach ſehr verſchieden ſeyn, ſo daß es bald nur einzelne<lb/> Nutzungsrechte an einzelnen Guͤtern der Corporation befaßt,<lb/> bald aber das ganze gemeinſame Vermoͤgen davon ergriffen<lb/> wird. Dabei bekommt denn die Art der Ausuͤbung ihre naͤ-<lb/> here Beſtimmung in der Verfaſſung der Genoſſenſchaft, welche<lb/> das Recht der Geſammtheit und das der Einzelnen in ihrer<lb/> wechſelſeitigen Beziehung feſt ſtellt, und die harmoniſche Durch-<lb/> fuͤhrung des ſo beſtimmten Verhaͤltniſſes ſichert. Daſſelbe Prin-<lb/> cip findet auch bei der Familie des hohen Adels ſeine Anwen-<lb/> dung, nur daß es hier durch die bevorzugte Stellung des Fa-<lb/> milienhauptes eigenthuͤmlich modificirt wird.</p><lb/> <p>3. Die dritte Claſſe, welche unter den Genoſſenſchaften<lb/> in Beziehung auf das Vermoͤgensrecht hervorzuheben iſt, hat<lb/> das Beſondere, daß die im Eigenthum enthaltenen Rechte<lb/> nicht bloß zwiſchen der Geſammtheit und den einzelnen Mit-<lb/> gliedern vertheilt ſind, ſondern daß ſich die doppelte Seite des<lb/> ganzen Inſtituts in der Weiſe an dem Vermoͤgen darſtellt,<lb/> daß daſſelbe zugleich als einheitliches Corporationsgut, unter<lb/> dem Geſichtspunct der <hi rendition="#aq">universitas,</hi> und in ideelle Theile zer-<lb/> legt, als Miteigenthum der einzelnen Genoſſen nach dem Prin-<lb/> cip der <hi rendition="#aq">communio</hi> in Betracht kommt. Die Vermittlung die-<lb/> ſer Begriffe liegt wieder in der Verfaſſung der Genoſſenſchaft,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0198]
Sechſtes Kapitel.
einen ſelbſtaͤndigen dinglichen Charakter an ſich tragen, und
den Berechtigten nicht ohne ihre Zuſtimmung entzogen werden
koͤnnen, ſo daß, wenn dieß aus hoͤheren Staatszwecken. doch
geſchieht, das Princip der Expropriation zur Anwendung ge-
bracht wird. Solche Verhaͤltniſſe finden ſich namentlich bei
den Markengenoſſenſchaften, aber zuweilen auch bei den Deich-
verbaͤnden, geiſtlichen Stiftern, Zuͤnften, Gilden u. ſ. w. Das
Recht der Einzelnen kann aber dabei ſeinem Umfange und ſeinem
Inhalte nach ſehr verſchieden ſeyn, ſo daß es bald nur einzelne
Nutzungsrechte an einzelnen Guͤtern der Corporation befaßt,
bald aber das ganze gemeinſame Vermoͤgen davon ergriffen
wird. Dabei bekommt denn die Art der Ausuͤbung ihre naͤ-
here Beſtimmung in der Verfaſſung der Genoſſenſchaft, welche
das Recht der Geſammtheit und das der Einzelnen in ihrer
wechſelſeitigen Beziehung feſt ſtellt, und die harmoniſche Durch-
fuͤhrung des ſo beſtimmten Verhaͤltniſſes ſichert. Daſſelbe Prin-
cip findet auch bei der Familie des hohen Adels ſeine Anwen-
dung, nur daß es hier durch die bevorzugte Stellung des Fa-
milienhauptes eigenthuͤmlich modificirt wird.
3. Die dritte Claſſe, welche unter den Genoſſenſchaften
in Beziehung auf das Vermoͤgensrecht hervorzuheben iſt, hat
das Beſondere, daß die im Eigenthum enthaltenen Rechte
nicht bloß zwiſchen der Geſammtheit und den einzelnen Mit-
gliedern vertheilt ſind, ſondern daß ſich die doppelte Seite des
ganzen Inſtituts in der Weiſe an dem Vermoͤgen darſtellt,
daß daſſelbe zugleich als einheitliches Corporationsgut, unter
dem Geſichtspunct der universitas, und in ideelle Theile zer-
legt, als Miteigenthum der einzelnen Genoſſen nach dem Prin-
cip der communio in Betracht kommt. Die Vermittlung die-
ſer Begriffe liegt wieder in der Verfaſſung der Genoſſenſchaft,
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