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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. etc.
Kommission glaubt, daß dieser Sinn des Gesetzes jetzt deutlicher hervor-
tritt, als wenn dem §. 260. ein Zusatz gegeben und darin im Falle
mildernder Umstände eine Ermäßigung der Strafe zugelassen wird."

d. Denjenigen Gegenständen, durch deren Anzünden eine Brand-
stiftung verübt wird, sind in Beziehung auf dieses Verbrechen solche
Sachen gleichgesetzt, welche vermöge ihrer Beschaffenheit und Lage ge-
eignet sind, jenen Gegenständen das Feuer mitzutheilen (§. 287.). In
dem Entwurf von 1843. §. 529. war dieß nur in Beziehung auf die
Wohnungen vorgeschrieben, indem es hieß:

"Diese Bestimmungen finden auch dann Anwendung, wenn Ge-
genstände, welche sich in der Nähe der gedachten Gebäude befinden, an-
gezündet worden sind, und aus den Umständen erhellet, daß solches in
der Absicht geschehen ist, diese Gebäude in Brand zu setzen."

Später wurde eine solche Bestimmung für überflüssig gehalten;
wenn jemand ein Gebäude in Brand stecken wolle, sei es gleichgültig,
ob er dasselbe unmittelbar oder vermittelst eines anderen Gegenstandes
anzünde. t) Der Entwurf von 1847. §. 360. setzte aber dennoch fest:

"Die Strafvorschriften des §. 358. sind auch auf denjenigen an-
wendbar, welcher Gegenstände irgend einer Art, die vermöge ihrer Lage
geeignet sind, das Feuer den in den §§. 358. und 359. bezeichneten
Gebäuden oder Räumlichkeiten mitzutheilen, mit Kenntniß dieser Ge-
fahr, vorsätzlich in Brand setzt, wie z. B. benachbarte unbewohnte Ge-
bäude, Vorräthe von Holz, Heu oder Stroh."

Der Entwurf von 1850. endlich dehnte die Bestimmung auch auf
die in §. 286. des Gesetzbuchs vorgesehene Brandstiftung mit gemeiner
Gefahr für das Eigenthum aus, und stellte in Beziehung auf den Do-
lus für diese mittelbare Brandstiftung kein besonderes Erforderniß auf.

III. Auch wenn eine Handlung, welche das Verbrechen der Brand-
stiftung begründet, aus Fahrlässigkeit begangen ist, soll nach §. 288. eine
Strafe eintreten; zum gesetzlichen Thatbestande des Verbrechens gehört
aber der Dolus, zu dessen Bezeichnung der Ausdruck "vorsätzlich" ge-
wählt ist. Es hat dieß denselben Sinn, welchen das Französische Recht
mit volontairement verbindet, u) und bedeutet, daß die Absicht der
Handlung auf die Erregung des Brandes (der Feuersbrunst) gerichtet
war. Genauere Bestimmungen über die Beschaffenheit des Dolus bei
diesem Verbrechen sind auch in den übrigen neueren Strafgesetzbüchern
nicht für nöthig erachtet worden; nur das Hannoversche (Art. 181.)
enthält noch eine weitere Ausführung, indem es bestimmt:


t) Revision von 1845. III. S. 80.
u) Chauveau et Helie Faustin. l. c. p. 200.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc.
Kommiſſion glaubt, daß dieſer Sinn des Geſetzes jetzt deutlicher hervor-
tritt, als wenn dem §. 260. ein Zuſatz gegeben und darin im Falle
mildernder Umſtände eine Ermäßigung der Strafe zugelaſſen wird.“

d. Denjenigen Gegenſtänden, durch deren Anzünden eine Brand-
ſtiftung verübt wird, ſind in Beziehung auf dieſes Verbrechen ſolche
Sachen gleichgeſetzt, welche vermöge ihrer Beſchaffenheit und Lage ge-
eignet ſind, jenen Gegenſtänden das Feuer mitzutheilen (§. 287.). In
dem Entwurf von 1843. §. 529. war dieß nur in Beziehung auf die
Wohnungen vorgeſchrieben, indem es hieß:

„Dieſe Beſtimmungen finden auch dann Anwendung, wenn Ge-
genſtände, welche ſich in der Nähe der gedachten Gebäude befinden, an-
gezündet worden ſind, und aus den Umſtänden erhellet, daß ſolches in
der Abſicht geſchehen iſt, dieſe Gebäude in Brand zu ſetzen.“

Später wurde eine ſolche Beſtimmung für überflüſſig gehalten;
wenn jemand ein Gebäude in Brand ſtecken wolle, ſei es gleichgültig,
ob er daſſelbe unmittelbar oder vermittelſt eines anderen Gegenſtandes
anzünde. t) Der Entwurf von 1847. §. 360. ſetzte aber dennoch feſt:

„Die Strafvorſchriften des §. 358. ſind auch auf denjenigen an-
wendbar, welcher Gegenſtände irgend einer Art, die vermöge ihrer Lage
geeignet ſind, das Feuer den in den §§. 358. und 359. bezeichneten
Gebäuden oder Räumlichkeiten mitzutheilen, mit Kenntniß dieſer Ge-
fahr, vorſätzlich in Brand ſetzt, wie z. B. benachbarte unbewohnte Ge-
bäude, Vorräthe von Holz, Heu oder Stroh.“

Der Entwurf von 1850. endlich dehnte die Beſtimmung auch auf
die in §. 286. des Geſetzbuchs vorgeſehene Brandſtiftung mit gemeiner
Gefahr für das Eigenthum aus, und ſtellte in Beziehung auf den Do-
lus für dieſe mittelbare Brandſtiftung kein beſonderes Erforderniß auf.

III. Auch wenn eine Handlung, welche das Verbrechen der Brand-
ſtiftung begründet, aus Fahrläſſigkeit begangen iſt, ſoll nach §. 288. eine
Strafe eintreten; zum geſetzlichen Thatbeſtande des Verbrechens gehört
aber der Dolus, zu deſſen Bezeichnung der Ausdruck „vorſätzlich“ ge-
wählt iſt. Es hat dieß denſelben Sinn, welchen das Franzöſiſche Recht
mit volontairement verbindet, u) und bedeutet, daß die Abſicht der
Handlung auf die Erregung des Brandes (der Feuersbrunſt) gerichtet
war. Genauere Beſtimmungen über die Beſchaffenheit des Dolus bei
dieſem Verbrechen ſind auch in den übrigen neueren Strafgeſetzbüchern
nicht für nöthig erachtet worden; nur das Hannoverſche (Art. 181.)
enthält noch eine weitere Ausführung, indem es beſtimmt:


t) Reviſion von 1845. III. S. 80.
u) Chauveau et Hélie Faustin. l. c. p. 200.
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[526/0536] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc. Kommiſſion glaubt, daß dieſer Sinn des Geſetzes jetzt deutlicher hervor- tritt, als wenn dem §. 260. ein Zuſatz gegeben und darin im Falle mildernder Umſtände eine Ermäßigung der Strafe zugelaſſen wird.“ d. Denjenigen Gegenſtänden, durch deren Anzünden eine Brand- ſtiftung verübt wird, ſind in Beziehung auf dieſes Verbrechen ſolche Sachen gleichgeſetzt, welche vermöge ihrer Beſchaffenheit und Lage ge- eignet ſind, jenen Gegenſtänden das Feuer mitzutheilen (§. 287.). In dem Entwurf von 1843. §. 529. war dieß nur in Beziehung auf die Wohnungen vorgeſchrieben, indem es hieß: „Dieſe Beſtimmungen finden auch dann Anwendung, wenn Ge- genſtände, welche ſich in der Nähe der gedachten Gebäude befinden, an- gezündet worden ſind, und aus den Umſtänden erhellet, daß ſolches in der Abſicht geſchehen iſt, dieſe Gebäude in Brand zu ſetzen.“ Später wurde eine ſolche Beſtimmung für überflüſſig gehalten; wenn jemand ein Gebäude in Brand ſtecken wolle, ſei es gleichgültig, ob er daſſelbe unmittelbar oder vermittelſt eines anderen Gegenſtandes anzünde. t) Der Entwurf von 1847. §. 360. ſetzte aber dennoch feſt: „Die Strafvorſchriften des §. 358. ſind auch auf denjenigen an- wendbar, welcher Gegenſtände irgend einer Art, die vermöge ihrer Lage geeignet ſind, das Feuer den in den §§. 358. und 359. bezeichneten Gebäuden oder Räumlichkeiten mitzutheilen, mit Kenntniß dieſer Ge- fahr, vorſätzlich in Brand ſetzt, wie z. B. benachbarte unbewohnte Ge- bäude, Vorräthe von Holz, Heu oder Stroh.“ Der Entwurf von 1850. endlich dehnte die Beſtimmung auch auf die in §. 286. des Geſetzbuchs vorgeſehene Brandſtiftung mit gemeiner Gefahr für das Eigenthum aus, und ſtellte in Beziehung auf den Do- lus für dieſe mittelbare Brandſtiftung kein beſonderes Erforderniß auf. III. Auch wenn eine Handlung, welche das Verbrechen der Brand- ſtiftung begründet, aus Fahrläſſigkeit begangen iſt, ſoll nach §. 288. eine Strafe eintreten; zum geſetzlichen Thatbeſtande des Verbrechens gehört aber der Dolus, zu deſſen Bezeichnung der Ausdruck „vorſätzlich“ ge- wählt iſt. Es hat dieß denſelben Sinn, welchen das Franzöſiſche Recht mit volontairement verbindet, u) und bedeutet, daß die Abſicht der Handlung auf die Erregung des Brandes (der Feuersbrunſt) gerichtet war. Genauere Beſtimmungen über die Beſchaffenheit des Dolus bei dieſem Verbrechen ſind auch in den übrigen neueren Strafgeſetzbüchern nicht für nöthig erachtet worden; nur das Hannoverſche (Art. 181.) enthält noch eine weitere Ausführung, indem es beſtimmt: t) Reviſion von 1845. III. S. 80. u) Chauveau et Hélie Faustin. l. c. p. 200.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/536>, abgerufen am 09.05.2024.