Leben Anderer verbunden ist, kommt es nicht darauf an, ob sie im Ei- genthume des Thäters sind oder nicht, indem die Vermögensbeschädi- gung in diesem Fall nur von untergeordneter Bedeutung ist.
b. In Betreff der Sachen, welche zugleich in §. 285. und 286. genannt sind, ist anzunehmen, daß die Vorschriften des letzten Paragra- phen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Voraussetzungen des §. 285. nicht vorliegen. Sind also z. B. Gebäude, welche zur Wohnung von Menschen dienen, angezündet worden, so ist der Fall des §. 285. Nr. 1. vorhanden, und §. 286. dadurch ausgeschlossen.
c. Im §. 286. kommen Ausdrücke vor, welche, an sich unbestimmt, ihre nähere Feststellung nach dem Sinn des Gesetzes und besonders nach der Natur des vorliegenden Verbrechens erhalten müssen. Wenn nämlich das Anzünden von Vorräthen landwirthschaftlicher Erzeugnisse, Bau- oder Brennmaterialien oder dergl. zu dem Verbrechen der Brand- stiftung gerechnet wird, so liegt das Bedenken nahe, daß die Zerstörung geringer Quantitäten, welche ohne gemeine Gefahr bewirkt ist, und ih- rer Bedeutung nach nur wie eine gewöhnliche Vermögensbeschädigung erscheint, nicht füglich mit harter Zuchthausstrafe belegt werden kann. Der Entwurf von 1847. hatte diesem Bedenken durch folgende Fassung vorgebeugt:
§. 361. "Wer in andern als den in den §§. 358-360. bezeich- neten Fällen vorsätzlich einen Brand verursacht, welcher mit gemeiner Gefahr für Eigenthum, z. B. für Waldungen, Torfmoore, Früchte auf dem Felde, verbunden ist, soll mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jahren bestraft werden."
Die im Entwurf von 1850. §. 260. erfolgte Abänderung dieser Bestimmung führte in der Kommission der zweiten Kammer zu dem An- trage, in den oben bezeichneten geringfügigen Fällen die Berücksichtigung mildernder Umstände und demnach eine Strafermäßigung eintreten zu lassen. Es wurde jedoch eine solche Auskunft nicht für nothwendig gehalten.
"Die Mehrheit der Kommission", heißt es in dem Berichte, "theilt dieses Bedenken nicht. Sie geht, im Einverständnisse mit dem Kom- missar der Königlichen Regierung, davon aus, daß die Gleichstellung der Vorräthe von Früchten und von Bau- und Brennmaterialien mit Gebäuden, Schiffen und Magazinen schon deutlich zu erkennen giebt, daß nur erhebliche Quantitäten derartiger Gegenstände darunter zu ver- stehen sind. Das Anzünden einer geringeren Quantität solcher Gegen- stände kann daher nur als eine gewöhnliche Vermögensbeschädigung an- gesehen werden, wenn nicht etwa eine größere Verbreitung des Feuers bezweckt war oder nach den Umständen erwartet werden mußte. Die
§§. 285-289. Brandſtiftung.
Leben Anderer verbunden iſt, kommt es nicht darauf an, ob ſie im Ei- genthume des Thäters ſind oder nicht, indem die Vermögensbeſchädi- gung in dieſem Fall nur von untergeordneter Bedeutung iſt.
b. In Betreff der Sachen, welche zugleich in §. 285. und 286. genannt ſind, iſt anzunehmen, daß die Vorſchriften des letzten Paragra- phen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Vorausſetzungen des §. 285. nicht vorliegen. Sind alſo z. B. Gebäude, welche zur Wohnung von Menſchen dienen, angezündet worden, ſo iſt der Fall des §. 285. Nr. 1. vorhanden, und §. 286. dadurch ausgeſchloſſen.
c. Im §. 286. kommen Ausdrücke vor, welche, an ſich unbeſtimmt, ihre nähere Feſtſtellung nach dem Sinn des Geſetzes und beſonders nach der Natur des vorliegenden Verbrechens erhalten müſſen. Wenn nämlich das Anzünden von Vorräthen landwirthſchaftlicher Erzeugniſſe, Bau- oder Brennmaterialien oder dergl. zu dem Verbrechen der Brand- ſtiftung gerechnet wird, ſo liegt das Bedenken nahe, daß die Zerſtörung geringer Quantitäten, welche ohne gemeine Gefahr bewirkt iſt, und ih- rer Bedeutung nach nur wie eine gewöhnliche Vermögensbeſchädigung erſcheint, nicht füglich mit harter Zuchthausſtrafe belegt werden kann. Der Entwurf von 1847. hatte dieſem Bedenken durch folgende Faſſung vorgebeugt:
§. 361. „Wer in andern als den in den §§. 358-360. bezeich- neten Fällen vorſätzlich einen Brand verurſacht, welcher mit gemeiner Gefahr für Eigenthum, z. B. für Waldungen, Torfmoore, Früchte auf dem Felde, verbunden iſt, ſoll mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jahren beſtraft werden.“
Die im Entwurf von 1850. §. 260. erfolgte Abänderung dieſer Beſtimmung führte in der Kommiſſion der zweiten Kammer zu dem An- trage, in den oben bezeichneten geringfügigen Fällen die Berückſichtigung mildernder Umſtände und demnach eine Strafermäßigung eintreten zu laſſen. Es wurde jedoch eine ſolche Auskunft nicht für nothwendig gehalten.
„Die Mehrheit der Kommiſſion“, heißt es in dem Berichte, „theilt dieſes Bedenken nicht. Sie geht, im Einverſtändniſſe mit dem Kom- miſſar der Königlichen Regierung, davon aus, daß die Gleichſtellung der Vorräthe von Früchten und von Bau- und Brennmaterialien mit Gebäuden, Schiffen und Magazinen ſchon deutlich zu erkennen giebt, daß nur erhebliche Quantitäten derartiger Gegenſtände darunter zu ver- ſtehen ſind. Das Anzünden einer geringeren Quantität ſolcher Gegen- ſtände kann daher nur als eine gewöhnliche Vermögensbeſchädigung an- geſehen werden, wenn nicht etwa eine größere Verbreitung des Feuers bezweckt war oder nach den Umſtänden erwartet werden mußte. Die
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[525/0535]
§§. 285-289. Brandſtiftung.
Leben Anderer verbunden iſt, kommt es nicht darauf an, ob ſie im Ei-
genthume des Thäters ſind oder nicht, indem die Vermögensbeſchädi-
gung in dieſem Fall nur von untergeordneter Bedeutung iſt.
b. In Betreff der Sachen, welche zugleich in §. 285. und 286.
genannt ſind, iſt anzunehmen, daß die Vorſchriften des letzten Paragra-
phen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Vorausſetzungen
des §. 285. nicht vorliegen. Sind alſo z. B. Gebäude, welche zur
Wohnung von Menſchen dienen, angezündet worden, ſo iſt der Fall des
§. 285. Nr. 1. vorhanden, und §. 286. dadurch ausgeſchloſſen.
c. Im §. 286. kommen Ausdrücke vor, welche, an ſich unbeſtimmt,
ihre nähere Feſtſtellung nach dem Sinn des Geſetzes und beſonders
nach der Natur des vorliegenden Verbrechens erhalten müſſen. Wenn
nämlich das Anzünden von Vorräthen landwirthſchaftlicher Erzeugniſſe,
Bau- oder Brennmaterialien oder dergl. zu dem Verbrechen der Brand-
ſtiftung gerechnet wird, ſo liegt das Bedenken nahe, daß die Zerſtörung
geringer Quantitäten, welche ohne gemeine Gefahr bewirkt iſt, und ih-
rer Bedeutung nach nur wie eine gewöhnliche Vermögensbeſchädigung
erſcheint, nicht füglich mit harter Zuchthausſtrafe belegt werden kann.
Der Entwurf von 1847. hatte dieſem Bedenken durch folgende Faſſung
vorgebeugt:
§. 361. „Wer in andern als den in den §§. 358-360. bezeich-
neten Fällen vorſätzlich einen Brand verurſacht, welcher mit gemeiner
Gefahr für Eigenthum, z. B. für Waldungen, Torfmoore, Früchte auf
dem Felde, verbunden iſt, ſoll mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig
Jahren beſtraft werden.“
Die im Entwurf von 1850. §. 260. erfolgte Abänderung dieſer
Beſtimmung führte in der Kommiſſion der zweiten Kammer zu dem An-
trage, in den oben bezeichneten geringfügigen Fällen die Berückſichtigung
mildernder Umſtände und demnach eine Strafermäßigung eintreten zu
laſſen. Es wurde jedoch eine ſolche Auskunft nicht für nothwendig
gehalten.
„Die Mehrheit der Kommiſſion“, heißt es in dem Berichte, „theilt
dieſes Bedenken nicht. Sie geht, im Einverſtändniſſe mit dem Kom-
miſſar der Königlichen Regierung, davon aus, daß die Gleichſtellung
der Vorräthe von Früchten und von Bau- und Brennmaterialien mit
Gebäuden, Schiffen und Magazinen ſchon deutlich zu erkennen giebt,
daß nur erhebliche Quantitäten derartiger Gegenſtände darunter zu ver-
ſtehen ſind. Das Anzünden einer geringeren Quantität ſolcher Gegen-
ſtände kann daher nur als eine gewöhnliche Vermögensbeſchädigung an-
geſehen werden, wenn nicht etwa eine größere Verbreitung des Feuers
bezweckt war oder nach den Umſtänden erwartet werden mußte. Die
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/535>, abgerufen am 09.05.2024.
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