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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. etc.
wenn sie auch für die Strafzumessung stets in Betracht zu ziehen ist.
Dieß gilt aber nur für gewisse Sachen, deren Anzünden in dem Gesetz-
buch als Brandstiftung behandelt wird. Wer also z. B. ein Wohn-
gebäude in Brand setzt, wird als Brandstifter bestraft, ohne daß die
Anwendung der allgemeinen Vorschriften der §§. 244. und 283. in
Frage kommen können; gehören aber die angezündeten Sachen nicht zu
denjenigen, welche in den §§. 285-87. bezeichnet sind, so liegt das
Verbrechen der Brandstiftung gar nicht vor, und es können nur die ge-
setzlichen Bestimmungen über Betrug, Vermögensbeschädigung oder wel-
ches Delikt sonst begründet erscheint, zur Anwendung kommen.

I. Zum Thatbestande der Brandstiftung gehört also, daß eine
Sache in Brand gesetzt oder, wie es §. 286. heißt, in Brand gesteckt
ist. In der Doktrin des gemeinen Rechts besteht eine Kontroverse dar-
über, von welchem Zeitpunkte an das Verbrechen für vollendet zu hal-
ten ist. Der Entwurf von 1843. verfügte in dieser Hinsicht:

§. 532. "Das Verbrechen der Brandstiftung §§. 529-531. ist
vollendet, sobald sich das Feuer anderen Gegenständen, als dem ge-
brauchten Zündstoffe, mitgetheilt hat."

Bei der Revision von 1845. wurde diese Bezeichnung für zu we-
nig bestimmt gehalten, und nach dem Vorgange anderer Deutscher Straf-
gesetzbücher, s von denen nur das Württembergische (Art. 382.) verlangt,
daß die Sache in Flammen gerathen sei, -- der Ausdruck gewählt
"wenn der Gegenstand der Brandstiftung von dem Feuer ergriffen ist".
Auch der Entwurf von 1847. §. 363. hatte diese Fassung beibehalten;
in dem Gesetzbuche aber, welches über die Vollendung der Verbrechen
keine Regeln aufzustellen pflegt, ist die ganze Bestimmung weggeblieben.
Schon die Auslegung der Worte führt aber zu den im den früheren
Entwürfen ausgesprochenen Ergebniß.

II. In Beziehung auf die Sachen, welche den Gegenstand der
Brandstiftung bilden, ist die schon in der Staatsraths-Kommission ge-
machte Unterscheidung festgehalten worden, ob durch das Verbrechen eine
gemeine Gefahr für Menschenleben oder für fremde Sachen hervorgeru-
fen wird; von dem ersten Fall handelt der §. 285., von dem zweiten
der §. 286.

a. Bei denjenigen Gegenständen, deren Brand mit Gefahr für das

s Sächs. Criminalgesetzb. Art. 177. -- Hannov. Criminalgesetzb.
Art. 181. -- Braunschweig. Criminalgesetzb. §. 207. -- Hessisches Straf-
gesetzbuch
Art. 415. -- Badisches Strafgesetzbuch §. 560. -- Thüring.
Strafgesetzb.
Art. 166. -- Auch nach dem Französischen Rechte ist das Entflam-
men für die Vollendung der Brandstiftung nicht erforderlich; s. Chauveau et
Helie Faustin
l. c. chap. LXXIII. IV. p.
201.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc.
wenn ſie auch für die Strafzumeſſung ſtets in Betracht zu ziehen iſt.
Dieß gilt aber nur für gewiſſe Sachen, deren Anzünden in dem Geſetz-
buch als Brandſtiftung behandelt wird. Wer alſo z. B. ein Wohn-
gebäude in Brand ſetzt, wird als Brandſtifter beſtraft, ohne daß die
Anwendung der allgemeinen Vorſchriften der §§. 244. und 283. in
Frage kommen können; gehören aber die angezündeten Sachen nicht zu
denjenigen, welche in den §§. 285-87. bezeichnet ſind, ſo liegt das
Verbrechen der Brandſtiftung gar nicht vor, und es können nur die ge-
ſetzlichen Beſtimmungen über Betrug, Vermögensbeſchädigung oder wel-
ches Delikt ſonſt begründet erſcheint, zur Anwendung kommen.

I. Zum Thatbeſtande der Brandſtiftung gehört alſo, daß eine
Sache in Brand geſetzt oder, wie es §. 286. heißt, in Brand geſteckt
iſt. In der Doktrin des gemeinen Rechts beſteht eine Kontroverſe dar-
über, von welchem Zeitpunkte an das Verbrechen für vollendet zu hal-
ten iſt. Der Entwurf von 1843. verfügte in dieſer Hinſicht:

§. 532. „Das Verbrechen der Brandſtiftung §§. 529-531. iſt
vollendet, ſobald ſich das Feuer anderen Gegenſtänden, als dem ge-
brauchten Zündſtoffe, mitgetheilt hat.“

Bei der Reviſion von 1845. wurde dieſe Bezeichnung für zu we-
nig beſtimmt gehalten, und nach dem Vorgange anderer Deutſcher Straf-
geſetzbücher, s von denen nur das Württembergiſche (Art. 382.) verlangt,
daß die Sache in Flammen gerathen ſei, — der Ausdruck gewählt
„wenn der Gegenſtand der Brandſtiftung von dem Feuer ergriffen iſt“.
Auch der Entwurf von 1847. §. 363. hatte dieſe Faſſung beibehalten;
in dem Geſetzbuche aber, welches über die Vollendung der Verbrechen
keine Regeln aufzuſtellen pflegt, iſt die ganze Beſtimmung weggeblieben.
Schon die Auslegung der Worte führt aber zu den im den früheren
Entwürfen ausgeſprochenen Ergebniß.

II. In Beziehung auf die Sachen, welche den Gegenſtand der
Brandſtiftung bilden, iſt die ſchon in der Staatsraths-Kommiſſion ge-
machte Unterſcheidung feſtgehalten worden, ob durch das Verbrechen eine
gemeine Gefahr für Menſchenleben oder für fremde Sachen hervorgeru-
fen wird; von dem erſten Fall handelt der §. 285., von dem zweiten
der §. 286.

a. Bei denjenigen Gegenſtänden, deren Brand mit Gefahr für das

s Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 177. — Hannov. Criminalgeſetzb.
Art. 181. — Braunſchweig. Criminalgeſetzb. §. 207. — Heſſiſches Straf-
geſetzbuch
Art. 415. — Badiſches Strafgeſetzbuch §. 560. — Thüring.
Strafgeſetzb.
Art. 166. — Auch nach dem Franzöſiſchen Rechte iſt das Entflam-
men für die Vollendung der Brandſtiftung nicht erforderlich; ſ. Chauveau et
Hélie Faustin
l. c. chap. LXXIII. IV. p.
201.
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[524/0534] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc. wenn ſie auch für die Strafzumeſſung ſtets in Betracht zu ziehen iſt. Dieß gilt aber nur für gewiſſe Sachen, deren Anzünden in dem Geſetz- buch als Brandſtiftung behandelt wird. Wer alſo z. B. ein Wohn- gebäude in Brand ſetzt, wird als Brandſtifter beſtraft, ohne daß die Anwendung der allgemeinen Vorſchriften der §§. 244. und 283. in Frage kommen können; gehören aber die angezündeten Sachen nicht zu denjenigen, welche in den §§. 285-87. bezeichnet ſind, ſo liegt das Verbrechen der Brandſtiftung gar nicht vor, und es können nur die ge- ſetzlichen Beſtimmungen über Betrug, Vermögensbeſchädigung oder wel- ches Delikt ſonſt begründet erſcheint, zur Anwendung kommen. I. Zum Thatbeſtande der Brandſtiftung gehört alſo, daß eine Sache in Brand geſetzt oder, wie es §. 286. heißt, in Brand geſteckt iſt. In der Doktrin des gemeinen Rechts beſteht eine Kontroverſe dar- über, von welchem Zeitpunkte an das Verbrechen für vollendet zu hal- ten iſt. Der Entwurf von 1843. verfügte in dieſer Hinſicht: §. 532. „Das Verbrechen der Brandſtiftung §§. 529-531. iſt vollendet, ſobald ſich das Feuer anderen Gegenſtänden, als dem ge- brauchten Zündſtoffe, mitgetheilt hat.“ Bei der Reviſion von 1845. wurde dieſe Bezeichnung für zu we- nig beſtimmt gehalten, und nach dem Vorgange anderer Deutſcher Straf- geſetzbücher, s von denen nur das Württembergiſche (Art. 382.) verlangt, daß die Sache in Flammen gerathen ſei, — der Ausdruck gewählt „wenn der Gegenſtand der Brandſtiftung von dem Feuer ergriffen iſt“. Auch der Entwurf von 1847. §. 363. hatte dieſe Faſſung beibehalten; in dem Geſetzbuche aber, welches über die Vollendung der Verbrechen keine Regeln aufzuſtellen pflegt, iſt die ganze Beſtimmung weggeblieben. Schon die Auslegung der Worte führt aber zu den im den früheren Entwürfen ausgeſprochenen Ergebniß. II. In Beziehung auf die Sachen, welche den Gegenſtand der Brandſtiftung bilden, iſt die ſchon in der Staatsraths-Kommiſſion ge- machte Unterſcheidung feſtgehalten worden, ob durch das Verbrechen eine gemeine Gefahr für Menſchenleben oder für fremde Sachen hervorgeru- fen wird; von dem erſten Fall handelt der §. 285., von dem zweiten der §. 286. a. Bei denjenigen Gegenſtänden, deren Brand mit Gefahr für das s Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 177. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 181. — Braunſchweig. Criminalgeſetzb. §. 207. — Heſſiſches Straf- geſetzbuch Art. 415. — Badiſches Strafgeſetzbuch §. 560. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 166. — Auch nach dem Franzöſiſchen Rechte iſt das Entflam- men für die Vollendung der Brandſtiftung nicht erforderlich; ſ. Chauveau et Hélie Faustin l. c. chap. LXXIII. IV. p. 201.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/534>, abgerufen am 09.05.2024.