habe er von selbst auch in den schwersten Erfolg eingewilligt. In allen diesen Fällen also, die eigentlich nur durch äußerliche Nüancen ver- schieden seien, liege voller strafbarer Dolus vor. Nur stehen dolus al- ternativus und eventualis in ihrer Nüancirung eigentlich noch näher an dem dolus directus, als der vorzugsweise s. g. indeterminatus.h)
Auf diese Erwägungen wurde der Vorschlag gestützt, einen Titel von dem Vorsatze in folgender Fassung aufzunehmen:
§. 41. "Ein Verbrechen ist als ein vorsätzliches anzusehen, nicht nur in dem Falle, wenn der Wille des Handelnden ausschließlich auf den eingetretenen gesetzwidrigen Erfolg gerichtet war, sondern auch dann, wenn der Handelnde diesen Erfolg als einen von mehreren möglichen Erfolgen bezweckte, selbst wenn er den einen oder den anderen derselben vorzugsweise bewirken wollte. -- Nicht minder ist das Verbrechen als ein vorsätzliches anzusehen, wenn der Wille des Handelnden auf eine unbestimmte Rechtsverletzung gerichtet war, insofern dieselbe nach dem allgemeinen oder dem Thäter besonders bekannten Laufe der Dinge, von der Gefahr des wirklich eingetretenen Erfolges begleitet wurde." i)
Zur Unterstützung dieses Vorschlags wurde denn noch hinzugefügt, daß die Definition des dolus directus mehr vorausgesetzt als dispositiv aufgestellt worden; sie diene nur zur Unterlage für die darin bezeichne- ten, dem dolus directus verwandten Begriffe, welche beide (im Gegen- satze zum indeterminatus) bestimmte Gedanken und Absichten in sich schließen. Charakterisirt aber sei dabei der Vorsatz durch die Richtung des Willens auf den eingetretenen gesetzwidrigen Erfolg. -- In dem zweiten Absatz habe man zur Bezeichnung des dolus indeterminatus eine mehr objektive und weniger hypothetische Fassung gewählt, wie früher. Das Charakteristische sei dabei zunächst die Richtung des Wil- lens auf eine unbestimmte Rechtsverletzung, ein Moment, welches kei- nesweges bloß bei dem Todtschlage, wie man wohl angenommen habe, sondern auch bei der Brandstiftung und anderen gemeingefährlichen Ver- brechen hervortreten könne. Die Handlung selbst, das was der Thäter an dem Objekt thue, möge hierbei immer etwas Bestimmtes sein; die Rechtsverletzung, auf welche sich der Wille richte, sei an sich unbestimmt. Diese Rechtsverletzung müsse aber demnächst im Verhältnisse zu ihrem wirklich eingetretenen Erfolge aufgefaßt werden. k)
h) a. a. O. S. 129.
i)Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preuß. Staa- ten. Vorgelegt von dem Ministerium der Gesetz-Revision (Berlin 1845). §. 41.
k)Revision des Entwurfs des Strafgesetzbuchs von 1843. I. S. 129, 130.
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
habe er von ſelbſt auch in den ſchwerſten Erfolg eingewilligt. In allen dieſen Fällen alſo, die eigentlich nur durch äußerliche Nüancen ver- ſchieden ſeien, liege voller ſtrafbarer Dolus vor. Nur ſtehen dolus al- ternativus und eventualis in ihrer Nüancirung eigentlich noch näher an dem dolus directus, als der vorzugsweiſe ſ. g. indeterminatus.h)
Auf dieſe Erwägungen wurde der Vorſchlag geſtützt, einen Titel von dem Vorſatze in folgender Faſſung aufzunehmen:
§. 41. „Ein Verbrechen iſt als ein vorſätzliches anzuſehen, nicht nur in dem Falle, wenn der Wille des Handelnden ausſchließlich auf den eingetretenen geſetzwidrigen Erfolg gerichtet war, ſondern auch dann, wenn der Handelnde dieſen Erfolg als einen von mehreren möglichen Erfolgen bezweckte, ſelbſt wenn er den einen oder den anderen derſelben vorzugsweiſe bewirken wollte. — Nicht minder iſt das Verbrechen als ein vorſätzliches anzuſehen, wenn der Wille des Handelnden auf eine unbeſtimmte Rechtsverletzung gerichtet war, inſofern dieſelbe nach dem allgemeinen oder dem Thäter beſonders bekannten Laufe der Dinge, von der Gefahr des wirklich eingetretenen Erfolges begleitet wurde.“ i)
Zur Unterſtützung dieſes Vorſchlags wurde denn noch hinzugefügt, daß die Definition des dolus directus mehr vorausgeſetzt als dispoſitiv aufgeſtellt worden; ſie diene nur zur Unterlage für die darin bezeichne- ten, dem dolus directus verwandten Begriffe, welche beide (im Gegen- ſatze zum indeterminatus) beſtimmte Gedanken und Abſichten in ſich ſchließen. Charakteriſirt aber ſei dabei der Vorſatz durch die Richtung des Willens auf den eingetretenen geſetzwidrigen Erfolg. — In dem zweiten Abſatz habe man zur Bezeichnung des dolus indeterminatus eine mehr objektive und weniger hypothetiſche Faſſung gewählt, wie früher. Das Charakteriſtiſche ſei dabei zunächſt die Richtung des Wil- lens auf eine unbeſtimmte Rechtsverletzung, ein Moment, welches kei- nesweges bloß bei dem Todtſchlage, wie man wohl angenommen habe, ſondern auch bei der Brandſtiftung und anderen gemeingefährlichen Ver- brechen hervortreten könne. Die Handlung ſelbſt, das was der Thäter an dem Objekt thue, möge hierbei immer etwas Beſtimmtes ſein; die Rechtsverletzung, auf welche ſich der Wille richte, ſei an ſich unbeſtimmt. Dieſe Rechtsverletzung müſſe aber demnächſt im Verhältniſſe zu ihrem wirklich eingetretenen Erfolge aufgefaßt werden. k)
h) a. a. O. S. 129.
i)Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Preuß. Staa- ten. Vorgelegt von dem Miniſterium der Geſetz-Reviſion (Berlin 1845). §. 41.
k)Reviſion des Entwurfs des Strafgeſetzbuchs von 1843. I. S. 129, 130.
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Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
habe er von ſelbſt auch in den ſchwerſten Erfolg eingewilligt. In allen
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ſchieden ſeien, liege voller ſtrafbarer Dolus vor. Nur ſtehen dolus al-
ternativus und eventualis in ihrer Nüancirung eigentlich noch näher
an dem dolus directus, als der vorzugsweiſe ſ. g. indeterminatus. h)
Auf dieſe Erwägungen wurde der Vorſchlag geſtützt, einen Titel
von dem Vorſatze in folgender Faſſung aufzunehmen:
§. 41. „Ein Verbrechen iſt als ein vorſätzliches anzuſehen, nicht
nur in dem Falle, wenn der Wille des Handelnden ausſchließlich auf
den eingetretenen geſetzwidrigen Erfolg gerichtet war, ſondern auch dann,
wenn der Handelnde dieſen Erfolg als einen von mehreren möglichen
Erfolgen bezweckte, ſelbſt wenn er den einen oder den anderen derſelben
vorzugsweiſe bewirken wollte. — Nicht minder iſt das Verbrechen als
ein vorſätzliches anzuſehen, wenn der Wille des Handelnden auf eine
unbeſtimmte Rechtsverletzung gerichtet war, inſofern dieſelbe nach dem
allgemeinen oder dem Thäter beſonders bekannten Laufe der Dinge, von
der Gefahr des wirklich eingetretenen Erfolges begleitet wurde.“ i)
Zur Unterſtützung dieſes Vorſchlags wurde denn noch hinzugefügt,
daß die Definition des dolus directus mehr vorausgeſetzt als dispoſitiv
aufgeſtellt worden; ſie diene nur zur Unterlage für die darin bezeichne-
ten, dem dolus directus verwandten Begriffe, welche beide (im Gegen-
ſatze zum indeterminatus) beſtimmte Gedanken und Abſichten in ſich
ſchließen. Charakteriſirt aber ſei dabei der Vorſatz durch die Richtung
des Willens auf den eingetretenen geſetzwidrigen Erfolg. — In dem
zweiten Abſatz habe man zur Bezeichnung des dolus indeterminatus
eine mehr objektive und weniger hypothetiſche Faſſung gewählt, wie
früher. Das Charakteriſtiſche ſei dabei zunächſt die Richtung des Wil-
lens auf eine unbeſtimmte Rechtsverletzung, ein Moment, welches kei-
nesweges bloß bei dem Todtſchlage, wie man wohl angenommen habe,
ſondern auch bei der Brandſtiftung und anderen gemeingefährlichen Ver-
brechen hervortreten könne. Die Handlung ſelbſt, das was der Thäter
an dem Objekt thue, möge hierbei immer etwas Beſtimmtes ſein; die
Rechtsverletzung, auf welche ſich der Wille richte, ſei an ſich unbeſtimmt.
Dieſe Rechtsverletzung müſſe aber demnächſt im Verhältniſſe zu ihrem
wirklich eingetretenen Erfolge aufgefaßt werden. k)
h) a. a. O. S. 129.
i) Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Preuß. Staa-
ten. Vorgelegt von dem Miniſterium der Geſetz-Reviſion (Berlin 1845). §. 41.
k) Reviſion des Entwurfs des Strafgeſetzbuchs von 1843. I.
S. 129, 130.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/50>, abgerufen am 16.02.2025.
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