Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

§§. 237-239. Thatbestand; Strafe.
der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch dessen Wissenschaft
von diesen besonderen Verhältnissen bedingt sein. Auch läßt sich im
Uebrigen nicht verkennen, daß der §. 34. in das System des Entwurfs
nicht hineinpaßt. Der Letztere unterscheidet zwei Klassen von Nebenper-
sonen, welche in Beziehung auf Verbrechen oder Vergehen mitwirken,
nämlich eigentliche Theilnehmer, d. h. solche welche entweder als intel-
lektuelle Urheber der That zu betrachten sind, oder welche dem Thäter
bei der Verübung des Verbrechens hülfreiche Hand leisten (§. 34. des
Strafgesetzbuchs), und ferner diejenigen, welche erst nach bereits voll-
führten Verbrechen dem Thäter beistehen, um ihm die errungenen Vor-
theile zu sichern, oder ihn der Bestrafung zu entziehen (§. 37.). Auf
die Hehlerei lassen sich aber in der That weder die Grundsätze von der
Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, noch die von der Be-
günstigung solcher Handlungen anwenden. Denn die Theilnahme setzt
eine Thätigkeit voraus, welche die Haupthandlung erst vorbereitet oder
an der Ausführung derselben unmittelbar mitwirkt, die Mitwirkung des
Hehlers tritt dagegen erst nach Vollendung der That ein."

"Die Begünstigung soll nach der Theorie des Entwurfs lediglich
den Vortheil des Thäters bezwecken, wogegen der Hehler in der Regel
nur seinen eigenen Vortheil beabsichtigt. Die Hehlerei, besonders die
gewerbsmäßig betriebene reizt zu Diebstählen und ähnlichen Verbrechen
dadurch an, daß sie denjenigen, welche dazu überhaupt geneigt sind, ei-
nen sicheren Versteck für ihre Personen und die auf rechtswidrige Weise
erworbenen Sachen darbietet. Gerade der Hehlerei ist daher die Ent-
stehung eines großen Theils der Verbrechen gegen das Eigenthum zu-
zuschreiben. -- Wenn sich nun auch nicht bestreiten läßt, daß zwischen
der Hehlerei und denjenigen Handlungen, wovon die verhehlten Gegen-
stände herrühren, eine Verbindung und Konnexität besteht, so kann man
der ersteren doch im Vergleiche zu den letzteren keine untergeordnete
Stellung im Strafgesetze anweisen, sie ist vielmehr als ein ganz selbst-
ständiges Verbrechen oder Vergehen zu behandeln, und zwar um so
mehr, weil nur unter dieser Voraussetzung der besonders gefährlichen
gewohnheitsmäßigen Hehlerei eine entsprechende höhere Strafe angedroht
werden kann."

"Aus diesen Gründen hält es die Kommission für angemessen, den
§. 34. im allgemeinen Theile wegfallen zu lassen, und in dem besonde-
ren Theile einen sich auf die Hehlerei beziehenden Titel einzuschalten.
Sie kann sich zwar die Schwierigkeiten nicht verhehlen, welche nach den
jetzt bestehenden Strafprozeß-Ordnungen sich gegen die gemeinschaftliche
Verfolgung der Hehlerei und des damit in Verbindung stehenden Ver-
brechens erheben können, sie glaubt jedoch, daß diesen Uebelständen durch

§§. 237-239. Thatbeſtand; Strafe.
der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch deſſen Wiſſenſchaft
von dieſen beſonderen Verhältniſſen bedingt ſein. Auch läßt ſich im
Uebrigen nicht verkennen, daß der §. 34. in das Syſtem des Entwurfs
nicht hineinpaßt. Der Letztere unterſcheidet zwei Klaſſen von Nebenper-
ſonen, welche in Beziehung auf Verbrechen oder Vergehen mitwirken,
nämlich eigentliche Theilnehmer, d. h. ſolche welche entweder als intel-
lektuelle Urheber der That zu betrachten ſind, oder welche dem Thäter
bei der Verübung des Verbrechens hülfreiche Hand leiſten (§. 34. des
Strafgeſetzbuchs), und ferner diejenigen, welche erſt nach bereits voll-
führten Verbrechen dem Thäter beiſtehen, um ihm die errungenen Vor-
theile zu ſichern, oder ihn der Beſtrafung zu entziehen (§. 37.). Auf
die Hehlerei laſſen ſich aber in der That weder die Grundſätze von der
Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, noch die von der Be-
günſtigung ſolcher Handlungen anwenden. Denn die Theilnahme ſetzt
eine Thätigkeit voraus, welche die Haupthandlung erſt vorbereitet oder
an der Ausführung derſelben unmittelbar mitwirkt, die Mitwirkung des
Hehlers tritt dagegen erſt nach Vollendung der That ein.“

„Die Begünſtigung ſoll nach der Theorie des Entwurfs lediglich
den Vortheil des Thäters bezwecken, wogegen der Hehler in der Regel
nur ſeinen eigenen Vortheil beabſichtigt. Die Hehlerei, beſonders die
gewerbsmäßig betriebene reizt zu Diebſtählen und ähnlichen Verbrechen
dadurch an, daß ſie denjenigen, welche dazu überhaupt geneigt ſind, ei-
nen ſicheren Verſteck für ihre Perſonen und die auf rechtswidrige Weiſe
erworbenen Sachen darbietet. Gerade der Hehlerei iſt daher die Ent-
ſtehung eines großen Theils der Verbrechen gegen das Eigenthum zu-
zuſchreiben. — Wenn ſich nun auch nicht beſtreiten läßt, daß zwiſchen
der Hehlerei und denjenigen Handlungen, wovon die verhehlten Gegen-
ſtände herrühren, eine Verbindung und Konnexität beſteht, ſo kann man
der erſteren doch im Vergleiche zu den letzteren keine untergeordnete
Stellung im Strafgeſetze anweiſen, ſie iſt vielmehr als ein ganz ſelbſt-
ſtändiges Verbrechen oder Vergehen zu behandeln, und zwar um ſo
mehr, weil nur unter dieſer Vorausſetzung der beſonders gefährlichen
gewohnheitsmäßigen Hehlerei eine entſprechende höhere Strafe angedroht
werden kann.“

„Aus dieſen Gründen hält es die Kommiſſion für angemeſſen, den
§. 34. im allgemeinen Theile wegfallen zu laſſen, und in dem beſonde-
ren Theile einen ſich auf die Hehlerei beziehenden Titel einzuſchalten.
Sie kann ſich zwar die Schwierigkeiten nicht verhehlen, welche nach den
jetzt beſtehenden Strafprozeß-Ordnungen ſich gegen die gemeinſchaftliche
Verfolgung der Hehlerei und des damit in Verbindung ſtehenden Ver-
brechens erheben können, ſie glaubt jedoch, daß dieſen Uebelſtänden durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0461" n="451"/><fw place="top" type="header">§§. 237-239. Thatbe&#x017F;tand; Strafe.</fw><lb/>
der          dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch de&#x017F;&#x017F;en          Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
von die&#x017F;en          be&#x017F;onderen Verhältni&#x017F;&#x017F;en bedingt &#x017F;ein. Auch          läßt &#x017F;ich im<lb/>
Uebrigen nicht verkennen, daß der §. 34. in das          Sy&#x017F;tem des Entwurfs<lb/>
nicht hineinpaßt. Der Letztere unter&#x017F;cheidet          zwei Kla&#x017F;&#x017F;en von Nebenper-<lb/>
&#x017F;onen, welche in Beziehung          auf Verbrechen oder Vergehen mitwirken,<lb/>
nämlich eigentliche Theilnehmer, d. h.          &#x017F;olche welche entweder als intel-<lb/>
lektuelle Urheber der That zu betrachten          &#x017F;ind, oder welche dem Thäter<lb/>
bei der Verübung des Verbrechens hülfreiche          Hand lei&#x017F;ten (§. 34. des<lb/>
Strafge&#x017F;etzbuchs), und ferner          diejenigen, welche er&#x017F;t nach bereits voll-<lb/>
führten Verbrechen dem Thäter          bei&#x017F;tehen, um ihm die errungenen Vor-<lb/>
theile zu &#x017F;ichern, oder ihn          der Be&#x017F;trafung zu entziehen (§. 37.). Auf<lb/>
die Hehlerei          la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich aber in der That weder die          Grund&#x017F;ätze von der<lb/>
Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, noch die          von der Be-<lb/>
gün&#x017F;tigung &#x017F;olcher Handlungen anwenden. Denn die          Theilnahme &#x017F;etzt<lb/>
eine Thätigkeit voraus, welche die Haupthandlung          er&#x017F;t vorbereitet oder<lb/>
an der Ausführung der&#x017F;elben unmittelbar          mitwirkt, die Mitwirkung des<lb/>
Hehlers tritt dagegen er&#x017F;t nach Vollendung der          That ein.&#x201C;</p><lb/>
                <p>&#x201E;Die Begün&#x017F;tigung &#x017F;oll nach der Theorie des Entwurfs          lediglich<lb/>
den Vortheil des Thäters bezwecken, wogegen der Hehler in der Regel<lb/>
nur          &#x017F;einen eigenen Vortheil beab&#x017F;ichtigt. Die Hehlerei,          be&#x017F;onders die<lb/>
gewerbsmäßig betriebene reizt zu Dieb&#x017F;tählen und          ähnlichen Verbrechen<lb/>
dadurch an, daß &#x017F;ie denjenigen, welche dazu überhaupt          geneigt &#x017F;ind, ei-<lb/>
nen &#x017F;icheren Ver&#x017F;teck für ihre          Per&#x017F;onen und die auf rechtswidrige Wei&#x017F;e<lb/>
erworbenen Sachen          darbietet. Gerade der Hehlerei i&#x017F;t daher die Ent-<lb/>
&#x017F;tehung eines          großen Theils der Verbrechen gegen das Eigenthum zu-<lb/>
zu&#x017F;chreiben.          &#x2014; Wenn &#x017F;ich nun auch nicht be&#x017F;treiten läßt, daß          zwi&#x017F;chen<lb/>
der Hehlerei und denjenigen Handlungen, wovon die verhehlten          Gegen-<lb/>
&#x017F;tände herrühren, eine Verbindung und Konnexität be&#x017F;teht,          &#x017F;o kann man<lb/>
der er&#x017F;teren doch im Vergleiche zu den letzteren          keine untergeordnete<lb/>
Stellung im Strafge&#x017F;etze anwei&#x017F;en,          &#x017F;ie i&#x017F;t vielmehr als ein ganz          &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;tändiges Verbrechen oder Vergehen zu          behandeln, und zwar um &#x017F;o<lb/>
mehr, weil nur unter die&#x017F;er          Voraus&#x017F;etzung der be&#x017F;onders gefährlichen<lb/>
gewohnheitsmäßigen          Hehlerei eine ent&#x017F;prechende höhere Strafe angedroht<lb/>
werden          kann.&#x201C;</p><lb/>
                <p>&#x201E;Aus die&#x017F;en Gründen hält es die Kommi&#x017F;&#x017F;ion          für angeme&#x017F;&#x017F;en, den<lb/>
§. 34. im allgemeinen Theile wegfallen zu          la&#x017F;&#x017F;en, und in dem be&#x017F;onde-<lb/>
ren Theile einen          &#x017F;ich auf die Hehlerei beziehenden Titel einzu&#x017F;chalten.<lb/>
Sie kann          &#x017F;ich zwar die Schwierigkeiten nicht verhehlen, welche nach den<lb/>
jetzt          be&#x017F;tehenden Strafprozeß-Ordnungen &#x017F;ich gegen die          gemein&#x017F;chaftliche<lb/>
Verfolgung der Hehlerei und des damit in Verbindung          &#x017F;tehenden Ver-<lb/>
brechens erheben können, &#x017F;ie glaubt jedoch, daß          die&#x017F;en Uebel&#x017F;tänden durch<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[451/0461] §§. 237-239. Thatbeſtand; Strafe. der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch deſſen Wiſſenſchaft von dieſen beſonderen Verhältniſſen bedingt ſein. Auch läßt ſich im Uebrigen nicht verkennen, daß der §. 34. in das Syſtem des Entwurfs nicht hineinpaßt. Der Letztere unterſcheidet zwei Klaſſen von Nebenper- ſonen, welche in Beziehung auf Verbrechen oder Vergehen mitwirken, nämlich eigentliche Theilnehmer, d. h. ſolche welche entweder als intel- lektuelle Urheber der That zu betrachten ſind, oder welche dem Thäter bei der Verübung des Verbrechens hülfreiche Hand leiſten (§. 34. des Strafgeſetzbuchs), und ferner diejenigen, welche erſt nach bereits voll- führten Verbrechen dem Thäter beiſtehen, um ihm die errungenen Vor- theile zu ſichern, oder ihn der Beſtrafung zu entziehen (§. 37.). Auf die Hehlerei laſſen ſich aber in der That weder die Grundſätze von der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, noch die von der Be- günſtigung ſolcher Handlungen anwenden. Denn die Theilnahme ſetzt eine Thätigkeit voraus, welche die Haupthandlung erſt vorbereitet oder an der Ausführung derſelben unmittelbar mitwirkt, die Mitwirkung des Hehlers tritt dagegen erſt nach Vollendung der That ein.“ „Die Begünſtigung ſoll nach der Theorie des Entwurfs lediglich den Vortheil des Thäters bezwecken, wogegen der Hehler in der Regel nur ſeinen eigenen Vortheil beabſichtigt. Die Hehlerei, beſonders die gewerbsmäßig betriebene reizt zu Diebſtählen und ähnlichen Verbrechen dadurch an, daß ſie denjenigen, welche dazu überhaupt geneigt ſind, ei- nen ſicheren Verſteck für ihre Perſonen und die auf rechtswidrige Weiſe erworbenen Sachen darbietet. Gerade der Hehlerei iſt daher die Ent- ſtehung eines großen Theils der Verbrechen gegen das Eigenthum zu- zuſchreiben. — Wenn ſich nun auch nicht beſtreiten läßt, daß zwiſchen der Hehlerei und denjenigen Handlungen, wovon die verhehlten Gegen- ſtände herrühren, eine Verbindung und Konnexität beſteht, ſo kann man der erſteren doch im Vergleiche zu den letzteren keine untergeordnete Stellung im Strafgeſetze anweiſen, ſie iſt vielmehr als ein ganz ſelbſt- ſtändiges Verbrechen oder Vergehen zu behandeln, und zwar um ſo mehr, weil nur unter dieſer Vorausſetzung der beſonders gefährlichen gewohnheitsmäßigen Hehlerei eine entſprechende höhere Strafe angedroht werden kann.“ „Aus dieſen Gründen hält es die Kommiſſion für angemeſſen, den §. 34. im allgemeinen Theile wegfallen zu laſſen, und in dem beſonde- ren Theile einen ſich auf die Hehlerei beziehenden Titel einzuſchalten. Sie kann ſich zwar die Schwierigkeiten nicht verhehlen, welche nach den jetzt beſtehenden Strafprozeß-Ordnungen ſich gegen die gemeinſchaftliche Verfolgung der Hehlerei und des damit in Verbindung ſtehenden Ver- brechens erheben können, ſie glaubt jedoch, daß dieſen Uebelſtänden durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/461
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/461>, abgerufen am 11.12.2024.