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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 160-162. Privatklage.
worden, so haben sowohl die Beleidigten, als deren Ehemänner oder Väter
das Recht, auf Bestrafung des Beleidigers anzutragen.



Die in diesem Titel unter Strafe gestellten Ehrverletzungen sollen
nur auf den Antrag des Beleidigten bestraft werden. Durch diese Vor-
schrift wird im Gegensatz zu den Beleidigungen der Kammern u. s. w.
(§§. 102. 103.), so wie zu den leichten Körperverletzungen und Miß-
handlungen (§. 189.) der Charakter der Ehrverletzung als eines Privat-
delikts anerkannt, wenn derselbe auch in anderen Beziehungen nicht
streng durchgeführt worden ist. Doch ist ungeachtet der allgemein ge-
faßten Vorschrift des §. 160. im Einführungsgesetz vom 14. Apr. 1851.
Art. XVI. auch in den Fällen der §§. 152-56. ein Einschreiten der
Staatsanwaltschaft zugelassen, und nur wegen der einfachen Beleidigung
(§. 343.) unbedingt ausgeschlossen. Ein solches Einschreiten von Amts
wegen wird aber nach dem Gesetz vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S.
S. 174.) nur im Interesse der öffentlichen Ordnung stattfinden können.

I. Der Strafantrag des Verletzten ist als eine Privatklage be-
zeichnet worden, welche nach dem angeführten Gesetz vom 11. März
1850. und dem gemeinen Deutschen Recht im Wege des Civilprozesses
zu verfolgen ist. Nach dem Rheinischen Recht, welches die Privat-
Injurienklage nicht kennt, wird der Anspruch des Verletzten durch eine
Klage bei dem Strafrichter geltend zu machen sein. Eine gleichmäßige
Normirung des Verfahrens in Injuriensachen ist in der Strafprozeß-
ordnung zu erwarten. q)

II. Gegen die allgemeine Vorschrift des §. 53. kann im Fall der
Privatklage wegen Ehrverletzung der Strafantrag bis zum Anfange der
Vollstreckung des Erkenntnisses zurückgenommen werden (§. 160. Abs. 2.)

III. Ueber die Frist, welche für den Strafantrag gegeben ist, ent-
scheidet die Vorschrift des §. 50. Doch kann, analog der Bestimmung
des §. 51., bei wechselseitigen Ehrverletzungen der Theil, welcher den
Strafantrag versäumt hat, denselben bis zur Verhandlung der Sache
nachholen, wenn der andere Theil binnen drei Monaten darauf ange-
tragen hat (§. 161.).

IV. Der Hausvater und der Ehemann sind befugt, wegen einer
Ehrverletzung, welche einem noch in der Gewalt stehenden Kinde oder
der Ehefrau zugefügt worden, selbständig auf Bestrafung des Beleidigers
anzutragen. Es liegt in einem solchen Fall eine s. g. mittelbare Be-
leidigung vor, welche von dem Vater oder Ehegatten kraft eigenen

q) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 157. Vgl. oben.
S. 206. 207.

§§. 160-162. Privatklage.
worden, ſo haben ſowohl die Beleidigten, als deren Ehemänner oder Väter
das Recht, auf Beſtrafung des Beleidigers anzutragen.



Die in dieſem Titel unter Strafe geſtellten Ehrverletzungen ſollen
nur auf den Antrag des Beleidigten beſtraft werden. Durch dieſe Vor-
ſchrift wird im Gegenſatz zu den Beleidigungen der Kammern u. ſ. w.
(§§. 102. 103.), ſo wie zu den leichten Körperverletzungen und Miß-
handlungen (§. 189.) der Charakter der Ehrverletzung als eines Privat-
delikts anerkannt, wenn derſelbe auch in anderen Beziehungen nicht
ſtreng durchgeführt worden iſt. Doch iſt ungeachtet der allgemein ge-
faßten Vorſchrift des §. 160. im Einführungsgeſetz vom 14. Apr. 1851.
Art. XVI. auch in den Fällen der §§. 152-56. ein Einſchreiten der
Staatsanwaltſchaft zugelaſſen, und nur wegen der einfachen Beleidigung
(§. 343.) unbedingt ausgeſchloſſen. Ein ſolches Einſchreiten von Amts
wegen wird aber nach dem Geſetz vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S.
S. 174.) nur im Intereſſe der öffentlichen Ordnung ſtattfinden können.

I. Der Strafantrag des Verletzten iſt als eine Privatklage be-
zeichnet worden, welche nach dem angeführten Geſetz vom 11. März
1850. und dem gemeinen Deutſchen Recht im Wege des Civilprozeſſes
zu verfolgen iſt. Nach dem Rheiniſchen Recht, welches die Privat-
Injurienklage nicht kennt, wird der Anſpruch des Verletzten durch eine
Klage bei dem Strafrichter geltend zu machen ſein. Eine gleichmäßige
Normirung des Verfahrens in Injurienſachen iſt in der Strafprozeß-
ordnung zu erwarten. q)

II. Gegen die allgemeine Vorſchrift des §. 53. kann im Fall der
Privatklage wegen Ehrverletzung der Strafantrag bis zum Anfange der
Vollſtreckung des Erkenntniſſes zurückgenommen werden (§. 160. Abſ. 2.)

III. Ueber die Friſt, welche für den Strafantrag gegeben iſt, ent-
ſcheidet die Vorſchrift des §. 50. Doch kann, analog der Beſtimmung
des §. 51., bei wechſelſeitigen Ehrverletzungen der Theil, welcher den
Strafantrag verſäumt hat, denſelben bis zur Verhandlung der Sache
nachholen, wenn der andere Theil binnen drei Monaten darauf ange-
tragen hat (§. 161.).

IV. Der Hausvater und der Ehemann ſind befugt, wegen einer
Ehrverletzung, welche einem noch in der Gewalt ſtehenden Kinde oder
der Ehefrau zugefügt worden, ſelbſtändig auf Beſtrafung des Beleidigers
anzutragen. Es liegt in einem ſolchen Fall eine ſ. g. mittelbare Be-
leidigung vor, welche von dem Vater oder Ehegatten kraft eigenen

q) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 157. Vgl. oben.
S. 206. 207.
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[333/0343] §§. 160-162. Privatklage. worden, ſo haben ſowohl die Beleidigten, als deren Ehemänner oder Väter das Recht, auf Beſtrafung des Beleidigers anzutragen. Die in dieſem Titel unter Strafe geſtellten Ehrverletzungen ſollen nur auf den Antrag des Beleidigten beſtraft werden. Durch dieſe Vor- ſchrift wird im Gegenſatz zu den Beleidigungen der Kammern u. ſ. w. (§§. 102. 103.), ſo wie zu den leichten Körperverletzungen und Miß- handlungen (§. 189.) der Charakter der Ehrverletzung als eines Privat- delikts anerkannt, wenn derſelbe auch in anderen Beziehungen nicht ſtreng durchgeführt worden iſt. Doch iſt ungeachtet der allgemein ge- faßten Vorſchrift des §. 160. im Einführungsgeſetz vom 14. Apr. 1851. Art. XVI. auch in den Fällen der §§. 152-56. ein Einſchreiten der Staatsanwaltſchaft zugelaſſen, und nur wegen der einfachen Beleidigung (§. 343.) unbedingt ausgeſchloſſen. Ein ſolches Einſchreiten von Amts wegen wird aber nach dem Geſetz vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S. S. 174.) nur im Intereſſe der öffentlichen Ordnung ſtattfinden können. I. Der Strafantrag des Verletzten iſt als eine Privatklage be- zeichnet worden, welche nach dem angeführten Geſetz vom 11. März 1850. und dem gemeinen Deutſchen Recht im Wege des Civilprozeſſes zu verfolgen iſt. Nach dem Rheiniſchen Recht, welches die Privat- Injurienklage nicht kennt, wird der Anſpruch des Verletzten durch eine Klage bei dem Strafrichter geltend zu machen ſein. Eine gleichmäßige Normirung des Verfahrens in Injurienſachen iſt in der Strafprozeß- ordnung zu erwarten. q) II. Gegen die allgemeine Vorſchrift des §. 53. kann im Fall der Privatklage wegen Ehrverletzung der Strafantrag bis zum Anfange der Vollſtreckung des Erkenntniſſes zurückgenommen werden (§. 160. Abſ. 2.) III. Ueber die Friſt, welche für den Strafantrag gegeben iſt, ent- ſcheidet die Vorſchrift des §. 50. Doch kann, analog der Beſtimmung des §. 51., bei wechſelſeitigen Ehrverletzungen der Theil, welcher den Strafantrag verſäumt hat, denſelben bis zur Verhandlung der Sache nachholen, wenn der andere Theil binnen drei Monaten darauf ange- tragen hat (§. 161.). IV. Der Hausvater und der Ehemann ſind befugt, wegen einer Ehrverletzung, welche einem noch in der Gewalt ſtehenden Kinde oder der Ehefrau zugefügt worden, ſelbſtändig auf Beſtrafung des Beleidigers anzutragen. Es liegt in einem ſolchen Fall eine ſ. g. mittelbare Be- leidigung vor, welche von dem Vater oder Ehegatten kraft eigenen q) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 157. Vgl. oben. S. 206. 207.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/343>, abgerufen am 24.11.2024.